Lesezeit: 5 Minuten

Kennt ihr das Gefühl? Ihr klickt ständig auf diese Kickstarter Seite und schaut euch das Projekt an, lest, überlegt und trefft Vorsätze für den nächsten Tag. Diese revidiert ihr und klickt am nächsten Tag wieder auf das Projekt. Mir fällt da eines meiner Lieblingslieder von Fettes Brot ein: Soll ich’s wirklich machen oder lass‘ ich’s lieber sein? Jein. Bei Terraforming Mars: Ares Expedition habe ich mich schweren Herzens dagegen entschieden. Und ich lasse wirklich ungern schöne Dinge vorbeiziehen. Aber die Meinungen zu diesem Spiel waren zwiegespalten. Und nicht wirklich überzeugend. Braucht man noch einen Abklatsch von TFM? Als wirklicher Fan von TFM war ich oft am Zweifeln, ob meiner fragwürdigen Entscheidung. Nun kam Marc am Montag mit der Kickstarter Version von Terraforming Mars: Ares Expedition an. Er war zwar etwas verwundert, als ich ihm um den Hals gefallen bin, den besten Champagner aufgezogen habe, ihm seinen Stuhl aufpolsterte und Kaviar auf seinem Platz servierte. Nun gut, was weiß der schon…

Darum geht in in Terraforming Mars: Ares Expedition

Dieser Absatz ist schnell erklärt. Es ist Terraforming Mars. Alle, die das Spiel kennen, wissen jetzt, was Masse ist. Alle anderen: „Hallo? Wo habt ihr die letzten Jahren zugebracht? Saturn? Jupiter? Holt bitte diese Lücke nach und lest Christians Test zu TFM Mars und schmökert anschließend in meinen Specials zu den Erweiterungen.

Was macht es anders?

Die Frage ist leichter zu beantworten und damit auch der deutlich interessantere Absatz. Das Spiel ist klein und kompakt. TFM als „Kartenspiel“. Der Mars und die Playerboards sind kleine, maximal DIN A5 große Boards. Auf dem Mars platziert ihr verdeckt die Ozean Teile. Der Platzierungsbonus ist jetzt auf der Rückseite aufgedruckt und beim Flippen erhaltet ihr diesen. Wälder erhaltet ihr als Token in euren Bereich. Sauerstoff und Wärme sind neben den Prozent und Gradzahlen nun in farbliche Bereiche unterteilt. Die Bedingungen der Handkarten beziehen sich nun nicht mehr auf eine bestimmte Zahl, sondern triggern in besagten farblichen Bereich. Das Spiel glänz wieder mit so vielen unterschiedlichen Karten. Ihr beginnt mit 8 Handkarten und im Spiel zu viert schafft ihr keinen Durchlauf aller Karten die enthalten sind. Das ist stark.

Wie gehabt: Konzerne mit Startbedingungen.

Die wichtigste Änderung: Der Puerto Rico Move: Jeder Spieler hat zusätzlich zu den Handkarten fünf Aktionskarten. Diese sind von 1 – 5 durchnummeriert und kennzeichnen unterschiedliche Aktionen, die in ihrer Reihenfolge ausgelöst werden. In jeder Generation spielt jeder eine dieser Karten verdeckt aus. Diese werden dann gleichzeitig umgedreht und in Reihenfolge der Karten simultan mit der entsprechende Aktion ausgeführt. In der nächsten Generation müsst ihr dann eine andere Karte ausspielen und dürft eure Aktionskarte der vorherigen Generation wieder auf die Hand nehmen. So kommt eine taktische Tiefe und ein Abwägen der Aktionen hinzu. Alle Aktionskarten haben neben der für alle gültigen Hauptaktion noch eine Nebenaktion, die aber nur für SpielerInnen triggert, die die Aktion ausgespielt haben.

Der „Puerto Rico Move“

Idee

Alle spielen gleichzeitig. Das ist stark! Ein Nachteil bei TFM, man muss manchmal warten. Hier? Nix. Aktionskarten umdrehen, Handkarten scannen und ab geht die Luzi. Zudem kommt eine gehörige Portion Taktik ins Spiel. Welche Karte lege ich? Welche Karte legen die anderen? Ich kann und will ja alle Phasen nutzen. Marc hat kein Geld mehr vor sich liegen. Ich bin pleite und habe kaum noch Karten auf der Hand. Ich entscheide mich also meine Phase 5 zu spielen. Das erlaubt mir 5 Karten nachzuziehen und 2 davon zu behalten. Mein Plan geht auf. Marc spielt Phase 4: Produktion und ich kann auch Ressourcen produzieren. Lediglich Energie ist aus dem Spiel rausgestrichen worden.

Klein, übersichtlich, aber teilweise etwas hakelig.

Realität

Wir spielen mit Michael. Wir spielen zu viert. Michael ist manchmal ein … nennen wir es Synergie-Optimierer. Oder Schatzsucher. Welches ist die perfekte Karte für diesen Moment? Oder ist sie vielleicht besser für den Nächsten? Versteht mich nicht falsch, ich liebe diesen Menschen. Aber: die Idee dieses Spiel es schneller und gleichzeitiger zu machen, scheitert in diesem Moment. Wenn alle gleichzeitig spielen, drei Spieler relativ schnell sind und einer an diesem Abend vielleicht etwas langsamer ist, dann erhöht das immer den zeitlichen Druck auf den Einen und macht das Spiel eben nicht schneller. Und auch nicht besser! TFM ist nun mal etwas komplexer und ich mag auch mitbekommen, was andere Spieler machen. Marco neben mir hat eine brutale Engine aufgebaut. Wenn er in Phase 3 blaue Karten auslöst, sind diese so stark ineinander verzahnt, dass er allen völlig verdient davoneilt. Nur: Davon bekomme ich sehr wenig mit, denn ich spiele ja gleichzeitig und bekomme einige Moves nicht mit. Und kann auch wenig dagegen ausrichten. Ich kann ihm ja nicht mal beim Draften eine Karte wegnehmen. Es gibt ja keinen Draft.

Handkarten, auch hier gewohnte Kost, jedoch gut angepasst auf das kompaktere Spiel.

Gefühl

Es spielt sich gut, es ist Terraforming Mars, die Karten sind toll, die Idee mit den Aktionen ist gut. Aber, es setzt bei mir selten Herzrasen ein. Ich bekomme nicht mit, wie sich das Spielfeld entwickelt. Ich muss meine Aktionen zwar timen, aber nicht wie bei TFM. Dort schaue ich immer zu und grüble. Was macht mein Mitspieler? Was mache ich? Wann spiele ich diese Karte? Wann buche ich einen Meilenstein. Und dann das Gefühl, wenn einer mir diesen wegschnappt. Das gibt es bei Terraforming Mars: Ares Expedition nicht. Ich hatte häufig das Gefühl, man spielt es runter. Das ändert sich ein wenig, wenn man zu zweit spielt. TFM habe ich kaum zu zweit gespielt. Diesen Ableger schon. Es bleibt aber bei diesem mulmigen Gefühl.

Meine Konzernentwicklung. Aufgrund vieler Siegpunkte war ich in dieser Partie vorne.

 

Fazit

Die Ares Expedition war kein voller Erfolg. Ein guter Teilerfolg. Das große Terraforming Mars erfordert immer einen großen Tisch. Ares Expedition ist kleiner, kompakter und transportiert das Terraforming Mars Setting in einer Schachtel, die gerade für zwei Spieler geeignet ist. Aber leider nur teilweise, denn das Herzschlag Gefühl setzte zu selten ein. Und da stellt sich mir die Frage, ob ich das brauche, wenn ich das große TFM schon habe. Für alle SpielerInnen, die TFM nicht kennen, eher einen kleinen Tisch haben oder zu zweit spielen, kann das Spiel passen. Denn man ist wirklich deutlich schneller durch.  Vielleicht bin ich auch einfach wie alle anderen TFM-Spieler, zu sehr in diesem Spiel gefangen. Schwierig. Es ist irgendwie wie der vierte und fünfte Teil von SAW oder Terminator. Man kennt irgendwie alles, aber man orientiert sich immer an der großen Vorlage. Mich hat es einfach nicht so überzeugt, aber ich würde es immer mitspielen. Für zwei Spieler würde ich eher Arler Erde auspacken. Den Weg in mein Regal wird es trotzdem schaffen, weil meine Frau es gerade für „Zwischendurch“ mag. Gerade, wenn es bald auf Deutsch erscheint.

Terraforming Mars: Ares Expedition

42 €
7.7

AUSSTATTUNG

8.1/10

SPIELIDEE

7.3/10

SPIELSPASS

7.7/10

Kurzfakten

  • Für TFM Spieler einfach zu lernen
  • Gutes Setting
  • TFM als Kartenspiel
  • Jeder Spieler spielt ein bisschen für sich
  • Klein, kompakt, fluffig und schnell
  • Gut für zwei Spieler

Spielinformationen

  • Genre: Strategiespiel
  • Personen: 1-4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: 45-60 Minuten
  • Autor: Jacob Fryxelius
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • AUSSTATTUNG

    8

    SPIELIDEE

    7.5

    SPIELSPASS

    7.5

    Hab ich bisher noch nie gemacht, aber die Rezension finde ich so geil, sprachstilmäßig wie auch inhaltlich und spielatmospährisch dargestellt, dass ich hier mal wirklich meinen Kommentar des Respekts abgeben möchte. Aus meiner Sicht ne wirklich hammergelungene Beschreibung, auch weil ich mich dem Fazit und der sonstigen Darstellung voll anschließen kann.

    Antworten
    • Wow!
      Armin ich bedanke mich sehr herzlich bei dir. Mir bedeutet ein solches Lob als Hobbyschreiber und nicht gelernter Journalist oder Germanist sehr viel, denn ich schreibe total gerne. Zum einem weil ich diese Erlebnisse und Geschichten in mir habe und zum anderen, weil ich Leser begeistern möchte. Danke.

      Antworten

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