Lesezeit: 6 Minuten
Monster Expedition von Alexander Pfister leiht sich das Thema von Carnival of Monsters und verpackt es als Würfelspiel. Ich gebe zu, ich hätte mich bei der Ankündigung von AMIGO auch über eine Erweiterung des Kartenspiels gefreut. Als erstes Draftingspiel für die Kinder war es ein Erfolg, es hätte nur etwas mehr Fleisch für Kennerspieler gebraucht. Gleichzeitig war da aber die Hoffnung, dass der Autor von absoluten Knüllern, wie Mombasa, Great Western Trail oder Maracaibo, mit dem charmanten Thema mein Herz erobert. Laut Schachterückseite verspricht eine Skala eher ein Experten- und Strategiespiel als ein glückslastiges Familienspiel. In dieser Einleitung stecken nun leider zwei Fehler, die ich auflösen werde.

Kurzcheck: Darum geht es in Monster Expedition

Jeder möchte in Monster Expedition der großartigste Jäger der Königlichen Monstrologischen Gesellschaft überhaupt werden. Dafür startet jeder mit drei Camps, entsprechend der Habitate der Monstergattungen. Die Aufgabe: Möglichst viele Monster im Wald, in der Luft und im Wasser zu fangen. Dafür nimmt man sich Würfel entsprechend der Stärke des jeweiligen Camps und versucht einen möglichst hohen Jagdwert zu erzielen. Gleichzeitig dienen die Würfel zur Verbesserung der Camps, was einem mehr Würfel einbringt und man bedient sich Fähigkeiten von schon gefangenen Monster.

Monster Expedition ist ein eher kurzes Spiel von einer halben Stunde Spielzeit und kann schon von Grundschülern beherrscht werden. Auf der Spielverpackung wird das Spiel ab 12 Jahren empfohlen, was ich für übertrieben halte. Ihr ahnt vielleicht, wohin das hier führt. Doch Vorsicht, zieht jetzt keine voreiligen Schlüsse, denn die Würfelmechanik birgt mehr als nur eine hohe Punktzahl zu erreichen!

Kein schlechter Wurf!

Die Mechanik im Detail

Anfänglich liegen 6 Start-Monster mit Werten von 8 bis 12 aus und dazu noch drei zufällige Monster vom Nachziehstapel, der gleichzeitig die Spielzeit begrenzt. Ist dieser aufgebraucht, ist das Spiel vorbei. Normale Monster erreichen Werte von bis zu 35 Stärkepunkte, da braucht es mehr als ein paar W6. Bist du am Zug, wählst du ein Camp aus und bestimmst damit deinen Würfelpool und die zu fangende Monstergattung. Anfänglich sind die Camps schwach und man hat immer nur zwei schwarze Würfel (W6) plus den farbigen Spezialwürfel (W6, Werte bis 10).

Nach dem Würfelwurf bestimmst du eine (!) Zahl und wählst alle passenden Würfel aus. Bleiben Würfel übrig, darfst du den Prozess wiederholen. Die Entscheidung weiterzumachen ist aber gar nicht so einfach, weil gleiche Zahlen nicht zweimal ausgewählt werden dürfen! Würfelst du mit deinen letzten Würfeln also Zahlen, die in vorherigen Würfen schon gewählt wurden, ist dies ein Fehlwurf. Pro Fehlwurf musst du nun den höchsten schon ausgewählten Würfel vernichten. Autsch! Glaubt mir, das kann dir einen eigentlich fetten Fang vermiesen. Andersrum kann es eben sein, das deine erwürfelte Punktzahl nur wenige Punkte von einem fetten Fang entfernt ist oder du vielleicht in Summe sogar mehrere Monster fangen könntest. Machst du also doch weiter und gehst das Risiko ein zu verlieren? Die Würfelmechanik ist zwar simpel, trotzdem kitzeln einem die Entscheidungen den Spielspaß-Hypothalamus.

Der immer verfügbare Monsterhändler ist extrem mächtig, aber auch nur schwer zu erreichen.

Die Kniffe bei der Monsterjagd

Campverbesserungen

Das wäre auf Dauer trotzdem langweilig und das weiß auch Herr Pfister! Also wurden einige kleine Feinheiten eingestreut, die in Summe das Spiel taktischer machen. Fangen wir mit den Camps an. Klar ist, mit den popeligen Anfangswerten reißt man nichts. Nachdem der Jagdwert des Wurfes feststeht und man Monster gefangen hat, wird ein zweites Mal der Wurf genutzt. Für bestimmte Zahlen darfst du die Camps drehen ergo verbessern. Nur so lassen sich am Ende fette Biester fangen.

Der Kniff: um Camps zu verbessern braucht es niedrige Zahlen. Nur, wer niedrige Zahlen für Verbesserungen des Camps auswählt, fängt in der Runde schlechtere Monster oder gar keine! Doppelter Kniff: Auf einem Camp pro Spieler ist auch eine hohe Zahl der Sonderwürfel abgebildet, die auch gewertet wird, wenn ein Mitspieler diese Zahl würfelt. Heißt, benutzt du in deinem Wurf einen hohen Sonderwürfel, weil du damit den z.B. den Basilisk fangen kannst, machst du die Camps deiner Mitspieler stärker.

Die 2er verschlechtern den Jagdwert, haben aber das Wassercamp zweimal verbessert.
Käfige und Gildenmarker

Du kannst nicht nur Monster mit deinem Jagdwert fangen, sondern auch Käfig-Karten kaufen. Der Nachziehstapel für neue Monster sind gleichzeitig kaufbare Käfige. Sie kosten immer 10 Punkte und man erhält Siegpunkte für das auf der Vorderseite aufgedruckte Monster, allerdings in abgeschwächter Form. Auch weiß man nicht welche Monster man zieht. Warum also sollte man Käfige kaufen? Erster Grund, du verkürzt das Spiel. Liegst du in Führung, wird mit dem Kauf von billigen Käfigen der Nachziehstapel schneller verringert und damit früher das Spielende eingeläutet. Zweiter Grund, nur beim Kauf von Käfigen wird die Monsterauslage aufgefüllt! Kauft keiner Käfige, wird die Auswahl immer geringer. Viel entscheidender ist aber der Umstand, dass du auf jedes neue Monster deinen Gildenmarker legst. Am Ende des Spiels gehören dir all diese leckeren Monster, allerdings auch hier nur mit verringerten Punkten. Trotzdem kann genau dies der Fang zum Spielsieg sein!

Diese Mechanik birgt eine zweite Entscheidung. Fängst du Monster auf denen gegnerische Gildenmarker liegen, vernichtet dies den Marker und deinem Gegner ein mögliches Käfig-Monster. Dieses Monster kann aber schlechter sein, als ein anderes ausliegendes ohne Gildenmarker! Welches willst du also jagen? Und wenn ein starkes Monster ausliegt, mit deinem Gildenmarker markiert, fängst du es dann selber? Dann sind dir die Punkte sicher, aber mehr Punkte würde es einbringen andere Monster zu fangen. Es bleibt nur das Risiko, dass ein anderen deinen Gildenmarker vernichtet. Da es keine Zwischenwertung gibt, kommt diese witzige Mechanik leider erst im letzten Drittel richtig zum Tragen. Hier wurde definitiv Potenzial verschenkt.

Bilden von Symbiosen

Monster besitzen immer mindestens eine Fähigkeit. Kostprobe: Hast du drei verschiedene Monstergattung zusammen, erhöht dies deinen Würfelpool um einen W6. Klassische Set-CollectionAndere Monster lassen dich Käfige bei Mitspielern klauen oder ein Camp verbessern, wenn du einen Fehlwurf hinlegst. Es gibt insgesamt fünf verschiedene Fähigkeiten, die einem bei der Jagd schon zum Grübeln bringen. Für mich persönlich sind es leider zu wenige. Da sind wir beim gleichen Problem wie bei Carnival of Monsters. Tolle Mechaniken, aber zu spärlich eingesetzt.

Schicke Monster mit zu wenigen Fähigkeiten.

Solo-Modus

Als Anti-Solo-Spieler habe ich mich sogar in den Solo-Modus mit seinen 10 Szenarien gewagt. Ich hatte meinen Spaß, wenn es auch am Anfang zu einfach war und erst ab Szenario 9 richtig abgeht. Die Funktion, dass man aus einem Set von Würfeln (1, 2, 3) einen Gildenmarker erhält, um damit Monster oder den Monsterhändler um 5 Punkte abzuschwächen, hätte ich in ähnlicher Form auch gern im normalen Spiel gesehen. Es ist etwas zu glückslastig, sodass ich es als reines Solo-Spiel nicht empfehlen würde, aber es bleibt zumindest eine echte nette Dreingabe.

Im Solomodus gerockt!

Fazit

Ist Monster Expedition ein Kennerspiel, welches laut Schachtelrückseite eher im Bereich der Strategiespiele angesiedelt ist? Nein. Und damit wären wir bei meinen eingangs erwähnten zwei Fehlern. Ist es deswegen ein schlechtes Spiel? Mitnichten! Monster Expedition ist ein flottes Würfelspiel, das zwar keine strategischen Überlegungen zulässt, aber einem auf dem Weg zum größten Jäger der Königlichen Monstrologischen Gesellschaft viele kleine taktische Entscheidungen abverlangt. Im Detail fehlt, wie schon bei Carnival of Monsters, etwas Tiefgang, vor allem bei den Fähigkeiten der Monster. Für die klassische Zielgruppe von AMIGO und Partien mit der Familie ist dieser Umstand aber nicht relevant. Hier zählen eher die wunderbaren Illustrationen und der schnelle Würfelspaß ohne große Downtime. Der Solo-Modus rundet als nette Dreingabe das Paket ab. Als kompaktere Variante von Carnival of Monsters wird uns Monster Expedition sicher als Familien- und Reisespiel weiterhin begleiten.

Monster Expedition

22.99 €
7.5

AUSSTATTUNG

7.5/10

SPIELIDEE

7.5/10

SPIELSPASS

7.5/10

Kurzfakten

  • Witzige Würfelmechanik
  • Kleine taktische Entscheidungen
  • Schon ab 8 Jahren zu empfehlen
  • Gut zu zweit spielbar
  • Für Kenner etwas wenig Tiefgang

Spielinformationen

  • Genre: Würfelspiel
  • Spieler: 1 - 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: 30 Minuten
  • Rezensionsexemplar erhalten
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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