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Das ist Brett und Pad, euer serviceorientierter Brettspielblog. Im Kommentar zu Christians Spiel des Jahres Artikel von Florian gewünscht, kommt hier schon die Rezension der Arnak Erweiterung: Die Expeditionsleiter. Bevor, und das ist wichtig, wir uns dem Spiel widmen, ein paar Erklärungen. Die verlorenen Ruinen von Arnak war nicht mein Lieblingsspiel, es war weit davon entfernt. Ich war da eher bei Christian und seiner Rezension. Auf der einen Seite eingeengt, eher Wettlaufcharakter mit Buch & Lupe gegenüber einem liebevollen Thema und tollem Material. Nun, was soll ich sagen. Uwe liebt dieses Spiel, also haben wir es gespielt. An dieser Stelle noch ein Eingeständnis: Gegen Engine-Optimierer Uwe hatten wir bisher allerdings keine Chance zu gewinnen. Zurück zu Arnak: Versteht mich nicht falsch. Ich finde das Hauptspiel gut, das Material und Thema toll und spiele es gerne mit. Aber echte Euphorie war weit entfernt bei mir.

Darum geht es in der Arnak Erweiterung: Die Expeditionsleiter

Und dann kam Polly Arnak. Die Arnak Erweiterung: Die Expeditionsleiter gibt dem Spiel eine Vielzahl an neuem Material. Neue Gegenstände, neue Artefakte, neue Ortsplättchen, neue Gehilfen, neue Wächter und sogar überragend gute neue Forschungsleisten. So weit so gut. Das trifft immer meinen Nerv. Ich mag das wirklich sehr. Je mehr Abwechslung und Variation im Spiel steckt, desto glücklicher bin ich.

Dem zweiten Teil der Erweiterung bin ich eher skeptisch gegenüber eingestellt. Bevor ich diesen Punkt ausführe, ein paar Fakten. Die Expeditionsleiter geben jedem Spieler einzigartige Fähigkeiten. Sechs Teilnehmer sind asymmetrisch in dieser Erweiterung vorhanden. Thematisch passen diese natürlich wie die Faust aufs Auge. Der Hauptmann, die Falknerin, die Baronin, der Professor, die Entdeckerin und der Mystiker. Diese Figuren werden ultragut auf jeweils einer Doppelseite der Spielerklärung eingeführt, erklärt und ihre Spielregeln erläutert. Jeder erhält eine entsprechende Startkkartenhand, die ähnlich aufgebaut ist, aber komplett asymmetrisch ist. Kommen wir nur zu meiner Skepsis.

Skepsis…unbedingt Ernst nehmen.

Brauchen Spiele Erweiterungen? Schwierig. Ambivalent. Generell ziehen einem Erweiterungen erst mal für das gleiche Spiel Geld aus der Tasche. Ok. Jeder von den treuen Lesern kommt jetzt mit TFM und meinen Erweiterungen. Natürlich mag ich mehr Varianz und Material. Aber auf der anderen Seite haben wir alle Erweiterungen zu Nemesis und spielen sie nicht oder kaum. Das Spiel kommt ohne aus. Die Luftschiffe aus Scythe sind ein ähnliches Beispiel. Wie oft muss man ein Spiel spielen, damit man eine Erweiterung braucht? Ich habe zehnmal Arche Nova gespielt und noch keine Erweiterung vermisst! Noch Fragen? Natürlich kam Uwe am Tag der Veröffentlichung der Erweiterung zu seinem Lieblingsspiel mit der Erweiterung an. Und wie in der Gruppe üblich waren wir offen dafür und haben sie gespielt.

Gestatten, Professor Markus Schwind

In der ersten Partie wurde mir der Professor zugelost und ich habe ihn gespielt, wie er angelegt ist. Bämm. Ein wichtiger Punkt. Der Charakter muss so gespielt werden. Er verlangt danach seine Stärken auszuspielen und die entsprechenden Charaktereigenschaften einzusetzen. Da das Ganze thematisch eingepasst ist, fällt es mir sehr leicht. Und was passiert? Die verlorenen Ruinen von Arnak verändern sich. Das Spiel wird der Dschungel. Es erwacht zum Leben, wird lebendig. Vorbei sind die Zeiten, dass jeder Spieler ähnliche Aktionen macht, weil das Spiel die Richtung und die Strategie vorgibt. Jeder muss Aktionen machen, die zu seinem Charakter passen. Die Zahnräder greifen ineinander, überschneiden sich, geben aber auch andere Wege vor. Wahnsinn. Wirklich. Ich war bei Leibe kein Fan dieses Spiels, aber diese Erweiterung verändert meine Einstellung dazu total. Christian schrieb ja bereits von einem Kennerspiel und es bleibt dabei. Es bleibt fluffig.

Beispiel

Mein Professor ist natürlich auf das Erforschen der Sprache und der Kultur spezialisiert. Auf die Rundenleisten werden Bonusressourcen platziert, die der werte und geschätzte Professor für Artefakte ausgeben kann, Kompassmarker und Steintafeln werden so in seinen Koffer platziert und können aus dem Koffer auch ausschließlich für Artefakte ausgegeben werden. Zudem hat der Professor natürlich weitreichenden Kompetenzen im Fachbereich Artefakte, sodass er ein Archiv von drei Artefakten in seiner persönlichen Auslage hat. Auf diese hat er neben den öffentlich ausliegenden permanent Zugriff und kann diese ebenso erwerben. Damit ist die taktische Orientierung des Professors vorgegeben. Natürlich dürfen andere Bereiche nicht vernachlässigt werden, aber spiele ich diesen Charakter gut und auf die Fähigkeiten ausgerichtet, kreiere ich mächtige Engines und gute Synergien.

Balance und Wiederspielwert

Die verschiedenen Expeditionsteilnemer:innen haben so nicht nur aufgesetzte Fähigkeiten, sondern wirkliche Asymmetrie. Diese wirkt sich auf die ganze Spielwelt aus. Logisch. Als Professor bin ich nicht so sehr auf die öffentliche Artefakte angewiesen. Auf der anderen Seite brauche ich natürlich Kompassmarker und Tafeln, um möglichst viele dieser Artefakte zu erforschen. Jeder Charakter hat so seine Richtung. Und diese jetzt in das Spiel zu integrieren, ist nun die ganze Stärke von Arnak. Denn das Spiel war ja vorher schon gut, es fehlte nur einige wichtige Dinge. Und auf einmal sind die da. Egal mit welchem Charakter ich bisher spielte, jeder wirkt thematisch so geil eingebaut und ausbalanciert, dass kaum Kritik aufkommt. Und jedes Mal ist es so herausfordernd, die Eigenschaften optimal einzubauen und zu verbinden. Wie oft erwische ich mich, dass ich nach dem Spiel überlege, was ich beim nächsten Mal anderes spielen könnte! Wir diskutieren nach dem Spiel häufig, wo der Knackpunkt lag, was man anderes und besser spielen könnte. Wo der Fehler in der Engine lag, wo noch härter zu optimieren ist. Und das bei einem absolut flüssigem Spiel mit kaum Downtime.

 

Fazit

Die verlorenen Ruinen von Arnak und diese Erweiterung gehören zusammen. Punkt. Man kann die Frage stellen, warum die Expeditionsleiter:innen nicht direkt integriert waren. Man kann aber auch die Autoren dafür loben, das Spiel exakt und passgenau an den richtigen Stellen verbessert und optimiert zu haben. Also wirklich, wenn ihr mir meine Einschätzung zu Arnak glaubt, dann war ich wirklich kein Fan. Es war ein gutes Spiel. Aber jetzt wird es ein sehr gutes Spiel. Thematisch, von der Mechanik, vom Material und von der Variation. Für mich muss die Erweiterung mit dem Hauptspiel zusammen gekauft werden. Das Spiel liebe ich seitdem und gehört für mich in die Top 20 einer jeden Spielesammlung. Abenteuer @ it’s best. Hoher Wiederspielwert. Tolle vernetzte Aktionen. Ein Must-Have für alle die Arnak mochten und für alle die Arnak gegenüber skeptisch eingestellt waren.

Die Expeditiaonsleiter
AUSSTATTUNG
100
SPIELIDEE
100
SPIELSPASS
100
Leserwertung0 Bewertungen
0
Kurzfakten
Good New Stuff
Erhöhte Modularität
Einzigartige Expeditionsleiter
Perfekte Symbiose zwischen Hauptspiel und Erweiterung
Wer einmal mit gespielt hat, spielt nie wieder ohne
Sehr thematische Asymmetrie
Spielinformationen
Genre: Deckbuilder
Spieler: 1 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 30 - 120 Minuten
Autor/in: Elwen & Mín
90
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Vielen Dank für die schöne Rezension, auf die ich schon gespannt gewartet habe! Die Erweiterung haben wir noch nicht, aber sie steht schon sehr weit oben auf unserer Wunschliste, erst recht nach dieser Rezension! 😉

    Wir sind nach etwa 10-12 Partien immer noch sehr begeistert von dem Hauptspiel. Klar, primär geht es natürlich immer darum, mit der Lupe möglichst weit im Tempel voran zu kommen. Daneben muss man aber immer wieder spannende Entscheidungen treffen. Gehe ich mit meinen Kompassen eher auf die Orte mit den Wächtern oder auf die Artefakte? Oder konzentriere ich mich eher darauf, auch noch mit dem Buch möglichst weit voranzukommen? Und in welcher Reihenfolge gehe ich vor? Alles geht jedenfalls nicht, d.h. irgendwo muss man immer Abstriche machen. Und die Verzahnung ist m.E. auch schon im Hauptspiel brillant.

    Aber ich verstehe schon euren Kritikpunkt. Umso schöner, dass die Erweiterung anscheinend genau an diesem Punkt ansetzt und noch mehr Varianz und taktische Herausforderungen bietet.

    @Christian: Ist Arnak mit der Erweiterung nicht auch für dich wieder interessanter geworden und hast du die Erweiterung schon ausprobiert?

    Noch kurz zu dem Thema, ob man Erweiterungen wirklich braucht: Gute Frage, ich würde sagen, dass es auf das Spiel ankommt. Arnak ist ja jetzt ein positives Beispiel, wie wichtig und sinnvoll eine Erweiterung sein kann. Flügelschlag wurde m.E. mit den Erweiterungen auch deutlich besser. Bei Arche Nova gebe ich dir aber recht, da habe ich auch das Gefühl, dass es hier keine Erweiterung braucht…

    Viele Grüße!

    Antworten
  • Hi Florian,
    freut mich sehr, dass es dir gefällt.
    Ich habe auch lange darüber nachgedacht: Die Erweiterung setzt genau am richtigen Punkt an. Wir erwarten aber immer, dass sowas schon integriert ist. Ja, es wäre in der Tat schön (vor allem, weil ich ja wieder zahlen muss). Aber ich finde auch die Mentalität gut, Veränderungen und Korrekturen zuzulassen. Wahrscheinlich ist das ein bisschen meine Romantik und viele werden jetzt lächeln und sagen, dass ist purer Profit. Aber ja, auch da haben viele bestimmt recht. Aber auch Profit muss möglich sein und ich kann ja selber entscheiden, ob ich möchte oder nicht.
    Mmmhh. Ob ein Spiel eine Erweiterung braucht, weiß man erst, wenn die da ist.
    Liebe Grüße

    Antworten
  • Hi Markus,
    klar, in einer perfekten (Brettspiel-)Welt wäre die Erweiterung im Hauptspiel schon enthalten gewesen. Als positives Beispiel fällt mir hier Terraforming Mars ein, wo im Hauptspiel auch die Konzern-Erweiterung enthalten war, und man hierdurch eine Basis-Version und eine Version für Fortgeschrittene schon im Hauptspiel zur Verfügung hat.

    Grundsätzlich finde ich aber Erweiterungen in Ordnung, sofern man nicht den Eindruck hat, dass die Erweiterung mit Absicht dem Hauptspiel entfernt wurde, um es separat verkaufen zu können, und die Erweiterung zudem auch vom Preis her in Ordnung ist. Bei Arnak finde ich es auf jeden Fall okay, weil das Hauptspiel auch ohne die Erweiterung schon sehr viel zu bieten hat und auch der Preis für die Erweiterung angemessen ist. Mit der Erweiterung hat man halt noch im Hinblick auf den von euch genannten Kritikpunkt nachgebessert, so dass Arnak jetzt auch für Leute interessanter ist, die es komplexer und herausfordernder mögen.

    Antworten
    • Arnak wirkte auf mich schon immer sehr abgespeckt. Ich verstehe bis heute die viele Begeisterung im Grundspiel nicht. Ich möchte Brettspielr einfach über mehrere Partien entdecken und immer wieder neue Dinge ausprobieren. Arnak konnte das bei mir leider gar nicht. Die Erweiterung klingt sehr cool, da stimme ich dir zu, dass macht schon neugierig. Vielleicht gucke ich es mir irgendwann an. Es ist halt nur so, dass ich eben verdammt viele Brettspiele habe und da hat es dann ein Spiel, welches eher durchgefallen ist (auch bei Kindern und Frau) sehr schwer.

      Antworten

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