Kurzcheck: Darum geht es in Kutná Hora
Der Silberfund des Mönchs des Zisterzienserorden löste einen Silberboom aus. An dieser Stelle startet das Spiel. Kutná Hora existiert nämlich noch nicht. Vor euch liegt eine brache, karge Fläche, auf der ihr und eure Mitstreiter die Stadt Kutná Hora errichten werdet. Dazu habt ihr zweigeteilte Aktionskarten auf der Hand, die in den fünf Spielrunden ausspielt werden. Die Möglichkeiten in Kutná Hora sind durch die Aktionskarten vielfältig. Baut ihr an der Stadt? Schickt ihr Arbeiter in die Grube, um Silber zu fördern? Baut ihr am Dom der heiligen Barbara mit? Oder schickt ihr Patrizier in den Stadtrat? Eure Entscheidung. Aber: Achtet auf euer Geld!
Gilden für die Wirtschaft
Jeder Spieler repräsentiert in Kutná Hora drei Gilden. Das ist für das Spiel wichtig, denn ich darf ausschließlich Gebäude dieser Gilden bauen. Und alles, was ich baue oder kaufe, wird in Groschen bezahlt. Und es gibt sechs Ressourcenarten, Fleisch, Holz, Bier, Erz, Silber und Gebühren für Genehmigungen. Ihr kapiert nichts? Ich leuchte mal ein wenig auf das dunkle Spielbrett. Alles wird in Groschen bezahlt. Unterschiedliche Gebäude kosten aber unterschiedliche Ressourcen. Das regelt in Kutná Hora die dynamische Wirtschaft. Als Beispiel. Ich gehöre der Holzgilde an. Ich baue ein Sägewerk. Ein Holz war vor dem Bau des Sägewerks 3 Groschen wert. Dadurch das nun ein Gebäude mehr Holz produziert, fällt der Preis auf 2 Groschen. Was doof ist, weil ich durch das Gebäude meine Produktion erhöht habe. Das ist wichtig beim Einkommen!
Timing
Die dynamische Wirtschaft in Kombination mit den Aktionskarten sorgt für ein tolles Timing Spielgefühl. Wann erhöht ihr eure Produktion durch ein entsprechendes Gebäude? Steigt der Preis gerade? Wenn ja, für welche Ressource und wann könnte er fällen? Wann schlage ich günstig zu? Oder benötige ich Einkommen? Pro Runde wähle ich aus sieben Aktionskarten meine Möglichkeiten. Diese Aktionskarten sind zweigeteilt. Erwerbe ich in einer Aktion Baurechte an einem Gebäude steht mir die Hl. Barbara dieser Karte nicht mehr zur Verfügung. Ich muss also genau abwägen, welche Karten ich wann spiele. Diese Dynamik ist in dem Spiel greifbar. Ich erwische mich oft, dass ich die Aktionen meiner Mitspieler kritisch beäuge und meine Züge darauf anpasse.
Produktionskette
Natürlich möchtet ihr die Stadt mit euren Gebäuden bauen und durch öffentliche Gebäude ergänzen. Der Stadtbau ist zentral, aber auch das Bergwerk darf nicht vernachlässigt werden. Der Bau der Gebäude ist nicht so einfach. Über die Baurechte Aktion erwerbe ich mir ein Gebäude. Auch hier ist wieder die Marktwirtschaft am Start. Im Rathaus bezahle ich für Gebäude links nur einen Groschen. In den Spalten weiter rechts muss ich Genehmigungsgebühr bezahlen. Und die orientiert sich am Markt. Wer denkt, er könne jetzt loslegen, der täuscht sich gewaltig. Bevor ich baue, reserviere ich mir ein Grundstück. Und das ist teuer oder günstig, je nachdem, wer mein Nachbar ist. Schlussendlich platziere ich mein Gebäude. Ich erhalte Effekte und am Spielende winken hier fette Siegpunkte.
Kompliziert und doch einfach
Alles, was ich hier an Zusammenhängen versuche zu beschreiben, kann nur in die Hose gehen. In Kutná Hora ist alles herrlich miteinander verzahnt, die Dynamik und die Abbildung der dynamsichen Wirtschaft wohlüberlegt und stimmig umgesetzt. Es gibt kaum Downtime, weil über die Karten nur bestimmte Aktionen zur Verfügung stehen und die Aktionen schnell abgehandelt sind. Zudem ist das Anpassen der Marktwirtschaft ein Klacks und elegant gelöst. Das Spiel bietet zudem viele kleine wichtige Bereiche. Steuern, die euch hart treffen können. Zusatzaktionen, wenn ihr am Dom mitbaut. Eine individuelle Wertung über den Stadtrat und die Patrizier. Tableauentwicklung. Alles auf einem Niveau zwischen Kenner- und Expertenspiel.
Uneingeschränktes Lob?
Jein. Kutná Hora hat eine zentrale Siegpunkt-Präferenz und die heißt Gebäude. Man kann jedoch die anderen Bereiche nicht außer acht lassen. Vor allem darf man niemandem das Feld überlassen. Ich beobachte ständig die Züge meiner Mitspieler und schaue, was sie planen. Aber: wer nun mal den Ausbau der Stadt am besten meistert, der wird siegen. Alle anderen Bereiche sind eher flankierende Maßnahmen. Diese im Blick zu haben, ist nicht so einfach und von vielen Faktoren abhängig.
Eine Perle
Grafisch ist Kutná Hora eine echte Perle. Das Bergwerk ist in einem düsteren Schwarz gehalten und erzeugt eine stimmige Atmosphäre. Die Karten und die Gebäude sind von einem eleganten und edlen silbrigen Schimmer durchzogen. Die Übersichtsbögen bieten alles, was man schnell nachschauen muss. Die Spielertableaus haben alle notwendigen Einkerbungen. Das Spielmaterial ist kein billiges Plastik, sondern aus schönem haptischen Re-Wood hergestellt. Die Anleitung ist spitze, toll bebildert, gut strukturiert und erfüllt ihren Zweck. Mehr noch, sie bietet Geschichte und Erläuterungen und hilft, das Spiel thematisch einzuordnen. Das möchte ich. So präsentiert man ein Spiel in 2024.
Fazit
Kutná Hora ist Silber! Durch und durch. Es ist ein tolles Schmuckstück, edel im Design und handwerklich mit sehr vielen guten Mechaniken ausgestattet. Kommt jetzt ein Aber? Nein! Kutná Hora hat uns in jeder der fluffigen Partien richtig Spaß gemacht. Die Gestaltung begeistert, das Thema ist so passend umgesetzt, wie ich es mir von anderen Spielen wünschen würde und die Spielzeit mit 60-90 Minuten ist spitze. Zudem überzeugt die dynamisiche Marktwirtschaft auf der ganzen Linie. Ein kleines „Aber“ schleicht sich nun doch in meine Rezension. Es begeistert nicht wie ein Arche Nova oder ein Dune: Imperium. Es ist auch kein Black Rose Wars. Das war es aber schon. Es ist ein tolles Spiel, bleibt im Regal und zieht nicht aus. Es ist feinstes Silber und ihr solltet es mal auf den Tisch decken.
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- 16. Dezember 2024
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6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Eine schöne Rezension, Markus. Kann ich so unterschreiben. Habe ja auch einige Partien auf dem Buckel. Vor allem die Spielidee ist außergewöhnlich und rechtfertig ein „habenswert“. Ich würde das Brettspiel durchaus als innovativ in seinem Ablauf und der hohen interaktiven wie ökonomischen Verzahnung ansehen. Das birgt allerdings auch Konfliktpotenzial mit dem Spielspaß. Wir hatten „komische“ Partien aufgrund von Entscheidungen von Mitspielenden, die sich eben direkt auf alle Auswirken. Für die ökonomischen Spielfolgen mega interessant, für den individuellen Spielspaß nicht unbedingt. Definitiv auch ein Spiel, wo man deshalb bereit sein muss, sich a) auf so etwas einzulassen und b) mehrere Partien braucht.
Hallo ihr zwei,
danke für die ausführliche Rezi.
Ich schleiche schon länger um das Spiel herum, die Rezi macht wieder richtig Lust darauf. Da ich viele 2er Runden habe mit denen ich spiele, würde mich interessieren, wie es zu zweit funktioniert?
Hallo Rheinwuerfeler,
also ich kann nur von meinen Partien sprechen und weiß nicht, wie es bei Markus war. Man kann es zu zweit spielen, weil das Spiel auf die Personenanzahl angepasst wird. Trotzdem ist es ein Eurogame, dass ich nicht wähle, wenn ich z.B. nur mit meiner Frau spiele. Für mich lebt das Spiel vom Markt, der Konkurrenz, aber eben auch der Beeinflussung der verschiedenen „Wirtschaftsbereiche“. Die Stärke des Spiels liegt für mich klar bei 3 bis 4 Personen. Mit weniger Auswahl im Schrank, würde ich es aber auch zu zweit spielen. Es ist dort auch mehr planbarer. Entsprechend ganz sicher kein Reinfall zu zweit, aber doch schon etwas anderes als zu dritt oder gar viert.
Liebe Grüße
Christian
Hallo Rheinwürfler,
ich unterstütze die Aussage von Christian. Für mich lebt das Spiel auch über die Spannung. Was machen die zwei oder drei Mitspieler, die vor mir sitzen?
Was haben sie vor und was schnappen sie mir weg? Wie entwickelt sich der Markt? Das fehlt ein wenig bei zwei Spielern. Da schnappe ich mir dann definitv Arler Erde oder Arche Nova.
LG
Das stimmt, auch für uns ist Kutna Hora kein Black Rose Wars Rebirth – das ist bei uns nämlich schon wieder ausgezogen, da es uns einfach zu viel Overhead für das Spielerlebnis hatte.
was meinst du denn mit zu viel Overhead kyr?