Lesezeit: 4 Minuten Ich habe fertig! Was erlauben Strunz Pegasus Spiele? Ist Trapattoni unter die Autoren gegangen? Alleine dieser Spieltitel. Ich war völlig verwirrt, als auf dem Pegasus-Presse-Event dieses Kartenspiel „der Öffner“ für den Tag wurde. Die Spielerklärung dauerte ein Augenzucken und wir sollten in einem Umfeld loslegen, wo sich nicht wenige Personen befanden, die auf Civolution warteten. Letzteres ist Lichtjahre am anderen Ende des Spektrums angesiedelt. Fragt nicht welches Spektrum. Die Antwort ist alle. Ich war skeptisch. Meine Lust auf dieses Kartenspiel? Gelinde gesagt auf dem Niveau von Nieselregen. Retroperspektiv war die Ersteinschätzung nicht mein hellster Moment.

Kurzcheck: Darum geht es in Ich habe fertig

Dies wird der kürzeste Kurzcheck ever und die Spielerklärung unterbietet sogar noch Schnitzeljagd. Bist du am Zug, ziehst du eine Karte vom Nachziehstapel oder spielst eine Karte von der Hand. Ich habe fertig. Rekord! Spiel erklärt. Gut, ziehst du gewisse Karten und auf dieser steht „Sofort“, muss diese Karte sofort ausgespielt werden. Karten mit dem Begriff „Jederzeit“ dürfen zudem jederzeit gespielt werden, also auch außerhalb des eigenen Zugs. Diese Üppigkeit an Sonderregeln sollte sich gemerkt werden können. Gewonnen hast du, wenn die drei Karten „Ich“, „Habe“ und „Fertig“ vor dir ausliegen. Jetzt habe ich aber endgültig fertig. Gebt es zu, es klingt doch saudumm. Dieser Absatz überzeugt wohl niemanden vom Spiel und mit dieser Einschätzung liegt ihr so richtig, wie Verschwörungstheorien, die Kamala Harris nachsagen Hurrikans steuern zu können.

Du hast nämlich nicht fertig!

In dem Kartenspiel lauern 72 Spielkarten, die mit Illustrationen von 30 verschiedenen Künstler:innen nicht nur wahnsinnig unterschiedlich gestaltet wurden – was für ein visuelles Fest – sondern einfach völliges Chaos durch ihre Aktionsaufforderung erzeugen. Du erlebst hier Dinge, die erlebst du sonst nicht. Auf dem besagten Presse-Event waren wahrscheinlich nach wenigen Sekunden alle von diesem Spiel gefangen. Die Lautstärke schwoll an. Gelächter überall, unfassbares Staunen und wildes Austauschen von erlebten Spielsituationen danach. Diese drei verdammten Karten in seinem Bereich ausliegen zu haben, ist so verdammt schwer. Ständig passieren Dinge, die die Spielsituation völlig verändern. Dabei sind sie übrigens rein spielerischer Natur. Um Gedichte aufsagen, peinliche Bewegungen ausführen und all solche Party-Sachen geht es hier nie.

Das wirklich Besondere war nun aber, dass ich es erst in der Familie zeigte. Enorme Begeisterung. Nächsten Tag waren die Freunde von meinen Kindern da. Sie wollten es auch spielen. Das Gekreische übertönte wohl einen Jumbo-Jet beim Start. Wohnzimmer roch schnell nach Pumakäfig. Da wurde einiges bei den pubertären Kids ausgeschüttet. Danach war meine Expertengruppe dran und eine nächste Spielgruppe folgte. Keine Sorge, anderer Tag, andere Luftqualität. Quintessenz: Wieder Gegröle, saudumme, unfassbar witzige Situationen, Schenkelgeklopfe, Pipi in den Augen rein durch Spielspaß. Wir waren irgendwie auch wieder pubertär. Es war immer Laut, es war immer spannend, die pure Begeisterung fetzte durchs Wohnzimmer. Dieses Spiel war in aller Munde und hat nachhaltig Eindruck hinterlassen. Wohlgemerkt rein auf Basis von Karte ausspielen oder nachziehen. Unfassbar.

Du willst es wissen?

Nun willst du natürlich wissen, was die Karten können. Verstehe ich. Ist ja die Substanz des Spielreizes. Die Ersterfahrung mit den verschiedenen Sonderregeln, die Erkundung der Karten, all das gehört aber zum Spielspaß dazu. Ich werde hier deshalb nicht eine weitere Karte spoilern und entsprechend nicht von den bizarren Situationen am Tisch berichten. Nur so viel sei gesagt, es geht darum, dass Auslagen durcheinandergewirbelt werden, Kartenhände sich ändern und das Spiel viele verschiedene Möglichkeiten anbietet, ohne die drei magischen Karten „Ich“, „Habe“ und „Fertig“ zu gewinnen. Hier ist dann auch durchaus manchmal etwas Taktik gefragt, wobei das Chaos Herrscher am Tisch bleibt. Probiert es also selber aus. Wichtig ist nur, ihr dürft dieses Kartenspiel und den Tanz um den Sieg nicht zu ernst nehmen und Spaß daran haben, dass nichts für die Ewigkeit ist. Und bevor die Frage aufkommt, nein, der Spielspaß lässt nicht wirklich nach, wenn die Karten bekannt sind. Durch die immer wieder andere Kartenfolge und daraus resultierenden Aktionen bleibt es spannend. Es ist sogar gefährlich dieses Spiel als Absacker oder Aufwärmer auf den Tisch zu bringen. Es blieb nur selten bei einer Partie!

Fazit Ich habe fertig

Das Kartenspiel Ich habe fertig ist das simpelste Spiel in meiner Sammlung. Trotzdem gehört es zu den besten Erfahrungen in letzter Zeit. Es bedient einfach die pure Essenz des Spielens auf eine wunderbar natürliche Art. Durch den einfachen Einstieg und ohne Situationen, die auch nur einen Hauch spieltechnisch überfordern könnten, vereint es alle am Tisch. Der unfassbare visuelle Charme, seine konfusen, chaotischen bisweilen saudummen und spannenden Spielsituationen entfachen eine ungeheure Begeisterung, sodass eben auch alle Menschen am Tisch sitzen bleiben. Eine Runde? Dabei blieb es selten. Die Kreativität der Illustrationen überträgt sich auf die vielen Spezialaktionen und übt selbst nach einer ersten zugegeben unglaublichen Erkundungsphase einen ungemeinen Sog aus. Beeindruckend! Hast du dein  inneres Kind verloren und deine Leibspeise ist trocknes Knäckebrot ohne Butter, welches du im feuchten Keller zu dir nimmst, dann Finger weg! Ansonsten sollte musst du dir dieses Kartenspiel anschauen. Ja, auch einfache Spiele verdienen Höchstnoten, wenn sie so abliefern. Absoluter Überraschungshit und schon jetzt eines der besten Spiele aus dem Jahr 2024.