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Ich lasse gleich mal die Spielsteine aus dem Würfelturm purzeln, ich habe weder Wallenstein noch Shogun gespielt – habe also keinen Vergleich zu den Vorgängern. Bei Immortals, dem dritten Spiel mit besagten Würfelturm, wollte ich nun aber dabei sein. Ebenso gereizt hat mich das Thema mit dem Kampf zwischen Völkern des Lichts und der Dunkelheit und ihrem immerwährenden Kreislauf. Denn wer Truppen auf der einen Seite verliert, bekommt sie auf der Gespiegelten als Nachschub wieder. Dazu eine opulente Aufmachung – was soll da schon schiefgehen?

Kurzcheck: Darum geht es in Immortals

Die Startaufstellung ist abgeschlossen! Man sieht, Immortals ist ein dicker Brocken.

Jeder Spieler hat zwei Völker, eines für die Lichtseite und eines für die dunkle Seite. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Gebiete zu halten und in diesen Hauptstädte und Tempel zu bauen. Je größer und zusammenhängender die Gebiete, um so mehr Punkte pro Runde erhält man. Gespielt wird je nach Spieleranzahl zwischen vier und fünf Runden. Dabei bestimmt man durch seine Handkarten und dem Spielertableau, welches sich aus den beiden zufällig gezogenen Völkern zusammensetzt, seine Aktionen. Man baut Gebäude, man sammelt Ressourcen, hebt neue Truppen aus und kämpft vor allem stetig und oft. Ja, Immortals ist ein absolutes Eroberungs- und Kampfspiel, viel mehr noch als seine beiden Vorgänger. Statt Würfel oder Kampfkarten bestimmen die eingesetzten Armeen und der Würfelturm den Ausgang des Kampfes. Das funktioniert mechanisch alles tadellos, wäre da nicht die giftige Komponente, die am Ende das Licht und den Schatten übertrumpft.

Das Spielertableau für den Spielaufbau. Unterscheidungen findet man in der Zusammenstellung der Armeen und den Startressourcen.

Interaktiver Spielaufbau

Bevor die giftige Komponente ins Spiel kommt, sitzen aber erstmal alle Spieler putzmunter und motiviert am Tisch. Denn vor dem eigentlichen Start zelebriert Immortals den Spielaufbau wohl wie kein anderes Spiel. Erst werden die beiden Völker (Licht und Schatten) gezogen, entsprechend bekommt man seine Ressourcen (Energie und Gold). Danach werden die Armeen zusammengestellt. Die Waldelfen haben z.B. dreimal drei Armeen (Spielsteine) und einmal vier Armeen, die Amazon haben einmal 10 Armeen und dreimal zwei Armeen. Alles fertig vorbereitet? Gut, ich warte noch. Jetzt aber…

Die Länderkarten für beide Seiten und ihre Ressourcenboni wenn sie auf dem Tableau richtig ausgespielt werden.

Nun geht es an die Verteilung der Armeen vom Tableau auf die Länder der Schatten- und Lichtwelt. Vereinfacht ausgedrückt gibt es in Immortals pro Land eine Karte. Jeder Spieler erhält fünf Karten, wählt eine Karte aus, platziert darauf eine seiner Armeegruppen und behält die Karte für sein späteres Kartendeck. Dann gibt man die Handkarten weiter, zieht auf fünf auf und verteilt weiter seine Armeen. Bei 50 Ländern dauert das entsprechend lange! Dafür hat man eine sehr individuelle Startaufstellung, die strategisch fordert. Schließlich hat man die Wahl, wo man wie stark vor Ort ist oder welche Region man vielleicht hier schon aufgibt. Mir macht das Spaß – nur bevor das eigentliche Spiel überhaupt losgeht, kann hier eine halbe Stunde oder mehr ins Land ziehen.

Spannender Auftakt

Die Völker sind klassischer Natur aber zahlreich.

In der ersten Runde ist man mit Feuereifer dabei. Das liegt an der guten Mischung aus Kartenmanagement, taktischen Risiko und einer guten Prise Smallworld. Durch den Spielaufbau habe ich ein Kartendeck auf der Hand, das sich aus meinen Gebieten und ein paar Blankokarten zum Bluffen ergibt. Auf meinem Tableau befinden sich insgesamt zehn Aktionen. Jeder Spieler legt nun verdeckt Karten auf sein Tableau. Die ausgespielte Karte bestimmt, wo die Aktion ausgeführt wird. Da jede Karte nur einmal im Spiel ist, unterschiedliche Belohnungen in Form von Gold oder Energie verspricht und die Truppen in den Gebieten ungleich verteilt sind, muss man schon gut überlegen, welche Karte man wohin spielt.

Nach der Planungsphase geht es direkt weiter mit den Aktionen. Beginnend mit dem Startspieler deckt jeder Spieler nacheinander eine Karte auf und führt die Aktion aus. Hier ist die Frage was mache ich zuerst? Angreifen um gegnerische Truppen zu dezimieren? In sicheren Gebiete Städte und Tempel für Siegpunkte errichten? Oder ein Portal erschaffen, um die Truppen auf die gespiegelte Seite zu schicken? Vielleicht aber erst Gold und Energie sichern, denn das braucht man zur Aushebung von neuen Truppen. Wichtig ist das die Aktion und das Land dazu passend muss. Das fiese ist, erobert ein Spieler ein Gebiet, erhält er sofort entsprechend die Karte des Landes. Liegt diese auf dem Tableau eines Spielers, hat man ihm die Aktion zunichtegemacht. Das kann die Planung ordentlich durcheinander wirbeln.

All diese Überlegungen sorgen dafür, dass man schon in der Planungsphase ins Grübeln kommt. Denn spontan reagieren hat Hausverbot. Jeder muss seine komplette Runde in der Theorie durchplanen. Das nimmt Zeit in Anspruch. Und wer sich schlecht etwas merken kann, wird wohl öfters in der Planungsphase immer wieder unter seine schon gespielten Karten auf dem Tableau gucken, sie liegen halt verdeckt. Das kostet noch mehr Zeit. Hier können Spieler das erste Mal dann ungeduldig werden.

Nach der ersten Aktionsrunde könnte ein Spielertableau so aussehen. Der Spieler hat sich hier Energie erkauft.

Die Spielzeit ist giftig

Und das ist am Ende das Grundproblem von Immortals. Langer taktischer Spielaufbau mit Draften, dann jeweils vier bis fünf Runden mit viel Planungsarbeit. Das ist zwar irgendwie auch immer ein Stück weit spannend, aber die Zeit, in der jeder für sich seine Züge plant, ist enorm. Wer einen Grübler am Tisch hat, der jede Konstellation der anderen Mitspieler mit einbezieht, der braucht Koffeintabletten und einen Sixer Energiedrinks.

Vor allem wird diese Zeit in der Aktionsphase nicht belohnt! Die Kämpfe, zu denen ich gleich noch komme, machen definitiv Spaß. Auch der begrenzte Vorrat an Truppen sorgt dafür, dass man nicht durch die Länder pflügen kann. Wer Smallworld kennt, weiß, dass irgendwann die Eroberung stagniert. Das macht das Erobern anspruchsvoll, weil man versuchen sollte, möglichst komplette Regionen einzunehmen, denn das erhöht die Siegpunkte. Also stumpf einfach alles mit Truppen erschlagen ist nicht!

Das Ende einer Partie. Rot und lila haben die Punkteleiste umrundet. Ansonsten sieht man am Vergleich zum ersten Bild was hier passiert ist. Oder eben auch nicht.

Weiter ist es äußerst interessant, dass Armeen, die auf der einen Seite vernichtet werden (Licht/Schatten), auf dem Spielertableau auf der gegensätzlichen Seite als Nachschub ankommen. Der Krieg in Immortals ist eben ein ewiger Kreislauf. Wer einen Gegner aus allen Ländern der Lichtwelt vertreibt, darf sich nicht wundern, wenn er im Schattenland überrannt wird. Nur viel mehr ist da nicht in Immortals! Die Armeen schwappen hin- und her, man zählt am Ende der Runde seine Siegpunkte, um dann wieder in der Planungsphase zu versacken. Gefühlt ist Immortals mindestens ein oder zwei Runden zu lang. Es fehlt einfach größerer Tiefgang beim Bau der Gebäude oder vielleicht eine spannende Entwicklung der Völker. Wer eine Runde Immortals gespielt hat, kennt alle Runden: stetiges Kämpfen und Planen.

Würfelturm ersetzt Würfel

Er sieht vielleicht nicht spektakulär aus, bringt aber Spielspaß auf den Tisch.

Die Kämpfe in Immortals sind schnell erklärt, aber deswegen nicht weniger spaßig. Statt zu Würfeln oder Karten zu spielen schmeißt man alle beteiligten Armeen in den Würfelturm. Das, was unten herausfällt, wird gegengerechnet und die Überzahl gewinnt und überlebt. Dabei ist der Würfelturm so konzipiert, dass durch Verstrebungen im Inneren eben nie alle Armeen herauspurzeln. Der feste Ausgang durch Mengenverhältnisse wird hier mit Glück bestrichen. Schön ist, dass die einheimische Bevölkerung in Form von grünen Spielsteinen im Kampf mitmischt. Je nach gespielter Karte des Angreifers kämpfen diese gegen oder für den Verteidiger. Wer die Vorgänger von Immortals nicht kennt, wird hier seinen Spaß mit haben.

Fazit

Die Idee hinter Immortals weiß erstmal zu begeistern! Mit dem gespiegelten Brett aus Ländern des Schattens und Lichts, dem wirklich interaktiven Spielaufbau inklusive modularer Völkern und, wer ihn nicht kennt, dem innovativen Würfelturm, bestätigt Immortals diese Begeisterung auch am Anfang in der Praxis. Die Planungsphase wirft spannende Entscheidungen auf, denn Aktionen hängen direkt mit meinen Karten und Ressourcen ab. Ein Hauch von Pokern liegt in der Luft, wenn man versucht den Gegner zu lesen, selber zu bluffen und Aktionen abzuwägen. Stumpf alles angreifen funktioniert durch begrenzte Truppen, dem Licht-Schatten-Mechanismus und der Siegpunktevergabe über Gebietskontrolle auch nicht. Die ersten Runden rocken, doch nach hinten raus geht Immortals gewaltig die Luft aus. Zu viel Planung bei zu wenig Auswirkung und spielerischem Fortschritt. Die erste Runde gleicht der letzten! Man vermisst größeren Einfluss der Gebäude, auch wenn die Portale taktisch sind, oder den Ausbau der eigenen Völker. Immortals macht am Ende aggressiven Spielernaturen sicher Spaß, aber nicht 3 bisweilen 5 Stunden, verursacht durch Erstspieler, Grübler oder bei Vollbesetzung.

Immortals
Spielinformationen
Genre: Area-Control | Spieler: 3 - 5 | Alter: ab 14 Jahren | Dauer: 120 - 150 Minuten | Autor: Mike Elliott, Dirk Henn, Ethan Pasternack | Illustration: Martin Hoffmann, Anna Kersten, Claus Stephan
SPIELSPASS
6
AUSSTATTUNG
7.5
SPIELIDEE
7
Positive Aspekte
Interaktiver Spielaufbau
Kämpfe mit dem Würfelturm machen Spaß
Licht/Schattenmechanik frisch
Negative Aspekte
Es fehlen Spielhilfen (Ablauf, Siegpunkte)
Spielzeit ist für das was Immortals bietet zu lange
6
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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