Kurzcheck: Darum geht es in Yggdrasil Chronicles
In Yggdrasil Chronicles dreht sich erstmal alles um den Spielaufbau. So ein 3D-Baum baut sich nicht von alleine, dazu die unzähligen Holzmeeple, Karten, Würfel und Marker platzieren, man kann schon wahnsinnig in das Spiel startet, dafür braucht man keinen Loki. Allerdings wird der Prozess mit etwas Übung enorm beschleunigt und es ist dafür wohl auch eines der imposantesten Brettspiele. Also nimm es hin wie ein Brettspiel-Gott!
Yggdrasil Chronicles bietet ein normales Spiel in zwei Schwierigkeitsgraden und eine Kampagne über sechs groß aufgezogene Partien. Jede Person übernimmt dabei die Rolle einer Figur aus der nordischen Mythologie, mit einzigartigen Sonderfähigkeiten. Ziel des Spiels ist es gemeinsam das Missionsziel zu erreichen ohne das der Baum abfackelt, Jörmungandr Midgard vernichtet und Hel oder Surt die oberste Ebene des Baumes stürmen. Sterben darf natürlich auch keiner! Du merkst, hier musst du mit vielen fiesen Umständen jonglieren.
Einfache Grundmechanik
Der Clou an Yggdrasil Chronicles ist seine wirklich simple Grundmechanik. Jede Gottheit (ergo Spieler) hat ein persönliches Deck mit einer Karte pro Bösewicht, welches verdeckt vor einem liegt. Jede Runde spielt man nun ebenfalls verdeckt die oberste Karte in die Tischmitte aus. Man weiß also nicht was für eine Karte! Die Spieler dürfen dabei allerdings die Reihenfolge bestimmen. Dann wird die oberste Karte aufgedeckt und der Besitzer der Karte darf seinen Zug ausführen. Das ist immer eine Bewegung und danach eine Aktion entsprechend seiner Position auf dem Weltenbaum. Danach ist die nächste Person am Zug. Die aufgedeckten Karten bleiben in einem Rondell liegen. Falls beim Aufdecken einer der bösen Götter schon im Rondell liegt, wird dieser noch vor dem Spieler aktiviert. Danach wandern beide Karten wieder in ihre ursprünglichen Decks. Mega simpel, aber Yggdrasil Chronicles ist alles andere als einfach!
Die totale Eskalation
Der Schlachtplan ist oft klar! Die Bösewichte agieren, werden stärker und man muss versuchen sie zur richtigen Zeit zur Strecke zu bringen, damit sie in ihren Ursprungszustand zurückgesetzt werden. Am Anfang nicht weiter wild und man lässt sich Zeit! Wenn z.B. das erste Mal Hel aufgedeckt wird, dann wandert sie von der Wurzel des Baumes eine Etage nach oben. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies direkt noch einmal tut, ist gering. Die Karten sind ja erstmal weg oder zumindest ein Teil. Also ignoriert man die Gefahr und versucht sich in der Zeit zu verbessern. Man sammelt mehr Kampf-Würfel, heuert Alben an, die bei Würfelproben helfen oder läuft zum Beispiel zur Zwergenschmiede für mächtige Gegenstände. Nebenbei versucht man das Missionsziel zu meistern. Thematisch ist dabei die Mythologie extrem gut umgesetzt!
Zu beachten ist, dass die Aktionen in den Regionen des Weltenbaumes unterschiedlich stark sind, je nachdem wie viele gute oder böse Götter sich dort befinden. Es ergibt also Sinn zusammenzubleiben. Das macht Aktionen effektiver! Diese Taktik birgt nur ein Risiko, wer zusammenbleibt, macht das Spiel langsam. Das wiederum sorgt dafür, das viel zu früh Hel wieder aktiviert! Plötzlich steht sie an der Spitze des Baumes und bei der nächsten Aktivierung würde sie das Spiel beenden. Panisch muss man sich nun Hel annehmen. Hofft das ihr nicht zu weit wegsteht und weitere Runden verliert. Während ihr Hel jagt, ist Surt plötzlich zweimal gelaufen, auch er kann gleich das Spiel beenden. Verdammt! Leider steht er bei Loki, zwei der bösen Götter auf einem Feld? Bitte Baum anzünden! Jetzt kann diese Aktion nicht mehr benutzt werden. Adieu Zwergenschmiede! Gemein, für jede brennende Fläche des Baumes wird Fenrir stärker, der wartet oben schon in Asgard. Leute, stop! Wir brauchen einen neuen Schlachtplan.
Daumenschrauben vs Kommunikation
Die bösen Götter zerstören nicht nur den Weltenbaum und damit die Aktionen, sie beeinflussen sich auch untereinander! Werden Loki, Hel & Co aktiviert, bewegen sie sich nicht nur, sondern verursachen Schaden bei euch, sorgen dafür das sich der Mittelteil des Baumes dreht, was das Erreichen der Baumbereich verändert oder sie stärken direkt einen feindlichen Gott. Wenn z.B. Jörmungandr in Midgard wütet, dann kommt er der Vernichtung des Weltenbaums nicht nur ein Stück näher, sondern er schickt auch Namenlose in die Unterwelt zu Hel. Jeder Namenlose erhöht dann die Kampfstärke von Hel. Die Eisriesen, die Aktionen blockieren oder feindliche Götter beschützen, schickt hingegen Loki ins Rennen. Die Verzahnung ist enorm und so ist es oft gar nicht einfach als Gruppe zu entscheiden, wer wo das Feuer löscht. Und wer nur Feuerwehrmann spielt, der kommt dem Missionsziel keinen Schritt näher. Ein herrliches Dilemma!
Kooperative Spiele brauchen einen gewissen Schwierigkeitsgrad um zu fesseln und Diskussionen anzuregen, das schafft Yggdrasil Chronicles mit Leichtigkeit! Keinen Zug macht man hier mal eben so, denn von Beginn an macht das Spiel ungeheuren Druck. Falls dem mal nicht so sein sollte, lehne dich nicht zurück, es ist nur ein Luftholen vor dem Sturm! So muss man als Gruppe viele Entscheidungen fällen und seine Fähigkeiten geschickt einsetzen. In der Kampagne kommt durch ein motivierendes Erfahrungssystem weitere Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung des Charakters dazu. Allgemein ist die Kampagne das Sahnestück des Spiels, bei dem man wirklich interessante Partien mit wechselnden und überraschenden Zielen spielt. Da passt die Dynamik wie auch die mythologische Einbettung!
Die Bestätigung der Zweifler
Ihr merkt, Yggdrasil Chronicles kann richtig Spaß machen, wenn man gerne gemeinsam in Zwickmühlen steckt. Allerdings wird die Vorahnung, das dieses Spiel Übersichtsprobleme hat, schnell in die Baumrinde geritzt. Je nachdem wie man sitzt und wie groß man ist, kann der allumfassende Überblick nicht gewährleistet sein. Als kleinere Person hat man die Baumkrone schlecht im Blick. Je nach Sitzposition kann es sein, das man die Stärke von Hel oder Surt nicht einsehen kann oder die ausliegenden Gegenstände in der Zwergenschmiede in einem toten Winkel liegen. Wer sich daran wie Fenrir an Tyrs Hand festbeißen möchte, schafft das locker und kann Yggdrasil Chronicles gleich in die Tonne kloppen. Positive Naturen erfreuen sich über erhöhte Kommunikation am Tisch und dem wirklich bombastischen Material! Aus meiner Sicht kann man Yggdrasil Chronicles übrigens schon mit spielerfahrenden Grundschülern angehen. Viel wichtiger ist die Personenanzahl. Es geht zwar allein oder zu zweit, dann aber nur über einen Dummy-Spieler. Find ich etwas unsexy.
Fazit
Yggdrasil Chronicles ist anfänglich unübersichtlich. Man muss sich an die Ikonographie gewöhnen, an den 3D-Baum, der jeden Spieltisch erstmal erschlägt und die vielen Verzahnungen bei den feindlichen Göttern überblicken. Das Regelheft ist als Nachschlagewerk in den ersten Partien dein bester Freund! Gut, das wenigstens der Rundenablauf sehr einfach gehalten ist. Die Kartenmechanik ist in einer Minute erklärt und sorgt für einen angenehmen Spielfluss ohne Downtime, erzeugt aber trotzdem genug Spannung. Davon mangelt es Yggdrasil Chronicles ohnehin nicht. Der Weltenbaum scheint eher ein dorniges Rosengewächs zu sein! Wer nicht gut zusammen spielt, wird von Loki, Surt und ihren weiteren Verbündeten richtig vermöbelt. Der Baum brennt oft lichterloh und wer nicht aufpasst, gerät schnell in eine herrliche Kaskade des Chaos. So rockt der kooperative Spaß, der in der Kampagne noch einmal erhöht wird. Das motivierende Hochleveln des eigenen Helden ist ebenso gelungen wie die sechs abwechslungsreichen Missionen des schicken Kampagnenbuchs. So ist Yggdrasil Chronicles nicht nur für Fans der nordischen Mythologie zu empfehlen, sondern auch für Freunde von herausfordernden Koop-Spaß!
Yggdrasil Chronicles
49,99 €Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber
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