Kurzcheck: Darum geht es in Inis
Ich bin der Häuptlinge eines keltischen Stammes. Aber in einer Zeit, in der die Barden die Heldentaten von Göttern und Menschen besingen, heroische Geschichten zu Legenden werden, möchte ich mich natürlich gegen die anderen Stämme durchsetzen und mein Anrecht auf den Thron aller Throne manifestieren. Das gelingt mir, wenn ich eine von drei Siegbedingungen erfüllen. Und diese Siegbedingungen muss ich zu Beginn der Versammlungsphase, also zu Beginn einer neuen Runde erfüllen. Und ich muss es vorher ankündigen. „Uno, letzte Karte“. Die anderen Häuptlinge überlassen euch das Feld nicht kampflos. Dabei ist Inis in seinen Regeln, im Drafting der Karten und in der Art des Area Controls simple, einfach und doch sehr anspruchsvoll.
Neben den Komponenten Gebietskontrolle, Kampf und Kartendrafting gesellt sich zudem ein dynamisches Spielbrett, denn neue Gebiete mit speziellen Eigenschaften können erkundet werdet. Konzentriert sich so das Spiel zu Beginn eher im Zentrum, kann es im weiteren Verlauf schnell zerklüftet werden. Ich spüre die irische Landschaft und Weite, was in Inis durch die wunderschöne und liebevolle grafische Gestaltung schon ein echtes Highlight ist. Zudem sind die 16 unterschiedlichen Landschaften keine Hexfelder, sondern echte Gebiete. Aber bevor ich mich in Geschichten verliere ruft der Brenn mich in sein Zelt und läutet die Versammlung ein.
Die Versammlung
Der Brenn schaut mit gestrengem Blick in das Rund der keltischen Oberhäupter. Er führt die Runde zu Beginn der Versammlungsphase an, solange kein anderer Anspruch auf diese Position anmeldet. Geil. Da der Brenn bei vielen Entscheidungen eine spielentscheidende Vorteilsposition hat, wird es schon alleine um diese Position ein taktisches Gerangel geben. Warum? Gleichstände in den Gebieten? Ist der Brenn anwesend, hat er die Vorherrschaft und bekommt die entsprechende Bonuskarten, denn jedes Gebiet gewährt euch eine Bonuskarte. Ich spiele eine Erkundungskarte und ziehe ein neues Gebiet. Der Brenn aber entscheidet wo dieses Gebiet angelegt wird. Ihr merkt, da ist ordentlich Salz im Haggis. In der Versammlung wird zudem geprüft, ob eine angemeldete Siegbedingung noch bestand hat. Ähnlich wie bei Kemet haben die anderen nämlich noch eine Runde Zeit, diesen Anspruch zu negieren. Sehr zum Leidwesen von Anti, dazu aber später mehr.
Und… Aktion!
Die Stärke und Genialität von Inis besteht in den Aktionskarten. 17 verschiedene Aktionen sind im Spiel und zu Beginn einer jeden Runde legt der Brenn davon eine zur Seite und teilt im Spiel zu viert alle andern aus. Der Draft funktioniert wie folgt: Eine Karte nehmen, drei weitergeben. Dann aus den neuen vier Karten zwei auswählen und zwei weitergeben. Ich kann also immer neu entscheiden, was ich behalte. Stark, aber auch notwendig, denn die Aktionskarten bestimmen und beeinflussen meine Runde, meine Taktik und alles weitere nachhaltig. Denn über diese Karten wird das ganze Spiel gesteuert, Einheiten und Gebäude gebaut und allerlei fieses Zeug veranstaltet. In Inis gibt es neben den Aktionskarten noch zwei andere Arten. Die oben erwähnten Vorteilskarten der Gebiete und die Karten der Heldentaten. Jede Karte hat dabei mindestens ein Symbol. Entweder ein Jahreszeitensymbol oder ein Triskelsymbol. Und damit endet auch schon die friedliche Versammlung und die Häuptlinge und Helden ziehen sich zur Planung ihrer Scharmützel zurück.
Die Jahreszeiten
Inis hat schon geniale Momente im Draft. Aber in der Jahreszeitenphase spielt es seine ganze Magie aus. Kein überladenes Gameplay. Nichts zum Nachlesen. Kein Almanach. Drei Aktionen: Passen, ein Anwärterplättchen auf den Sieg beanspruchen oder eine Karte mit Jahreszeitensymbol ausspielen. Keine Karte mehr mit Jahreszeitensymbol vorhanden? Armer Häuptling, dann musst du wohl passen. Ja…jetzt denkt natürlich er unerfahrene Kelte, so ein Scheißspiel. Ich habe ja nur die vier Karten zu Beginn der Runde bekommen. Weit gefehlt. Denn ich bekomme ja Sonderkarten über die Gebiete, die ich kontrolliere, ich kann Heldenkarten sammeln und alle Karten mit dem Triskelsymbol, kann ich auf der Hand halten. Ihr erinnert euch ja, oder? Nur die Karten mit Jahreszeitensymbol müssen ausgespielt werden.
Der Kampf der Häuptlinge
Ähnlich einfach und ähnlich genial wie der ganze Kartenmechanismus zeigt sich der Kampf in Inis. Karteneffekte oder Bewegungen in besetzte Gebiete lösen einen Kampf aus. Wer eindringt, ist der Anstifter. Gibt es in einem Gebiet einen Kampf und sind Festungen oder die Hauptstadt vorhanden, dürfen Beteiligte außer dem Anstifter noch eine Einheit in der Festung sichern. Das ist eine starke taktische Möglichkeit. Ansonsten wird der Kampf durchgeführt. Und der ist wieder so unglaublich simpel wie genial und taktisch. Entweder eine Aktionskarte von der Hand ungenutzt abwerfen oder eine Einheit entfernen. Ahhhhhhhh. Beim Barte des Druiden. Was soll ich nur machen? Welche Karten hat mein Gegner auf der Hand? Werfe ich eine wertvolle Aktion ab oder opfere ich eine Einheit? Soll Ichs wirklich machen oder lass Ichs lieber sein? Harte Entscheidungen sind hier bei maximaler Einfachheit vorprogrammiert. Ein Spektakel, zumal natürlich auch einige Karten spezielle Spezialeffekte haben, die sich massiv auf den Kampf auswirken.
Anti’s Beispiel
Anti, FH Professor für Virtuelle und Augmentierte Realität in Hagenberg, liebt den Konjunktiv. Eine österreichische Spezialität. Nach 60 Minuten räuspert er sich kurz und kündigt an „So, nehmen wir mal an, ich spiele die Karte „Kultstätte“, dann errichte ich hier eine in diesem Gebiet meine sechste Kultstätte, dann hätte ich ein Anrecht auf den Spielsieg?“ Uwe quittiert diese Anfrage mit einem milden Lächeln. „Ok, dann mach ich des jetzt!“, sprachs und greift mit seinen Händen gierig nach dem Anwärterplättchen. Uwe grinst breiter und spielt die Aktionskarte „Bann“ und sagt nur trocken „Counterspell“. Leichtes Gelächter am Tisch unter den angrenzenden Häuptlingen. In der nächsten Runde starte Anti erneut und spielt die Karte „Völkerwanderung“ aus. „Gut, dann kontrolliere ich jetzt mindestens 6 gegnerische Einheiten“, verkündet er stolz nachdem er durch Bewegung seine Einheiten umsortiert hat. Uwes Grinsen wird noch breiter. Er sitzt hinten. Und Anti erkennt seinen fatalen Fehler nicht. Denn als Uwe am Zug ist, spielt er den „Botschafter“. Er zieht einen Clan aus dem Gebiet heraus und Anti kontrolliert nur noch fünf Clans. Da Anti aber eine Kultstätte freigeräumt hat, gehört die nun Uwe. Muss ich erwähnen, dass Uwe nun 6 Kultstätten hat? Und niemand mehr reagieren kann?
Fazit
Inis ist Bereich Area Control einmalig und einzigartig. Die Steuerung des ganzen Spiels läuft über Karten und die darauf abgedruckten unterschiedlichen Aktionen. Dabei ist die Varianz so groß, dass unterschiedliche Taktiken und Möglichkeiten im Spiel ausprobiert werden können. Dazu ein Kampfsystem, was in seiner reduzierten Einfachheit trotzdem genial und abwechslungsreich ist. Die Interaktion ist brutal hoch und die Downtime in diesem Spiel gering. Man muss aufpassen wie ein Luchs. Herausragend ist, dass die Spielzeit angenehm kurz ist. Vordergründig. Denn wenn erfahrene Spieler am Tisch sind, dann kann gerade zum Ende des Spiels auch mal langatmig oder taktisch zu gehen. Wir hatten auch schon Partien, die 90 Minuten am Start waren. Wenn man dann mit der Erwartungshaltung an den Tisch geht, ein schnelles Spiel zu haben, kann man enttäuscht sein. Wer aber ein knallhartes Area Control Spiel mit unfassbar schönem Spielmaterial und einem anderen Ansatz erwartet, der wird definitiv nicht enttäuscht. Für mich taucht Inis in der Liste der ganz großen Area Control Spiele auf. Und zwar mittendrin, statt nur dabei.
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5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Das Spiel spricht mich optisch schon sehr an…und was du jetzt so schreibst scheint es auch regeltechnisch bestehen zu können.
Ich merke mir das mal vor…kurze Area Controll Spiele habe ich nur Court of the Dead. Und allein durchs Setting sehe ich dann hier genügend Unterschiede.
Ja Denny, das tut es in jedem Fall. Es besteht sogar auf einem sehr hohen und guten Level. Ich war selber überrascht, vor allem, weil man ja von Area Control Spielen doch sehr verwöhnt ist, oder? Aber was ich hier stark finde, ist einfach die Geschwindigkeit, mit der man losspielen kann. Keine halbe Stunde einarbeiten in die Fraktionen von Cthulhu oder Tsukuyumi. Versteh mich nicht falsch. Genau das liebe ich an diesen Spielen, aber Inis ermöglicht halt einen schnellen Einstieg und ist trotzdem unfassbar gut.
Mal wieder eine schöne Rezension zu meinem Lieblingsgenre: Area-Control. Die Pegasus-Version habe ich vor 1-2 Jahren mal gebraucht gekauft, aber seitdem liegt es im Regal. Die Rezension macht richtig Lust, es endlich mal auf den Tisch zu packen.
Danke Gordon mein treuer Leser,
probiere es bitte aus und schreibe mir deine Meinung. In freudiger Erwartung. Dein Markus.
Bei mir in der Runde ist das Spiel leider nicht gut angekommen. Ich würde sagen, in der Erstpartie verbrannt. Das liegt aber auch an der krassen Konkurrenz, die da im Regal schlummert. Ich kann aber verstehen, warum Markus Inis so sehr mag.