Durch die aktuelle Veröffentlichung von Armello für iOS rückte das digitale Brettspiel wieder in meinen Fokus. Eigentlich ist Armello von den Entwicklern League of Geeks aus Australien schon 2015 auf dem Markt gebracht worden. Ich hatte es völlig aus den Augen verloren. Nun endlich durfte ich mich in die Schlacht um das Königreich stürzen – und jetzt beherrscht mich nur noch eine einzige Frage: Wann kriege ich die analoge Version? Dann das Spiel ist wie geschaffen für Kickstarter.
Kurzcheck: Darum geht es in Armello
In der Fabelwelt von Armello ist der König wahnsinnig geworden! Die dunkle Macht der Fäule hat sich ihm bemächtigt. Zeit in die Rolle eines der vielen Tiere zu schlüpfen und den Löwen auf dem Thron abzusetzen. Aber nicht zusammen, sondern beinhart gegeneinander. Die Helden in Gestalt von Hase, Ratte, Bär oder Wolf, alle mit individuellen Fähigkeiten, Attributen und Boni versehen, können vier verschiedene Wege einschlagen um dieses Ziel zu erreichen. Dabei bewegt man sich über die Welt in Hexfeldern, erledigt Quests, kämpft gegeneinander, erobert Dörfer, besucht Dungeons, optimiert sein Kartendeck und rüstet sich mit Gegenständen und Gefährten aus. Kurzzeitige Bündnisse sind ebenso möglich wie das gezielte Jagen von Mitspielern. Zusätzlich gliedert sich eine Spielrunde in eine Tag und eine Nachtphase. Armello ist extrem konfrontativ, atmosphärisch dicht und durchweg spannend.
Die vier Wege zum Ruhm
Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Wegen zum Spielsieg. Der gradlinigste Sieg ist es in die Burg im Zentrum des Spielbretts zu marschieren und den König zu vernichten. Klingt verlockend, ist am Spielanfang aber von abzuraten. Wahrscheinlich ist man zu schlecht ausgerüstet, schwerer wiegt aber der Umstand, dass der König ordentlich Power und Lebenspunkte hat. Der steht zum Start des Spiels noch voll im Löwensaft. Noch fieser wäre es, wenn man bei dem Attentatsversuch zwar den König meuchelt, aber selber dabei stirbt. Dann gewinnt nämlich der Spieler mit dem höchsten Ansehen. Im Übrigen stirbt der König irgendwann von selbst. Die Fäule wächst und nagt halt an der Mähne und so verliert der König über die Runden stetig Lebenspunkte bis er stirbt. Auch hier gewinnt man dann über das meiste Ansehen.
Dunkle Gesellen verschreiben sich selber der Fäule indem sie besonders fiese Karten ausspielen. Wer so mehr Fäule als der König angesammelt hat und ihn dann besiegt, gewinnt ebenfalls – wenn er auch seine Seele an die Dunkelheit verkauft hat. Wer so viel Dunkelheit in sich trägt, verliert pro Runde einen Lebenspunkt, heilt sich aber um einen wenn man Gegner besiegt. Ein Ritt auf der Rasierklinge! Für strahlende Spieler der Ehre ein No-Go! Diese sammeln vier Ritualsteine ein und säubert damit den König. Der Weg der Ehre ist für andere Spieler aber gut abzusehen, wundere dich nicht wenn die Spieler dich jagen werden!
Das Grundgerüst
Ganze acht Attribute definieren die Spielerhelden in Armello. Keines davon ist zu vernachlässigen und ein niedriger Wert ist im Spielverlauf absolut zu spüren. Die Attribute bestimmen die Anzahl der Kampfwürfel, die Lebenspunkte und Kartenhand. Auch die Ressourcen um Karten auszuspielen definieren die Attribute. Mit einem niedrigen Wert in Magie, wird es schwer starke Zauberkarten zu spielen.
Attribute sind aber nicht alles. Jeder Held, und davon gibt es eine ganze Menge, hat durch sich selbst und seine Rasse passive Boni. Als Ratte wird man in der Nacht unsichtbar. Der eine Held sieht vom Nachziehstapel immer die oberste Karte aufgedeckt, ein anderer kriegt bessere Belohnungen in Dungeons oder kann besser kämpfen. Man wird mit Sonderfähigkeiten nicht erschlagen, spürt aber, dass man in Nuancen anders agieren kann.
Mannigfaltige Optionen
Bist du am Zug darfst du deine Bewegungspunkte verbraten und über die Spielwelt wandeln. Was du damit machst? Das bestimmen deine Kartenhand und Attribute des gewählten Helden. Achte auf Berge, die kosten zwei Bewegungspunkte. Wer Sümpfe betritt verliert Lebenspunkte. In Wäldern bist du dafür in der Nacht unsichtbar. Ziehst du vielleicht in Richtung deines Questmarkers? Vor Ort musst du eine Probe ablegen, die Belohnung kann groß sein und Ansehen bekommst du immer. Vielleicht hast du aber auch gute Kampfkarten auf der Hand und ein Gegner in Reichweite ist schon etwas angeknackst, dann hau ihn mit einem guten Wurf, unterstützt von Karten, aus seinen Pfoten. Zack, auch hier gibt es Ansehen. Falls dein Sack mit Gold immer leer ist und du Probleme hast Karten zu spielen, solltest du eher Dörfer einnehmen. Armello bietet einem am Ende viele Spieloptionen und das in jeder Partie immer wieder aufs Neue.
Wahrhaft fiese Fabelwelt
Vor allem aber kann man den anderen Spieler das Tierleben zur Hölle machen. Im Umkehrschluss muss man selber auch aus härterem Holz geschnitzt sein. Ein Spieler prescht davon? Schwupps eine Kopfgeldkarte ausgespielt. Derjenige der den Spieler nun erlegt, kriegt einen Bonus. Im Übrigen, wer sein Leben aushaucht verliert ein Ansehen und startet wieder in seiner Heimat am Spielfeldrand. Wer sich tarnt, der kann durch Karten sichtbar gemacht werden. Man kann Dörfer für andere Mitspieler ebenso verfluchen wie Gebiete. Ach, auf dem Gebiet ist dein Questmarker? Das tut mir aber leid. Wer solche Gebiete betritt muss eine Gefahrenprobe bestehen oder die harten Konsequenzen tragen.
Den zahlreichen Drangsalierungen sind keine Grenzen gesetzt, allerdings verbrauchen Karten immer eine Art von Ressourcen, daher sollte das Ausspielen gut überlegt sein. Wer nur draufschlägt, kommt selber kaum voran. Auch kann man viele Dinge kontern. Es liegt eine Gefahrenkarte auf meinem Questort? Tja, eine ausgerüstete Fernglas-Karte lässt mich die Gefahr anschauen. So kann ich entscheiden, wie ich die Gefahr angehe. Viele von Spielern gelegte Stolpersteine lassen sich so umgehen oder abmildern.
Das liebe Glück
Ob nun Gefahren- oder Kampfprobe, Armello lässt die Würfel rollen. Glück spielt also eine Rolle. Auch die Karten die am Anfang der Runde gezogen werden, sind zufällig. Einzig die grobe Richtung kann ich durch die Decks (Magie, Ausrüstung, Fallen) bestimmen. Auf den Karten selber ist dann noch ein zufälliges Symbol, das für die Proben relevant sein kann – dazu gleich mehr. Hatte ich die Lotterie bei Quests erwähnt? Da wird die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs durch Attribute zwar angepasst, aber Glück ist auch hier im Spiel. Nüchtern betrachtet in der Summe eigentlich zu viel und aus meiner Sicht der einzige wirklich strittige Punkt des Spiels.
Abgemildert wird dies durch die Möglichkeit Würfelergebnisse zu bestimmen. Die angesprochenen Symbole auf den Karten entsprechen den Würfelsymbolen. Wer eine Karte abwirft, bestimmt damit ein Würfelergebnis. Wer bei eine Gefahrenprobe einmal Schwert, Schild, Baum und Sonne würfeln muss, was relativ schwer ist, kann die Symbolik ganz oder immerhin zum Teil mit seinen Karten vor (!) dem Würfelwurf bestimmen. Der Nachteil, es saugt einem die Karten aus der Hand. Trotzdem ist es in spielentscheidenden Momenten oft die erste Wahl. Eine große Kartenhand ist in Armello ganz sicher nicht von Nachteil!
Technik
Die Animationen der Figuren und die kleinen Zeichtrickfilme sind hübsch und versprühen den richtigen Charme für dieses Fabelspiel. Anders als beim Release kann man nun auch die Spielzüge der Gegner (KI) schneller ablaufen lassen. Lange Wartezeiten sind so passé! Was allerdings nervt ist der viel zu niedrige Kamera. Bei einem Brettspiel möchte ich zwecks Übersicht das ganze Brett sehen. Wo stehen meine Gegner? Wo ist mein Questmarker? Welche Orte sind mit fiesen Karten belegt? All das sehe ich ohne wildes rumscollen auf der Karte nicht. Wer rauszoomt, muss mit einer verschwommenen wenig hilfreichen Übersicht vorlieb nehmen.
Fazit
League of Geeks, bitte einmal heiß und fettig Armello für Android und danach dann als Kickstarter die analoge Version. Klar müsste hier und da das Spiel angepasst werden, aber das Spiel hat es verdient durch alle Kanäle zu rauschen! Eine wunderbare Fabelwelt, abwechslungsreiche Helden und verschiedene Wege zum Spielsieg haben mich schnell gefesselt. Das Armello dabei ordentlich die Tatzen, Pranken und Reißzähne blitzen lässt, sollte man wissen. Denn für friedliebende Naturen könnte es hier viel zu fies zugehen! Es werden Bündnisse gebrochen, Fallen ausgespielt und Kopfgelder gesetzt. Man questet nicht nur und rüstet sich aus, nein man macht auch Jagd auf die anderen oder lässt jagen! Trotz vielen Glücksfaktoren geht es taktisch zur Sache. Wie ziehe ich die Stärken aus meinen Attributen? Wann verbrenne ich Karten für den passenden Wurf und wie viel Risiko gehe ich mit der eigenen Verderbnis ein? Nur einige Fragen die während einer Partie Armello beantwortet werden müssen. Für mich ist Armello so im Gesamtpaket eines der besten digitalen Brettspiele, unbedingt ausprobieren!
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