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Human Punishment: Social Deduction 2.0
ist ein sperriger Name. Es ist aber auch ein Name, der nicht mit Bescheidenheit geizt. Soziale Deduktionsspiele wie den Klassiker Werwölfe gibt es wie Sand am Meer und davon auch einige sehr gute. Sich ein 2.0 in den Namen zu setzen, ist eine Ansage! Ich kann aber schon jetzt verraten, dass dieser Zusatz mehr als verdient ist, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass sich nicht jeder mit Human Punishment anfreunden können wird.

Kurzcheck: Darum geht es in Human Punishment

Drei Fraktionen kämpfen um den Spielsieg und du gehörst einer an: Menschen, Maschinen und Gesetzlose. Die Maschinen gewinnen wenn alle Menschen aus dem Spiel sind, dazu zählen nicht die Gesetzlosen. Die Menschen gewinnen, wenn nur noch Menschen im Spiel sind. Die Gesetzlosen gewinnen nie zusammen, sondern nur wenn man als letzter im Spiel bleibt. Wirkt jetzt noch nicht so 2.0!

Was wären die weiteren Merkmale bekannter Social-Deduction-Spiele? Eine große Gruppe, viel Kommunikation, bei wenig regeltechnischen Tiefgang und sie eignen sich wunderbar als Partyspiel. Human Punishment ist dagegen schon mit vier Spielern gut zu spielen, hat wesentlich (!) mehr Spiel und Tiefgang auf den Rippen, ist mit seinem Cyberpunkuniversum extrem düster gehalten und eignet sich als reines Partyspiel nur sehr bedingt. Das ist dann schon mehr 2.0! Gehen wir ins Detail.

Exemplarisch einige der vielen Rollenkarten. Man sieht jeweils die Gesinnung und die völlig verschiedenen Spezialaktionen.

Deine Rolle

Auch in Human Punishment bekommt jeder geheim eine Rollenkarte ausgeteilt. Diese ist einer Fraktion zugeordnet und besitzt eine Spezialfähigkeit. So weit bekannt aus ähnlichen Spielen. Allerdings erhält jeder Spieler zusätzlich zwei verdeckte Gesinnungskarten, die auch den jeweiligen Fraktionen zugeordnet sind. Aus diesen drei Karten entsteht dann erst die finale Zugehörigkeit. Kennt ein Spieler eine der Karten, hat er eine minimale Tendenz, mehr nicht. Da manche Karten doppelte Punkte für eine Fraktion geben, ist es manchmal selbst bei zwei bekannten Karten nicht gänzlich sicher. Man ist also weniger schnell enttarnt – das tut der Spannung gut! Ist aber nur der erste Kniff bis zur totalen Begeisterung.

Die Rollenkarte und die zwei Gesinnungskarten sortieren einen in eine Fraktion ein. Hier wäre man ein Mensch.

Deine Waffen

Wer an der Reihe ist, hat die Möglichkeit in der Tischmitte ausliegende Waffen zu nehmen und auf einen Spieler zu zielen. Mehr erstmal nicht. Erst wenn ich wieder an der Reihe bin, kann ich mich entscheiden abzudrücken. Hierbei verliert der Spieler, je nach Waffe, Lebenspunkte oder er muss eine seiner Karten aufdecken. Mit Waffengewalt erzwinge ich also die Offenbarung! Aber eben erst nach einer Runde. In dieser Zeit kann sich die Spielsituation ändern und ich möchte vielleicht gar nicht mehr schießen oder das Ziel wechseln. Angreifer wie auch Angegriffener haben so mehr Handlungsspielraum als in bekannten sozialen Deduktionspielen.

Zusätzlich kann es sein, dass durch aufgedeckte Rollenkarten Spezialfähigkeiten des Spielers aktiviert werden. Heißt, ein direkter Angriff kann meinen Verdächtigen sogar stärker machen. Da es massig viele Rollen gibt, aber davon nur ein Bruchteil im Spiel sind, ist auch hier die Spannung beim Aufdecken, aber vor allem der Wiederspielreiz, groß.

Neben dem Gewehr, Pistole und Begleiter, gibt es auch noch einen Raketenwerfer und Laser.

Deine Kirsche

Wer weder ballern noch eine verdeckt ausliegende Karte eines anderen Spieler anschauen möchte, greift zur Kirsche von Human Punishment. In Cybersprech Programme genannt. Jeder Spieler kann bis zu zwei Programm-Karten besitzen und diese ermöglichen in einer enormen Vielfalt das Beugen der normalen Spielregeln. Hier werden getötete Spieler wieder zurückgeholt, man wird gegen Aktionen immun, hat eine geheime Gesinnung, tauscht munter Karten und wechselt so auch die Fraktion. Wer eben Seite an deiner Seite gekämpft hat, wird plötzlich zu deinem Feind. Oder du schlägst dich auf die Seite der möglichen Gewinner. Die Programmkarten sind abwechslungs- und zahlreich! In diesem Moment ist das 2.0 im Namen mehr als berechtigt.

Massig Text, weil die Programme eben auch oft viel im Spiel verändern. Auf jeden Fall das Highlight des Spiels.

Das 2.0 sorgt nicht nur für Freude

Die Programme im Besonderen, aber auch die Spezialfähigkeiten der Rollen, sorgen so für eine ungeheure Dynamik. In einer Partie habe ich, zum Teil auch gezwungener Maßen, viermal die Seite gewechselt. Ständig musste ich mich umstellen, versuchen andere Leute zu bequatschen, vor allem aber clever spielen. Denn die Kommunikation ist hier etwas zurückgefahren und dafür gibt es mehr spielerische Möglichkeiten. Wo ich in Werwölfe als Werwolf ausgeschieden wäre, hangelte ich mich hier von Runde zu Runde. Für Vielspieler ist das genau richtig!

Absolute Gelegenheitsspieler sind hier aber schneller überfordert und jemand der an Werwölfe (oder ähnlichen Titeln) seinen Spaß hat, gerade aufgrund seiner Einfachheit, dem wird diese 2.0-Variante vielleicht weniger gefallen. Auch dauert eine Partie wesentlich länger! Oft kann man dem Tod von der Cyberklinge springen oder die Fraktion wechseln. Ein reizvoller Spaß! Allerdings kann es auch sein, das man früh ausscheidet und sich der Spieldurchgang trotzdem noch ordentlich zieht. Zwischen 15 und 60 Minuten ist alles möglich. Man muss sich im Klaren sein, dass man in Human Punishment vielleicht länger nur Beobachter ist. Hier wären mehr Optionen wünschenswert gewesen, die Spielern nach dem Ausscheiden noch gewissen Handlungspielraum geben. Aus der Sicht eines Vielspielers der größte und einzige Knackpunkt.

Fazit

Soziale Deduktionsspiele sind bei mir mit einem Attribut gesegnet: Nett. Ihr erkennt die geringe Begeisterung zwischen den Zeilen? Es taugt als Spaß für manch Party und größere Gruppe, driftet aber mit Pech, gerade in bierseliger Stimmung, auch mal ins emotionale Kommunikationschaos ab. Was bei der meist geringen Spieltiefe nicht verwundert. Spiele wie Infected die mehr spielerischen Anteil bieten, überzeugen dann leider nicht immer.

Seit Human Punishment sieht die Welt anders aus! Was für eine Spannung und ungeheure Dynamik. Hier kann ich nicht nur mit meiner Silberzunge agieren, sondern auch spielerisch für Furore sorgen. Die Gesinnungen sind schwerer zu entlarven, das direkte Angreifen zeitverzögert, was mehr Raum zum taktieren lässt und mit den Programmen wirbelt Human Punishment in vielfältiger Weise das Spiel immer wieder durcheinander. Dafür ist der Spieleinstieg komplizierter und die Partyspieltauglichkeit leidet. Vor allem auch, weil die Spielzeit wesentlich länger ist, gleichzeitig aber Spielereleminierung stattfindet. Das wird nicht jedem gefallen, für mich allerdings ist die 2.0 im Namen mehr als verdient. Ich möchte kein anderen soziales Deduktionspiel mehr auf den Tisch packen. Aus der Kickstarterboxengasse direkt an die Spitze – Chapeau!

Human Punishment: Social Deduction 2.0

25 €
8.6

AUSSTATTUNG

8.0/10

SPIELIDEE

8.8/10

SPIELSPASS

9.0/10

Kurzfakten

  • Rollen mit Spezialfähigkeiten
  • Gesinnungen weniger leicht zu durchschauen
  • Sehr dynamisch durch Gesinnungswechsel
  • Einstieg schwere, kein richtiges Partyspiel
  • Spielereliminierung bei z.T. hoher Spielzeit

Spielinformationen

  • Genre: Soziale Deduktion
  • Spieler: 4 - 16
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: 15 - 60 Minuten
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website

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