Kurzcheck: Darum geht es in Oros
Oros ist im Kern ein klassisches Workerplacement Spiel, bei dem ihr eure Worker auf eigenen Aktionsfeldern einsetzt. Oros ist aber mehr, denn auf dem doppelseitigen Spielfeld müsst ihr Heilige Städten bauen. Diese dürfen aber nur auf einem Berg platziert werden. Ich möchte dem Göttlichen am nächsten sein, also ist hoch oben am besten. Aber auf dieser verdammten Welt ist kein einziger Berg vorhanden. Nur Landschaftsplättchen und Vulkane. Was mache ich also? Richtig: Ich verschiebe die Plättchen, lasse Landmassen aneinander krachen, Vulkane erscheinen und löse mächtige Eruptionen aus. Je effektiver ich spiele, desto größer wird meine Erfahrung und das ist bitternotwendig, denn zu Beginn sind die Fähigkeiten meiner Gottheit echt dürftig. Also kommt bei Oros der Aspekt der Tableauentwicklung als Mechanik hinzu. Was muss ich noch machen? Studieren und das ist übel stark, denn wenn ich Worker zum Studieren schicke, werden sie von den Aktionen entfernt. Das Tableau ist dann sehr aufgeräumt und ich habe viel Platz für Aktionen. Und wenn meine Studenten zurückkommen, kommen sie mit Erfahrung zurück, die ich dann wieder in die Verbesserung meiner Fähigkeiten stecken kann. Leider sind dann meine Aktionsfelder wieder verstopft.
Changing World
Beeindruckend bei Oros ist natürlich die Mechanik des Verschiebens und Bewegens. Zu Beginn meiner zweiten Partie sitzen neben mir am Tisch Halbgott Marco und Uwe sowie der Predigernovize Anti. Jeder von uns startet auf einer einsamen Insel. Weit weg von den anderen. Oros funktioniert nicht wie andere Spiele, die Gebietskontrolle oder Gebietsbewegung haben. Denn ich will Heilige Stätten bauen. Für Siegpunkte und Erfahrung. Diese Heiligen Stätten gibt es in drei Niveaustufen. Denkmal als unterste Stufe, Schrein in der Mitte und Tempel ganz oben auf dem Berg. Je höher, desto mehr Belohnung und desto weiter der Abstieg vom Berg runter. Richtig, ich muss natürlich zu Fuß wieder den Berg runter und meine Bewegung ist am Anfang mit einem Schritt sehr langsam. Wer jetzt denkt, er könnte alle drei Stufen in einer Ecke vor sich hinbauen, der täuscht gewaltig. Pro Berg darf nur eine Heilige Stätte von mir am Start sein. Egal welche Stufe. Ach ja: Jede Stufe habe ich nur drei Mal im Besitz. Also muss ich mit den anderen Halbgöttern zusammenarbeiten. Was hat das jetzt mit dem Verschieben und Bewegen zu tun?
Verschieben und bewegen
Ich sitze auf meiner kleinen Startinsel. Da will ich aber nicht bleiben. Also schiebe ich die Reihe oder Spalte, auf der ich sitze, so dass es mir etwas bringt. Und ich will ins Zentrum. Also schiebe ich entsprechend und bewege mich dahin. Das Plättchen, was hinten raus rutscht, wird auf der anderen Seite wieder eingefügt. Wer das Verrückte Labyrinth kennt, fühlt sich sofort heimisch. Und das Verrückte Labyrinth heißt ja nicht wegen der verrückten Figuren und Schätze so, sondern weil man es verrücken kann. Wie bei Oros. Wer denkt, das Oros auf Familienspielniveau dümpelt, der täuscht. Viele kleine Elemente machen das Spiel einzigartig, abwechslungsreich und anders.
Zwei Züge später habe ich mein Ziel erreicht und lasse einen Berg entstehen. Gottgleich. Dazu lasse ich als erstes einen Vulkan ausbrechen und verändere die Landschaftsplättchen mit dieser Aktion. Aus meinem 1er Plättchen wird ein 4er, denn die Lava überzieht die Wassermassen mit Land. Über die Aktion Bewegen krachen in meiner nächsten Aktion nun zwei nebeneinanderliegende 4er Plättchen zusammen und es entsteht ein Berg. Nur wenn zwei 4er Plättchen tektonisch agieren, wuchtet sich ein Berg in die Höhe.
Interation
Und sofort scharren die ganzen anderen Gottheiten mit den Füßen und ich überlege meinen nächsten Schritt: Errichte ich auf der unteren Stufe des Bergs direkt ein Denkmal? Marco hat bereits ein Denkmal auf einem anderen Berg errichtet. Also würde ich ihm damit sein Denkmalausbau wegschnappen. Oder warte ich, bis Marco sein Denkmal baut und setze dann meinen Schrein darauf? Ich entscheide mich für den Bau der unterste Stufe meiner Heiligen Stätte und erhalte sofort eine Belohnung. Neben dem Tempelaufstieg ist hier die Erfahrung superwichtig, denn damit entwickle ich mein Tableau weiter.
Handlungsstrang
Oros glänzt in seiner ganzen Anlage mit vielen kleinen Feinheiten. Dabei ist Oros nicht überfrachtet, sondern klar strukturiert. Ich brauche Erfahrung, um meinen Board zu entwickeln. Die bekomme ich über Heilige Stätten oder wenn ich Leute vom Studieren zurückbekomme. Damit verstopfe ich aber meine Spots für Workerplacement und werde unflexibel. Ich will aber flexibel bleiben, denn die Auswirkungen meiner Gegner und die veränderte Welt schreien nach Flexibilität. Also schicke ich einfach Leute zum Studieren auf meine Heilige Stätten. Dort kann ich mit ihnen arbeiten und sie bewegen. Brauche aber dafür Bewegung. Ahhh. Ihr seht. Oros bietet so viele feine Entscheidungsmöglichkeiten. Dabei spielt sich Oros zu keinem Zeitpunkt langsam. Ihr habt drei Aktionen. Auch wenn der Gegner euch kurz vorher euren kompletten Plan zerschossen hat richtige Downtime bricht selten aus.
Licht und leichter Schatten
Ein Spiel, das von der Interaktion lebt, benötigt Spieler am Tisch. Es ist einfach so geil, wenn sich Inseln oder 3er Plättchen bewegen, der Gegner einem die Laufwege wegschiebt oder Vulkane neue Landmassen entstehen lassen. Aber was, wenn nur zwei Spieler am Tisch sind? Ehrlich? Dann lässt man Oros besser im Schrank. Der Automa, den man einbauen muss, funktioniert zwar, ist aber nicht das Gleiche. Auch wenn dieser Automa in vier Schwierigkeitsstufen unterteilt ist, ist das Flair mit den Mitspielern das Überragende. Ich finde Oros zudem am besten mit vier Spielern, weil das Wetteifern um die Heiligen Stätten einfach sehr fordernd und taktisch ist. Das Material glänzt von herausragender Qualität und vielen versteckten EasterEggs. Wer die Kampagne verfolgte, weiß, wovon ich spreche. Hier kann man richtig schön suchen gehen. Die Spielfiguren im Tempel sind einfach nur mächtig. Dickes Holz. So dick, dass wir sie gegen Plättchen ausgetauscht haben, weil sonst die Übersichtlichkeit etwas gelitten hat. Aber ansonsten alles in Trays, alles edel und stylish.
Fazit
Ein Spiel wie Oros gibt es nicht in meinem Regal. Kein anderes Spiel hat diese Mechanik und spielt sich trotzdem so fluffig und gut. Oros ist zudem sehr gut ausbalanciert, denn selten gibt es Ausreißer nach oben oder unten. Dabei ist die Spielzeit angenehm, die Downtime kurz und das Spielmaterial edel. Es gibt immer Feinheiten, die man anpassen muss. Bei Oros gibt es keinen Königsweg, man muss viele kleine Stellschrauben während des Spiels drehen. Herz, was willst du mehr? Gut, mechanisch kann sich nach ein paar Partien alles etwas ähnlich anfühlen, durch die Interaktion ist dies für mich aber vernachlässigbar. Oros ist für mich ein Meilenstein, weil es einfach neue Wege in ein Brettspiel implementiert. Man muss es definitiv angespielt haben. Christian und ich waren uns einig, das Oros, wäre es auf der Messe gewesen, ein Verkaufsschlager geworden wäre. Ich mag den Konjunktiv nicht. Jetzt ist Oros da und ich mag dieses Spiel sehr. Ihr solltet definitiv einen Blick drauf werfen. Eine klare Kaufempfehlung von meiner Seite.
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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Über Oros hätte ich auch gerne geschrieben, aber die liebe Zeit. Bei mir schlummert auch die Deluxe-Variante im Regal und die ist in Sachen Ausstattung grandios. Ich mochte es schon digital und auch analog hat es mich überzeugt. Die Interaktion ist super und die eigene Planung über sich selbst im Weg stehende Worker auf Aktionsplätzen ist spannend.
Tableauentwicklung rockt, weil man nie alle Fähigkeiten innerhalb einer Partie erreicht und selbst der Erhalt über Siegpunkte von der Tableauentwicklung abhängt. Der Witz ist nämlich der, dass, wenn man seine Erfahrung in neue Fähigkeiten steckt, man zwar mächtiger beim Agieren wird, aber weniger Siegpunkte für gebaute Heilige Stätten erhält. Wer aber zu früh oder zu viel Erfahrungspunkte in die Verbesserung der Siegpunkteausschüttung packt, der erkauft sich diesen Vorteil durch weniger druckvolles Spielen. Die Aktionen sind dann einfach schwächer!
Da stecken schon tolle Twists drin. Und die Aktion auf dem Spielfeld mit alle seinen Plättchen und der Dynamik, wirklich geil! Großer Kritikpunkt ist für mich aber wirklich die Spielbarkeit zu zweit. Den Automa kann ich nicht beurteilen, ich habe aber eigentlich gar keine Lust ihn auszuprobieren. Ich will echte Spieler:innen! Kein Verwaltungsaufwand, sei er noch so klein und auch keine zufälligen Aktionen einer dritten unpersönlichen Partei. Entsprechend kommt das Spiel weniger häufig auf den Tisch als das ich mir das gewünscht habe.
hey
hört sich klasse an.
könnt Ihr was dazu sagen ob es eher ein Kenner- oder Expertenspiel ist?
Meine Spielegruppe mag keine zu komplexen Regeln…
danke schön
viele Grüße
Christoph
Es ist kein Expertenspiel! Der Einstieg mag anfänglich etwas überfordert, weil die Aktionsplanung fordert und das Bewegen der Plättchen vielleicht ungewohnt ist, aber nach ein paar Spielrunden ist das Spiel sehr gut zu spielen.
Hallo Christoph,
ich finde Oros punktet vor allem in der Symbolsprache, der leicht zu verstehenden Regeln und einer sehr verständlichen Anleitung plus Bebilderung. Oros kann definitiv auf hohem Kennerspiel gespielt werden, aber zu einem Expertenkracher fehlt es. Das Spiel spielt sich fluffig und zügig und durch die Haptik hat man eine ungeheuere Spielmotivation. Man sieht seine Auswirkungen und die Gegner reagieren darauf. Dabei verzeiht das Spiel auch Fehler, die ein Expertenspiel nicht verzeihen würde. Es gibt keine Asymmetrie, sodass man einfach auch bei den anderen Mitspielern schauen kann. Kniffelig ist das Aktionstableau, weil man seine Meeple ja an verschiedene Orte bewegen muss, seine Aktionen freiräumen muss und darauf achten muss, sich seine Aktionen nicht zu verstopfen. Aber definitiv nur auf Kennerspielniveau.