Kurzcheck: Darum geht es in Mind MGMT
In Mind MGMT geht es darum, dass ich mir gedankliche den Arsch aufreiße, als Management von der Weltherrschaft träume, genauso wie man das als Brettspiel Blogger so tut und dann gewinnen diese abtrünnigen Agenten als Gruppe durch reines Glück. Ihr Arschköpfe, ich könnte auch noch immer den Sichtschirm über die Nase ziehen! Okay, zugegeben, eigentlich geht es darum, dass eine Person am Tisch das Management übernimmt und hinter einem Sichtschirm verdeckt seine Route plant, um bis zum Spielende unentdeckt zu bleiben. Alternative wäre an verschiedenen Ortsfeldern mit Merkmalen, die seinen vorher geheim gezogenen Merkmalskarten entsprechen, zwölf Agenten zu rekrutieren.
Die anderen am Tisch versuchen hingegen mit den Aktionen Fragen, Offenbaren, Verhören und Lahmlegen ihre vier abtrünnigen Agenten durch den Ort zu peitschen, um die Spur des Managements nachzuvollziehen und ihn letztendlich zu fangen. Das Grundprinzip ist seit Scotland Yard aus dem Jahr 1983 bekannt. So sehr mein rosarotes Kinderherz an diesem Titel hängt, es ist gegen Mind MGMT spielerisch so sexy wie Bockwürstchen auf Pizza. Wo liegt also das Geheimnis versteckt?
Das Management beginnt
Spielaufbau. Ich habe geheim drei Merkmale gezogen: Palme, Bus und Brunnen. An Ortsfelder mit diesen Merkmalen kann ich Agenten rekrutieren. Pro Ortsfeld gibt es immer zwei verschiedene Merkmale und jedes Feld bietet eine andere Kombination. Vorm Spielstart darf ich von einem selbst ausgewählten Punkt schon fünf Schritte laufen. Geil! Danach ist es 5 h morgens. Ja, Spielrunden werden in Uhrzeit gemessen. Bevor jetzt die Partie wirklich losgeht, muss ich der Gruppe offenbaren, wie viele Agenten ich schon rekrutiert habe. Durch meine geschickte Bewegung sind das vier Agenten! Jetzt beginnt das eigentliche Spiel.
Mein Kopf hinter dem Sichtschirm geht in den Tomatenmodus. Wohin soll ich gehen? Kein Feld darf innerhalb der Partie zweimal betreten werden, wo bewegen sich gleich die abtrünnigen Agenten hin? Welche Route bringt mir die meisten Agenten in kürzester Zeit ein? Knifflig! Ich bewege mich einen Schritt weiter und stehe an einem Ort mit einem Bus. Bäm. Wieder einen Agenten rekrutiert. Das muss ich aber nicht kommunizieren, weil nur alle 2 Stunden offengelegt wird, wie viele Agenten ich rekrutiert habe. Es ist jetzt 6 h. Läuft bei mir, ich rieche die Weltherrschaft!
Lauchige Rekruten?
Jetzt hat die Gruppe Tomatenköpfe. Herrlich, ich genieße das Zuhören bei der strategischen Planung der Gruppe. Der erste abtrünnige Agent bewegt sich und darf nun eine Aktion ausführen. Auf dem Feld des Agenten ist eine Werbetafel und ein Tuk Tuk abgebildet. Meine bezaubernde Frau zündet die Aktion Fragen und darf mich nun zu einer der zwei Merkmale befragen. Sie entscheidet sich für das Tuk Tuk. Wichtig: Es geht nicht darum, ob ich in diesem Feld stehe, sondern ob ich irgendwann und irgendwo ein Feld mit einem Tuk Tuk betreten habe. Ich checke meine Route und pfeffere voller Freude ein lautstarkes „Nein“ durchs Wohnzimmer.
Jetzt wird es interessant, weil so ein Nein ganz schön viel preisgibt. Die Gruppe zückt die lackierten Gedankenblasenplättchen und beschriftet es mit „6 h X“ und legt auf jeden Ort mit Tuk Tuk solch eine Gedankenblase. Ui, ganz schön viele Infos durch eine Frage. Jetzt ist der nächste abtrünnige Agent dran. Gefahrensucher-Enno bewegt auch seine Figur auf ein Feld mit Palme und Brunnen. Palme! Ich bekomme schwitzige Hände. Die Frage zur Palme folgt prompt. Argh. Ich checke meine Route. Zweimal habe ich ein Feld mit Palme besucht und dort Agenten rekrutiert. Ich lege nun ein rotes Fußspurenplättchen auf ein Ort mit Palme, das am weitesten in meiner Route zurückliegt.
Es eskaliert
Kürzen wir etwas ab! Ich bewege mich weiter, sammle noch einen Rekruten bei einem Bus, muss jetzt aber offenbaren, das ich zwei weitere Agenten seit Spielbeginn rekrutiert habe. Es sind halt zwei Runden Stunden vergangen. Babo-Björn bewegt nun seinen Agenten auf mein rotes Fußspurenplättchen und fragt, zu welcher Uhrzeit ich dort war. Ich offenbare 3 h. Auch dies vermerkt die Gruppe mit einem selbst beschrifteten Gedankenblasenplättchen. Jetzt geht die Eskalation los und es entsteht bei uns allen eine Mischung aus Adrenalin, Gänsehaut und Bluthochdruck!
Die Gruppe weiß nun, auf welchen Feldern ich bis 6 h nicht war, sie weiß, das ich um 3 h auf dem Feld mit dem roten Fußplättchen war und sie weiß, ich habe bis zu diesen Punkt 6 Agenten durch maximal 3 Merkmale rekrutiert. Es eskaliert die Diskussion am Tisch! Welche Kombinationen aus Feldern und Merkmalen im Umkreis des eines Feldes, wo ich sicher war, könnte dafür sorgen, das ich die Anzahl an Agenten auf meine Seite gezogen habe? Welche Merkmale sollen als nächstes abgefragt werden? Wie lässt sich das alles enger eingrenzen?
Einfach nur geil!
Aus diesen Diskussionen versuche ich meine Route zu optimieren. Vielleicht drücke ich auf die Bremse mit den Rekruten? Fast alles, was ich mache, kann mit den richtigen Aktionen der Gruppe mir die Beine brechen. Ich muss höllisch aufpassen, nicht zu viele Merkmale gar nicht zu besuchen. Gleichzeitig ist nur ein besuchtes Merkmal, welches nah zu meiner aktuellen Position ist, ein möglicher Todesstoß. Die Route aber so zu wählen, dass man in gewissen zeitlichen Abstand immer zwei Merkmale besucht hat, ist brutal schwer, weil man ebenso Agenten einsammeln möchte und von den abtrünnigen Agenten fernbleiben will. Purer Nervenkitzel bei der Planung!
Aus der anderen Perspektive ist Mind MGMT nicht weniger interessant und fantastisches Deduktions-Gold! Es ist so motivierend, mit den begrenzten (!) Gedankenblasenplättchen die Schlinge aus eigenhändig beschrifteten Informationen auch visuell auf dem Spielfeld enger zu ziehen. Aus einer hoffnungslosen Lage, mit viel zu vielen möglichen Routen des Mind MGMT und einer maximalen Überforderung entsteht über gemeinsame Gedankenspiele und den richtigen Fragen langsam ein Bild. Das gelingt auch, weil die Merkmale in Sachen Anzahl, Verteilung auf dem Spielbrett und den gebildeten Pärchen einfach passen.
Da geht mehr!
Menschen, die meine Rezensionen lesen und Mind MGMT kennen, die laufen wahrscheinlich schon heiß. Ja, ich habe viele Dinge nicht genannt, die durchaus relevant sind. So gibt es Möglichkeiten für das Team der abtrünnigen Agenten Merkmalskarten hinter dem Sichtschirm zu erraten. Gelingt dies, verliert das Management ein Merkmal zur Rekrutierung. Ebenso gibt es Spezialaktionen über einmal benutzbare abtrünnige Agentenkarten, die unfassbar stark sind und auch jeder Charakter besitzt eine Fähigkeit. Auch das Management hat mehr Möglichkeiten, besitzt es z. B. auf dem Spielfeld Unsterbliche-Figuren, die abzufragende Merkmale für die Gruppe blockieren oder selbst rekrutieren können. Auch eine spezielle Bewegung kann man ausführen. Tiefgang ist also vorhanden, aber gelungen ist dieses Spiel aufgrund des Grundgerüsts. Untergehen soll an dieser Stelle auch das Shift-System nicht. Die verlierende Seite darf nämlich einen Umschlag öffnen, der für die nächste Partie neue Vorteile bringt. Ein kleines partieübergreifendes Modulsystem steckt also genauso wie eine optionale App mit Solo-Modus mit drin.
Fazit
Mind MGMT hat mich auf den zweiten Blick visuell verzaubert. Die Gestaltung ist nicht nur frisch, sondern das gesamte Spiel steckt voller versteckter Hinweise und kreativen Einfällen. Ich liebe Brettspiele, die als Gesamtkunstwerk durchgehen! Viel wichtiger ist allerdings das spielerische Grundgerüst, welches mit all den anderen deduktiven „Mister-X-Spielen“ den Fußboden nicht nur aufwischt, sondern gänzlich abreißt. Spannung hinter dem Sichtschirm, aber vor allem deduktives Gold für die Gruppe der abtrünnigen Agenten. Wie du hier mit selbst beschrifteten Plättchen und ordentlich (!) Hirnschmalz, aus einer gefühlt unendlichen Summe an Routen langsam ein Bild herausschälst, ist abnormal motivierend. Ja, das Hirn brutzelt am Ende bei allen am Tisch, aber dafür erlebt man eben auch eines der besten Spiele seiner Art. Falls eine Seite so viel besser spielt als die andere, sorgen kleine freischaltbare Module für die richtige Balance. Quintessenz: absolute Empfehlung meinerseits!
Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber
- 26. Dezember 2024
- 20. Dezember 2024
- 18. Dezember 2024
- 12. Dezember 2024
5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Geil! Ich hab so Bock drauf 🙂
Kannst dich auch freuen! Wir hatten so lustige Partien. Und der Spielspaß hält auch an. Wirklich ein richtig cooles Spiel.
Danke für die tolle Rezi. Ich warte so sehnsüchtig, dass es endlich wieder verfügbar ist.
ich hätte damals fast beim Kickstarter mitgemacht, weil mich dieses abgedrehte Design in Verbindung mit dem Agenten-Thema total anspricht. Hab mich dagegen entschieden. Dann in der Spieleschmiede fast mitgemacht, aber wieder dagegen entschieden. Ich dachte, dass wäre eher ein Blender. Dann kamen die sehr guten, teilweise sogar euphorischen Kritiken. Und nun bin ich beim zweiten Anlauf in der Schmiede dabei und kann es echt kaum noch erwarten. Dein Test steigert meine Vorfreude aufs Unendliche
Cool! Dein Werdegang ist dann fast wie meiner, nur mit dem Unterschied, dass ich bei der Spieleschmiede mitgemacht habe.