Lesezeit: 6 Minuten
Love Letter Love is in the air, everywhere I look around? Pustekuchen. Nix Liebe. Misstrauische Blicke. Ich ziehe eine Karte nach, ziehe sie flach über den Tisch, presse sie eng an meinen Körper und ist nur für meine Augen bestimmt. Pure Paranoia. Ich beobachte die Regungen meiner Mitspieler kritisch, merke mir ihre Kartenauslage und versuche nach und nach einen auszuschalten, um als letzter übrig zu bleiben. Denn die schöne Prinzessin wartet schon lange auf ihren Traumprinzen und das bin nun mal ich. Und niemand anders. Ich möchte die Herzen haben. Und das gelingt mir, wenn ich der Letzte bin oder der Ranghöchste, der ihr die Liebesbriefe in ihr Gemach legen darf. Ehrlich, als das erste Mal Love Letter auf dem Spieltisch lag, mir jemand das Prinzip erklärte, dachte ich… was ein Scheiß!

Das Love Letter Prinzip

Zu Beginn einer Runde bekommt jeder meiner Bachelor-Mitbuhler eine Rose eine Karte. Eine Karte. Da geht es schon los. Kein Feuerwerk an Material. Eine Karte mit unterschiedlichen Werten von null bis neun. Ich bin am Zug und ziehe eine weitere Karte nach. Jetzt habe ich… richtig: zwei Karten auf der Hand. Kommt ihr noch mit? Von diesen zwei Karten wähle ich eine aus, lege sie vor mir ab und führe ihre individuelle Fähigkeit aus. That’s it. Das ganze Prinzip. So versuche ich mit den Spezialfähigkeiten der Karten Runde um Runde zu überleben und gleichzeitig meine Nebenbuhler zu besiegen. Sind alle Karten vom Nachziehstapel aufgebraucht und noch mehrere Spieler in der Runde, gewinnt, in der Regel, die höchste Karte. Es sei denn, eine Spezialfähigkeit hebelt dies aus. Da wird Spannung aufkommen.

Love Letter
Die Spezialfähigkeiten der einzelnen Karten für 1-4 Spieler links und 5-8 Spieler rechts

Eliminieren

Erste Partie. Ich habe noch keinen Zug gemacht, konnte noch keine Karte auslegen. Wir spielen zu sechst, meine Tochter Hannah ist am Zug und legt „die Wächterin“ aus. Sie blitzt mir eiskalt in die Augen und sagt mit ihren fast 14 Jahren und eisigem Frost in der Stimme: „Papa, du hast eine „Drei“ auf der Hand“. Meine Gesichtszüge entgleisen, denn ich habe eine „Drei“ auf der Hand und die „Wächterin“ meiner Tochter darf eine Zahl bei einem beliebigen Mitspieler raten. Trifft sie ins Schwarze, muss der Spieler seine offene Karte auslegen und ist für diese Runde raus. Kein Herz. Direkt raus aus der Partie.

Zweite Partie. Das passiert mir nicht mehr. Als ich dran bin, wähle ich aus meinen zwei Handkarten die „Zofe“. Sie schützt mich bis zu meinem nächsten Zug vor den Angriffen der anderen Mitspieler. Ich beobachte, wie meine kleine Tochter jetzt von ihrer großen Schwester filetiert wird. Die Stimmung wird dadurch angeheizt. Sollen sie ruhig. Ich schaue mir dieses Intrigieren sehr gerne aus der Ferne an, merke mir, welche Karten gespielt werden und versuche meine Schlüsse zu ziehen. Die Karten und die Figuren darauf sind erstens sehr hochwertig, groß und haptisch ansprechend und zweitens thematisch sehr passend in die Geschichte eingepflegt. Ich überlebe die zweite Partie, verliere aber gegen meinen Bruder, weil dieser eine „Acht“ auf der Hand hat, ich nur eine „Sechs“.

Love Letter
Spezialfähigkeiten im Detail auf den schönen Karten

Zwischenfazit

Am Tisch geht es ab. Passe ich nicht auf, gewinne ich keinen Blumentopf. Ich muss schon wissen, was gespielt wird. Natürlich, Kartenspiel = Glück. Aber mit den Spezialfähigkeiten kommt so viel Dynamik, Interaktion und Spaß rein, dass es völlig egal ist. Und hey, ich habe ja zwei Karten. Was will man mehr. Dazu kommt unfassbare Spannung. Es kann immer was passieren. Ich kann in der ersten Runde rausfliegen oder bis zum Showdown drinbleiben. Selbst wenn ich rausfliege, macht es Spaß, den anderen beim Zerfleischen zuzuschauen. Und die Runde ist so schnell vorbei, dass ich direkt wieder am Start bin. Zudem kapiert wirklich jeder das Spiel nach fünf Minuten. Ob er oder sie es dann auch geschickt spielt, steht in den Sternen.

So können in der BigBox 2-8 Spieler ab 8 Jahren zusammenspielen und das Spiel ist mit ca.15 € echt günstig. Ein echter Familienspiel Kracher, der mindestens zweimal in der Woche ausgepackt wird. Und es bleibt auch häufig nicht bei einer Runde. Wir haben schon ganze Abende nur mit Love Letter verbracht, getreu dem Motto: noch eine Runde.

Warum Zwischenfazit?

Naja, ich habe euch das Love Letter Prinzip vorgestellt. Und dieses Prinzip ist auch genial in anderen Spielen vertreten, die sich alle gleichen und doch wieder anders spielen. Da diese Varianten genauso häufig auf den Tisch kommen und ultraviel Spaß machen, muss ich sie euch vorstellen. Macht euch am besten selbst ein Bild.

Lovecraft Letter

Mein H.P Lovecraft Herz geht hierbei auf. Alleine durch dieses Spiel haben meine Kinder einen Zugang zu dieser abgedrehten Welt und sprechen Cthulhu richtig aus. Zudem brechen sie in Jubelstürme aus, wenn der „Gehirnzylinder der Mi-Go“ gespielt wird. Herrlich. Das Prinzip ist das Gleiche, garniert durch das Merkmal vieler Cthulhu Titel: der Wahnsinnsprobe. Hammer. Diese macht das Spiel unberechenbar, abgedrehter, lustiger und spannender.

Lovecraft Letter
normale Karten und grüne Wahnsinnskarten

Die Karten „Eins“ bis „Neun“ gibt es in der normalen Variante und in einer wahnsinnigen Variante die Zahlen „Null“ bis „Neun“. Die Normalen Karten sind weiß und häufiger vorhanden. Die Wahnsinnskarten sind grün und exakt einmal im Spiel. Grüne Karten haben eine normale Spezialfähigkeit und eine mächtigere grüne Wahnsinnsfähigkeit. Ich möchte immer die Wahnsinnsfähigkeit spielen. Aber das kann ich erst, wenn ich wahnsinnig bin. Das geschieht dann, wenn ich eine grüne Karte vor mir ausliegen habe. Aber: immer, wenn ich wahnsinnig bin, muss ich erst eine Wahnsinnsprobe bestehen. Dieses Prinzip ist so simple, dass es jeder kapiert. Meine kleine Lissy hat eine grüne Karte ausliegen, ist an der Reihe und zieht in ihrer Wahnsinnsprobe eine Karte nach. Ist die Karte normal, darf sie weiterspielen und jetzt auch grüne Fähigkeiten ausspielen. Ist die Wahnsinnsprobenkarten grün, ist sie verrückt. Das ist sie so oder so, nun aber im Spiel rausgeflogen. Kurios. Die Kinder lieben Lovecraft Letter und dieses Spiel ist immer am Start. Für knapp 9€ für 2-6 Spieler sollte hier niemand wirklich überlegen.

Lovecraft Letter
Links = Wahnsinnig und im Spiel, Mitte = ausgeschieden, Rechts = Wahnsinnsprobe verloren und ausgeschieden

Infinity Gauntlet

Das Marvel Universum ist ein Meilenstein an Kurzweil. Über den Winter haben wir über Disney+ die Filme in chronologischer Reihenfolge gesuchtet. Thanos als Bösewicht ist für mich einfach so unfassbar gut angelegt. Dieses Ding mit den Infinitysteinen und dem Fingerschnippen hat etwas, was mir beim Schauen der Filme die Schweißporen öffnet. Regelmäßig. Infinity Gauntlet transportiert genau das. 2 – 6 Spieler sind hier am Start. Aber etwas anderes als bei den anderen Titel. Die Marvel Helden spielen im Team gegen den Einzelspieler Thanos. Gut gegen Böse. Dabei können sich die Helden um Tony Stark gegenseitig unterstützen, schützen und geschickt gegen Thanos kämpfen. Thanos kämpft ebenfalls, kann aber gleichzeitig versuchen, die Infinitysteine in Form von Karten vor sich abzulegen und…mit dem Finger zu schnippen.

Infinity Gauntlet
Eine Auswahl an Thanos Karten

Zwei Sachen sind anders. Erstens, niemand scheidet aus dem Team aus, man verliert nur Leben und zweitens, Thanos hat zwei Karten auf der Hand und zieht dann eine Dritte. Dass niemand ausscheidet, macht gerade den Reiz in der Familie aus. Warum muss ich ständig der böse Thanos sein? Meine Kinder lieben es, sich gegen mich zu verbünden. Ihr könnt euch vorstellen was abgeht, wenn sie mich vermöbelt haben. Zudem die Jubelstürme, wenn jemand seinen Lieblingsheld mit der exakt benötigten Spezialfähigkeit bekommt. Auch dieses Spiel hat einen festen Platz in der Spielerotation und ist mit ca. 14€ preislich ok.

Infinity Gauntlet
Übersicht über die Spielkarten

Fazit

Für mich ganz klar. Diese drei Spiele gehören in jede gute Sammlung. Spaß, Interaktion, Dynamik, Taktik und alle spielen mit. Es kommt häufig auf den Tisch und immer haben alle Lust darauf. Wer sich an das Prinzip herantastet, startet bitte mit der Love Letter Big Box. Nichts anderes macht Sinn, es sei denn ihr habt wirklich nur Spielkontakt zu drei oder vier Spielern. Wenn es euch gefällt, kauft ihr sowieso Lovecraft Letter und Infinity Gauntlet nach. Lovecraft Letter ist mit seiner Cthulhu Thematik schon speziell, aber mit Sicherheit das dynamischste, witzigste und kurzweiligste. Infinity Gauntlet passt in jede Familie, die einen Zugang zu Marvel hat. Ich habe meine Kinder mit ihren Freunden und dem Spiel in ihrem Zimmer verschwinden sehen. Das sagt schon einiges.

Love Letter
AUSSTATTUNG
100
SPIELIDEE
100
SPIELSPASS
100
Leserwertung0 Bewertungen
0
Kurzfakten
Spannendes Spielprinzip
Hohe Interaktion und Kommunikation
Einsteigerfreundlich
Hoher Wiederspielwert, Suchtfaktor
Gutes Material
Spielprinzip in anderen Spielen
Spielinformationen
Genre: Kartenspiel
Personen: 2-8 (Big Box)
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 20 - 40 Minuten
Autor: Seiji Kanai
88
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

Brettspieler | Carromspieler | Viel-Spieler | Ran NFL süchtig | Weinliebhaber | Leseratte | | Brettspielsammler | MTB Fahrer | Sportler | Hobby-Koch | Kooperativ-muss häufiger-sein | Terraformer | Musikgenuss | Spotifyer | Familie | Fußballer |

13 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Jörg Unseld
    6. Mai 2021 12:30

    Hallo Markus, schön, dass Du diesen Klassiker (Love Letter) darstellst. Obwohl ich mich als Vielspieler bezeichnen möchte, spiele ich dieses Spiel seit über 5 Jahren immer wieder und mit großer Freude. Ich finde Love Letter ideal für 4 Spieler. Wenn wir mehr Spieler sind, bevorzuge ich Lovecraft Letter. Favorit bleibt für mich aber Love Letter zu viert (auch ich spiele es dann mit meiner Frau und den zwei Töchtern). Das einfache Prinzip und die schnellen Runden bestechen.
    Übrigens: Bei uns ist lustigerweise die von Dir beschriebene Situation Wächter-Baron schon zum Running Gag geworden. Es gibt immer jemand in der ersten Runde, der mit seiner Wächterin jemanden anderes fragt, ob er den Baron hat. WIr lachen uns immer am Tisch schief, wenn dies auch noch stimmt. Derjenige, der in der ersten Runde einen Baron hat, schwitzt Blut und Wasser.
    Grüße Jörg

    Antworten
  • So langsam wirste hier zum „Klassiker“ 🙂

    Antworten
  • Denny Crane
    6. Mai 2021 15:07

    Die Marvel Version habe ich mir auch geholt…..wer vorher Love Letter gespielt hat, muss sich an ein paar Stellen ungewöhnen, aber sonst macht es wie beschrieben super Spaß

    Antworten
  • Hi Jörg,
    ich habe lange überlegt, aber da das Spiel und das Prinzip in unserer Statistik so oft auftaucht, es für viele Spieler leicht zugänglich. Daher musste ich bei diesem Klassiker (@Matze: Ich hoffe du meinst es positiv) nicht lange überlegen. Tatsächlich treten diese Situationen so häufig auf und sie machen das Spiel einfach nur unfassbar gut. Es ist halt wöchentlich auf dem Tisch, egal in welcher Ausführung. Spiele ich mit den drei Monstern alleine, wird häufiger Marvel ausgepackt. Ich persönlich liebe allerdings Lovecraft Letter, weil dieser Wahnsinn einfach wahnsinnig macht.
    Ich hatte diese Woche noch das Thema mit Christian. Epische Spiele vs. schnelle unkomplizierte. Vielleicht machen wir da mal ein „Spezial“ draus.
    Was habt ihr zum Wochenende spieletechnisch geplant?
    Stay magic
    Markus

    Antworten
  • Ich hatte erst vor wenigen Wochen meine erste Love Letter Erfahrung. Es hat wirklich eingeschlagen. Auch meine Mädels 11 und 12 Jahre waren begeistert (mein Kleiner mit 6 noch zu klein und schon im Bett). Ein tolles, kurzweiliges und leicht verständliches Spiel. Und wirklich, wer rausfliegt fiebert weiter mit. Ich habe glatt Lust es morgen Abend wieder auf den Tisch zu bringen. Lovecraft Letter muss ich mir dann wohl doch mal anschauen.

    Antworten
  • Wobei eine Frage hätte ich noch. Was soll eigentlich die beiseite gelegte Reservekarte? Wozu braucht man die denn? In Let‘s-Plays auf YouTube wurde sie teils gar nicht beiseite gelegt.

    Antworten
  • Hallo Julian,
    freut mich, dass Love Letter auch bei Euch eingeschlagen hat. Die Reservekarte wird benötigt, wenn dein Mitspieler oder Mitspielerin einen „Prinz“ spielt und dich wählt. Dann musst du deine Handkarte ja ablegen und eine neue ziehen. Wenn jetzt aber der Nachziehstapel leer ist, dann würdest du ja bei der Schlusswertung „nackt“ dastehen. Du bist aber regeltechnisch nicht ausgeschieden, also ziehst du die Reservekarte und es kommt unter den verbliebenden Spielern zur Schlusswertung. Ausserdem erhöht die Reservekarte die Spannung, wenn als letzte Karte eine Wächterin ausgespielt wird. Die meisten Karten liegen ja jetzt offen und man kann gut abschätzen was noch im Spiel ist. Bis auf die Reservekarte und die Karten, die die verbleibenden Spieler auf der Hand haben.

    Stay magic
    Markus

    Antworten
  • Jörg Unseld
    10. Mai 2021 14:01

    Hallo Markus,

    am Wochenende kam mit der Familie Jamaica (einmal ohne, einmal mit Erweiterung) auf den Tisch. Immer wieder lustig.
    Am Sonntag dann mit einem befreundeten Pärchen endlich den ersten Fluch von 7th Continent abgeschlossen (deutlich länger als die angegebene Stundenzahl) und anschließend eine Runde Paleo.
    Hat mir alles Energie für die neue Arbeitswoche gegeben.

    Antworten
  • Jörg, dass hört sich sehr gut an…
    7th Continent reizt mich auch sehr…Die Woche ist ja Gott sei Dank kurz

    Antworten
  • Super Artikel! Ich habe das Spiel zu Beginn auch erst nicht ernst genommen – was will ich denn mit einer einzelnen Handkarte?! Aber das Spiel halt schnell einen Sog entfaltet. Hast du schon einen der Lost Legacy Teile ausprobiert? Die funktionieren ähnlich und wurden mir sehr ans Herz gelegt!

    Antworten
    • Hallo Marcel,

      bin zwar nicht Markus, aber Lost Legacy habe ich zwei Versionen von. Ich finde es vom Setting besser und genau deshalb habe ich es mir damals gekauft. Ich finde aber es kommt nicht an Love Letter und seine Ableger an. Ich kann gar nicht sagen warum, aber irgendwie waren die Partien viel spannungsärmer.

      Viele Grüße
      Christian

      Antworten
      • Vielen Dank für deine Antwort, das ist eine interessante Perspektive! Gerade das Setting ist nämlich auch für mich der Grund, weswegen ich Lost Legacy gerne vorziehen würde – inhaltlich konnte ich zumindest auf der theoretischen Ebene scheinbar wenig Unterschiede ausmachen.

        Antworten
  • Hallo Marcel, leider nein. Lost Legacy habe ich nicht, es hört sich sehr interessant an, weil mich das Setting auch sehr anspricht. Allerdings habe ich beim schnellen Suchen keinen Anbieter gefunden.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Ich akzeptiere die Datenschutzhinweise: