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Mein Name ist Andriej Smirnov, meine Freunde nennen mich „Ratte„. Freunde? Moment, nein, das ist falsch. Ich habe keine. Ich bin Schmuggler und sammle Gegenstände in der Zona, die es mir helfen, endlich diesen verdammten Sarkophag zu knacken. Die Zona. So nennen wir das verstrahlte Gebiet um das AK Tschernobyl. Was da passiert ist, ist jedem klar. Obviously. Was wirklich passiert ist und seit dem Unfall weiter passiert, läuft unter dem Deckmantel der Öffentlichkeit. Die Zone ist verstrahlt, aber die Regierung und die Wissenschaft sind es auch. Es gibt geheime Labore und ständig tauchen Anomalien oder irgendwelche Mutanten auf. Krank. Übel. Nur wir kaputten Plünderer steigen in die Zona, um uns irgendwie über Wasser zu halten, um zu überleben oder endlich die geheimen Orte zu finden. Dort sollen Geheimnisse lagern, die uns den Weg unter den Tschernobyl-Sarkophag ebnen soll. Damit sich hier was verändert. Wenn sich was verändert.

Darum geht es in Zona

Zona ist für mich ein Rollenspiel-Adventure in einer offenen, hoch thematischen Welt. Als einer von 1 – 4 abgefahrenen PlünderInnen loote ich das verstrahlte Gebiet um Tschernobyl, besiege Monster und Anomalien, um starke Gegenstände oder Artefakte zu erlangen, Geld zu generieren oder meinen ramponierten Ruf zu verbessern. Pro Runde stehen mir dafür zwei Aktionen zur Verfügung, ehe an meinem Ort schlimme Dinge passieren. Diese Ortsereignisse werden für jeden Spieler vorgelesen und entsprechen einem Ereignis mit Proben. Am Ende der Runde aller SpielerInnen machen in dieser trostlosen, verseuchten Landschaft wilde Gerüchte die Runde, die nachhaltig den Spielplan verändern. Zudem erhöht sich impulsartig die Strahlung und sollte diese einen gewissen Wert erreichen, ist man besser in einem Bunker. In den weniger verstrahlten, gelben und grünen Gebieten bewege ich mich also, um an den vier geheimen Orten zwei Geheimnisse entdecken. Diese Geheimnisse sind Voraussetzung, um den roten Bereich zu betreten und das Geheimnis des Sarkophags zu lösen und damit das Spiel zu gewinnen oder zu sterben.

Welche der abgefuckten Plünderer magst du sein? Die Vorderseite ist oben, mit den Attributen und Schadensmarkern, die Rückseite ist der Startaufbau.

Mein Herz strahlt vor Freude

Das Material und die Grafik ist der Hammer. Ehrlich. Sorry. Keine Übertreibung und hat nichts mit einem erhaltenen Rezensionsexemplar zu tun. Wir bewegen uns auf Scythe-Niveau. Mehr sogar noch. Das Inlay ist im Spiel dabei. Alles hat seinen Platz. Das Spielertableau ist so gestaltet, dass Aktionen über Produktgestaltung Kommunikation ermöglichen. Beispiel? Ok. Ich erhalte im Laufe des Spiels eine Jacke, die ich anziehe. Auf dieser Jackenkarte ist eine große Tasche abgebildet, die ebenfalls rechts oben an meinem Player-Board zu findet ist. Die Jacke schaltet mir also einen zusätzlichen Slot für Gegenstände frei. Thematisch der Hammer. Wie das ganze Spiel, die Flavour-Texte, der Spielaufbau, die Regeln und die Grafiken. Die sind passgenau gestaltet. Hart, entsprechend der verstrahlten Welt. Savva Koshnienko, gennant Golem, ist eine Mischung aus Ultimate Warrior ohne Haare, RoboCop und verbranntem Schmelzkäse. Ein echter Sympathieträger. Nicht.

Ein Playerboard: Links, zwei Slots für kleine Dinge, die in die Taschen passen, der Rucksack mit den Slots für Gegenstände, rechts meine Kleidung, mein aktueller neutraler Ruf und das Erschöpfungsrad neben der Plastikfigur.

Spielmechanik

Das ist wie Talisman. Oder Eldritch Horror. Oder Arkham Horror. Das sind die häufigsten Sätze, die meine Testspielgruppe gesagt hat. Warum? Weil es so ist! Proben laufen halt ab wie Proben. Ich bin Andriej und ich bewege mich durch dieses gottlose Land. Ich betrete den Steinbruch. Ein grünes Gebiet. Dort treffe ich einen gelben Mutanten, den Riesen. Der hat da eigentlich nix verloren, aber er wurde aus der vorherigen Runden von Zona’s Stimme dorthin versetzt.  Immer, wenn ich ein Gebiet betrete, löse ich einen Sichtprobe aus. Diese bestehe ich mit meinen Attributen und den drei gelben Würfeln. Bestehe ich sich nicht, erleide ich Schaden. Mit bestandener Sichtprobe kann ich als Nächstes in die Konfrontationsprobe gehen. Die ist mächtig, weil der Riese dort den Wert 5 hat, ich hingegen nur den Wert 1. Absolutes Missmatch. Allerdings lege ich einen besiegten Mutanten als Köder aus. Dieser reduziert die Probe auf 3 und gemeinsam mit meinen mächtigen Waffen im  Rucksack beeinflusse ich meinen Würfelwurf entsprechend. Ich besiege den Riesen, der mir beim Verkauf fette 700 Rubel bringt, allerdings musste ich auch meinen Rucksack arg dezimieren. Bekannt? Wahrscheinlich!

Die eine Seite der Medaille

Das ist wie Talisman. Oder Eldritch Horror. Das kann durchaus abwertend gemeint sein. Alles altbekannter Stuff, der vor zehn Jahren vielleicht modern war. Ihr bewegt euch, sammelt Ausrüstung, verkauft, generiert Geld, versteckt euch vor der hohen Strahlung, schaltet Geheimnisse frei, erholt und heilt euch und kämpft jede Runde gegen Monster und/oder Anomalien. Jede Runde liest jeder Spieler ein Ereignis vor. Schlimme Dinge passieren. Die Gerüchte machen die Runde. Die Stimme Zona’s, also der Startspieler, bestimmt immer wo und wem die schlimmen Dinge passieren. Fies. Auch die zufälligen Ereignisse verändern das Spiel munter. Mein Plan, der ebnen noch über mehrere Züge golden vor mir erschienen ist, verblast und ist hinfällig. Ich muss mich hochleven, meinen Rucksack vorbereiten und akzeptieren, dass dies nicht linear und stringent läuft. Meine Spielgruppe fand das nicht so spannend, Christian nur temporär für ein zwei Partien. Weil er es schon in den genannten Spielen zu oft erlebt hat.

Schlimme Dinge für die grünen und gelben Gebiete, plus Sarkophag und geheime Orte.

Und ich?

Ich jubel. Ehrlich, ich gehe diese Meinung nur bedingt mit. Das Spiel ist hochthematisch, atmosphärisch, genial gestaltet, liebevoll. Und die Mechanik passt zu dem Setting. Ja, ich muss mich hin und her bewegen. Ja natürlich, mein Rucksack leert sich. Natürlich, ich muss kämpfen um Mutanten zu bekommen, was soll ich sonst verkaufen? Und klar sind die Artefakte mächtig. Ach, der geheime Ort ist nicht einfach so zu erreichen? Nein? Komisch. Und die verstrahlte Welt bringt unvorhergesehene Ereignisse mit sich? Nein, wirklich. Ich muss mich tatsächlich vor der Strahlung verstecken oder erleide Schaden? Das hätte ich nicht gedacht. Die Spielzeit liegt bei 2h bis 3h? Das überrascht mich.

Kartenauswahl: Geheime Gegenstände, Zubehör, Krempel, grüne und gelbe Anomalien und die Gerüchte. Natürlich die Strahlungskarten nicht vergessen.

Nüchtern betrachtet

Für alle die, die es gerade nicht raffen. Dies ist das Stilmittel der Ironie. Wenn ich das alles weiß, ist Zona perfekt in diesem Setting und macht vieles richtig. Eine Geschichte in einer offenen Abenteuer-Welt. Mit zufälligen, teilweise fiesen Dingen. Kati hat es auch gefallen. Wir haben aber auch weder Talisman gespielt und sonst auch nur zwei Runden Eldritch Horror. Mir sind diese Spiele nicht „über“.

Aber ich weiß auch, dass Zona bei mir nicht jede Woche auf den Tisch kommt. Es ist ein atmosphärisches Gelegenheitsspiel. Kein Workerplacement, kein Enginebuilder, obwohl ich meinen Charakter halt auch entwickle. Die Proben und damit das Würfeln ist ein zentraler Punkt. Mit allem, was das bedeutet. Aber Fakt ist auch, der Rucksack kann gut oder schlecht ausgebaut werden. Und ich muss mich planerisch bewegen. Die Ratte hat jedoch auch ihren negativen Schockmoment erfahren. Ich war im Sarkophag und ziemlich am Ende. Und ich hätte die Probe dort sofort verloren, wenn ich keinen „guten“ Ruf gehabt hätte. Das war hart und hätte mich meine letzten Reserven gekostet und mir den Abend verhagelt. So aber ist Zona. Hart und gnadenlos.

Monster und Anomalien in Hülle und Fülle.

Fazit

Wenn ihr euch auf Zona einlasst, ist das Spiel atmosphärisch und spielerisch toll. Ich fühlte mich wie in Fallout. Habt ihr die Sky Serie Chernobyl gesehen? Diese Atmosphäre plus eine Priese Brutales und Mystisches. Der absolute Hammer, mit einem richtig geil illustrierten und produzierten Spielmaterial. Das Spiel hat zwei Seiten. Wenn ihr euch auf alles einlasst und wisst, was in der Schachtel ist, bekommt ihr einen tollen zwei-bis dreistündiger Abend. Am besten draußen bei Regen und Dunkelheit. Das spielt man nicht jede Woche, aber alle zwei Monate habe ich das gern in der Rotation. Dann ist das Spiel verdammt gut. Hochleveln, Niederlagen einstecken, Orte mehrmals besuchen, starke Proben mit Kombinationen bestehen. Zwei Aktionen pro Spieler, daher nicht zu langatmig. Optimal für drei Plünderer, weil man sich da richtig fies auf den Sack geht, ohne lange zu warten.

Aber ich verstehe auch alle, die diese Art von Spielen nicht mögen oder ihrer überdrüssig sind. Zufällige Ereignisse. Sackgassen, die vielleicht zwei Stunden Arbeit zerstören oder einfach Pech beim Würfeln, welches einem den gut gefüllten Rucksack leert. Vielleicht auch der asoziale Mitplünderer, der mir fiese Dinge auf den Hals hetzt. Das kann natürlich das Spiel ziemlich runterwerten. Und dann wird es echt hart hier noch Spielspaß zu finden.

Info: Wenn ihr auf der Spiel ’21 seid, würde ich mir bei Corax Games das Teil einfach mal anschauen. Vielleicht könnt ihr ja reinspielen? Gerade weil es so ambivalente Meinungen innerhalb der Spielgruppe beschwörte. Ich bin sehr auf eure Kommentare gespannt.

Zona
Spielinformationen
Genre: Abenteuerspiel | Personen: 1-4 | Alter: ab 18 Jahren | Dauer: 120min - 180min | Autoren: Maciej Drewing und Krzysztof Glosnicki | Illustration: Wojciech Bajor, Katarzyna Fiebiger, Tomek Zarucki | Rezensionsexemplar erhalten
AUSSTATTUNG
9
SPIELIDEE
7
SPIELSPASS
8
Positive Aspekte
Die Spielidee ist nicht neu
Atmosphärisch sehr stark
Mit überragendem Material
Entwickeln + Hochleveln braucht Zeit
Zufällige Ereignisse, die super passen
Negative Aspekte
Man muss die zufälligen Ereignisse ertragen können, sonst überwiegt der Frust
Looten ein wichtiger Bestandteil, sonst ist das Spiel nicht zu gewinnen
Wer Text zum Spiel nicht mag, sollte verzichten
8
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Moin Moin. Ich hab das Spiel seinerzeit in der Spieleschmiede mit gebacken und kann mich Deines positiven Fazits nur anschließen. Wer dystopische Zockwelten mag, bekommt hier ein tolles Programm. Tatsächlich ist hier auch mal die deutsche Übersetzung der Karten recht gut gelungen. („Du wendest Dich mit einem unguten Gefühl von der Leiche ab“….ach so😂🤔).

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    • Hallo André, vielen Dank, dass du meine Einschätzung so treffend unterstreichst. Ja, genau. Ich bin auch ein riesiger Freund von Flavour Texten und in der Tat sind die echt stimmungsvoll geschrieben. Ja, Leichen drehe ich mich eher um, besonders wenn Ratten aus den Gedärmen Quellen, verstrahlte Monster rum kriechen und diese Anomalien meine Augenzucken lassen.

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  • Für Schwung in die Bude haue ich meine Einschätzung hier auch kurz rein. Ich habe nämlich auch in das Spiel geschnuppert. Ich gebe Markus in Sachen Atmosphäre und Material absolut Recht. Da ist Zona der Knaller. Ich bin nach Jahren von Arkham Horror und Eldritch Horror aber einfach kein Freund dieser zufälligen Abenteuer-Mechanik. Die Spielzeit ufert zu schnell aus, es ist zu viel Glück im Spiel, sodass es passieren kann, das sich Teile der Spielgruppe langweiligen oder frustriert zurückbleiben.

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  • Als ich gesehen habe, dass es hier bei Euch eine Rezension zu Zona gibt, war ich echt gespannt. Auf der Spiel 2019 habe ich es entdeckt und es ist mir seitdem im Hinterkopf geblieben. Dann habe ich es dieses Jahr günstig gebraucht ergattern können und seitdem steht es im Schrank. Ich liebe die Atmosphäre der Chernobyl Serie und freue mich, dass diese anscheinend auch gut im Spiel rüberkommt. Mit Würfelpech kenne ich mich seit Robinson Crusoe und This War of Mine gut aus. 😉 Beides Spiele, die ich thematisch unglaublich gut gelungen finde, die aber auch nur ab und zu auf den Tisch kommen, wenn die Stimmung danach ist. Dann jedoch tauche ich gedanklich tief in diese Welten ein und genieße es, auch wenn der Abend mal aufgrund einer missratenen Probe abrupt endet. So ist das nun mal auf einer verlassenen Insel, mitten im Krieg oder auch in der verstrahlten Todeszone. Ich freue mich jetzt jedenfalls umso mehr auf Zona.

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  • Hi, wie spielt es sich Solo? Ich glaube das muß ich alleine zocken.

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    • Dazu kann ich dir nichts sagen und ich fürchte, Markus auch auch nicht. Wir sind beide keine Solo-Spieler. Ich habe nur ein paar Brettspiele, wo es mich wirklich reizt (Cloudspire z.B.). Zona würde jetzt aus dem Bauch sicher nicht dazugehören. Das liegt einfach daran, dass die Stärke des Spiels für mich in der Interaktion besteht. Du willst und kannst andere immer wieder ärgern. Ich spiele das weniger für die zufälligen Begegnungen mit ihren Storyfetzen, wie gesagt, damit bin ich seit Arkham Horror durch, sondern weil ich eben in einem Wettrennen zu anderen stehe. Das stelle ich mir alleine einfach wahnsinnig langweilig vor. Aber wenn man sich die Bewertungen auf BGG anschaut, dann finden es die SolospielerInnen gar nicht so schlecht.

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    • Hallo Florian,
      nein leider kann ich dir dazu wirklich nichts sagen. Solo ist null mein Ding, ich liebe die Gesellschaft und Interaktion. Tut mir sehr leid. Ich schließe mich aber Christian an. Der Spaß kommt durch die gute Interaktion im Spiel. Man kann halt echt fiese Dinge tun. Herrlich.

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  • Gutes Spiel, aber die deutsche Anleitung eine Katastrophe mit Übersetzungsfehlern. Es hat stunden an Internetrecherche gekostet bis man halbwegs alles klarstellen konnte und selbst dann kamen beim Spiel immer fragen auf. Auf die Antworten vom Verlag warte ich seit 3 Monaten. Optisch und vom Material aber sehr geil und zu einem guten Preis.

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