Lesezeit: 4 Minuten
Das Fest der Toten. Ich finde es faszinierend. Egal ob als Einstieg bei James Bond Spectre, für mich, dem besten Bond Einstieg aller Zeiten oder in dem Disney Film Coco. Die Atmosphäre des Día de Muertos packt mich jedes Mal und die Idee dahinter noch viel mehr. Die Toten sind noch immer Mitglieder der Gemeinschaft und wurden im Geiste und in Erinnerungen am Leben gehalten. Während des Día de Muertos kehrten sie sogar zeitweise auf die Erde zurück und werden in lebensbejahender Weise gefeiert. Aber nur wenn wir uns an sie erinnern. Als Fiesta de los Muertos auf den Tisch kam, ging die wortgewaltige Party los.

Die Geschichte davor

Marco knallt das Spiel auf den Tisch. „Hab‘ ich eben noch bei Thalia gekauft. Ich fand, das sah ganz nett aus und ist für 4-8 Spieler.“ Das war der Einstieg in Fiesta de los Muertos. Wir hatten gerade mit Abgrundtief unser Main-Event des Abends hinter uns gebracht. Anschließend eine sehr gute Runde Here to Slay gespielt. Also kommt der typische Absacker auf den Tisch. Partyspiel. Da rollen sich in der Regel bei mir die Fußnägel. Auch wenn ich einigen dieser Spiele Positives abgewinnen kann, also denke ich mir: Gut, Marco hat das Spiel mitgebracht und dann spielen wir es halt. Es ist halb zwölf. Zwei Runden und dann sind wir durch.

Darum geht es in Fiesta de los Muertos

Und wieder werde ich, ob meiner vorschnellen Schlüsse, eines Besseren belehrt. Um 01:00 Uhr packen wir das Spiel mit Tränen in den Augen und jeder Menge Lach-Endorphinen in die Schachtel. Wer Just One oder ähnliche Spiele kennt, findet sich in dem Spiel superschnell zurecht, denn es ist eine Mischung zwischen Just One, Stille Post und Codenames. Die Toten sind tot und um sie eben zu ehren erinnern wir uns an sie. Zu diesem Zweck bekommt jeder Spieler den stylishen, aufklappbaren Totenkopf, einen Stift und einen Toten. Ich bekomme Elvis. Ich klappe den Totenkopf auf, schreibe Elvis rein und klappe den Totenkopf zu. Das darf natürlich niemand mitbekommen. Jetzt schreibe ich eine Wortassoziation zu dem Toten auf die sichtbare Linie unter dem Totenkopf und kreuze einen der vier Zähne an. Diese zeigen die vier Runden an. Elvis: Da fallen mir viele Dinge ein. Fett, Hawaii, Sänger, schmalzig, Rock ’n roll. Ich schreibe Rock ’n Roll auf und gebe mein Board weiter.

Das Fest beginnt

Der nächste Spieler nimmt nun, unsichtbar für alle anderen das Board. Er oder sie liest meine Wortassoziation und wischt sie weg. Er schreibt mit dem Wissen um Rock ’n Roll eine neue Verknüpfung auf. Vielleicht Musik? Kreuzt einen Zahn an und gibt weiter. This it it. Am Ende werden alle Tafeln in die Mitte gelegt, sodass jeder die letzten Worte lesen kann. Die am Anfang gezogenen Toten plus zwei zufällig Gezogene werden aufgedeckt und jetzt muss man mithilfe der Worte diese zuordnen. Rock ’n Roll, Musik, Töne, Noten war die Reihenfolge des toten Elvis. Blöd nur, dass bei den Toten Elvis und Michael Jackson liegen. Ich schaue über das Board und sehe das Wort Böse, das könnte für Bad von Michael Jackson stehen. Allerdings liegt auch der Joker da. Ihr erkennt mein Dilemma.

Ein Feuerwerk an Spaß und Kommunikation

Ich bekomme von Anti in der nächsten Runde Mobster. Mobster? Ich wusste nicht, was ein Mobster ist. #Bildungslücke. Egal. Ich leite es mir von Mob her und schreibe Abschaum auf, weil mir nichts Besseres einfällt. Ich weiß nicht mehr, was rauskam, aber Anti hatte Mobster als Assoziation auf Al Capone gemacht. Als ich den Wikipediaeintrag gelesen habe, war es logisch, aber gibt es nicht tausend bessere Wörter, die geläufiger sind? Und so entbrennt die Diskussion am Ende des Spiels regelmäßig. „Warum hast du nicht Chicago oder Prohibition geschrieben?“ „Aber Al Capone war ein Mobster!“ „Ja, aber den Begriff kennt halt nicht jeder.“ Ein Traum. Und das zielsicher und in jeder Runde. Die Freude ist vorprogrammiert, weil nicht jeder bei Kant den kategorischen Imperativ kennt und der Weg von Galileo Galilei über Universum – Dr. Strange – Marvel – Comics oder Grace KellyMercedes – Rennen – Paris-Dakar – Wüste halt häufig in eine ganz andere Richtung geht.

Fazit

Es ist nicht alles Gold was glänzt. Wirklich. Das Spiel ist für 4-8 Spieler, zündet aber erst richtig bei 5+, weil eben die Tafeln nur viermal weitergegeben werden. Auch der Koopmodus ist gut, wir haben aber schnell unseren „Dagegen“ Modus gemacht. Wenn man einen Toten nicht kennt, wird es schwer, vor allem für Kinder. Da heißt es dann im Vorfeld: Karten sortieren. Abseits dieser Aspekte ist das eines der besten, lustigsten und schönsten kommunikativen Partyspiele. Wenn man mich für so was euphorisch begeistert, wenn ein Absacker 90 Minuten gespielt wird und wenn Uwe und ich am nächsten Tag unabhängig voneinander durch Trier ziehen, um das Spiel zu kaufen, dann ist alles gesagt. Der Vorteil ist, so ein Spiel spiele ich mit jeder Gruppe. Egal ob Spieler oder Nicht-Spieler. Das Spiel kostet ca. 25€ und für mich die erste eindeutige Kaufempfehlung für 2022. 

Fiesta de los Muertos
Spielinformationen
Genre: Partyspiel | Personen: 4-8 | Alter: 12+ | Dauer: 15 Minuten+ | Autor: Antonin Boccara | Illustration: Margo Renard, Michel Verdú
AUSSTATTUNG
7.5
SPIELIDEE
8
SPIELSPASS
9
Positive Aspekte
Simple Regeln
Haptisches Material
Auch für Nicht-Spieler
Ein Feuerwerk an Wortwitz
Der Spielspaß zündet bei der Auflösung und dem Nachspielen der Stillen-Post
Und am besten sofort "Coco" hinterherschauen
Negative Aspekte
Macht erst richtig Spaß ab 5 Spielenden
Die Qualität der Stifte ist dünn, am besten sofort neue Stifte nachbestellen
Die "Toten" sollte man schon kennen
8.5
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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