Kurzcheck: Darum geht es in The Thing – Das Brettspiel
The Thing – Das Brettspiel ist seiner filmischen Vorlage sehr nah, was bei der Einleitung durchaus zu vermuten war. Es geht um den Kampf Mensch gegen Alien und seiner Virusausbreitung, aber auch darum, die Station überhaupt am Leben zu halten. Dabei ist das Ziel klar. Die Menschen wollen überleben, bis sie von der Station fliehen können. Das Alien, ein Meister der Nachahmung und Assimilation, als getarnter Mensch allerdings ebenfalls. Paranoia tanzt durchs Wohnzimmer! Wobei auch eine aggressive Vorgehensweise auf Seiten des Aliens möglich ist, bei der alle Menschen auf der Station getötet werden müssen. Wenn man als Gruppe darüber diskutiert, wie viele Kontakte man sich im Spiel erlauben kann, wie viele Tests man ranschafft und wer getestet wird, könnte The Thing glatt als Corona – Das Brettspiel durchgehen. Keine Frage, Filmliebhaber, aber auch alle anderen kommen hier thematisch voll auf ihre Kosten.
Mechanisch ist das Spiel ein Mix aus zufälligen Wetterereignissen per Würfel, einer offenen Aktionsabsprache und einer verdeckten Planungsphase mit Aktionskarten. Einmal begriffen ist The Thing ohne Downtime zu spielen und die Phasen sind schnell abgewickelt, von stetiger Interaktion und Kommunikation durchzogen. Wunderbar schlank und vom Anspruch eher ein Familien-/Party-Spiel. Allerdings ist die Ersterklärung und der Einstieg komplexer und dauert fast so lange wie die erste Partie. Alle Handlungsmöglichkeiten müssen verstanden werden, die Infektionsmechanik durchdrungen sein und alle am Tisch müssen wissen, wie das Alien zu spielen ist. Spätere Rückfragen sind suboptimal, weil sie zu viel verraten könnten. Ein übliches Problem von Social-Deduktion und Verräterspielen.
Mini-Ausflug
Mechanisch möchte ich mich knapp halten, aber es gibt einfach zwei sehr wichtige und ungewöhnliche Mechaniken, die erklärt werden müssen. Während der Aktionsphase bespricht man, wer was macht. Beginnend links vom Startspieler stellt man reihum seine Figur in einen Raum, allerdings führt man die Aktion nicht aus. Zeitgleich gibt man dem Startspieler verdeckt eine Aktionskarte. Jede Aktionskarte ist einer der drei Aktionen „Benutzen“, „Reparieren“ und „Sabotage“ zugeordnet. Ich kann großspurig argumentieren, die Funkstation reparieren zu wollen und spiele geheim eine Sabotage-Karte. Im zweiten Schritt mischt der Startspieler den Aktionsstapel aus abgegeben Karten und fügt vorher zufällig noch eine Karte hinzu. Nun erst werden nacheinander die Aktionskarten aufgedeckt und nach Gruppenwünschen den Charakteren zugeordnet. Heißt, mein Charakter kann durchaus eine Reparieren-Karte erhalten, aber meine Sabotagekarten wird schon sein Unheil woanders anrichten. Eine sehr clevere Mechanik!
Zweite coole Sache ist die Mechanik der Ansteckung. The Thing ist so aufgebaut, dass Aktionen mit mehr Charakteren stärker werden oder z.B. mögliche infizierte Hunde nur so weggesperrt werden können. Je nach Zustand der Basis ist Zusammenarbeit bitter nötig. Alle Spieler:innen haben drei Marker. Zwei jeweils auf der Rückseite mit menschlicher DNA, einen mit Alien-DNA. Treffen sich Charaktere, müssen die beteiligten Personen einen von zwei verdeckt ausgelegten Marker des anderen geheim anschauen. Menschen legen zwingend zwei Mensch-Marker aus. Alien Spieler können aber ihre Alien-DNA auslegen. Deckst du nun so einen Alien-Marker auf, bist du sofort ein Alien! Gleichzeitig bewegen beide Spieler:innen einen Verdachtsmarker auf einer Leiste nach vorne. Das hilft der Kontaktnachverfolgung. Wer am weitesten vorne ist, hatte eben viele Kontakte und ist womöglich eine Gefahr. Diese Charaktere werden bei Tests übrigens auch zuerst gewählt und müssen dann ihre Rolle offenlegen!
Wie geil ist das denn?
Wir sitzen mit 6 Personen am Tisch. Der Wetterwürfel wirft uns Eiseskälte in den Nacken. Im Generatorraum ist kein Treibstoff mehr. Mit ziemlicher Sicherheit fliegt uns der Generator nächste Runde um die Ohren. Heißt, absolute Dunkelheit und wir müssen unsere Aktionskarten zufällig ausspielen. Der Horror! Gleichzeitig taucht dort aber ein Hund auf. Wer nun alleine in den Raum geht, muss eine geheime Infektionsprobe machen. Eklig! Also zusammen da rein, dann kann man den Hund wegsperren. Zusammen bedeutet aber Gefahr der Ansteckung untereinander. Will man das? Verdammt wir müssen, denn das Licht geht aus. Allerdings braucht auch die Heizungsanlage neue Treibstofffässer, ansonsten erfrieren wir und die Menschen haben verloren. Wer kümmert sich ums Essen? Keine Mahlzeit zubereitet, verlieren wir viel mehr Nahrungsvorräte aus dem Lager durch Plünderung und unser Handkartenlimit sinkt. Wer checkt das Wetter in der Station für die nächste Runde und wer repariert die Funkanlage? Wir brauchen den S.O.S.-Heli für die Flucht, Waffen und Tests. Fragen, Fragen, Fragen und überall nur Probleme. Wir sind hier nicht Papst, sondern alle ein wenig Jens Spahn.
Jede Runde kann ein harter Kampf ums Überleben sein. Dazu immer das brennende Gefühl in der Hirnrinde, wer hier ein falsches Spiel spielt. Wie viele Menschen sind schon Aliens? Könnte sich bald einer dieser Spieler:innen enttarnen und dann als offenes Aliens durch die Station berserken? Noch mehr Schaden anrichten und allein rumstreuende Menschen verschlingen? Wir müssten dann noch enger zusammenrücken. Will man das mit einer Virusgefahr? Diese ganze Verzahnung ist genial. Die Spannung und der Spielspaß sind enorm und das bei einer Spielzeit von nur 60 bis 90 Minuten.
Steig ein mein Freund
Die Krönung folgt dann am Ende, falls die Menschen eine Fluchtmöglichkeit erspielt haben. Nach einem bestimmten Verfahren müssen die Teilnehmer:innen bestimmen, wer nun mit in den Helikopter darf. Da werden große Augen gemacht und der Dackelblick aufgesetzt. Plötzlich wild argumentiert, man habe schließlich immer fleißig gekocht! Die Stunde der Hafensänger und Fischmarktverkäuferinnen. Aber auch analytisches Denken wird gebraucht. Kontaktnachverfolgung ist hier ein passendes Schlagwort. Denn wenn die Menschen nur einen einzigen Menschen zurücklassen oder ein Alien einladen, haben sie verloren. Also Obacht, wer dir Honig ums Maul schmiert! Aliens können durchaus gewinnen, wenn sie perfekt als angeblicher Mensch mitspielen. Eher eine Besonderheit in dem Genre!
Vorsicht bei der Personenanzahl
Klingt alles geil und ist es auch. Nun gibt es leider ein mittelprächtiges Problem. Wer mit weniger als 6 Personen spielt, erlebt ein anderen Spiel. Die Ereignisse durchs Wetter skalieren mit der Anzahl an Spielenden. Mit weniger Leuten am Tisch geht die Station langsamer kaputt. Weniger kaputt bedeutet weniger Druck. Weniger Druck gleich weniger Zwang für Zusammenarbeit und daraus folgt weniger Kontakt. Eine Ansteckung als Alien verursachen? Bisweilen unmöglich!
Ebenso suboptimal sind manch Charakterrollen. Der Koch spart Nahrung, ist durchaus ein wichtiger Charakter. In der Küche arbeitet man aber allein. Als Alien und Koch musst du schon richtig hart argumentieren, warum du dich plötzlich zu anderen in den Generatorraum stellen willst. Eine unmögliche Aufgabe, wenn die Station wie ein Kätzchen schnurrt. Aus meiner Sicht funktioniert die versteckte und spannendere Strategie des Aliens bei fünf oder weniger Personen kaum. Hier muss man sich früher enttarnen und eher aggressiv die Station zerstören und Menschen jagen. Das kann durchaus spannend sein, verändert das Spielgefühl aber massiv!
Fazit
The Thing – Das Brettspiel begeistert durch seine tolle und einfache Mechanik. Thematisch ist der Kampf ums Überleben extrem dicht, materialtechnisch schick verpackt und spielerisch ist die Ansteckung eine wirklich spannende und frische Zwickmühle. Jede Zusammenarbeit, die das Überleben sichert, könnte auch dein persönlicher Verlust der Menschlichkeit sein. In kurzer Zeit katapultierte sich The Thing – Das Brettspiel bei Freunden und Familie gleichermaßen zum Dauerbrenner. Auch Personen, die mit Social-Deduction eher ihre Probleme haben, können hier einen Blick wagen. Es geht weniger um Table-Talk und lautstarke Anschuldigungen, sondern um aufmerksames Spielen. The Thing – Das Brettspiel hebt sich definitiv von seiner Konkurrenz ab, weil man als Verräter:in sehr viel einfacher den Deckmantel der guten Seite tragen kann. Allerdings kommen diese Stärken erst ab 6 Spielenden zum Tragen. Bei weniger Teilnehmer:innen verliert The Thing – Das Brettspiel diese Aspekte etwas und wer Spannung erleben möchte, muss als Alien aggressiv und eher offen agieren. Sonst wird es bei eingespielten Spieler:innen eine kooperative Schlaftablette. Wer aber in größerer Gruppe spielt, erlebt exzellente, kooperative Paranoia ohne Downtime!
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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich durfte in einer 6-Spieler-Runde mitspielen und war schwer begeistert. Keine Downtime, knackig kurze Spielzeit und die coolste Verräter-Mechanik die mir bislang untergekommen ist.
Hallo
1-8 Spieler ? anfangs bevor das Spiel rauskam stand da immer 4 oder 5 – 8 Spieler glaube ich.
Wie spielt man das Spiel denn alleine ? ist man da das Alien ? lol
gruss crizbee
Also 1 bis 8 ist richtig. In einer Gruppe 1 – 3 Personen gibt es Sonderregeln. Die wurden später implementiert.