Lesezeit: 5 Minuten
Top Ten Adventures war ein Give-away in der Asmodee-Geburtstagstüte. Happy Birthday. Wieder ein Spiel, das den Weg in eine solche Tüte gefunden hat. Ein Füllmaterial. So wie die zehnte Ausgabe von Exploding Kittens oder Dobble. Doch plötzlich, auf der Asmodee-Feier, hörte ich ein Gerücht, ein Wispern, das sich nachhaltig in meinen Kopf brannte: Top Ten Adventures sollte richtig gut sein, sagte man. Spätestens seit Ready Set Bet ist deutlich geworden, dass ich auf der SPIEL ’25 mit einem erweiterten Suchfokus unterwegs war. Dieser war: Was könnte meiner Familie gefallen? Da sind wir schon bei Top Ten Adventures und dem Geburtstag meiner Tochter Lissy. Und Tante Tuffi. Und Weihnachten.

Kurzcheck: Darum geht es in Top Ten Adventures

Top Ten Adventures ist ein kooperatives Spiel für 4–9 Personen. Der Käpten einer jeden Abenteuerrunde steckt ein Abenteuer in den Halter und liest die erste Aufgabe des Abenteuers vor. Dann werden die Zahlenkarten von 1–10 gemischt und an jeden Spieler ausgeteilt. Jeder Spieler muss nun auf die vorgelesene Aufgabe eine Antwort geben, die seiner Zahl entspricht. Ein Beispiel macht das deutlich: Ihr müsst zurück in die Zukunft und zwar ins Jahr 2099. Ja warum? Von „No Way“ (gelb) bis „Auf geht’s“ (rot) müsst ihr eure Antworten entsprechend eurer geheimen Zahl ziehen. Der Käpten muss anschließend eure Antworten in der richtigen Reihenfolge zuordnen. Unterlaufen euch hierbei Fehler, wandert ein Token aus der Einhorn-Arena in den Häufchen-Bereich. Shit happens. Schafft ihr als Team das Abenteuer?

So viel liebe und Querverweise. Aber man muss sie kennen.

Geburtstagscheck

Nach Ready Set Bet kam mit der Geburtstagsgesellschaft eben Top Ten Adventures auf den Tisch. Einstieg und Regeln waren innerhalb von fünf Minuten abgehandelt. Welche Brettspielerfahrung war hier notwendig? Keine. Aber alle waren sofort begeistert. Die Begeisterung am Tisch wurde durch die erste Karte schließlich abgefeiert: Ruhe in Frieden, Tante Tuffi. Das erste Szenario hierbei: Tante Tuffi ist gestorben. Natürlich musst du zu ihrer Beerdigung. Aber du hast nichts Schwarzes im Kleiderschrank. Was ziehst du an, wenn deine Range zwischen „Du konntest Tante Tuffi eh nicht leiden, entsprechend ist dein Outfit an Respektlosigkeit kaum zu überbieten“ liegt – und „dem Anlass sehr angemessen“? Wo der Fisch die Locken hat, wird sehr schnell deutlich: Greta kommt im Tanga, Stiefeln und durchsichtigem BH mit abgeklebten Nippeln, und Lissy im Badeanzug. Kati zieht sich züchtig einen grauen Rock und eine Bluse an, die andere Greta Shorts und ein T-Shirt, und Jakob wählt einen dunkelblauen Anzug. Ich wähle eine kurze Badeshort und ein schmutziges weißes Unterhemd, und Hannah hat nun die Notwendigkeit, alles fein und säuberlich zu ordnen.

Was hatten wir einen Spaß mit Tante Tuffi! Auch wenn sie tot ist.

Interpretationsmöglichkeiten

Gretas selbstgewähltes freizügiges Outfit mit transparentem Oberteil ist an Respektlosigkeit kaum zu überbieten und erhält zurecht die „1“. Lissys Badeanzug ist auch sehr respektlos. Aber wo rangiert das Outfit im Vergleich zu meiner Short und dem schmutzigen Unterhemd? Hannah findet das schmutzige Unterhemd weniger schlimm und ordnet Lissy die „2“ zu. Ärgerlich: Lissy hatte eine „3“ und ich die „2“. Durch das schmutzige Unterhemd wollte ich dazwischen grätschen, was aufgrund der Konstellation gar nicht so einfach ist, da man die Zahlen der anderen nicht kennt und auch nicht weiß, welche Zahlen alle im Spiel sind. Hannah bewegt ein Einhorn in den Haufenbereich und die Geschichte geht weiter.

erzählerische Progression

Die Geschichte von Tante Tuffi geht lustig weiter: von der Auswahl ihrer Grabsteininschrift über Anekdoten zu Tante Tuffi bis zu den Erbstücken für die Hinterbliebenen ist alles dabei. Mehr noch: Nicht nur Wortwitz und Kreativität sind bei diesem Spiel gefordert, sondern auch das schauspielerische Element. Denn während wir in Szene 3 noch lustige Geschichten zu Tante Tuffi erzählen, müssen wir in Szene 4 das entsprechende Lachen simulieren – von leisem Glucksen bis hin zu schallendem Gelächter. Genial. Die Geschichten sind dabei so liebevoll, kreativ und voller Details. Manche Antworten müssen sich sogar auf vorherige Antworten beziehen, sodass eine wirklich schöne Geschichte voller Kreativität und lustiger Szenen entsteht. Der Abend und zwei weitere Geschichten vergehen wie im Flug und meine Kinder beschließen: Top Ten Adventures wird an Heiligabend mit der Familie gespielt – und Oma und Opa müssen ran. Tante Helga, Dominik und mein Bruder Andy auch.

Shit Happens! Sind alle Einhorn-Token weg, bevor die Geschichte vorbei ist, habt ihr verloren.

Meanwhile in another Place

Meine BVJ-Klasse ist der zweite Einsatzort für Top Ten Adventures. Im Rahmen meiner Klassenleiterstunde möchte ich mit meinen neun Jungs der Klasse das Spiel ausprobieren. Dynamischer als bei uns am Tisch. Ich räume also Tische und Stühle raus, denn der Käpten soll die Antworten direkt sortieren – und zwar die Schüler physisch stellen. Es dauert etwas länger, meinen eher bildungs- und brettspielfernen Jungs das Spiel zu erklären, aber es klappt erstaunlich gut und tatsächlich ist eine gewisse Motivation und Vorfreude zu spüren. OK, das ist objektiv richtig, allerdings habe ich ihnen auch zur Auswahl gestellt: „Arbeitsblatt zur Flächenberechnung oder dieses Spiel?“ Hach, ich liebe Pädagogik.

Who the Fuck is Doc?

Ich ziehe eine erste Karte, stecke sie in den Halter und gebe sie dem Käpten. „Am Ende der Welt“ ist die Karte, und Kevin (Namen geändert) liest vor: „Nach der Heuschreckenplage und der dreitägigen Finsternis sucht eine elfte Plage Ägypten heim.“ Kevin wird beim Vorlesen von Francois unterbrochen: „Aber wir sind gar nicht in Ägypten – und was ist eine Plage?“ Dennis antwortet postwendend: „Du Hohlfrucht bist eine Plage.“

Was wie eine Szene aus Fack ju Göhte wirkt, ist mein Unterrichtsalltag ohne Filter, zeigt aber tatsächlich ein paar Punkte. Einige Geschichten funktionieren für diese Zielgruppe besser als andere. Meine Schüler kennen keinen Doc aus Zurück in die Zukunft, daher gehen der liebevolle Wortwitz und die tollen Abenteuer teilweise verloren. Die Karte Drinkin’ Park allerdings funktioniert mit Hilfe von Spotify sehr gut. So gut, dass meine Klasse nachher lautstark mitgrölt und mein Abteilungsleiter in der Tür steht und sich totlacht.
#beste Schule BBS Gestaltung und Technik, Trier.

Fazit

Top Ten Adventures ist ein echter Volltreffer. Witzige Abenteuer, voll von liebevoll gestalteten Kleinigkeiten und Sidekicks. Wortwitz, Kreativität und schauspielerisches Talent bringen bei nahezu jeder Gruppe den Spielspaß an den Tisch. OK, Bock auf das Spiel sollte jeder schon haben, denn wenn alle den Stock im Arsch haben, spielt man lieber etwas anderes (oder gar nicht). Aber für größere Gruppen oder alle, die Codenames, Just One oder ähnliche Spiele bevorzugen, ist Top Ten Adventures ein echter Hit. Die Verknüpfung der einzelnen Szenen bzw. Aufgaben zu einem Abenteuer macht das Spiel zu einem echten Highlight. Je mehr Spielende hier an den Tisch kommen, desto besser wird das Ganze. Top Ten Adventures ist ein absolutes Highlight und ein richtig tolles Spiel.

P.S.: Kevin kam nach der Stunde zu mir und wollte fragen was es mit diesen Plagen in Ägypten auf sich hat. Ich erzählte ihm von den biblischen Plagen und zwei, drei Jungs gesellten sich dazu. Das Interesse war echt und wir machten eine kleine Einheit daraus.  #Schule funktioniert mit den richtigen Impulsen und Off-Topic eines Lehrplans!

Top Ten Adventures Tolle Überraschung
Spielinformationen
Genre: Sprach-Taktik | Personen: 4-9 | Alter: ab 12 Jahren | Dauer: 30 min + | Autor: Aurélien Picolet | Illustration: Laura Michaud | Rezensionsexemplar erhalten
SPIELSPASS
9
MATERIAL
7
SPIELIDEE
7.5
Positive Aspekte
Tolle Geschichten, die aufeinander aufbauen
Kreativität, Wortwitz und schauspielerisches Talent
Schneller Einstieg und generationsübergreifendes Spiel
Viele lustige Sidekicks
Negative Aspekte
je mehr desto besser
8.5
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