Kurzcheck: Darum geht es in Stratego
Den meisten müsste Stratego ein Begriff sein. Für alle anderen: Stratego ist ein 1:1 Spiel und ist klassisches Capture the Flag. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stelle hinter einem Sichtschirm 40 Figuren auf, die ein Kriegsfeld simulieren. Unter den Figuren befinden sich verschiedenen Einheiten vom Spion, Aufklärer, Mineur bis zum General. Diese Einheiten sind beweglich, dürfen sich bis auf den Aufklärer ein Feld orthogonal bewegen und in der Regel schlägt der höhere Rang den niedrigeren. In der Regel. Ausnahme ist hier der Spion (1), der den General (10) schlägt, indem er diesen aktiv angreift. Das Prinzip ist hier ein vereinfachtes Schach, denn Figuren schlagen sich. Dazu gibt es noch eine Fahne und sechs Bomben, die ausschließlich vom Mineur entschärft werden können. Ziel des Spiels: die gegnerische Fahne erobern. Ein taktisches und schwieriges Unterfangen.
Überraschung
„Papa, bringst du mir das neue Spiel bei?“ war die Frage vom Lissy am nächsten Tag, nachdem ich das Spiel ausgepackt und begutachtet hatte. Ich war milde verblüfft. Neue Spiele erzeugen jetzt in der Regel keine Begeisterungsstürme, obwohl meine Familie schon eine leichte Affinität zu Backgammon und Schach hat. Aber die Dynamik und Intensität von Stratego haben mich dann doch überrascht. Die Regeln sind superschnell erklärt. Lissy hat in zehn Minuten das Spiel verstanden. Nach vier Spielen den ersten Sieg gegen mich verbucht. Mit einem cleveren Zug. Sie schlug meinen Spion mit ihrem Aufklärer. Ich hatte den Spion ungeschützt und ihr Aufklärer, der als einzige Figur beliebig weit laufen kann, enttarnte und vernichtete ihn. Da sie noch ihren General hatte, räumte sie systematisch auf.
Überraschung Nummer Zwei
Nach zwei Partien Stratego gesellte sich Hannah dazu und schaute interessiert zu. Als ich kurz Getränke organisierte, war mein Slot am Tisch weg und Lissy erklärte Hannah das Spiel. Und die zwei Strateginnen bekriegten sich bis aufs Messer inklusive Trash Talk, Bitch Fight und „No time for Losers“. Überraschung Nummer drei: Nachdem Lissy schmollend nach einer krachenden Niederlage den Platz räumte, füllte Kati den Slot gegen Hannah und später gegen Lissy noch mal auf. Eine echte Leistung, denn es ist selten, dass Spiele allen gefallen und im 1:1 Bestand haben.
Einschätzung von Stratego
Auch wenn die Jubiläumsedition einen neuen flotten Modus mit Karten und erweiterten Fähigkeiten am Start hat, der sich überraschend frisch und variabel spielt, ist das Main Event das klassische Stratego. In der Neubetrachtung des Klassikers bietet Stratego gute Feldküche im 1:1. Wenige Spielregeln. Viele Figuren. Das eigentliche Spiel startet bei der Aufstellung der Figuren. Wo platziere ich die Fahne? Welche Flanke eröffne ich? Wo platziere ich meine Figuren? Wie stelle ich sie zusammen? Wer schützt wen? Anders als bei Schach ist hier die Aufstellung nicht vorgegeben, die taktische Täuschung des Gegners, fintieren und enttarnen ein zentrales Element. Gerade wenn man häufig gegen die gleiche Person spielt, macht dieses Element brutal viel Spaß und ist sehr kurzweilig. Und auch das Fintieren auf dem Feld ist nicht banal. Welche Figur möchte ich dem Gegner zeigen? Wie und in welcher Reihenfolge setze ich die Figuren?
Stratego macht hier nicht mehr und auch nicht weniger. Es hält keinen Vergleich mit einem Super Fantasy Brawl oder einem Cloudspire stand. Es bietet auch nicht die taktische Vielzahl eines Schachspiels. Will es auch nicht und muss es auch nicht. Denn Stratego ist auch aus heutiger Sicht nicht zu unterschätzen, denn der Spielspaß ist da. Wie mein guter Freund Andreas immer bei Wein sagt: „Ein guter Wein zeigt sich immer dann, wenn er getrunken wird“. Und so ist es bei Stratego auch. Es wird bei uns in der Familie gespielt. Ich war überrascht, wie oft und dass auch ich permanent Spaß daran habe. Hätte ich es mir selber gekauft? Wahrscheinlich nicht. Allerdings hätte ich es gekauft, nachdem ich es nach all den Jahren wieder gespielt hätte. Ein echter Klassiker.
Materialcheck
Das Material der Stratego 65. Jahre Deluxe Jubiläumsedition ist pornös. Die Verpackung in einem edlen Blau gehalten. Der Spielinhalt eröffnet sich, nachdem man an einem roten Band die Schachtel aus dem Schuber gezogen hat. Ein feines Spielbrett mit goldenen Linien. Die Spielsteine sind massiv, dick und wuchtig. Ein Riesenkompliment, dass die klassischen Grafiken beibehalten wurden und es zudem drei Spielsteine in weiblicher Form gibt. Finde ich zeitgemäß. Der Sichtschirm steht stabil und für die Spielsteine gibt es zwei Schatullen, die ein schnelles und sinnvolles Verstauen der geschlagenen Spielsteine ermöglicht. So behält man schnell die Übersicht und kann zügig neue Partien aufbauen.
Fazit
Stratego macht nach all den Jahren immer noch Spaß und muss sich nicht vor anderen 1:1 Spielen verstecken. Mein Blick war also nicht verklärt. Es ermöglicht einen schnellen Einstieg, da die Regeln leicht und verständlich sind. Die Fähigkeiten der einzelnen Figuren ermöglichen auf dem Spielbrett ein variables taktisches Spiel, was spannend und fordernd ist und zu mehrmaligem Spielen einlädt. Der UVP für das Spiel liegt bei 89,99€ allerdings ist es in vielen Shops für 69€ zu bekommen. Ob man für die Deluxe Variante das Geld ausgibt, muss man selber entscheiden, aber ich halten den Preis für angemessen. Was ich mich überzeugt hat, ist die Tatsache, dass es einfach Spaß macht und Stratego aus dem Spielregal gezogen wird. Andere Spiele bleiben da manchmal stehen. Stratego ist damit für mich ein echter Klassiker, der seinen Platz zwischen all den Neuheiten durchaus verdient. Ein guter Baustein in der Spielesammlung. Für mich wie Die Nackte Kanone. Wer jetzt Lust bekommen hat, sollte zügig zuschlagen, die 65. Anniversary Box ist auf 1500 Stück limitiert.
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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Liest sich irgendwie sehr gut…obwohl das Spiel bisher so absolut unter meinem Radar geflogen ist.
Danke für den Tipp
Ja, ich war auch überrascht, dass es nach all den Jahren noch so gut ist.
Kein Wunder, dass Deine Kids da Spass dran haben: Die Memory-Komponente ist im Spiel meiner Erinnerung nach (wirklich lange her bei mir, ich habe es selbst nie besessen und nur einige Male in meiner Jugend gespielt) nicht zu unterschätzen, und das sollte erwachsene Gegner für Kinder angreifbar machen 😉
Ich glaube es ist mehr als das.