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Die SPIEL.digital ist nun schon ein paar Tage her und anders als viele Kollegen habe ich nicht sofort ein Fazit geschrieben. Mehr noch, ich habe überlegt, ob ich überhaupt etwas schreibe. Am Ende ist das, worüber ich berichten möchte, mir dann doch aber zu wichtig, als dass ich es bleiben lasse. Die SPIEL.digital hat per Newsletter natürlich wieder Rekorde vermeldet, allerdings trügt das alles ein wenig. Am Ende waren auf der SPIEL.digital weniger Besucher als auf der analogen Messe in Essen, obwohl der Eintritt kostenlos und unkompliziert war. Trotzdem ist es beachtlich, dass über 140.000 Besucher erreicht werden konnten, weil die Stimmung sich im Vorfeld beim Endverbraucher, zumindest in meiner Blase, sehr skeptisch, bisweilen lustlos dargestellt hatte.

Leute, Contenance!

Einige haben mit ihrer Kritik ja ordentlich auf die Pauke gehauen. Schlechtes Shop-System, unübersichtlich, zu wenig spielbare Spiele, Livestreams schlecht supportet und dann diese Kacheln. Kleine Verlage wurden zu wenig ins Rampenlicht gerückt und als internationale Leitmesse viel zu viel deutsche Sprache! Und dann dieser Discord-DSGVO-Skandal! Ich habe jetzt noch Schaum vorm Mund. Natürlich nicht! Leute, der Friedhelm Merz Verlag und somit der Veranstalter der SPIEL.digital besteht aus zwei Mitarbeitern! Noch einmal: ZWEI! Dazu sind Brettspiele eher eine analoge Geschichte. Innerhalb kürzester Zeit so eine digitale Messe auf die Beine zu stellen verdient nichts anderes als Respekt!

Natürlich kann man Kritik äußern und die SPIEL.digital verdient Verbesserung für die Zukunft. Nur vergleiche man einmal bitte die SPIEL.digital mit anderen Messeauftritten dieses Jahres. Wie wäre ein Blick auf die GenCon oder noch besser, wagt einen Blick auf die Gamescom. Immerhin eines der größten Videospielmessen der Welt, wohlgemerkt ein digitales Medium. Keines der Angebote erreichte nur im Ansatz die SPIEL.digital an Sachen Information, Einbindung der Community und Möglichkeiten des Austausches. Mir wird da der Ball zu wenig flach gehalten und mir fehlt manchmal der maßvolle Umgang und der richtige Blick auf die besondere Situation durch Corona!

Ich mochte das Kacheldesign.

Ganz persönlich

Was mir ganz persönlich als Medienschaffender nicht gefallen hat, war das Chaos vor der SPIEL.digital. Die Vorberichterstattung war aufgrund der allgemeinen Unsicherheit und der stets verspäteten Planung seitens der Messe einfach nur anstrengend. Welche Spiele sind nun wirklich vorhanden? Welcher Verlag dabei? Wie sieht das CMS aus, was geht wirklich? Der Startschuss war dann erst Anfang Oktober und dann wollten plötzlich alle gleichzeitig loslegen. CMS pflegen, Rezensionen verfassen, Pressemitteilungen ohne Ende und digitale Presse-Events, wobei die wirklich alle toll waren. Trotzdem, ich merkte, wie sich alle auf die Medienschaffenden stürzten, weil die eh Content liefern. Man selbst will die Chance irgendwie auch nutzen, keiner wird ja gezwungen. Aber selbst eine News, gerne über 10 Neuheiten, ist dann so schnell nicht geschrieben. Ich ziehe den Hut vor den Kollegen, die das in noch viel größerer Menge bewerkstelligen, als ich es tue. Ich war an meiner Tastatur trotzdem absolut am Limit und letztendlich stellt man sich dann schon die Frage, warum das höchste der Gefühle ein Rezensionsexemplar ist, wenn man mehr Arbeit und Zeit in die Sache steckt, als ein üblich bezahlter Nebenjob. Mich hat das im Nachgang irgendwie extrem demotiviert.

Die Verlage

Bei allgemeiner Kritik trifft man natürlich auch immer die Falschen, aber insgesamt war für mich das größte Problem die unterschiedliche Qualität bei den Angeboten der Verlage. Einige haben da absolut abgeliefert und tolle Shows, Aktionen und Streams in die Weite des Internets gepustet. Toll, so macht das Spaß! Aber bei vielen Angeboten war ich einfach enttäuscht. Ich weiß ja was das CMS eigentlich liefern könnte. Wenn dann aber Verlage ihre Brettspiele nicht zum Anspielen bereithalten, keine Einkaufsmöglichkeit einbinden, ihre Neuheiten in alle möglichen Kategorien eintragen, dann wird es nicht nur chaotisch, sondern ein frustrierendes Erlebnis. Die Beschaffung von Informationen macht so keinen Spaß, das interaktive Erlebnis schwindet und am Ende landet man beim Kollegen und seiner Vorstellung, die man vielleicht sogar schon kennt. Seitens des Verlags? Teilweise nichts und nada! Das fand ich schon Schade, denn die SPIEL in Essen macht doch eben auch deswegen Spaß, weil die Verlage sich ordentlich reinhauen. Spieltische, Erklärbären, schicke Aufmachung, ja man schlendert mit Begeisterung durch die Hallen. Ich habe mich aber weniger gern durch die Kacheln auf der SPIEL.digital geklickt und das lag eben nicht am kritisierten Kacheldesign, sondern am Inhalt.

Nicht mein Tanzbereich, die Listenansicht.

Fazit

Ich möchte in diesen schweren Zeiten dem Friedhelm Merz Verlag nichts vorwerfen, sondern bin dankbar, dass sie den Schritt in die digitale Welt gegangen sind und dabei viele andere Messen im Vollspeed überholt haben. Sie haben eine Plattform geboten, die zwar nicht perfekt war, aber wenigstens etwas Brettspielfreude in dieses triste Jahr gebracht hat. Raum für Verbesserungen ist definitiv vorhanden, aber eben nicht nur beim Friedhelm Merz Verlag, sondern auch aufseiten der Verlage. Aus meiner Sicht wurde sich zu stark auf die Medienschaffenden gestützt und dabei vergessen, das man auch selbst Aktionen und Events planen kann und vor allem die Inhalte richtig ins CMS pflegt. Ich habe keine Lust mich im Bereich Kennerspiele durch Neuheiten für Familien zu wälzen und wenn ich ein Shop-Link aufrufe, will ich nicht auf „404 Not Found“ landen. Ich möchte auch keine direkte Weiterleitung zur normalen Website, dann kann man sich den Messeauftritt auch sparen. Wie gesagt, nicht überall war es so suboptimal und natürlich waren auch wahnsinnig gute Inhalte vorhanden. Am Ende war es für alle Neuland und jeder hat das Potenzial sich im nächsten Jahr zu verbessern. 

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