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EVE: Valkyrie verändert das Spielgefühl nachhaltig und könnte eines der Meilensteine aus der Startphase der VR-Technik sein, welches man immer in Erinnerung behält. Und das trotz seiner Schwachstellen! Was also lässt alle anderen Raumschiff-Spiele ab sofort verblassen und warum bin ich trotzdem nicht vollends zufrieden?

Unbeschreiblich

Dieser erste Kontakt, wenn man die Brille aufsetzt, EVE: Valkyrie startet und man das erste mal im Cockpit sitzt, ist unvergesslich. Aber fast ebenso unbeschreiblich. Das Cockpit des Raumschiffs ist greifbar nah, direkt im Wohnzimmer. Man sieht Infoscreens, die Steuereinheiten, den Oberkörper und die Beine des Piloten welche die eigenen sein könnten. Dann wird man aus dem Startrampenkanal geschossen und man hält fast die Luft an. Das hier ist Immersion! Dafür wurde das Wort erfunden. Man katapultiert sich aus dem dem Bauch des Trägerschiffes und schwebt im All. Man sitzt nicht im Wohnzimmer.Man sitzt nicht auf dem Sofa. Man erblickt seine Flügelmänner links oberhalb, dort wo im Wohnzimmer die Lampe wäre, man sieht Asteroiden und Planeten, die zig Kilometer entfernt im Nirgendwo schweben. Verdammt, ich breche in Jubelschreien aus! Meine Frau lacht. Ja, es mag affig aussehen, wie ich dort mit der Brille staunend auf der Couch sitze – egal. Man führt erste Flugmanöver aus, kippt die Nase, fliegt eine Schraube, erhöht den Schub. Das merkt der Magen. Ein berauschendes ziehen im Kopf, das auch etwas unangenehm sein kann. Hier mit einem gewagten Flugmanöver in die Unendlichkeit abzutauchen ist hundertmal mehr als vor einem Fernseher zu sitzen und den Analog-Stick nach oben zu drücken.
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Mal wieder tot

Die Storykampagne für Singleplayer fängt gut und atmosphärisch an. Man ist mal wieder ein Toter. In Eve nichts unnormales, weil das Bewusstsein in Klonen für das Ableben gespeichert wird. Doch wer man genau war, warum man gestorben ist, wer diese Frau ist die zu einem spricht – man erinnert sich nicht. Die ersten Missionen klären auf und dienen im Prinzip dazu das Spiel kennen zu lernen. Ein aufgeblähtes Tutorial. Man lernt das Fliegen und Kämpfen und das hat es wahrlich in sich.

Mittendrin statt nur dabei

Die Dodgefights sind absolut intensiv – mehr mittendrin geht nicht! Man reißt seinen Kopf hin und her, guckt sich gehetzt um, weil man so immer genau weiß wo die Gegner gerade sind. Jedes feindliche Raumschiff welches ich anblicke, kann ich für meine Raketen in die Aufschaltung nehmen. Hier heißt es also wirklich den Gegner ins Visier nehmen und im Blick behalten. Dazu rattert die Railgun. Gleichzeitig werden wilde Kurven und Ausweichmanöver durch Schiffstrümmer und Asteroiden geflogen. Ein Blick ins Cockpit zeigt ankommende Raketen und Feinde im Radar – absolut authentisch! Wer Treffer einsteckt, dem zerspringt langsam die Cockpit-Scheibe, vor dem Totalschaden fängt es an zu brennen. Wer seine Motion-Sickness ablegt, sein Wohnzimmer vergisst, der wird in EVE: Valkyrie fliegen wie ein junger Gott und sich auch so fühlen! Die Vorteile der VR-Umgebung aus intuitiveren Flug-Manövern und der Möglichkeit durch aktives Umsehen Statusinfos im Cockpit abzulesen, geht schnell in Fleisch und Blut über. Das sich danach jedes herkömmliche Flugspiel wie absolut verkrüppelt anfühlt, ist der Preis den man bezahlt. Man kann es sich nicht im geringsten vorstellen! Ebenso scheitert die Vorstellungskraft darüber, wie ausgelaugt und verschwitzt man nach einer Stunde Weltraumkampf ist.
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Nicht satt!

Bei all der Begeisterung, man merkt schnell das EVE: Valkyrie kein Singleplayerspiel ist. Die Kampagne ist kurz, die Geschichte entfaltet nie ihr volles Potential. Das ist extrem enttäuschend, weil das was angedeutet wird, mit der großartigen Immersion im Rücken, für ein Spiel getaugt hätte, welches die VR-Konkurrenz locker in den Boden gestampft hätte. EVE: Valkyrie zieht sich aber das arcadige PvP-Dodgefight-Arena-Jäckchen über – Schade! Dabei sind die Storymissionen um feindliche Minenfeldern, Spionage mit absetzbaren Drohnen und riesigen Schlachten inklusive fiesen Hinterhalten oder Staffelflügen mehr als gelungen. Der Content mag sogar mehr sein als bei anderen Starttitel der PSVR, aber im Vergleich zu herkömmlichen Spielen, ist es ein kurzer Ausflug.
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Battlefield im All

Das heißt nicht, dass die Dodgefights, im Koop gegen Bots, oder eben alleine gegen Bots, keinen Spaß machen würden. Aber EVE: Valkyrie ist vor allem ein Multiplayer. Und da wird richtig aufgefahren! Auf den Schlachtfeldern der Singleplayerkampagne fetzt man sich die Munition nur um die Ohren. Alleine gegen einen anderen guten Piloten kann es ein unendlicher Tanz im All werden. Aber alleine fliegen soll man auch nicht! Im Team gibt man sich Feuerschutz, man ballert aus der Ferne Raketen ins Heck der Feinde oder fliegt vielleicht ein reines Supportschiff. Ja, man fühlt sich schnell wie ein Staffelpilot im Star Wars Universum. Vermute ich zumindest. Mit Zusammenarbeit hat man die größten Chancen, wie in jedem anderen Teamshooter auch! Und wie dort, so winkt auch hier die Freischaltorgie. Diverse Elite-Schiffsklassen, Supportschiffe, Fregatten und schwere Kampfschiffe wollen ebenso freigeschaltet werden wie, neue Bewaffnungen, bessere Schiffsysteme oder Lackierungen. Man kann sogar seinen Avatar pimpen. In EVE: Valkyrie wird gelevelt und gesammelt bis der Magen rebelliert!

Bitterer Nachgeschmack, die Levelgeschwindkeit ist alles andere als berauschend. Und für ein Multiplayerspiel im EVE-Universum denkbar schwach: es gibt keine Cooperations. Ergo keine Corp-Kriege, noch kann man als feste Gruppe mit seinen Freunden auftreten. Ein Ingame-Voicechat fehlt auch! Bei einem derartigen Teamansatz aus unterschiedlichen Schiffen und somit Kampfrollen, die Absprachen wichtig machen, ist das ein herber Kratzer in der Schiffshülle. Wer nur mit Freunden spielt kann das zumindest egal sein, weil man wohl eh den Partychat der PS4 nutzt.

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Motion-Sickness

Wichtiger Punkt bei VR ist die Gefahr der Motion Sickness. Grundsätzlich hat mir EVE: Valkyrie am Anfang leicht den Magen umgedreht. Wer ganz empfindlich ist, sollte sich die Demo zu Gemüte führen und dort mal ein paar Schrauben fliegen. Mir hat es geholfen die gleiche Sitzposition wie der virtuelle Pilot einzunehmen, das Pad auf Höhe der Steuerung des Piloten zu halten und beim Fliegen aktiv mitzugehen. Stocksteif auf dem Sofa sitzen und dann wild rumfliegen verträgt sich nicht ganz so gut. Wer aktiv dabei ist, sich in die Flugkurven reinschmeißt, der überlistet schneller sein Hirn.

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Optisch besser als gedacht – schlechter als vermarktet

EVE: Valkyrie sieht auf Werbescreens fantastisch aus. Auf dem Fernseher würde EVE: Valkyrie sicher auch so aussehen wie es die Bilder versprechen. Nur da macht die VR-Brille nicht mit! Die Auflösung ist geringer und die Unschärfe höher. Die hier vorgestellten Bilder sind direkt aus dem Spiel und zeigen das wahre Gesicht. Trotzdem ist es gerade im Rausch des Fliegens besser als ich vermutet habe und ist um ein vielfaches ansprechender als ein Drive Club VR. Wer in dynamischen Dodgefights um sein Leben kämpft, der vergisst schnell die Pixel zu zählen.

Fazit

Kritische Stimmen sprechen immer von der fehlenden Killer-App für die Rechtfertigung eines Kaufs von Sonys VR-Brille. EVE: Valkyrie ist das nicht – aber fast! Der Grund: eine zu kurze Singleplayerkampagne! Das schmerzt vor allem deshalb, weil das was geboten wird einfach nur richtig richtig geiler Scheiß ist. Man verzeihe mir hier diesen Ausdruck, aber es wird der Sache gerecht. EVE: Valkyrie hat wie kein Spiel zuvor auf einen Streich meine Erfahrung für ein Genre so verändert. Für mich persönlich war das der Anfang vom Ende der nicht VR unterstützenden Raumschiffsimulationen. EVE: Valkyrie mag erst der Anfang sein und wer weiß wohin der Weg geht, die Messlatte liegt für den Start aber verdammt hoch. Jetzt zusätzliche Storymissionen liefern und mehr Komfort-Optionen im Multiplayer und wir haben definitiv unsere Killer-App!

Eve: Valkyrie

60,99 €
8.5

Technik

8.0/10

Sound

8.0/10

Spielspass

9.5/10

Kurzfakten

  • Unglaubliche Atmosphäre
  • Großartiges VR-Erlebnis
  • Umfangreicher Multiplayer
  • Dünne Singleplayerkampagne

Spielinformationen

  • Genre: VR
  • Spieler: 1
  • Alter: ab 12 Jahren
  • System: PS4
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website

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