Zur Feier des 300-jährigen Jubiläums versammelten sich Delegationen der vier ideologischen Fraktionen in der Welthauptstadt, aber anstelle des Gedenkens erlebten sie, wie sich Zeitrisse öffneten. Eine düstere Botschaft aus der Zukunft machte den Menschen auf der Neuen Erde klar, dass die Reinigung das Ergebnis des ersten dieser Wurmlöcher war und die Energie des katastrophalen zukünftigen Einschlags eines Neutronium-Asteroiden zurückübertrug. Dieser neue Einfluss kann nicht nur die Vergangenheit der Menschheit, sondern auch die Zukunft der verbliebenen Menschen zerstören. Angesichts einer solchen Bedrohung am Horizont müssen die Pfade alles tun, um sich vorzubereiten – und zu überleben. Der Impact steht bevor.
Kurzcheck: Darum geht es in Anachrony
Ich nehme selten eine Hintergrundgeschichte, um ein Spiel einzuläuten, aber Anachrony von Mindclash Games macht es mir hier verdammt einfach. Anachrony spielt in einem futuristischen Szenario in einer zerstörten Welt. Das rundenbasierte Workerplacement Spiel auf Expertenniveau thematisiert auf Referenzniveau den Aufbau und den Niedergang der Welt im Kontext der Zeit. Ich merke, ich bin einfach ein absoluter Fan, wenn Mechanik und Thema zusammenpassen, mehr sogar noch, wenn das Thema die Mechanik begründet. So empfinde ich es bei On Mars und so eben auch bei Anachrony.
In diesem asymmetrischen Spiel versucht ihr euch auf den Tag der katastrophalen Explosion, den Impact vorzubereiten. Denn wenn der Einschlag kommt, geht das Spiel neue Wege und ist schnell zu Ende. Wer hat dann seinen Pfad am besten gespielt? Dazu setzt ihr unterschiedliche Arbeiter ein, baut eure eigene Engine auf, erfüllt Bedingungen und generiert Ressourcen.
Entscheidungen
Klassisches Workerplacement? Ja, schon, aber mit viel Planung, Vernetzung, Thematik und harten Entscheidungen. Entscheidung 1 – Planung: Die Erdoberfläche ist unbewohnbar. Also kann ich auf den begrenzten Slots des Spielbretts auch nur Worker einsetzten, wenn diese sich in Schutzanzügen Exosuits befinden. Nur in diesen Anzügen können die vier unterschiedlichen Arbeiter die Spots besuchen. Und diese Exosuits stehen mir nicht unbegrenzt zur Verfügung, sondern müssen sorgsam geplant und aufgeladen werden. Entscheidung 2 – Spezialisierung: Jeder der unterschiedlichen Arbeiter kann etwas besonders, also ist es wichtig ihn an einem passenden Ort einzusetzen. Habt ihr genug Arbeiter einer Sorte? Wer steht mir zur Verfügung? Welche Arbeiter fehlen euch? Möchtet ihr neue Arbeiter einstellen? Welche sind müde?
Entscheidung 3 – Timing: In welchen Bereich der Hauptstadt schickt ihr wann eure Arbeiter? Die Timing Frage ist entscheidend. Entscheide ich mich auf einen Bereich zu gehen, ist der obere Bereich gratis, der zweite und dritte Slot müssen mit Wasser teuer bezahlt werden. Entscheidung 4 – Ressourcen: In einem Ödland ist Wasser die kostbarste Ressource. Aber alle anderen auch. Hier ist hartes Mangelmanagment gefragt und es wird nichts auf Vorrat produziert. Entscheidung 5 – Aktionsauswahl: die Slots sind hart begehrt. Was möchte ich? Gebäude bauen? Wasser sammeln? Errungenschaften bekommen, um Supergebäude zu bauen? Ressourcen in den Minen sammeln? Oder neue Arbeiter einstellen? Startspieler? Könnte interessant sein, vor allem weil die Slots so begehrt sind: Ich will den First Pick.
Auswirkungen
Klingt alles furchtbar anstrengend und schwierig. Ist es auch, aber auch wieder nicht. Ja, man plant und überlegt aber die Downtime ist verschwindend gering, denn das Spiel strukturiert diesen Prozess. Anachrony ist in Phasen unterteilt, die simultan gespielt werden. Nur die Aktionsphase spielt man reihum bis alle gepasst haben. Dabei ist jede Spielphase wichtig und gut, denn alle Entscheidungen haben eine spielerische Relevanz.
Beispiel Exosuits: Wie viele Schutzanzüge lade ich auf? Diese Entscheidung beeinflusst meine Workeranzahl auf dem Planeten. Je mehr Exosuits ich einsetzte, desto mehr Energie muss ich abgeben. Je mehr Exosuits ich einsetze, desto weniger Wasser erhalte ich. Ach ja, ich brauche halt auch wache Arbeiter, die in die Exosuits einsteigen können. Und je nachdem, wo die Arbeiter eingesetzt waren, kommen sie nämlich müde zurück und müssen dann erst aufgeweckt werden. Entweder sanft unter Einsatz von Wasser oder unsanft ohne Wasser. Das eine gibt mir Siegpunkte, das andere kostet. Puh.
Von diesen relevanten Entscheidungen gibt es einige, sie alle aufzuzählen sprengt den Artikel und wäre auch vermessen. Anachrony bietet so viele Möglichkeiten und alle müssen wohl überlegt sein. Denn sie haben Auswirkungen auf euer Taktik und das Spiel gleichermaßen. Diese Entscheidungen spiegeln sich auch in dem Ausbau eurer Basis wieder. Hier gibt es vier unterschiedliche Gebäudetypen, die natürlich Vorteile bei der Wassergewinnung oder den Ressourcen oder bei den Zeitsprüngen ermöglichen.
Zeitsprünge?
Der thematischen Riss in der Zeit? Die Wurmlöcher? Der Impact? Habt ihr das vergessen? Nachdem ihr eure Exosuits geplant habt, dürft ihr euch mit Warp Plättchen Sachen aus der Zukunft liefern lassen. Was sich als netter Gimmick liest, ist ein Hammerelement im Spiel. Ihr könnt so in jeder Runde einen Vorschuss an den sehr begrenzten Ressourcen oder Arbeiter und anderes nettes Zeug erhalten. Aber: Dieser Vorschuss bringt euch vielleicht einen Paradox Marker ein, denn ihr habt ja die Zeit verändert. Habt ihr zu viele Paradox Marker, bekommt ihr ein fettes scheiß negatives Gebäude in eure Basis. Wollt ihr das Gebäude loswerden, müsst ihr den Abriss teuer bezahlen. Allerdings könnt ihr auch wieder in der Zeit zurückreisen, die geliehenen Dinge zurückbezahlen und so die Paradox Marker vermeiden und zusätzlich Siegpunkte generieren. Dazu müsst ihr aber erst entsprechende Gebäude errichtet haben, sonst wird es nichts mit dem Zeitsprung. Kapiert? Wenn nein, kein Problem, es zeigt letztendlich die sehr geilen Bedingungen in Anachrony.
Gebäude
In einem Ödland ist es wichtig, eine funktionierende Basis zu bauen. In Hinblick auf den Impact ist es sogar entscheidend. Der Impact im Spiel verändert alles. Nach dem Impact können alle Slots für Worker jetzt nur noch einmalig belegt werden und werden am Rundenende nicht refresht. Einmalig. Die Wichtigkeit nach dem Impact Startspieler zu sein muss ich nicht extra hervorheben, oder? Wurden alle Slots belegt, endet das Spiel nach der Runde, egal wie viele Runden noch offen sind. Umso entscheidender sind die eigenen Gebäude.
Denn hier könnt ihr eure Arbeiter einsetzen, denn diese Slots gehören nur euch. Dafür benötigen die Arbeiter auch keinen Exosuit. Logisch. Ihr habt ja eine eigene Basis und müsst nicht in das Ödland zur Hauptstadt. Das macht Gebäude interessant und wichtig. Auch vor dem Impact. Denn Gebäude liefern eben freie Spots und machen Aktionen mächtiger. Also beliebig Gebäude bauen? Nope. Anachrony gibt die Anzahl der Plätze vor, denn so eine Basis kann nicht einfach beliebig bebaut werden. Zudem sind Gebäude teuer und die entsprechenden Ressourcen müsst ihr erst mal haben. Aber ihr könnt sie euch ja aus der Zukunft liefern lassen. Ach ja, die Gebäude sollten schon zu eurer Strategie passen. Ein Heidenspaß.
Was habe ich vergessen?
Alles! Ihr habt ein Spielziel. Darauf spielt ihr hin. Es generiert euch mächtig Siegpunkte und wird durch eine Musst have Bedingung und eine erweiterte Bedingung abgerechnet. Dazu müsst ihr nach dem Impact diese Aktion beanspruchen. Auch hier ist wieder Timing gefragt. Dazu kommen in Erweiterungen diverse Extras und Module, die das Spiel mit der Zeit würzen. So kann als Beispiel der Impact nach vorne oder nach hinten bewegt werden. Die Slots für die Warp-Marker, die gleichzeitig auch die Runden anzeigen, haben A und B-Seiten. Die B-Seiten sind mit Extras gefüllt, die schöne und schlimme Dinge in Spielerreihenfolge auslösen. Da bis zu zwei Warp-Plättchen geheim ausgespielt werden, ist hier taktieren, Interaktion und umplanen angesagt. Auch die asymmetrischen Fraktionen haben eine A und eine B-Seite. Es wird mit End-of Game Wertungen gespielt und ein Draft System kann etabliert werden. Unfassbar gut.
Miniaturen gewünscht!
Mind Clash Games hat mich bei Trickerion bereits überzeugt, aber was hier abgeht, ist Workerplacement auf High End Niveau. Fantastisch. Leider haben wir nur die Basis Version gespielt und Marc wartet jetzt auf die Miniaturen. Das wird ein Fest. Denn der Arbeiter steigt dann in einen echten Exosuit und geht auf das Ödland. Herrlich. Thematisch. Ein kleines Manko stört mich allerdings. Die Farben der Fraktionen sind so wenig kontrastreich und heben sich kaum gegeneinander ab. Da hätte ich mir mehr als diese Pastelltöne gewünscht, vor allem weil es auch mal wichtig ist zu schauen, was der Gegner so macht. Die Miniaturen werden das Feeling wohl verbessern.
Fazit
Ich bin schockverliebt. Workerplacement ist mein Lieblings Genre und Anachrony ist für mich in die Top 10 und tief in mein Herz geschossen. Zur Sicherheit habe ich meine Top 10 Liste der besten Workerplacement Spiele rausgesucht, verglichen und eure Kommentare dazu durchgeschaut. In dieser Liste fehlt ja das neu erschienene Hybris: Disorderd Cosmos. Was macht Anchrony so gut? Anachrony verwebt das Thema und die Spielmechaniken auf einem unfassbaren Level. Da macht einfach alles Sinn. Zudem mag ich das zweigeteilte Spiel, was Mindclash schon bei Perserverance eingebaut hat. Dazu die einzelnen Spielphasen, die jeder Partie eine saubere Struktur geben und so ein zügiges Spielen ermöglichen. Unterstützt wird das Ganze durch eine eindeutige helfende Grafik.
Die unterschiedlichen Fraktionen, die hohe Variabilität der einzelnen Spielelemente und die zubuchbaren Module erzeugen immer neue Spielerlebnise. Klar, eine Fraktion will so gespielt werden, wie sie angelegt ist. Aber Monotonie kommt nicht auf, dazu sind die Aktionen und Entscheidungen alle spielentscheidend und laden zum Grübeln, Planen und Vorausdenken ein, ohne auch nur den Ansatz von Downtime oder AP zu generieren. Eine Spielzeit von 90-120 Minuten bei vier Spielern ist für dieses Schwergewicht einfach nur geil. Vor allem weil es sich null so anfühlt. Dieses Spiel spiele ich jederzeit mit und jeder, der Workerplacement liebt, muss dieses Spiel gespielt haben.
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5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
liest sich megaspannend…aber ich glaube das würde mich trotz deiner Argumente überfordern 😄
Aber das Thema gefällt mir sooo gut. Es landet mal auf der Wunschliste
Denny,
vertrau mir…
Hast du Zurück in die Zukunft gesehen? Wenn ja, reicht das schon als Voraussetzung aus…
Ich kenne deine Kommentare zu Spielen und ich denke es wird dir gefallen….
Ja, es hört sich wie ein typisches MindClash Game an und deswegen spiele ich diese Dinge ja so gerne. Aber so „Tricky“ ist es auch nicht. Vielleicht solltest du es mal Probe spielen? Kennst du jemanden, der jemand kennt der es hat? Das wäre ein erster Schritt.
Liest sich auf jeden Fall sehr interessant. Bisher bin ich bei Mindclash Games „nur“ um Perseverance herumgeschlichen. Das sah mit den Miniaturen in Essen einfach zu geil aus. Gekauft habe ich es damals aber nicht. Von den Rezensionen her war es anscheinend nicht der Oberknaller. Dann hat mir nen Freund von Trickerion vorgeschwärmt und sich jetzt Anachrony gekauft. Tja und ich habe hier seit nem Monat ne Galactische Box von Voidfall rumstehen. Dieses Jahr in Essen war es um mich geschehen. Es war zwar dort ausverkauft, aber anschließend konnte ich auf dem Sekundärmarkt noch eine mit den Enamel Painted Metal Structures im Tausch gegen meine Erstgeborene ergattern. Was tut man nicht alles für Bling Bling. Ich bin echt mal gespannt darauf. Macht Ihr dazu eigentlich auch noch ne Rezension? Das habt Ihr doch garantiert auf dem Schirm. Ich weiß das. Ich spüre das doch! 🙂
Hallo Gordon,
Trickerion ist für mich das beste Spiel von Mindclash Games. Es hat ein frisches Thema, ist verzwickt genug, ohne das es überladend wirkt und du hast eine große spielerische Freiheit mit der richtigen Portion Interaktion. Zu Trickerion will ich unbedingt noch eine Rezension schreiben, zumal bei der Spieleschmiede ja wieder eine Kampagne zu dem Spiel anläuft. Es ist eigentlich eines meiner Lieblingsspiele.
Perseverance ist nicht ganz so komplex, holt mich aber thematisch ab und es ist sehr interaktiv. Ich mag auch vor allem die Episodenform. Darum bin ich bei Episode 3 & 4 auch wieder dabei. Die Kritik von manchen, dass das Thema nicht zieht bzw. unlogisch ist, teile ich nicht. Der Kampf um den Aufbau einer Gesellschaft und wie das passiert, inkl. der Sabotage anderer, taugt mir. Ich finde es zudem großartig, wie sich das Spiel über die Episode hinweg entwickelt. Es ist aber im Gegensatz zu allen anderen Titel viel weniger komplex und „mindclashig“.
Voidfall wird hier wohl erst einmal keine Rezension bekommen, zumindest nicht von mir. Nichts was ich von dem Spiel lese holt mich mehr ab, obwohl ich es sogar vor einigen Jahren hier angepriesen habe. Es ist mir viel zu interaktionslos, es ist zu keiner Zeit echtes 4X, kein Eclipse als Heavy-Euro, sondern eine kleinteilige, völlig überfrachtete Optimieraufgabe, die optisch sich ein Sci-Fi-Gewand anzieht. Wenn ich überall lese, dass das Tutorial über 3 Stunden dauert, die grundlegende Mechanik nur einführt und man einige Partien spielen muss, bis man überhaupt so richtig drin ist – sorry, da spiele ich als Heavy EUro lieber Wasserkraft, On Mars oder ein echtes 4X wie Eclipse (oder Star Trek Ascandancy oder Twilight Imperium).
Cerebria ist cool, aber sehr sehr verkopft. Da muss man drei weitere Personen haben, die sich auf ein paar Lernpartien einlassen. Dann zieht das Thema und wohl auch die Mechanik. Ich bin in diesen Status nicht reingekommen, leider. Ich hätte Lust drauf gehabt. Es ist auf jeden Fall ein Brainburner mit extrem frischem Thema.
Anachrony als letzten Titel finde ich auch gut, aber nicht so ganz so gut wie Markus. Ich finde die Zeitreisemechanik grandios, die Mechanik des doppelten Worker ist auch geil und es ist anfänglich auch ein schöner Brainburner (vielleicht auch, weil es etwas kleinteilig beim Lernen ist). Lade mich ein und ich spiele es mit! Was ich an dem Spiel kritisiere, ist seine vorgegebene Struktur. Die Fraktionen haben eine starke Tendenz, die du bespielen musst, um zu gewinnen. Ich favorisiere da Spiele, die Asymmetrie so zelebrieren, dass du im Spiel trotzdem verschiedene Strategien fahren kannst. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich nur das Grundspiel kenne und „unsere Bubble“ ja die Erweiterung total abfeiert. Die muss ich noch nachholen.
Verspielte Grüße
Christian
Gordon mein Freund,
das Gute an Erstgeborenen ist, wenn man sie ständig eintauscht, hat man eine unerschöpfliche Quelle an Erstgeborenen. Und ich halte es da mit Dschinhis Khan…er zeugte sieben Kinder in einer Nacht…
Aber Spaß bei Seite:
Ich mag die Spiele von Mindclash…zumindest die, die ich spielen konnte. Trickerion und Anachrony...
Perserverance wartet noch auf die Erstpartie, aber aktuell ist hier wieder der Wahnsinn los…
Voidfall…da hat mich Christian mit seiner Einschätzung echt abgetörnt…Vor der SPIEL war es bei mir ganz hoch im Kurs, ist aber immer weiter nach unten durchgerutscht. Jetzt bin ich sehr skeptisch. In unserer Spielerunde ist es allerdings vorhanden. Ich bin mal gespannt ob und wann es auf den Tisch kommt. Was hast du zu berichten?