Lesezeit: 5 Minuten

Auf nach Japan! Was sich tatsächlich wie ein spontaner Ausruf nach meinem bevorstehenden Lottogewinn anhört oder wie eine neue deutsche Version von Alphavilles 80er-Kracher, ist eine solide Urlaubsplanung ins Land der aufgehenden Sonne. Da Japan als Urlaubsland sehr beliebt ist, einige meiner engsten Buddies richtige Japan-Fans sind, muss ich natürlich jetzt aufpassen, dass ich im Bericht und in der Urlaubsplanung keine groben Schnitzer habe. Das trifft tatsächlich auch grob mein Spielgefühl. Also: Auf nach Japan!

Kurzcheck: Darum geht es in Auf nach Japan!

Auf nach Japan! ist ein Engine-Builder mit Draftmechanismus. Ihr zieht Karten von zwei unterschiedlichen Stapeln: Tokyo und Kyoto. Ihr entscheidet euch, welche dieser Karten ihr behaltet, und legt die andere verdeckt bei Mitspielern ab. In 13 Runden plant ihr so von Montag bis Samstag eure Japanreise . Die entsprechenden Wochentage geben jeweils eine bevorzugte Aktivität vor, die mit den Symbolen auf den Karten korrespondiert. So baut ihr eure Engine auf, müsst dabei aber Kosten und Aktivitätslevel im Auge behalten. Und natürlich, wo ihr euch befindet. Denn jeder Ortswechsel zwischen Tokyo und Kyoto muss mit den ÖPNV bezahlt werden.

Jede Menge Token

Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien

Nein, falsch. Kyoto oder Tokyo. Ich schaue meine Urlaubsplanung an. Montag und Dienstag verbringe ich komplett in Kyoto. Ich habe diese Tage bereits komplett verplant. Warum? Einfach weil es gepasst hat. Der zufällige Spielaufbau belohnt mich, wenn ich den Montag mit einem Besuch der zahlreichen Tempel garniere. Hier verwendet Auf nach Japan! die mittlerweile gängigen Symbole auf Spielkarten. Terraforming Mars war hier, glaube ich, der Vorreiter. Arche Nova hat dieses System ähnlich gut adaptiert, sodass es häufig in anderen Spielen auftaucht. Ich habe also den Montag ganz den Tempeln gewidmet und dort drei Kyoto-Karten mit jeweils einem Tempelsymbol platziert. Das Spiel belohnt eine solche Aktion mit einem Zugticket.

Spielablauf und die beiden Orte, die ich bereisen kann.

Ich muss reisen

Nachdem ich meinen Montag und Dienstag harmonisch in der kaiserlichen Residenz im Südwesten verbracht habe, wechsle ich Mittwoch nach Tokyo. Was im realen Trip geschmeidige 450 km und 2 Zugstunden entspricht, erledigt Auf nach Japan! mit den wichtigen Zugtickets. Durch Set-Kollektion sind diese Zugtickets aber schwer zu bekommen. Ich gehe also nicht verschwenderisch mit Ortswechseln um, sondern plane meine Aktivitäten. Und das ist gar nicht so einfach, denn neben den Symbolen muss ich noch auf viele andere Kleinigkeiten achten? Nörgelnde Kinder? Unzufriedene Frau? Nein, Auf nach Japan! ist etwas einfacher.

Montag muss ich schon direkt reisen. Gelbe Orte sind in für beide Städte, daher ist mein Plan aktuell: Montag: Kyoto, dann Tokyo bis Mittwoch. Hoffentlich kommt nichts dazwischen.

End of Game

Auf nach Japan hat eine sehr schicke End-of-Game-Wertung. Jeder geplante Tag wird gewertet. An jedem Tag liegen drei Karten aus, in Ausnahmefällen manchmal vier Karten. Die sichtbare Karte verteilt die Bonuspunkte zusätzlich zu den Siegpunkten und Symbolen auf den Karten. Allerdings berücksichtigt jeder Tag alle Symbole der vorherigen Tage. Entsprechend kann man für den Freitag – je nach aufgebauter Engine passender Urlaubsplanung – schon fette Siegpunkte einfahren. Ichmuss aber auf mein persönliches Yin und Yang achten, und das ist wie im echten Urlaub.

Wer hat gewonnen?

Die Stimmung kippt

Ich habe ultra Bock auf einen Trommelkurs in Kyoto. Ich sehe mich schon, wie ich Played-A-Live zum Besten gebe. Allerdings kostet mich das Ganze zwei Stress durch anstrengende Aktivitäten. Sammle ich zu viel von diesem Stress, hagelt es Minuspunkte. Egal. Ich will trommeln, also spiele ich die Karte. Im nächsten Zug bekomme ich zwei Karten: einmal den Besuch des KokeDeraTempels in Kyoto oder die Übernachtung im Kapselhotel in Tokyo. Der Tempel bringt viele Vorteile: ganze vier Symbole, und ich kann in Kyoto bleiben, allerdings kostet er mich Geld, und ich würde in die Minuspunkte rutschen. Das Kapselhotel ist günstig und erzeugt bei mir finanzielle Freude, weil ich Geld spare. Allerdings muss ich dann wieder zwischen den Orten reisen. Welche Karte spiele ich, welche gebe ich weiter?

Freud und Leid gibt massig Siegpunkte.

Draft

Auf nach Japan! wird über 13 Runden gespielt. Der Ablauf ist auf der einen Seite sehr simpel und vorbildlich über Symbolsprache erklärt, allerdings muss ich mich auch exakt an diesen Ablauf halten. Spielt nämlich einer schneller oder werden Karten falsch abgelegt, kann dies schnell zu Verwirrung führen. Nichts Tragisches, aber man muss darauf achten. Der Draft ist eine interessante Komponente, denn ich entscheide, welche Karte ich behalte und welche ich weitergebe. So kann ich das Spiel meines Gegners beeinflussen. Dann muss ich aber sehr genau auf die Auslage meines Gegenübers achten. Das ist möglich, dann spielt sich das Spiel aber etwas langsamer, als wenn ich mich auf meine eigene Engine fokussiere und weniger darauf achte, was ich meinen Mitspielern zukommen lasse. Ich kann also durch den Draht durchaus meinem Gegner blöde Karten zukommen lassen, aber ich habe immer noch Möglichkeiten, unliebsame Karten zu ignorieren und in Spaziergänge umzuwandeln.

Die vier Karten zu Beginn von Runde 5 sind die Karten, die ich in den vorherigen Runden von den Mitspielenden bekommen habe.

Mehrwert

Auf nach Japan! bietet einen tollen Mehrwert. Ich erhalte über die Karten wertvolle und kurzweilige Informationen zu reellen Sehenswürdigkeiten und regionalen Spezialitäten der beiden Städte und der japanischen Kultur. So was mag ich sehr gerne, und gerade das Lesen versüßt die geringe Downtime. Auf der anderen Seite bin ich nicht ganz glücklich mit der Mechanik. Der Draftmechanismus hat nicht so den Bumms   wie in anderen Spielen und die Set-Kollektion schießt am Thema Urlaubsplanung vorbei. Warum bekomme ich mächtige und notwendige Boni, wenn ich an einem Tag, z. B. Freitag, alle Karten mit Restaurantsymbol spiele? Die Frage hat meine Tochter Hannah (Freundin guter Nahrung) berechtigterweise aufgeworfen. O-Ton: „Hä? Das macht gar keinen Sinn? Warum soll ich freitags Restaurants besuchen? Esse ich die anderen Tage nichts? Ist doch viel geiler, jeden Tag in ein gutes Restaurant zu gehen!“

End of Game

Fazit

Auf nach Japan ist nett. Die Idee ist nett. Das Material und die Umsetzung sehr schick und gut. Die Karten sind mit tollen Informationen ausgeschmückt. Der Ablauf lässt ein fluffiges Spielen zu. Es gibt kaum Downtime, und mit den ganzen Symbolen auf den Karten puzzle ich mir meine Engine zurecht. Auf nach Japan! macht Spaß. Ende. Mehr allerdings auch nicht. Hat mich die erste Runde gepackt, flachten die weiteren Partien etwas ab. Der Draftmechanismus als solcher kam wenig zum Tragen. Je nachdem, welche Karten gezogen werden, wird eine gute oder durchschnittliche Engine aufgebaut. Das Spiel erzeugt spätestens ab der fünften Partie wenig spannungsgeladene Momente. Versteht mich nicht falsch: Auf nach Japan! ist gut, einsteigerfreundlich und ich spiele es gerne mit. Aber wenn es nun ein Jahr im Schrank bei Uwe verschwindet, ist es auch nicht schlimm.

Auf nach Japan! Da flieg ich lieber selber hin.
Spielinformationen
Genre: Set-Kollektion | Personen: 1-4 | Alter: ab 10 | Dauer: 45-60 Minuten | Autor/in: Josh Wood | Illustration: Chaykov, Kailene Falls, Toshiyuki Hara 原としゆき, Magdalena Pruckner, Erica Ward
SPIELSPASS
7
MATERIAL
7.5
SPIELIDEE
7
Positive Aspekte
Sehr tolles Thema mit vielen Informationen
Über Symbole wird eine schicke Wertung erzeugt
Draftmechanismus und Setkollektion
Gute Anleitung und strukturierter Spielablauf, dadurch einsteigerfreundlich
Kaum Downtime, weil alle zeitgleich spielen
Negative Aspekte
Der verdeckte Draftmechanismus ist eher für 2 Personen und hat nicht so den Bumms
Man kümmert sich eher um seine eigene Engine
55 € für ein Familienspiel eher teuer
Spielspaß bewegt sich von Begeisterung zu “ganz nett“ in wenigen Spielen
7
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