Kurzcheck: Darum geht es in Very Bad Lands
Die Dinos sind ausgestorben. Schade, aber nach Very Bad Lands kann man nicht behaupten, sie hätten nicht alles gegeben. Du verkörperst hier nämlich einen coolen Dino mit einer Spezialfähigkeit und meistens drei Lebenspunkten. Hurra, Asymmetrie. In einer Spielrunde prasseln nun Untergangskarten auf dich ein. Naturkatastrophen eben. Kennt man mittlerweile auch in unseren Gefilden. Das Ziel: Ausweichen, Ausweichen, Ausweichen und somit dafür sorgen, dass am Ende aller gespielten Partien ein anderer Dino stirbt. Dann ist das Spiel nämlich vorbei und alle haben gewonnen, bis auf die Person, die den verstorbenen Dino verkörpert.
Wie läuft das jetzt ab? Easy. In der Mitte liegt ein Stapel mit genannten Untergangskarten, eine davon liegt offen aus und jede Person aka Dino hat verdeckt eine Karte vor sich ausliegen. Die darfst du dir sogar anschauen. Pro Partie bist du genau einmal dran. Das ist schon mal ’ne Ansage. Noch besser sind deine Entscheidungsmöglichkeiten: Du kannst deine ausgeteilte Karte behalten, du kannst deine Karte mit der offen ausliegenden tauschen oder mit der Person, die links von dir sitzt und nach dir dran wäre. Mit einer Ausnahme: Als letzte Person in der Reihenfolge darfst du nicht mit der Person links von dir tauschen, die war nämlich schon dran. Hier darfst du dann nur die oberste, verdeckte Karte vom Stapel nehmen. Danach decken alle ihre Karte gleichzeitig auf, handeln etwaige Sondereffekte ab und der Dino mit der niedrigsten Zahl verliert einen Lebenspunkt. Nächste Runde … und weiter geht es.
Echt jetzt …?
Ich dachte erst, cool, das ist wie Cabo mit Dinos. Nein. Nein. Nein. Das ist wie Mau Mau in stumpf. Geht das überhaupt? Während ich diese Zeilen schreibe, hoffe ich immer noch, ich hätte das Spiel missverstanden und ich bin hier der Depp. Bitte, das wäre wirklich wunderschön. Das Problem ist absolut schnell festgemacht. Ich weiß bis auf die eine offene Karte in der Tischmitte zu keiner Zeit, wer welche Karte hat. Und ich möchte keine niedrige Karte haben. Bin ich nun dran, schaue ich mir meine Karte an und muss nun entscheiden, ob die offene Karte in der Tischmitte besser ist. Verdammt, das ist ja gar keine Entscheidung im taktischen oder strategischen Sinne. Mein Fehler. Ich sehe das natürlich sofort. Zwei Zahlen vergleichen, das bekomme ich hin. Ich kann jetzt natürlich auch meine Karte gegen die von meiner Frau tauschen, weil sie links von mir sitzt. Ich kenne ihre Karte aber nicht. Verdammt, das ist ja wieder keine Entscheidung, sondern einfach nur Glück. Meine Frau kann auch nicht gegen mich kontern. Wenn sie dran ist, kann sie ja nur die Karte von Bernd dem Dosenbrot nehmen, der sitzt links von ihr und ist schlauer als jeder Dino am Tisch. Ich frage mich, ob wir einfach einen Würfel herausholen und damit „entscheiden“, wer gewinnt. Dann kann ich mir meine schwarzen und anthrazitfarbene Socken wieder anschauen gehen.
Ja, aber …
War das gehässig? Nein. Ich saß einfach nur ungläubig am Tisch. Und ja, es gehört natürlich noch etwas zur spielerischen Wahrheit dazu. Durch Sondereffekte auf den Untergangskarten und durch die Fähigkeiten der Dinos kann das Spiel durcheinander gewirbelt werden. Der grundlegende Gedanke dahinter ist super! Der Meteorit mit der Wertigkeit von 1 als Endboss des Untergangs, wird beispielsweise zu einer 12, wenn die Nacht mit Wertigkeit 11 aufgedeckt wird. Plötzlich hat man mit der 1 gar nicht verloren. Irre! Da bricht der Spielspaß durch die Decke, so sexy wie Backenzähne bei Genuss von harten Nüssen brechen. Wenn ich mit der 2 nicht verliere, weil jemand die 1 hat und die 11 wurde nicht aufgedeckt, heile ich Lebenspunkte. Ganz ohne Sarkasmus, die elf Untergangskarten haben fast alle eigentlich witzige Effekte. Die Dinos sind teilweise noch lustiger. Der Oviraptor darf Karten mit einer Person tauschen, die sich dafür entschieden hat, ihre Karte zu behalten. Oder ich darf als Stegosaurus mir eine Karte von einer Person anschauen, die ihren Zug schon beendet hat. Ihr merkt, die Kniffe der zwölf Saurier sorgen für Interaktion. Und sie brechen das starre Korsett auf.
Nein, doch nicht …
Zunächst sind leider nicht alle Dinos so interaktiv, entsprechend gibt es aus einer zufälligen Auswahl schon per se langweiligere Partien. Aber selbst wenn ich die aus meiner Sicht witzigsten Dinos verteile und beim Aufdecken am Ende einer Runde, manchmal auch während einer Runde durch Dino-Fähigkeiten, etwas Chaos am Tisch herrscht, vielleicht sogar kurzes Gelächter entsteht, bleibt das Grundproblem. Die Informationslage ist zu gering, die Entscheidungen, die getroffen werden können, sind entweder banal, weil offensichtlich oder sie basieren rein auf Glück. Ja, am Ende einer Runde wabert manchmal schadenfreudiges Gegacker über den Tisch, aber der Grund dafür sind selten bewusste Aktionen, basierend auf Antizipation oder Bluffen, sondern einfach nur reiner Zufall. Es wurde auch nicht besser mit mehr Mitspielenden.
Fazit
Very Bad Lands funktioniert. Es sieht süß aus. Das Thema ist witzig. Punkt. Mehr Positives kann ich nicht berichten, was tragisch ist. Die Idee hinter den Spezialaktionen von Dinos und den Untergangskarten, kombiniert mit den Spielprinzipien eines Cabo, hätte ein absoluter Knaller sein können. Das Problem: Eine Spielrunde mit nur einer Aktion und einer beschränkenden Regel, mit wem ich überhaupt interagieren darf, bei extrem geringer Informationslage, tilgt die Spannung, die Entscheidungsfreiheit, ja irgendwie alles, was Spielreiz ausmacht. Der böse Weltuntergangsmeteorit zerstört nicht Dino-Lebenspunkte, sondern den Spielspaß. Es taugt vielleicht für zwei Runden mit der Familie, aber selbst hier gibt es in Sachen erlebtes Chaos, Spannung und Interaktion so viel Besseres. Es tut mir leid, aber wenn Dinos zu mehr nicht in der Lage sind, dann verwundert es mich nicht, dass sie ausgestorben sind.
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Puh ich hab angefangen zu lesen und dachte: wenn er das Spiel jetzt hyped, dann lese ich hier nie wieder was.
Aber nein, genau unser Essen 2024 Eindruck. Auch wir dachten: haben wir das falsch gespielt? Nachgeschaut, leider nein.
Süßes Design reicht eben nicht. Oder doch? Immerhin ist es ja veröffentlicht worden.
Aber dann immer lieber „Panda Panda“!
Hahaha. Das Hypen … sehr schwierig. Die Idee und das Cover finde ich immer noch großartig. Aber ich bin echt fassungslos, was daraus dann gemacht wurde. Etwas mehr luschern, etwas mehr Runden und ich glaube, gerade mit den Fähigkeiten der Dinos und den Karteneffekten, es wäre ein tolles Spiel. Es ist alles da. Und dann sagt man, eine Aktion, eine Runde und du darfst nur ungesehen mit „Links“ tauschen. Das ist so dumm! Ich ärgere mich richtig darüber. Mit den Kindern war es noch 2 Runden lustig, aber das wars dann auch. Mega schade!