Lesezeit: 6 Minuten
Space Kraken
Ich hatte die Chance, in den letzten Wochen wirklich intensiv in die Welt von Space Kraken abzutauchen, denn mich erreichte ein ziemlich ausgereifter Prototyp. Heute beginnt nun die Woche der Wahrheit, startet doch heute der Kickstarter! Mich hat das Spiel stellenweise richtig fasziniert, lies aber auch meinen Kopf rauchen. Es wühlte in mir Liebe für etwas hoch, was ich eigentlich bei Brettspielen meide. Es kitzelte am Ende meine Trekkie-Seele ohne das Star Trek in dem Spiel steckt, dafür ist die Story dann doch wohl viel zu abgedreht. Wobei, wie kann ich das überhaupt beurteilen, bei einem Prototyp, der schon zig Stunden verschlingt, aber nur einen Bruchteil des fertigen Spiels zeigt? Fangen wir einfach mal damit an, was Space Kraken eigentlich ist.

Kurzcheck: Darum geht es in Space Kraken

Space Kraken ist in seiner DNA ein Solo-Spiel. Es kann aber auch mit mehr als einer Person gespielt werden. Space Kraken ist dabei ein Dungeon Crawler. Ne, eigentlich ist es eher ein Rollenspiel. Vielleicht auch ein Action-Adventure? Sicher ist, es bedient sich der Science-Fiction. Es ist eigentlich auch kein klassisches Brettspiel, denn es gibt weder ein Brett, noch Karten oder irgendwelche Meeple. Es ist alles in einem Buch untergebracht. Also ein klassisches Abenteuerbuch aus den 80ern für Solisten? Falsch, das ist es überhaupt nicht. Dafür hat es viel zu viele Mechaniken und erzählt in der Masse an Text zu wenig Story. Außerdem ist das Buch kein generisches, sondern es bietet unzählige innovative Falt- und Klapptechniken. Habe ich euch genug verwirrt? Das war nicht meine Intention! Es ist nur eben das, was Space Kraken ist. Es ist ein einzigartiger wilder wie innovativer Mix, der so frisch ist, dass der Verlag des Spiels Toppits® heißen müsste. Nein, ich habe keinen Werbedeal.

Space Kraken
Guter Sound im Ohr und einfach abtauchen!

Was ist es jetzt wirklich?

Das Buch schickt dich auf eine Reise, weit weg von der verseuchten Erde, aus deren radioaktiven Dünsten ein mutierter Space-Riesenkrake geflüchtet ist, der im Weltraum ebenfalls seine Spuren hinterlassen hat. Absolute Standardkost – nicht. Wie in einem Rollenspiel erstellst du dir erst einmal eine Crew. Du wählst verschieden starke Attribute, Ausrüstungen und Stärken sowie Schwächen. Dazu suchst du dir noch ein Raumschiff aus und investierst deine ersten Credits. Medikammer fürs Schiff? Besseres Gewehr? Deine Crew, deine Geschichte!

Sieht unsexy aus, ist aber das coole Herz von Space Kraken!

Richtig cool!

Der springende Punkt ist nun das CGM (Crypted Game Master) und der Location Generator. Beide Mechaniken besitzen den optischen Charme einer Excel-Tabelle, sind inhaltlich aber ein so starker Zusammenschluss wie rote Grütze und Tiramisu. Falls euch das zu pervers klingt, habt ihr keinen Geschmack. Das CGM erstellt durch Codes, euren Entscheidungen aus unzähligen Events und vier selbst gewählten Ausgangspunkten beim Start eine Geschichte über unzählige Etappen! Du weißt nie, was dich erwartet. Ein Händler? Piratenangriffe? Anomalien? Erste Hinweise auf den Space Kraken? Oder vielleicht ein neuer unbekannter Planet?

Da wären wir beim zweiten Punkt. Der Location Generator erstellt anhand von Würfelwürfen und aktuellen Umständen mit Hilfe von Tabellen Planeten. Landest du dort, erlebst du wiederum anhand der zufälligen Attribute des Planeten vom Autor erstellte Orte. Du triffst vielleicht Händler in einer Raumstation oder landest in lebensfeindlicher Umgebung? Beamst dich in ein Dungeon unter der Erde, wandelst über den Planeten zu Fuß oder erkundest alte Mining-Stationen? Ähnlich verhält es sich mit Kämpfen im Weltraum bei der Reise. Der Umfang ist gigantisch, darum ist das Buch eben auch kein dünnes Heftchen. Kurzum, die Mechaniken sind ein Kaleidoskop der Möglichkeiten! Ein umfassendes Rollenspiel für dich allein ohne Spielleiter!

Space Kraken
Die Klapptechnik des Buches ist der hammer!

Ich tauch tief

Event-Phase heißt Entscheidungen treffen! Gehe ich dem Notsignal hinterher und wage mich in gefährlichen, unbekannten Raum? Eigentlich war das nicht Sinn meiner Reise. Egal. Die Würfel klappern über den Tisch. Mein Zeigefinger traktiert Spalten und Zeilen im Buch. Ich schreibe Eckdaten auf. Dann befinde ich mich plötzlich auf einem lebensfeindlichen Planeten ohne Sauerstoff. Die Gefahrenstufe hoch. Sauerstofftanks sind aber noch voll! Ich begebe mich in ein Dungeon und treffe auf fiese Insektoide, die noch Beast-Minions dabei haben. Ich schicke meine Mechanikerin Lex in den Nahkampf und ihr Nano-Schwert surrt. Von hinten schießt mein Captain Quinn mit seinem Rifle. Verdammt, seine Waffe blockiert! Er ist durch seine Fähigkeiten eh ein Supporter. Besser macht es Mia. Als Gunslingerin ist sie in ihrem Element und küsst mit einer Salve die verdammten Insekten. Der W6 purzelt viele Male über den Tisch! Gegenstände und Fähigkeiten werden ausgereizt, die Munition immer knapper.

Nach dem Kampf heißt es Sauerstoff checken, Loot einsacken und schauen, was das Spiel im nächsten Abschnitt bereit hält! Vielleicht fiese Bomben und Laserbarrieren? Heftige Monster, wo nur die Flucht hilft, dann auf Kosten eines Crewmitglieds? Vielleicht erst einmal abhauen und später einen zweiten Versuch wagen. Das Spiel kennt keine Grenzen! Das nächste Dungeon, der nächste Planet, der nächste Luftkampf wartet auf dich und zeigt dir immer wieder eine andere Fratze! Oder anders ausgedrückt, deine individuelle Geschichte!

Seitenweise modulare Dungeons (Prototyp).

Die Crux an der Sache

Das klingt alles geil und ich war wirklich oft so fasziniert wie Spock, weil ich ein Erkundungstiger bin. Man sollte eine Sache aber nicht vergessen! Du bist hier Spieler, Träumer und Würfel-Günni, aber musst auch die mächtigen Tools bedienen und somit die Rolle des Spielleiters verwalten. Oft wollte ich Events abschließen, im nächsten Strang der Story weiterkommen, denn ich bin eben auch ein Story-Junkie. Ich war dann aber manchmal 90 Minuten hart am Dungeon crawlen. Manchmal länger, wenn die Luft zum Atmen nicht zu knapp war und der Zustand der Crew die Sucht nach Loot standhalten konnte. Würfelorgien obendrauf und viel Gekritzel, was Muni, Lebenspunkte und Schilde angeht. Es ist eben immer gepaart mit Verwaltungsarbeit, die sonst SpielleiterInnen einem abnehmen. Dazu gehört es ebenso zwischen den Phasen im Buch zu blättern, trotz der coolen Klappmechanik der Seiten, die innerhalb der Phasen einen guten Überblick über Gegner, Crew und Raumschiff ermöglichen.

Gerade am Anfang ist das Spiel ein komplexer Brocken und Abkürzungen, Regelfeinheiten und Spielphasen müssen gelernt werden. Space Kraken ist zwar geschwind ein- und ausgepackt und so schnell und überall zu spielen, aber es braucht wirklich seine Zeit, bis man die Systeme verinnerlicht hat. Die DNA ist am Ende bei den Rollenspielen zu suchen, deren Regelbücher oftmals dicke Wälzer sind. Inhaltlich ist es aufgrund der fehlenden MitspielerInnen und dem Fokus auf Erkundung und Kampf dann eher ein Sandbox-Dungeon-Crawler. Mir an einigen Stellen zu viel! Etwas mehr atmosphärische Textabschnitte würden dem Spiel guttun. Der Zufall spielt bei so einem Spiel mit Würfen und Tabellen natürlich eine große Rolle und nur die Meilensteine der Storypunkte dazwischen sind feste Bestandteile. Das hat mich aber weniger gestört.

Fazit

Am Ende würde ich Space Kraken für sein außergewöhnliches und nicht minder umfangreiches Konstrukt da einordnen, wo bei den Videospielen FTL gelandet ist. Unzählige zufällige Events und Planeten durch Tools erschaffen, die eine individuelle Geschichte deiner Crew erzählen. Dazwischen als Ereignisfetzen feste Bestandteile ganz unterschiedlicher Stränge an Story! Mal kampfbetont auf der Suche nach dem Kraken, mal der Captain der unendlichen Weiten. Der Einstieg in die Welt ist nicht ohne das Vergießen von Hirnschmalz möglich, belohnt einem aber mit einem gekonnt wilden Mix aus Dungeon Crawler, Survival-Action und Crewmanagement. Wer zudem ein paar Würfel, einen Bleistift und ein Radiergummi einpackt, der kann Space Kraken aufgrund seiner Buchform überall spielen. Ich bin mega gespannt, was uns im Kickstarter noch erwartet, denn mit der Kreativität des Autors Markus Geiger und seinem geschaffenen System ist richtig viel möglich!

Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website

Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Ich akzeptiere die Datenschutzhinweise: