Kurzcheck: Darum geht es in Die Weiße Burg
Die Weiße Burg ist eine der ältesten erhaltenen japanischen Burganlage. Wert jetzt denkt er könne sich an dieser Schönheit ergötzen, der täuscht. Ihr habt nämlich nur 9 Aktionen Zeit, euch in der Gunst des Daimyō nach vorne zu katapultieren. Das Spiel setzt hierbei auf ein konsequentes Diceplacement. Die Würfel können in unterschiedliche Areale der Burg platziert werden. Bei 9 Zügen habt ihr dabei stets einen Wunsch. Hartes Optimieren und das Auslösen von Kaskadeneffekten, die euren Zug erweitern. Dazu packt Die Weiße Burg noch drei Ressourcen und losgeht die Reise an den Hof des Daimyō.
Die Qual der Wahl
Ich schaue nach links zu den drei farbigen Brücken, die die beiden Gärten miteinander verbinden. Dort liegen für alle die in dieser Runde verfügbaren Würfel bereit, sortiert von links nach rechts, von niedriger zur großen Augenzahl. Mein Blick schweift weiter über das Areal der Burg. Brunnen, Kampfarena, der Eingang der Burg, etc. Auf dem dem Spielplan Felder für hohe und niedrige Würfelaugen. Setze ich auf diesen Feldern einen Würfel ein, muss ich entweder bezahlen oder ich bekomme Geld. Ein eingesetzter 6er Würfel auf ein 3er Feld bringt mir drei Geld. Die hohen Würfel sind also sehr begehrt. I like oder nicht?
Auf die Würfel
Tja, so läuft es aber im Japan des 18. Jahrhunderts nicht immer. Zu Beginn jeder Runde werden entsprechend der Spieleranzahl die Würfel der Farben Rot, Weiß und Schwarz gewürfelt und eben sortiert auf diese Brücken gelegt. Aber: ich kann eben nur die entsprechenden Würfel der Brücken nehmen, die links und rechts liegen, die in der Mitte sind blockiert. Stürzt sich also die ganze Meute auf die hohen Würfelaugen, die auf der rechten Seite der Brücke liegen?. Nein! Denn nehme ich einen Würfel der linken Treppe, darf ich zusätzlich meine Laternenaktion aktivieren. Und die kann mächtig sein!
Laterne
Die Laterne steht für mich sinnbildlich für die vielen schönen verzahnten Dinge im Spiel, auf die ich nicht näher eingehen kann. Genau diese Verzahnung und die Effekte machen aber den Reiz und das Besondere an Die Weiße Burg aus. Auf der schwarzen Treppe liegt rechts eine fünf, links eine drei. Ich habe vor, ein freies 3er Feld mit dem Würfel zu besetzten. Ich muss also nichts bezahlen und entscheide mich für diesen Würfel. Meine Laterne löst aus und da mit verschiedenen Aktionen vorher meine Laterne ausgebaut habe, erhalte ich viele Ressourcen. Die sind alle aber auch nötig, damit ich die Hauptaktion auf dem 3er Feld ausführen kann.
Ressourcen
Ihr habt eher zu wenig als zu viel. Meistens vielleicht passend. Und so seid ihr immer auf der Suche nach den entsprechenden Ressourcen für die Aktion, die ihr ausführen möchtet. Ihr möchtet Truppen auf dem Exerzierplatz einsetzten? Dafür benötigt ihr Eisen. Den Gärtner müsst ihr mit Nahrung bzw. Reis bezahlen und Besucher am Hof des Daimyō kommt ihr nur über Perlmutt weiter. Alle drei Bereiche generieren Siegpunkte, alles sind zärtlich und liebevoll mit einander vernetzt. Der Spielplan ist liebevoll gestaltet, mit einer klaren Symbol- und Farbsprache.
Farbe? Sagte ich Farbe?
Yes. Die Brücken sind rot, weiß, schwarz. Die Würfel ebenso. Und jetzt drückt das Spiel den Gashebel weiter durch. Die oben genannte Verzahnung und die Dominoeffekt machen das Spiel echt klasse. Die Farben würzen allerdings mit Pfeffer. Denn viele Würfeleinsetzfelder haben eine korrespondierende Karte. Mit dieser Karte baue ich meine Laterne aus, aber das nur am Rande. Aber: auf dieser Karte sind die Farben der Würfel abgebildet. Zwei weiße und einen schwarzen. Oder zwei rote und einen Weißen. Oder eine andere Kombination. Und wisst ihr was? Ich kann alle Aktionen ausführen, wenn der entsprechend farbige Würfel eingesetzt wird.
Ein Gefühl wie eine Teezeremonie
Oh ja, ein recht simpler Würfelmechanismus. Je höher der Würfel, desto mächtiger. Links auf der Treppe Laternenaktion. Farbe löst entsprechende Aktionen aus. 3*3 Runden. Drei Bereiche auf dem Brett. Fertig. Hört sich wie guter normaler Pfefferminztee an. Ist es aber nicht. Es ist ein besonderer Tee. Handgepflückt. Mit viel Liebe zum Detail. Ehrlich. Ich plane meine Züge im Voraus, dann nimmt jemand mir meinen Würfelst weg, das Geld reicht nicht aus oder die zugeordnete Karte hat sich verändert. Die Weiße Burg fesselt und man schaut auch gebannt seinen Mitspielern zu. Und manchmal ist es echt unfassbar, wie ein simpler Zug immer wieder kleine neue Effekte auslöst.
Downtime ade
In unserer Gruppe gab es die kaum. Eine Aktion. Effekte abhandeln. Nächster Spieler. Ich schaue auch gerne zu und lerne. Oder erfreue mich an meinem Spiel. Die Weiße Burg gibt mir immer das Gefühl, dass dieses Spiel mich belohnt. Ich bekomme immer etwas. Und trotzdem setzt das Spiel immer wieder Herausforderungen, die mich motivieren beim nächsten Spiel etwas anderes zu probieren. Ich entdecke plötzlich eine Feinheit im Spiel der Anderen. Wir spielen Die Weiße Burg mit vier Personen in unter 60 Minuten. Etwas kürzer als Marco Polo II. Mit dem gleichen Spaß. Es ist mir immer eine Ehre, den Hof des Daimyō zu besuchen. Und jetzt kauft euch das Spiel, denn Die Weiße Burg ist mit 32€ zudem ein Preis-Leistungshammer. Da ich den Vergleich zu Marco Polo hergestellt habe: Die Weiße Burg hat nicht so viele unterschiedliche modulare Teile, aber trotzdem einen unterschiedlichen Aufbau.
Fazit
Ich habe es oben im Abschnitt schon gesagt. Mit 32€ ist Die Weiße Burg ein Preis-Leistungshammer. Oh, wer jetzt denkt, dass Preis-Leistung gleichzusetzen ist mit einem durchschnittlichen Spiel, der irrt gewaltig. Das Spiel ist ein unfassbar gutes und motivierendes Diceplacement Spiel mit einem guten Wiederspielwert. Ja, ich möchte beim nächsten Mal etwas anderes versuchen. Das Spiel skaliert perfekt für zwei, drei und vier Spieler. Der Reiz des Spiels liegt in den neun Aktionen. Die möchte ich so brutal und effizient gestalten, wie es irgendwo geht und es ärgert mich brutal, wenn ein anderer Spieler dies besser hinbekommt als ich. Das Einsetzten der Würfel hat ziemlich gute Aspekte, die mich oft vor schwierige Entscheidungen stellen, aber nie in ein Grübeln und Stagnieren des Spielflusses münden. Damit ordne ich es als Kennerspiel ein, aber auch geübte Familien finden hier einen schnellen Zugang. Für mich steht Die Weiße Burg zurecht in meiner Topliste des Jahres und bleibt definitiv in meinem Spielregal. Wer Würfeleinsetzspiel oder Marco Polo II mag, sollte zuschlagen.
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14 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
„Ich plane meine Züge im Voraus, dann nimmt jemand mir meinen Würfelst weg, das Geld reicht nicht aus oder die zugeordnete Karte hat sich verändert.“
Genau das fand ich furchtbar. Man entscheidet sich für eine Strategie, dann sind zB die benötigten Karten weg und es kommen bis zum baldigen Ende keine entsprechenden neuen. Unberechenbar! Ausserdem trotz der Kürze dann doch so kleinteilig, dass ich innerhalb der ersten Partie nicht ansatzweise begriffen habe, wie sinnvollerweise auf die ständigen Änderungen zu reagieren sein sollte. Daher wird keine zweite Partie folgen.
Nicht mein Spiel!
Ist natürlich geschmackssache ob man das unberechenbare mag oder es einfach als Interaktion sieht. Mir gefällt das hier deutlich besser und ich sehe das als notwendige Strategieanpassung während dem Spiel, was sich inbesondere positiv auf die Downtime auswirkt; ein Mitspieler nimmt mir den angedachten Würfel weg sofort rattert es welche Alternativen Weg schlage ich stattdessen ein. Aus meiner Sicht wie auch im Bericht hervorgehoben ist auch die Preis/Leistung + die Varianz mit dem Wiederspielwertfaktor nahezu unschlagbar. Das Artwork ist vielleicht geschmackssache aber die tollen Costum Meeple sollten wirklich jeden begeistern 😀
Hallo,
das finde ich absolut OK und finde es toll, dass du dich darauf beziehst. Für mich macht es aber die Spannung aus. Wie gut kann ich umplanen, adaptieren und reagieren. Vielleicht eröffnet mir die neue Situation auch Chancen. Das ist das bei Die Weiße Burg nur in einem strammen engen zeitlichen Rahmen erledige, macht einen weiteren guten Baustein aus.
Liebe Grüße
Ich kann ja auch nur umplanen können, wenn ich annähernd weiss, was Sinn machen könnte. Und wenn sich das mir in einer ersten Partie nicht ansatzweise erschliesst, dann hab ich gar keine Lust auf weitere, in der sich das vielleicht noch erschliessen könnte.
Wohl der Grund, warum ich diese ganzen komplexen EURO-Games und WP-Klopper auch fast alle nicht mag – bzw. inzwischen auch gar nicht mehr anspielen möchte. Die weisse Burg unterscheidet sich für mich nur darin von diesen, dass ein Wust an Optionen in ein sehr enges Korsett gepresst wurde.
Ich weiss, ich heb mich da von sehr vielen Spielern ab, die heute genau so was wollen.
Ich bin ebenfalls total begeistert von der weißen Burg. Der Würfeleinsatzmechanismus macht das Spiel sehr spannend, da mit jedem Zug nicht nur die Würfel in der Auslage sondern auch die Aktionsfelder immer weniger werden, so dass man stets mit Spannung die Züge seiner Mitspieler beobachtet. Genial ist auch, dass man mit dem niedrigen Würfel seine Engine in Gang setzt, so dass je nach Spielsituation sowohl der hohe als auch der niedrige Würfel interessant sein kann. Ebenfalls toll sind die vielen Verzahnungen, welche mächtige Kettenzüge möglich machen.
Ebenfalls hervorzuheben ist noch die enorme Varianz, da in jedem Spiel die Aktionsfelder und Würfelplättchen zufällig ausgesucht und verteilt werden, so dass sich jede Partie anders anfühlt. Hinzu kommt, dass auch während der Partie sich die Aktionsfelder verändern und jede Runde die Würfel für die Auslage neu gewürfelt werden, so dass sich auch während der Partie das Spielgeschehen dynamisch verändert.
Ich würde die weiße Burg übrigens eher als gehobenes Kennerspiel ansehen. Aufgrund der sehr knackigen Spielzeit (wir spielen es zu zweit ebenfalls unter einer Stunde) könnte man es aber auch schon fast als Absacker für Expertenspieler bezeichnen… 😉
Hallo Florian,
darüber haben wir auch schon diskutiert. Ja, du kannst es definitiv als gehobenes Kennerspiel spielen und interpretieren. Besonders, wenn du es häufig spielst und dann versuchst, deine Züge zu optimieren und das Maximale aus der Zitrone zu quetschen.
Allerdings macht es auch ohne diesen Anspruch Spaß und ist ein tolles Aspekt des Spiels.
Danke für deine Einschätzung.
Hallo Markus,
glaubst du, dass die weiße Burg eine Chance auf den Preis „Kennerspiel des Jahres“ hat? Ich persönlich finde, dass das Spiel es total verdient hätte, zumindest Stand heute. Ich empfinde die weiße Burg aber nicht so als „Gateway-Spiel“, da es schon sehr verzahnt ist und man sehr viel planen und bedenken muss. Ich denke, dass es eher Spieler anspricht, die komplexere Spiele mögen, und es daher nicht so in das „Beuteschema“ der Jury passt.
Viele Grüße
Florian
Hi Florian,
ein guter Gedanke mit dem ich mich anfreunden kann. Die Jury hat tolle Leute in ihren Reihen und Kriterien. Die unterscheiden sich manchmal von den Wahrnehmungen der Vielspieler. Living Forrest war ja für mich da die absolute Farce. Die Weiße Burg könnte aber durchaus für sie in Betracht kommen, eben wegen der vielen Dinge, die angesprochen wurden und der Tatsache, dass es zudem ein tolles Preis-Leistungsverhältnis ist. Zudem finde ich, dass Diceplacement hier sehr schön und für verschiedene Spieleranzahl umgesetzt wurde. Ich glaube, um bei Die Weiße Burg sehr viele Siegpunkte zu erreichen musst du schon sehr komplex spielen.
Ich bin sehr gespannt, was noch kommt. Aber ich würde jubeln.
LG
Na dann warten wir mal ab, wie die Jury das sieht. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn die weiße Burg gewinnt oder zumindest nominiert wird. Und besser als Living Forest ist es auf jeden Fall… 😉
Ist bei uns seit wir es haben auch regelmäßig auf dem Tisch. Besonders gefällt, dass es sowohl zu 2, als auch zu 3 oder 4 super funktioniert. Viel Varianz, daher großer Wiederspielwert und aufgrund der recht kurzen Spieldauer sind wir jedes Mal versucht eine weitere Partie zu spielen. Besonders da es bei uns gerade zu 2 oft sehr knapp ausgeht. großartiges Spiel, vom Preis-Leistungsverhältnis gar nicht zu reden.
Hi Christian,
ihr habt alle die Varianz hervorgehoben. Die ist natürlich durch die unterschiedlichen Würfel und die Karten definitiv gegeben, allerdings auch nur in diesem Rahmen. Viel stärker finde ich die Varianz in Bezug, wie ich gewinnen kann und möchte. Da herrscht für mich ein sehr schönes Balancen zwischen den einzelnen Bereichen auf dem Spiel vor. Dazu die Jahreszeitenleiste. Das finde ich beeindruckend.
Liebe Grüße und danke für deinen Kommentar
Ich habe für uns (meine Frau und mich) das Spiel gerade bestellt und es wird diese Woche kommen.
Bin gespannt wie es uns gefällt. Da ich immer nur mit meiner Frau spiele (keiner aus unserem Bekanntenkreis hat Interesse sich mit solcher Art von Spielen zu beschäftigen, wir sind auch schon etwas älter), werde ich also nie feststellen wie sich dieses Spiel zu dritt-oder viert spielen lässt.
Ich könnte mir vorstellen, dass einige Probleme, so wie von KK angesprochen, die ihm das Spiel vermiesen, bei zwei Personen nicht so auftreten werden.
Ob das nun gut oder schlecht ist und den Spielspaß verringern werde ich wohl nie erfahren.
Es soll auf jeden Fall auch gut zu zweit spielbar sein.
Hallo Wilfried – Die Weiße Burg skaliert sehr schön für eine unterschiedliche Spielerzahl. Gerade mit zwei Spielern finde ich das Spiel sehr schön, passend und ob seiner schlanken Spielzeit als ein echtes Highlight. Das was KK angeprochen hat, betrifft sehr häufig Workerplacement-Spiele und ihre Auslagen. Natürlich nimmt mir jemand etwas weg, wenn ich mich für einen Weg entscheide. Und natürlich kann ich mit meinen Würfeln und meiner Auswahl ein Spiel beeinflussen. Diese Interaktion machen für mich diese Spiele (Teotihuacan, Die Weiße Burg, Marco Polo II, Bitoku, etc.) so unfassbar reizvoll und kurzweilig.
Und keine Angst, hier wird man nicht ausgehebelt und die eigene Strategie wird an die Wand gefahren. Wo eine Karte verschwindet taucht eine neue Karte auf.
Bitte schreibe bald, wie dir und deiner Frau Die Weiße Burg gefallen hat.
Liebe Grüße
Markus
„Das was KK angeprochen hat, betrifft sehr häufig Workerplacement-Spiele und ihre Auslagen. Natürlich nimmt mir jemand etwas weg, wenn ich mich für einen Weg entscheide.“
Nun, bei anderen WP-Spielen, die ich so kenne – zB Viticulture oder als reines Zweierspiel Targi – hat man im nächsten Zug oder spätestens übernächsten Gelegenheit, das weggenommene dann doch zu bekommen oder es einfach nur teurer zu erlangen. Hier ist das nicht so – weg ist weg, und wenns dann im ganzen Restspiel nicht wiederkommt (Kartenglück oder eben -unglück), gibts statt vieler Punkte gar keine. Noch was anderes anzufangen macht dann auch keinen Sinn mehr, weil das Spiel dann schon gelaufen ist und die anderen uneinholbar vorn liegen.
Aber vielen gefällts ja, mir nicht. Mir gefällt aber vieles nicht, was vielen gefällt, weils oft auf im Grunde immer dieselbe Siegpunktsammelei nach immer komplexeren Regeln und mit immer neuer Symbollernerei hinausläuft. Bin vielleicht zu alt für sowas. Shit happenz.