Kurzcheck: Darum geht es bei Last Aurora
Die Welt ist abgefuckt. Du lebst mit deinem Clan in einer verstrahlten Eiswüste. Die letzte Hoffnung auf Besserung ist die Last Aurora, ein alter Kahn, der in der Bucht ankert und bald mit Kurs auf südlichere Gefilde ablegt. Also trommelst du deine Leute zusammen, besteigst deinen rostigen Truck und drückst aufs Gas. Du willst als Erster ankommen! Das gestaltet sich aber als schwierig. Die Nahrung reicht nicht, Benzin ist noch rarer und dann erwarten dich sicher allerhand Überfälle. Deine montierten Waffen haben kaum Durchschlagskraft und falls du weitere Personen aufgabelst, die dir auf deiner Reise sicher helfen würden, reicht der Platz in deinem Konvoi nicht.
Also besuchst du jede Runde mit deinem Clan wechselnde Ortskarten. Du plünderst Ressourcen, nimmst neue Verbündete auf, triffst Händler und verbessert nicht nur deine Antriebsmaschine, sondern deinen ganzen Konvoi. Gleichzeitig versuchst du beim Wettrennen zum Schiff Abkürzungen zu nehmen, Gefahren auszuweichen und zusätzliche Ressourcen zu ergattern. Das Getriebe von Last Aurora ist dabei eine Mischung aus Workerplacement und Ressourcen- wie Kartenmanagement.
Gefällt mir!
Zwei Dinge gefallen mir an Last Aurora besonders. Das Erste wäre das Management deines Clans inklusive des Trucks. Das ist nämlich gar nicht so einfach! Bist du am Zug und schickst einen deiner im aktiven Bereich liegenden Clan-Karten zu einem Ort, um dort Boni und die ausliegende Ortskarte abzuwickeln, dann wird die Clan-Karte erschöpft. Das kennt man. Das Problem, Karten, die im Erschöpftbereich liegen, werden am Ende der Runde erst in den Ruhebereich gelegt. Erst die Runde danach wandern sie wieder in den aktiven Bereich und auch nur dort können sie ihre Sonderfähigkeit einsetzen! Also brauchst du mehr Clan-Karten, um dauerhaft Aktionen auslösen zu können. Nur brauchst du dafür auch Platz in deinem Konvoi. Mehr Personen bedeuten weniger Platz für Nahrung, Benzin oder Munition!
Also musst du deinen Konvoi vergrößern, was auch nicht so einfach ist. Erst einmal an Orten etwas für deine Zugmaschine finden und dann sind die Teile alle sehr unterschiedlich. Mal mehr Waffenpower, dann viel Stauraum, aber nur für Benzin und Nahrung. Der Wohnmobilanhänger hingegen taugt nur zur Unterbringung von Personen! Warte… kann deine Zugmaschine überhaupt den neuen Container ziehen? Und wenn du durch einen Überfall Schaden erhältst, werden wertvollen Plätze im Konvoi zerstört. Was wirfst du ab? Stirbt gar ein Crewmitglied? Oder opferst du deinen letzten Tropfen Benzin und bleibst diese Runde in der Bewegungsphase stehen? Der Ausbau deines Konvois sieht nicht nur geil aus, sondern macht spielerisch auch echt richtig Spaß!
Der Kampf
Was mir ebenfalls gefällt, ist das Kampfsystem, welches wirklich neue Wege geht. Der gesamte Kampf vom Schaden bis hin zur Beuteverteilung wird über eine einfache, aber pfiffige Kartenmechanik gesteuert. Hier arbeitet man dann auch ein Stück weit zusammen. Wenn die verrückten Raider mit ihren Bikes angerast kommen, dann zerlegt man die nicht mal eben alleine in ihre Einzelteile. Auch nicht mit Chrom und Muttermilch. Es winkt aber immer fette Beute! Wer die bekommt? Nun, je häufiger du auf das Ziel schießt, desto größer deine Chance. Am Ende ist es aber immer etwas Glück. Ein Lucky-Shot mit wenig Schaden kann dir die Beute sichern, während derjenige mit der Vulkan-Kanone dumm aus seinem Geschütz schaut. Unfair? Klar! Aber wir sind eben in der Endzeit. Das muss so.
Das Problem: Umfang
Wir hatten wirklich Spaß in dieser rauen Eiszeit. Ich liebe es immer wieder meinen Konvoi auszubauen, mit den Ressourcen zu hantieren und zu überlegen, wo man wann seine Clankarten hinschickt oder eben nicht, damit sie mit ihren Spezialfähigkeiten mir dauerhaft helfen. Wer die Co-Pilotin in den Supermarkt zum Plündern schickt, der hat eben nicht den Extra-Boost Geschwindigkeit, wenn sie nächste Runde im Ruhebereich liegt. Spannend wird es am Ende! Wenn du nicht einige Runden mit dem Gaspedal den Unterboden massierst und dein hart gesammeltes Benzin verballerst, wirst du die Last Aurora verpassen. Das verändert übrigens die Endabrechnung der Punkte! Gar nicht so unwichtig, kann man im Spiel doch dafür sorgen, das sie früher ablegt.
Doch bei all der Freude, man merkt leider das dies ein Kickstarter war. Das Grundspiel besitzt zu wenig Abwechslung, trotz des zweiten Spielbretts mit anderer Route. In einer Partie zu viert fliegt nur eine einzige Karte aus dem Ortsdeck. Klar, Abwechslung entsteht über die Reihenfolge der gezogenen Ortskarten, trotzdem zu wenig. Wenn man immer die gleichen Truckteile, Gegner und Beute sieht, dann ist das so öde wie die Eiszeit, der man eigentlich entkommen will. Erweiterungen sind hier Pflicht. Das Material-Upgrade ist sicher cool, das Mutanten-Set aber sollte man sich gönnen.
Patzer im Artwork
So stylish Last Aurora auch ausschaut, das Artwork ist in seiner Ausrichtung etwas befremdlich. Bis auf eine Ausnahme sind die Piloten und Clanoberhäupter weiße Männer, begleitet von schwachen Co-Pilotinnen. Es bleibt aber nicht bei dem Problem der Geschlechterzuteilung, welches z.B. durch Kopfgeldjägerinnen teilweise aufgebrochen wird, sondern es betrifft eben auch die Hautfarbe. Es scheint sich in der Endzeit von Last Aurora die Farbe Weiß nicht nur beim Schnee durchgesetzt zu haben. Eine Tina Turner sucht man hier vergeblich. Finde ich ehrlich gesagt extrem uncool.
Fazit
Wie sehr das Artwork in dieser Hinsicht stört, muss jeder selber entscheiden. Ich empfinde es durchaus als sehr groben Patzer! Fern ab davon, weiß Last Aurora spielerisch zu überzeugen. Es macht unheimlich viel Spaß, seinen Konvoi auszubauen und durch die eisige Endzeit zu rasen. Die Atmosphäre ist der V8-Motor dieses Spiels! Überfälle von Raidern, die deinen Konvoi empfindlich treffen können, dazu das geschickte Plündern von Orten, immer die Gefahr der Verstrahlung vor Augen. Der richtige Einsatz deiner Crew und das geschickte Haushalten der knappen Ressourcen sorgen für taktische Planungsspiele. Man riecht förmlich die Muttermilch aus Mad Max: Fury Road. Mit Vollgas also in den Spielspaß? Mitnichten, der Kolbenfresser heißt hier Abwechslung, die im Grundspiel etwas zu gering ist. Wer einsteigen will, sollte sich die Erweiterungen unbedingt anschauen!
Info: In der Spieleschmiede läuft aktuell die Kampagne für die deutsche Version.
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- 25. November 2024
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Schöner Bericht.
Das Spiel ist schon speziell und kann durch seine vielen Entscheidungen und den entsprechenden Auswirkungen durchaus manche Mitspieler in „Analysis paralysis“ treiben. Wenn man auf so Micromanagement, macht es aber super Spaß.
Den Patzer mit dem Artwork ist wirklich unnötig. Ich hätte durchaus eine Truckerlady als Boss erwartet.
Mit dem Problem der Hautfarbe ist dieses Spiel leider nicht alleine. Da ist zB Tortuga 2199 auch genauso plump.
Da scheint die Brettspiel Szene manchmal echt extrem hinterher zu hängen. Dafür, das wir Brettspieler schon jahrelang liebend gerne unreflektiert Ressourcen aus Kolonien erwirtschaftet haben, um sie dann in unsere eigene Wirtschaft einfließen zu lassen, fehlt bei manchen Verlagen/Spielern immer noch ein gewisses Grundtaktgefühl. Es muss nicht alles immer 101% perfekt politisch korrekt sein. Aber je realistischer das Thema, desto mehr muss auf sowas langsam auch geachtet werden. Gerne beim nächsten Addon einfach mehr durcheindergewirbelte Artworks und ich bin zufrieden
Na ja, die ganze Geschichte spielt weit im Norden – da würde man weiße Menschen erwarten. PoC wären befremdlich. Und wenn es nicht zur Geschichte passt, auch ein Stück weit rassistisch.
Und die Truckerladys? Na ja, wie du schon sagtest: Unfair – Es ist Endzeit, dass muss so.