Lesezeit: 7 Minuten
Am Samstag wurde es mit Star Wars Legion auf meinem Wohnzimmertisch episch! Ich führte die Truppen von Darth Vader gegen den Rebellenabschaum. Natürlich reicht für eine abschließende Meinung eine Partie nicht aus, allerdings lässt sich mit 24 Jahren Erfahrung in Tabletops nach einem intensiven Samstag schon ein vorläufiges Fazit ziehen. Nämlich darüber ob ich in das Imperium investieren werde, wie einsteigerfreundlich Star Wars Legion ist und was gut und weniger gut gefällt.

Kurzcheck: Darum geht es in Star Wars Legion

Die Startaufstellung. Das Szenario gab vor drei Punkte auf der Mittelachse zu halten. Spielfeldgröße entspricht nur der Demospielvorgabe.

Ganz einfach: Das Imperium und die Rebellen geben sich auf die Ohren Helme! Vorher wird eine Armeegröße vereinbart, jeder Spieler baut nach dieser Vorgabe seine Armee auf. Ähnlich wie beim erfolgreichen Tabletop X-Wing basieren die Armeepunkte aus Grundpunkte für eine Einheit plus diverse Ausrüstungskarten. Danach werden Startspieler, Szenario und etwaige Sonderregeln für das Spiel festgelegt. Wer X-Wing kennt, wird sich schnell zurecht finden, aber ebenso fix merken das Star Wars Legion eine Schippe mehr an Anspruch besitzt. Oberflächlich betrachtet merkt man das zuerst am Mehr an Sonderregeln auf den Truppenkarten und den zusätzlichen Würfeln und Token. Dieser Eindruck bestätigt sich dann im Spiel. Star Wars Legion ist sicher noch auf der seichteren Seite der Tabletops einzuordnen, hat mich aber doch mit spürbaren Tiefgang überrascht.

Vergiss Imperial Assault

Bevor wir in das Spiel eintauchen ein paar Worte zum Material. Das ist gewohnt hochwertig! Die Barrikaden sind nett, für ein interessantes Spiel fehlt es aber an Gelände in der Grundbox. Wer ernsthaft Star Wars Legion spielen möchte, muss also in Gelände investieren. Maßbänder braucht man nicht, man bewegt sich mit Plastikschablonen. Vorbildlich! Die Miniaturen sind sehr gut geworden. Der Maßstab mit 32 mm ist Tabletop Standard und die Details der Figuren sind zwar nicht auf Games Workshop und schon gar nicht auf Infinity Niveau, aber doch ansehnlich genug. Hier will man den Pinsel schwingen! Daher vergesst bitte die Imperial Assault Figuren. Manch einer hat im Vorfeld ja damit geliebäugelt die Figuren für Star Wars Legion zu nutzen, aber willst du wirklich viele kleine häßliche Brüder der Stormtrooper in den Kampf schicken? Ich würde es nicht wollen.

Was mir richtig gut gefällt

Feuer frei!
Die Gleiter-Einheit beginnt auf der rechten Flanke das Spiel, zu sehen am Befehlsmarker. Der Angriffswurf war grandios! Der gegnerische Trupp wurde auf einen Schlag fast vollständig ausgelöscht.

Was ich wirklich abfeiere, weil es so wunderbar thematisch ist und mich meinen Star Wars Film im Kopf abspielen lässt, aber gleichzeitig auch spielerisch Tiefgang bietet, ist die Regel des Niederhalten. Truppen die vom Gegner getroffen werden, kriegen einen Niederhaltenmarker. Der sorgt erstmal dafür das sich die Einheit zusammenkauert und Schutz sucht. Das gibt ihr einen kleinen Bonus für die Verteidigung. Erreichen die Niederhaltenmarker allerdings die Stufe ihrer Tapferkeit, ist es um die Moral des Trupps schlecht bestellt.

Angst macht sich breit und die Einheit verliert eine Aktion. Da jeder Einheit nur zwei Aktionen hat, ist das schon sehr heftig zu spüren. Einfache Geschichte: Nach vorne rennen (1. Aktion) und schießen (2. Aktion) ist dann nicht mehr. Nur nach vorne Rennen? Suboptimal. Erhält eine Einheit doppelt so viele Niederhaltenmarker wie ihr Tapferkeitswert, steigert sich die Angst in Panik und die Einheit flieht. Als einzige Aktion muss sie dann Bewegung wählen und sich zur nächsten Tischkante bewegen.
Jeder Commander darf bei der Aktivierung der Einheit allerdings versuchen die Niederhaltenmarker zu reduzieren und seine Truppen zu sammeln. Insgesamt rockt die Mechanik einfach! Es entstehen taktische Feuergefechte und das Ballern auf den Gegner macht hier und da auch Sinn selbst wenn man keinen Schaden macht, weil man die gegnerischen Truppen verlangsamt oder aufreibt.
Bewegung 2.0
Jeder kennt den Horror, der hier und da bei ehrgeizigen Turnierspielern auch zum Streit führen kann: Truppenbewegung. Maßband und dann wird jeder der Figuren eines Trupps Millimeter genau bewegt und positioniert. Absolut lästig! In Star Wars Legion bewegt man nur den Truppenanführer, alle anderen Figuren der Einheit werden dann einfach in Reichweite der Geschwindigkeit-1-Bewegungshilfe gestellt. Völlig unkompliziert! Da auch nur vom Truppenführer die Schussreichweite gemessen wird, gibt es hier auch keine Vorteile wenn man die anderen Figuren weiter nach vorne stellt. Eher erreicht man leichter die nächste Deckung. Gut, ein kleiner Vorteil, der unfair wirken kann. Aber da beide Spieler darauf zugreifen können und die Bewegung wirklich super locker von der Hand geht, bin ich sofort Fan davon geworden.
Zweiter Spielzug: Rechts oben der einsame Kommandant seines ehemaligen Trupps. Die Sturmtruppen sind mit Darth Vader vorgestürmt und wurden nun niedergehalten. Luke verschanzt sich noch hinter der Deckung.
Zugreihenfolge
Abwechselnde Aktivierung von Einheiten zwischen beiden Spielern kennt man nun zu genüge. Diese Mechanik setzt sich zunehmend durch, weil es einfach taktischer und flüssiger und damit spaßiger ist. In Star Wars Legion kommen aber noch die Kommandokarten und Befehlsmarker hinzu. Von den Kommandokarten hat jeder Spieler mindestens sieben auf der Hand. Diese setzen sich Zusammen aus gleichen Standardkarten und zusätzlichen Karten je nach gewählten Anführer. Jede Einheit/Figur im Spiel hat zusätzlich einen Befehlsmarker. Diese werden gemischt und dann gestapelt.
Oben links die Priorität, unten mittig die Einheiten die man selber aktivieren darf. Statt Sonderregel gibt es bei dieser Karte nur Fluff.

Wenn ich an der Reihe bin, decke ich das oberste Plättchen auf und diese Einheit muss dann aktivieren. Es ist also Zufall welcher Trupp seine Aktionen ausführt. Äh, wie bitte?! Das wäre doch der taktische Supergau! Daher gibt es die Kommandokarten. Diese haben eine unterschiedliche Priorität und verschieden viele Befehle (und Sonderregeln die ich hier außen vor lasse). Die Priorität zeigt an wer den Zug beginnt. Die Befehle sorgen dafür, das ich aus dem Stapel der Befehlsmarker mir entsprechend der Kommandokarte Marker raussuche und sie neben die Truppen auf dem Spielfeld platziere. Bin ich nun an der Reihe kann ich entscheiden ob ich eine Truppe aktiv auswähle oder zufällig vom Stapel. Die Kommandokarten sind dabei grob so aufgeteilt das je höher die Priorität, je niedriger die Anzahl an Befehlen und somit koordiniertem Möglichkeiten. Auch hier kann ich nur sagen, absolut frische Mechanik die ungemein viel Spaß macht und thematisch wieder wunderbar passt.

Erschöpfung
Ich hab diesen mächtigen Raketenwerfer als Aktionskarte. Man kennt das Vorgehen dann. Erst benutzen, sich über den Schaden freuen, dann die Karte tappen (drehen) um anzuzeigen das die Waffe abgefeuert wurde. Am Anfang der nächsten Runde werden alle Karten wieder gedreht und Waffen schussbereit. Vergiss diese Mechanik für Star Wars Legion! Hier enttappt sich gar nichts von alleine. Um Karten wieder zurückzudrehen muss der Trupp die Aktion Erholung benutzen. Das schmerzt oft, weil man eigentlich immer etwas anderes machen möchte. So wird der Einsatz von mächtigen Zusatzfertigkeiten oder Waffen wesentlich taktischer und auch passender. So ein Raketenwerfer lädt sich halt nicht von alleine nach!

Was mir weniger gefällt

Abzocke oder nur Unpraktisch?
Demo-Tische und Einsteigerregeln zeigen immer wieder ein 90 cm x 90 cm großes Spielfeld, allerdings ist die eigentliche Spielfeldgröße 180 cm x 90 cm. Das birgt zwei Probleme. Für ein Einsteiger Tabletop – wobei ich Star Wars Legion vielleicht etwas höher ansiedeln würde – sind 180 cm schon sehr breit! Man braucht ja noch Platz für Marker, Karten und Co! Daher ist ein Tisch in der Größe 100 cm x 200 cm schon erforderlich. Hat sicher nicht jeder! Viel nerviger für mich persönlich ist aber das Format. Ich habe nun durch diverse andere Spiele einige Tabletop-Platten und hätte theoretisch eine Platte für ein Star Wars Wüsten-Setting und für eine Schlacht in einer Stadt. Aber keines der Spielfläche hat im Ansatz dieses Format. Ich kenne 120 cm x 120 cm, oder 90 cm x 90 cm oder ganz klassisch, 120 x 180 cm. Ich muss also komplett neu investieren. Wer Mauspadmatten bevorzugt muss auch hier in ein neues und natürlich teures Format investieren. Weiterer Nachteil durch die Größe der Platte, man braucht wesentlich mehr Gelände damit Spielspaß aufkommt.
KOPFKINO! Oben rechts steht Luke…
Szenarioregeln
Ich liebe Szenarios! Einfach stumpf Spielfeld aufbauen und ein paar Würfel werfen ist nicht so meins. Von daher finde ich den Ansatz von Star Wars Legion mit Szenarien super. Dabei verändern sich Aufstellungszonen, die Siegbedingungen und es gibt Sonderregeln durch das Wetter. Alle drei Parameter werden über ein Mechanismus ausgewählt – man hat hier also eine bunte Mischung. Zu viele Mischungen verderben leider den Brei, oder so ähnlich. So lobenswert der Ansatz ist, manch Konstellation der Sonderregel tilgt eher den Spielspaß. Und die Siegbedingungen sind bisher auch nicht wirklich spektakulär sondern absoluter langweiliger Durchschnitt. Hier ist noch ordentlich Luft nach oben, denn ein Infinity spielt da missionstechnisch drei Klassen höher. Gerade aufgrund der Filmvorlagen könnte Star Wars Legion eigentlich bei den Szenarien taktisch wie atmosphärisch richtig glänzen, vielleicht kommt das ja noch?!

Fazit

Mich hat der spielerische Anspruch von Star Wars Legion überrascht! Klar, es ist kein Warmachine oder Infinity, aber doch komplexer als ein Star Wars: X-Wing. Star Wars Legion begeistert mit den Kommandokarten, dem taktischen Kniff des Niederhaltens oder dem nicht automatischen aktivieren verbrauchter Vebesserungskarten. Viele kleine Sonderregeln, die man zum Teil auch von Tabletop-Schwergewichten kennt (Deckung, Gelände, Armeeaufbau) runden das Paket ab. Wenn Sturmtruppen auf Rebellen stoßen und zwischen Barrikaden Feuergefechte entstehen, man sich gegenseitig niederhält und nur mit Risiko nach vorne stürmen kann, ja dann flackert gefühlt Blasterfeuer über den Tisch. Wenn dann noch Darth Vader, völlig langsam, aber unaufhaltsam durch Immunität gegen Niederhalten, den Rebellen entgegen marschiert und Luke dynamische Nahkampf-Sturmangriffe ausführt, dann ist mehr Star Wars Atmosphäre auf dem Tisch als zuletzt auf der Kinoleinwand. Da fällt das aus meiner Sicht ungünstige Format kaum noch ins Gewicht – einzig bei den Szenarien muss sich Star Wars Legion noch ordentlich steigern. Ich zumindest bin mächtig angefixt

Star Wars Legion

85 €
8.5

AUSSTATTUNG

8.5/10

SPIELIDEE

8.5/10

SPIELSPASS

8.5/10

Kurzfakten

  • Frische Spielideen
  • Star Wars Flair gut eingefangen
  • Schöne Miniaturen
  • Spielfeldgröße suboptimal
  • Szenarien noch schwach

Spielinformationen

  • Genre: Tabletop
  • Spieler: 2
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: +120 Minuten
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • AUSSTATTUNG

    9

    SPIELIDEE

    6

    SPIELSPASS

    4

    Ich habe mir damals Star wars Legion geholt da ich Star Wars Fan bin und Tabletop begeistert. Dachte Cool eine Warhammer 40k Konkurrent, ich persönlich bin der Kampagnen orientiert und Szenario Spieler. Ich freute mich die schlachten von Star wars und klonkriege nachzuspielen bis zum Schluß hofften ich und mein Spielekreis das diesbezüglich separate Kampagnenbücher rauskommt. Leider wurden wir enttäuscht meiner Meinung handelt es sich bei SW Legion um ein knallhartes Tuniersystem was nicht jedermanns Sache ist schade Mann hätte viel mehr daraus machen können. Wir haben die Hoffnung aufgegeben und haben fast alle wieder aufgehört.

    Antworten
    • Letztendlich kann ja jeder in seinem privaten Kreis so spielen wie er mag. Schade, dass ihr keinen Gefallen am Spiel gefunden habt. Ich finde es echt gut.

      Antworten

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