Lesezeit: 4 Minuten
Everdell: Spirecrest liegt auf dem Spieltisch. Eine weitere Erweiterung, die nun endlich den Weg auf meinen Spieltisch gefunden hat. Man könnte fast meinen, dass Pegasus das Thema der Erweiterung aufgegriffen hat. Wie oft bin ich frohen Mutes zu Pascal und zur Spielbar gewandert. Wie oft hat Pegasus den Termin verschoben. Na ja, so rücken Verkäufer und der Nerd eben enger zusammen, sehen sich öfter und tauschen Themen aus. Aber: Schwamm drüber Everdell: Spirecrest wurde gerade in einer sanften Stimmung entpöppelt und begutachtet. Everdell ist heilig. Kein Spiel hat für mich dieses Spielmaterial. Diesen Cuteness Faktor. OMG guck mal…  wie niedlich ist das denn? Wer jetzt nicht mitwandert, der verpasst einiges!

Kurzcheck: Darum geht es in Everdell: Spirecrest

Ich persönlich hasse wandern oder spazieren gehen. Furchtbar. Nicht so in Everdell. Unterhalb des Spielplans wird der Wanderpfad zur Turmspitze an das Grundspiel angelegt. So entsteht ein neuer Spielbereich, ähnlich dem Ufer Pearlbrook. Die ursprünglichen Phasen des Grundspiels werden durch neue Phasen ergänzt. Jeder Spieler erhält in seiner Spielfarbe einen Hasen-Wandermeeple. Die neuen Hasen-Wandermeeple durchlaufen in jeder Jahreszeit einen Teilabschnitt dieses Weges und sammeln – jede Person für sich – Kartenstücke für die abschließende Expedition ein. Diese abschließende Expedition ist eine ergänzende Endwertung. Während der Wanderung greifen zudem zwei neue Mechaniken. Die Wettereffekte und fette neue Karten für mächtige Aktionen. Man beginnt im Winter und mit jedem Wechsel der Jahreszeit im Dorf kommt auch Wander-Hasi einen Abschnitt weiter. Dabei verändert er das Wetter und damit die Bedingungen für die Worker in Everdell. So weit die schnöde Mechanik. Doch was gibt die Wanderung eigentlich her?

Das Spielgefühl

Das Prinzip von Everdell bleibt Everdell. Das Thema der Wanderung ist so unfassbar liebevoll und thematisch umgesetzt, dass man sofort hin und weg ist. Die Wanderhasen stehen unterhalb des Dorfes bereit und man kann die ersten Kartenstücke sehen, die man zur Auswahl hat. Man möchte den knuffigen Meepeln sofort eine Karotte in die Hand Pfote drücken. Es liegt immer ein Kartenteil mehr als Spieler aus. Während des Spiels sammle ich diese zwar nur ein, aber die Bedingungen für die Siegpunkte sind sichtbar.

Beispiel: Ich nehme im ersten Abschnitt die Karte Beerenfelder. Am Ende des Spiels gibt diese mir vier Siegpunkte, wenn ich drei Beeren abgebe. Im zweiten Abschnitt habe ich nur noch die Wahl zwischen Trümmerküste und dem Lichtblumenmeer. Beim Lichtblumenmeer muss ich fünf Beeren hergeben, erhalte dafür aber wieder 6 Siegpunkte, bei der Trümmerküste geben ich zwei Holz und zwei Harz für fünf Siegpunkte ab. Erfahrene Everdell Spieler erkennen das Muster. Die Kartenstücke bringen, ähnlich wie bei Pearbrook die Monumente, brutal viele Siegpunkte. Aber sie sind so unfassbar teuer. Und hier greift wieder das Everdell-Belohnungsprinzip. Habe ich am Anfang das Gefühl, ich kann von diesen Bedingungen nichts erfüllen, freut es mich wie Bolle, wenn ich am Ende fett absahne.

 

Potenziert

Die Wanderung bringt mich dadurch persönlich in noch härteres Grübeln, wofür ich meine Arbeiter einsetze und meine Ressourcen ausgebe. Ich kenne kein anderes Spiel, das mir zu Beginn so liebevoll klarmacht, wie wenig Ressourcen ich habe und wie wenig ich starten kann. Ich kenne aber auch kein anderes Spiel, was so befriedigend mit Belohnungen und Synergien und einer laufenden Engine bezaubert. Und das auch noch so thematisch liebevoll.

Und dann knallt uns Everdell: Spirecrest im Winter einen miesen Wettereffekt rein: Immer wenn ich Ressourcen von einem Waldort bekomme, dann bekomme ich eine weniger. Logisch. Ist ja Winter – kalt und karg. Ahh. Ich kotze. Katie beginnt, nimmt sich am Standardort drei Holz. Marco in Zugreinfolge nimmt sich zwei Harz. Und ich? Ich wollte schon drei Beeren vom Waldort, weil ich viele Tiere auf der Hand habe. Aber eben da macht mir das Scheißwetter einen Strich durch die Rechnung und belohnt mich nur mit zwei Beeren.

Interaktion

Mit jedem Teilabschnitt meiner Wanderung decke ich zudem drei Spezialkarten auf. Von diesen dreien kann ich mir eine nehmen. Diese Spezialkarten sind der Hammer. Auf meiner Wanderung entdecke ich so unbekannte Orte mit Fähigkeiten oder ultragute Riesenwesen. Auf diese setzte ich einen Sattel und einen meiner Worker und fortan kann ich diese Riesenwesen mit ihren Spezialfähigkeiten einsetzen. Natürlich entdeckt Kati auf ihrer Wanderung zwei. Miss Everdell kann diese Tiere selbstredend bei uns gewinnbringend einsetzten. Viele dieser Karten haben nämlich „Nachbarschaftseffekte“ Sie setzt das Riesenwesen Windpfeil auf den Nachziehstapel und immer, wenn jemand Karten nachzieht, darf sie auch zwei ziehen und dabei kurzfristig das Handkartenlimit ignorieren.

Trotzdem jammert sie wieder das ganze Spiel über: Sie bekommt nichts, meine Stadt ist viel besser als ihre und durch meine Expedition gibt es viel mehr Punkte. Habe ich erwähnt, dass sie ultraschlechte Laune bekommt, wenn sie Everdell anscheinend nicht gewinnt. Ach, hatte ich vergessen, dass sie mit 8 Punkten Vorsprung gewonnen hat?

Fazit

Everdell befriedigt meinen Must-Have Impuls, bedient mein ästhetisches Ich. Ich war schon ein Fan von Pearlbrook, weil sich der Rhythmus und die Spielweise etwas ändern, aber trotzdem alle Spielwege zum Sieg führen können. Bei Everdell: Spirecrest gelingt wieder so ein genialer Schachzug. Durch ein einfaches Hinzufügen von neuen Phasen wird das Spiel tiefer und komplexer, bleibt aber dabei liebevoll und trotzdem gut zu beherrschen. Herausragend sind die Auswirkungen des Wetters und der neuen Spezialkarten. Durch die Spezialkarten kommt mächtig viel Interaktion ins Dorf. Dabei bleibt die Spielzeit angenehm kurz. Logisch. Die Anzahl der Worker erhöht sich ja nicht. Die Expedition und die damit verbundene Endwertung ist ultraspannend und kann das Zünglein an der Waage sein. Hammer. Hatte ich erwähnt, dass zudem in der Erweiterung neue Tiere sind? Nein? Die Auswahl wird noch süßer. Jetzt bin ich gespannt was Bellfaire bringt. Wer Everdell auch nur im Ansatz gerne spielt, muss Spirecrest ins Regal packen. Da steht ja dann auch schon Pearlbrook und Bellfaire.

Everdell: Spirecrest
AUSSTATTUNG
100
SPIELIDEE
100
SPIELSPASS
100
Leserwertung0 Bewertungen
0
Kurzfakten
Wanderung als Thema
Wettereffekte beeinflussen das Spiel
Neue Riesenwesen und Spezialkarten
Spielzeit bleibt angenehm fluffig
Interaktion untereinander wird erhöht
Herausfordernde Endwertung
Spielinformationen
Genre: Engine-Builder
Personen: 1 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 90 - 120 Minuten
Autor/in: James A. Wilson
86
Redakteur bei Brett & Pad | + Letzte Artikel

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9 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ach ja, Everdell! Ich bin bei dem Spiel ja etwas zwiegespalten… Einerseits bin ich begeistert von dem tollen Spielmaterial und dem schönen Thema, welches wirklich super umgesetzt wurde. Grundsätzlich mag ich auch die Spielmechanik. Trotzdem muss ich sagen, dass das Spiel schon sehr glückslastig ist und manchmal ganz schön frustrieren kann, wenn es mal nicht so läuft, da das Spiel das einen schon sehr spüren lässt. Christian hatte dieses emotionale Auf und Ab damals schön beschrieben in seiner Rezension zu Everdell.

    Die Erweiterungen habe ich noch nicht gespielt, Spirecrest hört sich aber sehr interessant an.

    Markus, würdest du bei den Erweiterungen eher Pearlbrook oder eher Spirecrest empfehlen?

    Antworten
  • Hallo Florian,
    ich spiele Everdell schon sehr oft und ich gebe bei dem Thema „Glückslast“ bedingt recht. Meine Frau schafft es irgendwie immer, einen sehr hohen Kartendurchsatz zu generieren und dadurch viele Dinge auszubalancieren. Es hängt sehr von den Karten ab. Und da kommen wir zum Punkt:
    Bei Pearlbrook verändert sich das Spiel sehr stark in Richtung Wettlauf, Perlen und wie man sie einsetzt. Das mag ich sehr, weil es ungemein spannend ist. Die Pearlen versuche ich immer für das 25 Siegpunkte Monument zu bekommen und trotzdem ist es kein Garant für den Sieg.
    Spirecrest wirkt für mich noch stärker auf die Grundmechanik im Grundspiel. Die Wettereffekte und die neuen Karten die man bekommt, erhöhen halt deutlich den Kartendurchsatz des Grundspiels und sind vielleicht daher genau die richtige Erweiterung für dich, weil eben genau dein Kritikpunkt negiert wird. Dazu spielen wir immer mit den Charaktere aus Belfaire. Die Tiere bekommen damit putzige, asymmetrische Eigenschaften (keinen Angst, nichts „Root“-mäßiges) und verstärken den Ansatz des Hauptspiels.
    Fazit: Bei uns kommt in letzter Zeit fast ausschließlich Spirecrest mit Belfaire auf den Tisch.

    Antworten
  • Hallo Markus

    danke für den Tipp mit dem Kartendurchsatz, werde ich beim nächsten Mal ausprobieren… 😉 Hatte öfters mal den Eindruck, dass nicht die passenden Karten ausliegen bzw. meine Freundin diese mir wegschnappt… 😅 Spirecrest spricht mich mehr an als Pearlbrook, gerade die Reittiere und die Wetterkarten sind super thematisch. Bellfaire hört sich interessant an.

    Viele Grüße
    Florian

    Antworten
    • Hallo Florian,

      Bellefaire kommt demnächst von mir eine Rezension. 😉 Auch wenn ich dich nicht verwirren will, gerade wenn man zu zweit spielt, finde ich Pearlbrook durchaus interessant. Aber wirklich nur, wenn man Wettrennen in Spielen mag.

      Viele Grüße

      Christian

      Antworten
      • Hallo Christian,

        hmm schwierig, ich mag eigentlich Wettrennen, meine Freundin aber eher nicht. Falls wir uns eine Erweiterung holen, wird es daher wohl eher Spirecrest oder Bellfaire. Na dann bin ich mal gespannt auf deine Rezension zu Bellfaire! 😊

        Viele Grüße
        Florian

        Antworten
  • Oh Everdell. Ich liebe es aber es macht mich auch verrückt, wenn es gerade am Anfang schlecht läuft und man nicht die richtigen Karten bekommt oder sie vor der Nase weggeschnappt werden.
    Wir haben schon etliche Partien mit Pearlbrook und Spirecrest gespielt und von dieser Kombi sind wir begeistert – auch wenn mich dieses grässliche Wetter echt ankekst 😀
    Die neuen Elemente mit der Wanderung und den Riesenwesen macht es noch spannender, dass man nie vorher weiß, wer nun gewonnen hat bis nicht das letzte Pünktchen gezählt ist.
    Bellfair ist nett und hilft mit dem Marktplatz und den Fähigkeiten aber ehrlich gesagt muss ich es nicht zwingend haben.

    Antworten
    • Siehe unten.
      Und das Wetter ist übel. Ich stand schon oft von einer Kombination. Mein erster Zug. Dann mache ich das. Und dann Wechsel ich und mache dann das. Habe ja noch alle Ressourcen dafür. Und dann. Bämm. Das Wetter blockiert die Aktion oder Frist die Ressource. Skandal.
      Bei Bellfair liebe ich die Charakter. Christian hat den Test in der Pipeline. Ich bin gespannt.

      Antworten
  • Ich bin noch nicht so warm mit Everdell.. zum einen ist die Mechanik echt schön umgesetzt und zum anderen ist es halt deutlich weniger komplex, wie zbs ein Terraforming Mars. Letz genanntes landet idR. eher auf den Tisch. Everdell funktioniert aber gerade so noch mit meiner Familie was es zu einen guten Lückenfüller macht. Vielleicht würden die Erweiterungen das Spiel verbessern, aber dafür sind mir die Preise einfach zu hoch.

    Antworten
    • Oh ja, da gebe ich dir hundertprozentig recht. Der Preis ist echt hart. Allerdings feiern auch alle immer das Material, die Karten und tatsächlich finde ich die Mechanik und wie sich das Spiel entwickelt echt toll. Eigentlich ähnlich wie bei TM. Am Anfang hat man immer das Gefühl zu wenig zu haben und am Ende läuft es einfach.

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