The Mind ist auf der Nominierungsliste zum Spiel des Jahres gelandet. Die Begründung der Jury ist, das The Mind eine erstaunliche Erfahrung ist, die jeder mal gemacht haben sollte. Es geht um nichts weiteres als um die Verschmelzung von Geist und Materie. Ähnliches prangt auch auf der Spielverpackung. Auch wenn sich das alles etwas nach Esoterik-TV anhört, meine Neugierde war absolut geweckt. Die Frage ist nun, was verschmilzt da wirklich zwischen den Spielern und macht die erstaunliche Erfahrung auch langfristig Spaß?
Kurzcheck: Darum geht es in The Mind
Das kooperative The Mind ist in unter 60 Sekunden erklärt. Erster Vorteil, jeder versteht es, alle können es spielen. Meine Gruppen waren bunt gemischt und auch absolute Spieleverweigerer bekommt man bei The Mind an den Tisch. Es geht nämlich einfach nur darum Karten aufsteigend zu sortieren. Die Karten sind dabei von 1 bis 100 nummeriert. Jeder Spieler erhält entsprechend des Level in dem sich die Gruppe befindet eine gewisse Anzahl an Handkarten. Man startet bei Level 1 und steigert sich je nach Spieleranzahl bis maximal Level 12. Das Ganze wäre so natürlich absolut witzlos. Der Clou entsteht dadurch, dass Kommunikation, verbal wie nonverbal, absolut verboten ist und man nur eine begrenzte Anzahl an Versuchen hat. Da stellt man sich jetzt natürlich die Frage wie das gehen soll, aber glaubt mir, es funktioniert. Da wären wir dann bei der Erfahrung die jeder mal machen sollte. Wenn du Dich absolut jungfräulich an The Mind nähern möchtest, überspringe den nächsten Absatz oder kaufe Dir das Kartenspiel ohne weiterzulesen. Denn nun wirst du gezwungener Maßen leicht gespoilert.
Achtung: Spielerfahrungsspoiler
Gut, du willst mehr über die Spielerfahrung wissen? Dann setzt dich zu uns und synchronisiere deinen Geist. Du siehst mich am Tisch sitzen, drei Karten auf der Hand, denn wir befinden uns in Level 3: Eine 35, eine 71 und eine 96. Weiter kannst du drei weitere Personen am Tisch sitzen sehen. Wir legen eine Hand auf den Tisch. Schauen uns konzentriert in die Augen, nehmen die Hände vom Tisch und los geht es. Ich warte. Ich warte noch immer. Lasse innerlich die Zeit verstreichen. Da wird eine 7 auf den Tisch gelegt. Ich warte weiter. Wir schauen uns in die Augen. Es dauert. Wie jetzt, keiner hat was unter 35? Ich will zu meiner Karte greifen, da wird eine 22 auf den Stapel gelegt. Glück gehabt, ich bin innerlich zu schnell. Ich schauen den anderen in die Augen, dann lege ich mit guten Gefühl die 35. Zack, gleich danach klatscht die 37 auf den Tisch. Knapp, aber wir sind im Flow! Vier Karten von 12 sind nun gespielt. Zeit dich aus meinem Geist zu schleudern lieber Leser. Du hast das Prinzip verstanden.
Wenn du nun meinst das The Mind witzlos wäre, weil jeder ja im Kopf die Sekunden abzählen könnte, ja, kann man machen. Aber erstens ist das schwieriger als gedacht, zweitens raubt es einem den Spielspaß. Denn es geht nicht um das Zählen von Sekunden, sondern um ein gemeinschaftlichen Gefühl zu entwickeln. Darum wird in den Spielregeln vom Zählen von Sekunden auch ausdrücklich abgeraten, im Prinzip verboten. Wer zählt, der guckt wohl beim Memory auch unter die Plättchen vorm aufdecken.
Spielerfahrung oder Spiel?
Bei The Mind herrscht eine absolut konzentrierte Spannung am Tisch. Das Spielgefühl ist wirklich großartig wenn man als Gruppe in einen Flow kommt und ganz genau spürt, das wir gerade als eine Person spielen. Es klingt vielleicht etwas zu sehr nach Magie, aber der Geist der Spieler vereinigt sich wirklich. Ob man es schafft oder auf dem Weg zum Ziel scheitert, gelacht wird immer! Von daher, ja man hat Spaß, stellt sich nur die Frage von manchem Kritiker: Ist es nicht nur der anfängliche Erfahrung geschuldet und weniger aufgrund des Spielen an sich?
Ich würde sagen es liegt ganz klar an der Spielgruppe. Wer The Mind ausprobiert, als netten Absacker, vielleicht mit wechselnden Leuten, der wird zwar seinen Spaß haben, gerade wegen den neuen Mitspielern, aber hier steht dann die Ersterfahrung im Vordergrund und irgendwann wird The Mind im Regal verstauben. Wer es sportlich angeht, mit den immer gleichen Leuten, für den ist The Mind eine große Herausforderung. Hier tauscht man den Reiz des reinen Erlebnisses gegen das Anwachsen der eigenen Fähigkeit. Sich als Gruppe so einzuspielen, das man wirklich eins ist, über alle Level hinweg und wie in der Spielanleitung erklärt, als nächste Stufe sogar blind spielt, ist ganz sicher eine spielerische Herausforderung. Und zwar in einer frischen einmaligen Art.
Fazit
The Mind kostet nicht viel, ist leicht zu verstehen und bietet eine wirklich absolut innovative und einmalige Spielerfahrung. Von daher, probiert aus und seid dabei wenn aus anfänglich verdutzen Gesichtern, hoch konzentrierte starrende Masken werden. Wer als Spielgruppe in den Flow kommt und eins wird, die Karten in voller Synchronisation ausspielt, ganz ohne Fehler und Kommunikation, der wird ein erhabenes Gefühl erleben. Ob aus diesem Gefühl ein dauerhafter Zustand wird oder nach den ersten Erlebnissen das Spiel im Regal verstaubt, liegt dann am Spieler selber. Denn es erfordert doch schon einiges an Übung bis man mit seinen Mitspielern im Einklang ist. Wer darauf Lust hat, erlebt mit The Mind ein kooperatives Geschicklichkeitsspiel für den Geist, das nicht auf Glück basiert, sondern auf die Synchronisation des Spielens. Und dann hat man mit The Mind auch ein forderndes Kartenspiel und nicht nur eine Erfahrung.
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
„The Mind…bietet eine wirklich absolut innovative und einmalige Spielerfahrung.“
Da ist was dran – meine Spielerfahrung mit „The MIND“ würde ich umschreiben mit „Menschen, die auf Tische starren“ 😉