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Mit Dominations kommt eine Rezension mit der ich mich schon lange sehr schwer tue. Warum? Nun, die Subline sagt es sehr deutlich: Ich bin hin und hergerissen. Woher kommt diese Ambivalenz und auf welcher Grundlage basiert sie? Darüber habe ich sehr lange gegrübelt und versuche euch die Antworten im Artikel zu präsentieren. Dominations liegt bestimmt schon drei Monate in der Warteschleife und immer wurden andere Projekte und Spiele vorgezogen. Das ist doch ein sicheres Zeichen, oder etwa nicht? Fragen über Fragen, in die ich versuche, Licht ins dunkel zu bringen.

Kurzcheck: Darum geht es in Dominations

Dominations ist ein Zivilisationsspiel ohne Kampfmechanismus. Heureka, freut sich der findige Brettspieler, gibt es nicht so viele davon. Zudem gibt es bei Dominations einen frischen Puzzlemechanismus. Ich produziere nämlich über platzierte dreieckige Plättchen und die darauf aufgedruckten Farben Ressourcen. Mit diesen Ressourcen baue ich Städte, Monumente oder kaufe mir Fertigkeitsstufen, die meiner Zivilisation helfen, mich zu entwickeln. Die Regeln von Dominations sind dabei einfach und schnell zu erfassen, die Möglichkeiten in dem rundenbassierten Spiel sind enorm. Es gibt asymmetrische Völker mit sehr stark unterschiedlichen End of Game Wertungen, dazu der mächtige Zivilisationsbaum der viele Möglichkeiten, Wege und Fortschritt bietet. Und all das ermöglichen die Ressourcen.

Eine Auswahl an Völkern mit ihren End of Game Bedingungen.

Problem 1

Ich bekomme über eine Farbkombination alle Ressourcen der beiden Plättchen. Also das, was liegt und das was ich anliege. Wenn Farben und Puzzeln zusammen kommen, gibt es immer Besonderheiten. Passen die Farben, bekommt ihr einen Bonus. Schließt ihr einen Kreis, bekommt ihr einen Bonus. Der Mechanismus ist gut, aber ihr kennt Uwe und seine Aversion gegen Puzzlespiele. Ein großes Problem in der Spielegruppe. Wie ist das Spiel thematisch? Na ja. Die Dreiecke mit den Farben sind gut gemacht, aber die aufgedruckten Bereiche wie Handwerk, Religion oder Handel haben null Relevanz im Spiel. Ok, eine kleine Einschränkung. Wer am Ende eines Zeitalters die meisten Wissensgebiete dominiert, bekommt eine Bonuskarte und Siegpunkte. Auch wenn ich den Puzzlemechanismus echt mag, ist Dominations hier thematisch schwach auf der Brust. Will ich das bei einem Zivilisationsspiel?

Puzzle- und Städtebau

Problem 2

Die Ressourcen nehmen einen zentralen Aspekt im Spiel ein. Wann baue ich damit Städte und deren Ausbaustufen, welche Ressource hebe ich auf für eine Fertigkeitskarte auf oder investiere ich doch lieber in Monumente. Durch die Wichtigkeit der Ressourcen wird hier eine Taktik erzeugt, die abhängig von den Plättchen ist. Bei 4 Spielern geht die Grübelei und die Downtime entsprechend in die Knie. Nicht tragisch, aber man merkt es. Schlimmer allerdings wiegt die Tatsache, dass die Ressourcen zwar ein eigenes Tableau zum anzeigen bekommen haben, dieses aber echt eine hakelige Frechheit ist. Terraforming Mars hat gezeigt, wie es nicht geht. Also kann man nicht etwas Besseres und weniger Kleinteiliges entwickeln? Vor allem wenn man jeden Zug damit arbeitet? Zumal das Spiel sonst gutes Material bietet. Alles wird sauber verstaut und die Fertigkeitskarten sind schön gestaltet. Schade. Auch die Städte und deren Ausbaustufen sind gelinde gesagt billiges hässliches Plastik.

So unfassbar nervig. Sechs Spalten die rauf und runter bewegt werden. Dafür wird ein billiger Papp-Anzeiger geklemmt. Boah – und das soll 2023 Standard sein? Ätzend!

Problem 3

Der Zivilisationsbaum. Wer Beyond the Sun mag, wer Era of Tribes liebt und wer eigene Engines zu schätzen weiß, wird diesen Zivilisationsbaum lieben. Über die gleiche Farbsymbolik wie bei den Puzzleplättchen können Fertigkeiten in verschiedenen Stufen angelegt werden. Hammer! Hier gibt es End of Game Bedingungen, Spezialisierungen, Sackgassen, Joker und alles, was das Zivilisationsherz höherschlagen lässt. Die Möglichkeiten sind unfassbar. Ja, das sagte ich. Und damit nicht nur die Möglichkeiten. Hier muss man schon viele Sachen kennen, um einen guten Baum ans Laufen zu bekommen. Hier geht die Downtime schon mal kurz in den Boden. Ich erwische mich selber dabei, wie ich ins Grübeln gerate und ich bin wirklich ein sehr schneller Spieler. Zudem generiert der Tech-Tree einem immer Bonus und zusätzliche Einnahmen. Hier muss man ganz sauber und stringent spielen und alles im Blick haben, sonst geht einem einiges durch die Lappen.

Eine geflippt Technologie und der Rest in den Basisausbaustufen. Drei Kerne sind vorhanden. Die Farben müssen aber nicht passen, sie geben nur Bonus.

Und nun?

Genau das muss man mögen, denn dadurch spielt sich Dominiations nicht ganz so fluffig, wie es einem der Puzzlelegemechanismus suggeriert. Wer denkt, ich platziere hier ein Plättchen, greife die Ressourcen ab und baue ein wenig meine eigene Zivilisation, der erleidet Schiffbruch, auch wenn Seefahrer hier nicht vorkommen. Dominations ist mit seinen Möglichkeiten auf jeden Fall ein Kennerspiel, welches im Bereich des Tech-Trees Expertise und Planung benötigt. Und hier ist meiner Meinung nach der Knackpunkt, den meine Spielgruppe negativ empfand. Der Puzzlemechanismus lässt mir zu wenig Optionen zur Planung meiner Strategie, denn ich bin häufig von eingeschränkter Ressourcenauswahl betroffen. Der Tech-Tree ist zudem so mächtig und vielfältig, dass hier auf jeden Fall einige Partien hilfreich und notwendig sind. Und diese Chance hatte Dominations im Vergleich zu anderen Zivilisationsspielen nicht. Zudem kommt die Beliebigkeit des Themas. Dominations könnte auch jedes andere Spiel sein. Gerade im Ausbau der Landschaft ist das Thema des Spiels völlig belanglos. Im Vergleich zum Zivilisationsbaum finde ich das dann sogar sehr schade und störend.

Fazit

Moment? War das oben nicht das Fazit? Mitnichten. Dominations hat mir richtig Spaß gemacht, denn ich mag den frischen Mechanismus des Puzzelns und den damit verbundenen Erhalt der Ressourcen. Das Farbkonzept ist beim Zivilasationsbaum mit den Fertigkeitskarten brutal auf einem hohen Kennerspiel umgesetzt. Es macht so unfassbar viel Spaß, seine Zivilisation zu entwickeln, mächtige Boni und Combos zu ermöglichen. Dabei gibt es einige taktische Möglichkeiten. Und ein Riesenvorteil: Es wird nicht gekämpft. Auch das steht dem Spiel hervorragend.

Dominations hat mich enttäuscht. Es wird ein Zivilisationsspiel versprochen, aber die Thematik ist so unfassbar beliebig und findet höchstens in der eigenen Stammesentwicklung einen richtigen Platz. Was soll das? Zudem ist das Spiel auf der einen Seite sehr fluffig, auf der anderen Seite muss man brutal viel Hinschmalz investieren und steht kurz vor AP. Oder mittendrin. Und dann haben wir 2023 und ich hantiere jede verdammte Runde mit dem Ressourcentableau und da wird mir so ein Murks angeboten? Muss das sein? Und nun? Schwierige Geschichte.

Ich spiele Dominations sehr gerne, weil ich negative Teile ausblenden kann und schnell spiele. In meiner Gruppe hat sich Dominations allerdings nicht durchgesetzt. Der grübellastige Zivilisationsbaum und der Puzzlemechanismus passen nicht zusammen. Wer also gleich nur die Bewertungszahl ließt, kann schnell in die Irre geführt sein. Hier muss ich sehr genau abwägen, was ich möchte. Zumal auch das Material eigentlich guter Standard ist, aber trotzdem mindestens einen groben Schnitzer parat hält.

Dominations
Spielinformationen
Genre: Zivilisationsspiel | Personen: 2 - 4 | Alter: 13+ | Dauer: 80+ min | Autor: Eric Dubus | Illustration: Loïc Muzy, Agathe Pitié, Amber Scharf, Florian Stitz | Rezensionsexemplar erhalten
MATERIAL
7
SPIELIDEE
7.5
SPIELSPASS
7.5
Positive Aspekte
frischer Puzzlemechanismus
Zivilisation ohne Kämpfe
asymmetrische Völker
variabler Tech-Tree
Hirnschmalz notwendig
Negative Aspekte
Ressourcenmanagment schwach
Zivilisationsthema zündet kaum
7
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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