Lesezeit: 6 Minuten
Es herrscht eine angespannte Stimmung im Reich der Nekromanten und gleichzeitig am Tisch bei Crown of Ash. Der König, thronend in seiner Zitadelle, säte über Jahre Zwietracht zwischen den Fürsten. Sein Herz war kalt, sein Verstand wirr vor Angst um seinen geliebten Thron. In seinem blühenden Reich sah er Widersacher, die nach seiner Macht trachteten. Anstatt gemeinsam mit seinen Fürsten das Land friedlich zu regieren, brachte er sie gegeneinander auf, täuschte sie und trieb sie in dunkle Mächte, bis sie schließlich zu dem wurden, was er fürchtete: gewalttätige Kreaturen, die mithilfe der Alchemie Untote beschwören und nach dem Thron und der Herrschaft über das Königreich gieren. Ich schaue in vier Augen am Tisch, sehe Gewalt und Misstrauen und höre die Fürsten mit gespaltener Zunge reden.

Kurzcheck: Darum geht es in Crown of Ash

Crown of Ash kombiniert Area Control auf schlanke, schnelle und elegante Weise mit einem geschickten Worker-Placement-Mechanismus. Durch das Platzieren der Worker könnt ihr verschiedene Aktionen ausführen: Entweder sammelt ihr notwendige Ressourcen, errichtet Gebäude in den Gebieten, die ihr kontrolliert, oder ihr kämpft. Allerdings könnt ihr nicht beliebig kämpfen, denn die Slots in den verschiedenen Gebieten sind begrenzt. Bei den Kämpfen sind die Kreaturen, die ihr mithilfe eurer Ressourcen erwecken könnt, sowie die Kampfkarten von entscheidender Bedeutung. Crown of Ash enthält in den Kampfsituationen ein kleines Mind-Duell, das durch die unterschiedlichen Fähigkeiten der vier Fürsten noch verfeinert wird. Zudem steigen in den vier Spielrunden die Siegpunkte der Zitadelle, und durch den Bau von Gebäuden werden Gebiete mächtiger.

Der Spielplan. Düster in Schwarz. Es gibt auch noch eine andere Seite. Also auf dem Plan.

Mindgame-Kampf

Das umkämpfte Gebiet gehört Marco. Die beiden ausliegenden mächtigen Untoten, dunkle Kreaturen, beschworen aus Schwefel und Knochen, versperren mir den Zugang und bestimmen den Verteidigungswert seines Gebietes. Sie gehören der gleichen Armee an, sodass ihre geschlossene Verbundenheit und Einheit ihre Stärke erhöht. Ich schaue in meine Kampfkarten. Was möchte ich? Möchte ich überhaupt den Sieg davontragen und mir das wertvolle Gebiet sichern? Oder möchte ich vielleicht nur, dass Marco eine mächtige Kampfkarte spielt und sich schwächt? Möchte ich vielleicht eine Niederlage, um die Belohnung dafür zu erhalten? Ich schaue auf meine Karten. Ich entscheide mich für den Bluff und spiele eine Karte, von der ich weiß, dass ich damit verliere. Meine Kreaturen sind in dieser Runde ohnehin wertlos, zahnlose Krieger, die auf dem Friedhof verrotten, ehe ich sie mit meiner dunklen Magie in der nächsten Runde wieder zum Dienen erwecke. Wertvoller als der Sieg in diesem Gebiet ist das Gold, das ich als Belohnung erhalte.

 

Meanwhile in Another Place

Uwe schaut sich das Scharmützel der beiden Fürsten an, schmunzelt und lässt uns an seinen Überlegungen teilhaben. „Besuche ich mein eigenes Gebiet und sammle Ressourcen, oder plündere ich Marcos Gebiet?“ Uwe schielt auf einen Stufe-II-Krieger in der Auslage. Den bekommt er nur mit Asche und Schwefel, exakt die beiden Ressourcen, die Marco zu bieten hat. Das Problem? Marco erhält beim Plündern seines Gebietes durch einen fremden Fürsten einen Tribut. Einen Umstand, den Uwe vermeiden möchte, denn er will nicht die Armeen seines Gegners nähren und stärken. Dennoch ist er auf die Einheit in der Auslage fixiert und geht den Deal mit Marco ein. Die Einheit wandert auf seine Hand und der Zug ist beendet. Einheiten können erst in der nächsten Runde eingesetzt werden.

Eine Auswahl an Einheiten.

Der Kampf auf blutgetränkter Erde

Schnell und geradlinig laufen die ersten drei Runden ab. Jeder setzt seine vier Arbeiter ohne nennenswertes Tamtam ein. Der Kampf um die Gebiete und das Erwecken der Kreaturen mithilfe der Ressourcen ist das vordergründige Ziel. Meine Zitadelle, die ich in der ersten Runde erobert habe, wird nicht attackiert. Ein Fehler? Das kann durchaus sein, denn die Zitadelle wird mit jeder Runde mächtiger und wertvoller. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es jedoch nicht klar ersichtlich. Der Kampf ist zu eng. Uwe hat viele Gebiete, Marco dafür zwei mit vielen Gebäuden – beides gibt Siegpunkte. Zu Beginn der letzten Runde lässt Uwe einen Satz fallen und die Eskalation nach oben schnellen: „Die Zitadelle ist ja schon mächtig, Marco, du solltest sie angreifen!“

Es zählen die Punkte des obersten Gebäudes. Drei. Plus einen Punkt für jedes Plättchen darunter. Ergo: 5 Punkte.

Der Fehdehandschuh ist geworfen

Ich kenne Uwe aus zahlreichen Area-Control-Spielen. Perfide und wohldurchdacht sind seine Äußerungen. Ich schiebe sehr sachte in Richtung Marco hinterher: „Mich dünkt, dass Uwe von seiner schieren Größe ablenken möchte, und er der wahre Feind ist, Marco, du edelster unter den Fürsten.“ Meine silberne Zunge zeigt über die ganze Runde Wirkung. Da ich mit den wenigsten Siegpunkten entschieden habe, mich zurückzuhalten, ist mein Zug der letzte, finale Akt. Und dieser gipfelt in den wüsten Beschuldigungen von Marco und Uwe. Ich rechne nach, erhoffe mir vielleicht noch den Sieg und greife Marco an. Meine Armee ist stark, der Kampf bis auf die Kampfkarte vorherbestimmt. Doch da ich alles berechnen kann, ist der Sieg mein. Scythe lässt grüßen. Und Marco schleudert das Unwort über den Tisch: „Das Spiel ist okay, aber mit dem Königsmachereffekt unspielbar!“

Die Gebäude. Kosten in Gold. Darunter die Siegpunkte. In der Mitte was man bekommt. Rechts der Tribut, sollte das Gebäude im Gebiet eines Gegners liegen.

Der Königsmachereffekt in Crown of Ash

Der sogenannte Königsmachereffekt ist ein häufiger Kritikpunkt in Area-Control-Spielen und wird bei Brettspielenden gerne benutzt, um eine Niederlage zu erklären. Ein abgeschlagener Spieler, in diesem Fall ich, greift scheinbar wahllos einen der führenden Spieler an und sichert damit dem anderen den Spielsieg. So auch hier. Mich ärgert dieser Begriff nur sehr, denn er wertet ein Spiel ab und blendet im finalen Akt alles aus, was vorher passiert ist. Ja, Crown of Ash hat – wie nahezu jedes Area-Control-Spiel – damit zu kämpfen. Crown of Ash hat kaum Mechanismen installiert, die dem entgegenwirken. So ist die geheime Endwertung letztendlich zu trivial und banal, um dem entgegenzuwirken. Crown of Ash macht klar deutlich, wer am Tisch vorne liegt. Und das ist die Stärke des Spiels. Denn so entbrennt ein erbitterter Kampf mit Engelszungen und wüsten Beschimpfungen. Aber wer den Königsmacher nicht ertragen kann, für den ist schnell verbrannte Erde.

Unterschiedliche Einheiten mit unterschiedlichen Kosten und Kampfstärke.

By the way

Crown of Ash kann Dinge, die andere Area-Control-Spiele nicht können. Ähnlich wie bei War of the 3 Sanchos erlebt ihr einen leichten Einstieg, übersichtliche Regeln und eine absolut geniale, eindeutige und gut strukturierte Anleitung. Crown of Ash ist zudem sehr gut für 2 und 3 Spieler skaliert, entfaltet aber trotzdem seine wahre Pracht mit 4 Spielenden. Apropos Pracht: Das Artwork, das Spielbrett und das Material sind wunderschön gestaltet und einfach nur himmlisch. Ich liebe das ganze Setting und könnte mir hier durchaus mehr vorstellen – für mich ein ungenutztes Potenzial.

Fazit

Mich überzeugt Crown of Ash. Es hat nicht die taktische Tiefe und Asymmetrie eines Cthulhu Wars, doch es besticht durch einen leicht zugänglichen Mix aus Worker-Placement, Ressourcenmanagement, deterministischen Kämpfen, leichter Asymmetrie und aufwertbaren Gebäuden in einem stimmungsvollen Fantasy-Setting mit hochwertigem Material. Wer ein schnelles, intensives Area-Control-Spiel mit taktischen Entscheidungen ohne größere Tiefe und Interaktion sucht, sollte sich Crown of Ash unbedingt genauer ansehen. Allerdings muss ich den Königsmachereffekt zum Spielende mit einkalkulieren. Am Tisch mit den richtigen Spielenden wird es trotzdem wild und wüst. Lautstark wird über Führungen, wer wen angreift und die nächsten Züge verhandelt. Dazu die eingängigen Regeln, eine tolle Anleitung und eine schlanke Spielzeit machen Crown of Ash zu einer anderen Art Area Control. Für mich trotz Schwächen ein Blick wert.

Crown of Ash Königsmacher oder was?
Spielinformationen
Genre: Area-Control | Personen: 1 - 4 | Alter: ab 12 Jahren | Dauer: 60 - 120 Minuten | Autor: Richard Lawton | Illustrationen: Vadim Mishin, Rafael Nobre | Rezensionsexemplar erhalten
SPIELSPASS
7.5
MATERIAL
8
SPIELIDEE
7.5
Positive Aspekte
Tolles Fantasy-Nekromanten Setting
Schneller Einstieg dank schlanker Regeln und sehr guter Anleitung
Leichte Asymetrie über Fähigkeiten der einzelnen Fürste
Kampf um die Zitadelle und die Gebiete ausgewogen
Sehr stimmungsvolle Grafik
Negative Aspekte
End of Game Wertung hat leider keinen Impact
Königsmachereffekt ist zum Spielende deutlich zu spüren
Fehlende taktische Tiefe
7.5
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Denny Crane
    9. März 2025 10:51

    Danke für das Review.
    Das liest sich schön integrigant taktisch mit einer ordentlichen Note Take That abgeschmeckt.
    Hinzu kommt, das ich in diesem ungewöhnlichen Grafikstil nichts habe
    Ich werde es mir mal auf die Wunschliste setzten. Aktuell ist meine Spielrunde abgesoffen, daher wäre es eher ein 2p Spiel…Weniger verschiedener Taktikeinflüße/Strategien am Tisch, dafür aber keine Königsmacher-Problematik…

    Antworten
    • Dazu ein paar Gedanken. Ich habe das Spiel dreimal gespielt. Es basiert unter anderem auf Workerplacement und dem Sammeln von Farben bei den Monsterkarten. Ich habe es zu zweit nicht gespielt, stelle mir das aber wesentlich weniger witzig vor. Der Clou an dem Spiel ist für mich die sehr hohe Interaktion, bei gleichzeitig einfachen Grundregeln. Bei weniger Personen sinkt dann ebene die Interaktion.

      Antworten

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