Manchmal merkt man beim Spielen und vor allem danach, dass gerade etwas Besonderes passiert ist. Spirit Island ist so ein Brettspiel! Ich sah mich abends im Bett noch in der Spielanleitung wühlen. Die nächste Partie war während der aktuellen schon im Kopf. Untypisch für mich, der Drang, in jeder freien Minute selbst Solo die Insel der Geister zu besuchen. Spirit Island ist in vielerlei Dingen außergewöhnlich! Zeit meine fantastische Reise zu den Geistern zu erklären.
Kurzcheck: Darum geht es in Spirit Island
Im kooperativen Brettspiel Spirit Island übernehmen die Spieler unterschiedliche Geister, die auf einer Insel im Einklang mit einem indigenen Volk leben. Dann erscheint eines Tages der europäische Mensch mit seiner aggressiven Eroberungskultur. Städte und Dörfer werden errichtet, Entdecker pflügen durchs Land und zerstören die Flora und Fauna. Man kennt dieses Szenario aus jedem 4X-Spiel. Nur übernimmt hier das Brettspiel den Eroberungs-Part. Die Spieler versuchen durch das Ausspielen von Karten das Land zu retten, das indigene Volk zu schützen, den Invasoren das Fürchten zu lehren und Dörfer und Städte mit der Gewalt der Natur zu tilgen.
Das Gefälle ist am Anfang klar. Die Invasoren sind stark, die Geister noch nicht kampferprobt und schwach. Neben dem Krieg gegen die Invasoren, geht es also auch um die Entwicklung der Geister – Tableauentwicklung wie Deckbuildung. Dabei begeistert Spirit Island durch eine extrem hohe Modularität, welche vor allem Anfängern entgegenkommt. Denn so ist ein seichterer Einstieg möglich. Denn eines ist Spirit Island auf jeden Fall, extrem herausfordernd!
Die bösen Invasoren
Schnell lernt man diese Plastikfiguren zu hassen! Wie schnell sie sich ausbreiten und die Insel einnehmen. Wer sich nur ein wenig thematisch in seinen Geist einfühlt, der ballt hier schnell die Faust. Die Ausbreitung wird über ein Kartendeck und drei hintereinander geschaltete Slots auf dem Invasorentableau gesteuert. Sind die Invasoren am Zug, wird zufällig eine Karte aufgedeckt, die den Landstrichen auf der Insel entsprechen. Im ersten Slot werden Entdecker auf das entsprechende Gebiet gestellt, dann wandert die Karte weiter. In der nächsten Runde wird in diesem Gebiet gebaut, danach der Landstrich verwüstet. Verwüstungen wiegen besonders schwer, da diese Ödnis erzeugen. Sind alle Ödnismarker im Spiel, haben die Spieler verloren.
Erschwerend kommt hinzu, dass jede Runde eine neue Karte gezogen wird, sodass sehr schnell in allen drei Slots eine Karte liegt. Während man also die Ödnis in den Wäldern bekämpft, breiten sich Entdecker im Sumpf aus und im Gebirge wird fleißig gebaut. Die Invasoren üben schon auf einem niedrigen Schwierigkeitsgrad enormen Druck aus! Das ist wichtig für die Spannung, aber auch für das Spielgefühl. Man merkt förmlich wie die Invasoren die Insel auf links drehen und die Natur mit dem Rücken zur Wand steht. Voller Einsatz ist gefragt!
Das Erwachen der Geister
Zeit, dass die Geister sich erheben! Die Geister haben alle etwas gemeinsam: Ein eigenes Startdeck, zum Rundenbeginn immer die Wahl aus drei Startaktionen und Spezialfähigkeiten, die durch passende Elemente ausgelöst werden. Die Startaktionen, Spezialfähigkeiten, wie auch das anfängliche Deck, unterscheiden sich aber zum Teil dramatisch voneinander. Spielerisch wie auch thematisch ist Spirit Island eine Wucht! Als wütender Geist des Meeres bin ich nur stark an den Küsten, als Geist des Schattens agiere ich eher über Furcht und Kontrolle, weniger durch direkten Schaden. Als Erdgeist bin ich mächtig, aber sehr langsam in alle meinen Aktionen. Die Geister entwickeln sich unterschiedlich, unterscheiden sich bei der Anzahl an maximal auszuspielenden Karten pro Runde, der Ausbreitungsgeschwindigkeit auf der Insel und der Energiegewinnung.
Es macht einfach wahnsinnig viel Spaß in die Geister einzutauchen, sie zu entwickeln, zusammen mit Mitspielern Symbiosen zu erkennen und eben auch zu scheitern. Nicht alle Geister passen gut zueinander, mancher Geist erschließt sich erst nach einigen Partien. Du wirst hier probieren wollen! Nach einer Partie, ob gewonnen oder vor allem beim Verlieren, gleich noch einen Versuch wagen. Durch die Andersartigkeit, bei ordentlicher Komplexität, vernichtet Spirit Island gleich das nächste Problem vieler kooperativer Spiele: den Alphaspieler. Keiner überblickt hier alles, schon gar nicht das Deck anderer Spieler. Jeder hier ist wichtig und muss sich einbringen – grandios!
Spielmechanik die Spaß macht
Ich will euch nicht mit Details erschlagen, dafür sind die Spielregeln da. Aber ein paar Worte müssen sein. Die Spannung entsteht nicht nur durch das forsche Auftreten der Invasoren, sondern auch durch die unzähligen Möglichkeiten, wie die Spieler vorgehen können. Da wäre zum Beispiel die Furcht, einer meiner Lieblinsgmechaniken! Durch unterschiedliche Aktionen (Karten, Dörfer oder Städte vernichten) sorgen die Geister für Angst und Schrecken unter den Invasoren. Heißt, es wandern Furchtmarker in einen Pool. Ist dieser am Maximum, löst man in der nächsten Invasorenphase eine Furchtkarte aus. Besser noch, hat man genügend Furchtkarten ausgelöst, steigt die Furchstufe, das erleichtert die Siegbedingungen. Die Menschen, die anfänglich kaum an Geister glauben, kriegen plötzlich feuchte Hosen!
Übermütig sollte man trotzdem nicht werden. Wir Geister sind zarte Pflänzchen! Macht haben wir nur dort, wo wir auf der Insel eine Präsenz haben – dargestellt durch Holzscheiben. Als Aktion kann ich meine Präsenz ausweiten – muss dafür aber oft auf andere Dinge verzichten. Hierfür nehme ich eine Holzscheibe vom Tableau und schalte dort Vorteile frei, gleichzeitig darf ich meine Scheibe auf der Insel platzieren. Wo und wie hängt vom Geist ab. Viele Karten kann ich nur dort aktivieren, wo ich zumindest angrenzend, eine Präsenz habe. Bricht in einem Gebiet die Ödnis aus, vernichtet das auch meine Präsenz. Der Drahtseilakt, nah an den Invasoren zu sein, damit man wirkungsvoll kämpfen kann, aber nicht zu nah, damit ich nicht vernichtet werde, sorgt für spannende strategische, wie taktische Planungen.
Erfrischendes Deckbuilding
Deckbuilding ist hingegen ein alter Hut, macht aber auch in Spirit Island noch Spaß. Zur Auswahl stehen schwache und starke Karten, von denen man vier zieht und sich eine aussuchen darf. Fies, wer sich für eine starke Karte entscheidet, muss eine andere aus seinem Deck abwerfen. Das fällt oft schwer, auch wenn man damit theoretisch sein Deck ausdünnen könnte. Weiter muss man die Elemente, die jeder Karte zugeordnet sind, beachten.
Die Elemente sind wichtig für die Spezialfähigkeit eines Geistes. Für deren Aktivierung müssen die passenden Elemente ausliegen. Das ist innerhalb einer Runde gar nicht so einfach! Die Kartenhand wird leer gesaugt und auch die Energiekosten muss man stemmen können. Gleichzeitig macht es das Draften der Karten knifflig. Der Kompromiss aus mächtigen Karten und passenden Elementen muss gefunden werden. Und zusätzlich sollte die Balance zwischen Sofort-Fähigkeiten und Verzögerte-Fähigkeiten gehalten werden. Man spielt zwar alle Karten vor der Invasorenphase aus, aktiviert werden aber erstmal nur die Sofort-Fähigkeiten. Die verzögerten Fähigkeiten aktivieren erst nach der Invasorenphase. Durch diese Trennung ist das Planen der Aktionen ungemein schwieriger, weil man viel mehr antizipieren muss.
Die Metaebene und das Material
Spirit Island passt in unsere gegenwärtige Situation. Vielleicht fesselt es auch deswegen so sehr. Eine Utopie, wo die Guten, in Form der Natur, den Menschen Einhalt gebieten. Das spiegelt sich auch im Material wider. Für manchen oberflächlichen Betrachter ist das Spielmaterial ziemlich wild zusammengestellt, daher unruhig, ja bisweilen hässlich – vor allem das Plastik. Nur, wie witzig ist bitte der Wink mit der Brechstange: das Böse wird im Spiel durch Marker und Figuren aus Plastik, das Gute, in Form der ursprünglichen Völker und Geister, in Holz dargestellt. Das Spielmaterial ist somit emotionaler Anker und wichtig für das Erlebnis. Was stören kann, ist das sehr weiche Plastik und deren Selfmade-Optik. Leichter Punktabzug im Detail. Wer sich an der bunten, eher abstrakten Inseloberfläche stört, darf übrigens gerne auf die thematischere Rückseite wechseln – allerdings mit einem Anstieg des Schwierigkeitsgrads erkauft.
Module ohne Ende
Abseits neben den unterschiedlichen Geistern, Inselteilen und der großen Variation beim Deckbuilding, bietet Spirit Island enorm viel Gestaltungsspielraum. Wie die Insel auf die Ödnis reagiert, kann ebenso verändert werden, wie die Fähigkeiten der Invasoren. Hier gibt es drei Nationen, die sich unterschiedlich Ausbreiten und mit Sonderregeln aufwarten. Jeweils in 6 verschiedenen Schwierigkeitsgraden pro Nation. Dazu gibt es Szenarien, die den Inselaufbau und die Start- und Siegbedingungen ändern. Kombinierbar ist das dann noch mit dem thematischen Inselaufbau, der vorgibt, wie die Inselteile liegen müssen.
Fazit
Ich könnte noch so viel über Spirit Island schreiben und mich in Details verlieren, denn Spirit Island ist ein Geniestreich und neben Pandemic Legacy für mich das kooperative Brettspiel auf dem Markt. Ich sehe vor allem dieses Jahr kein Spiel, welches auch nur im Ansatz an die großartige Spielbarkeit, Spannung und Abwechslung heranreicht – vor allem in Summe dieser drei Eckpfeiler. Auch thematisch ist Spirit Island eine absolute Wucht! Man fiebert mit und will diese Insel retten. Ich bin sonst kein Solospieler, in Spirit Island habe ich allein teilweise drei Spiele hintereinander gewagt.
Mich hat ein Spiel selten so beschäftigt! Mein Geist war mit Fragen und Neugier durchzogen und es zog mich gedanklich immer wieder auf die Insel. Was kann ich besser machen und welch Potenzial steckt in anderen Geistern? Wie gehen wir nächstes Mal vor und welche Module packen wir dazu? Ich habe den Satz der „nahezu unerschöpfbaren Wiederspielbarkeit“ vor dem Release ins Reich der PR-Texte verfrachtet. Ein Fehler! Die Modularität und Abwechslung ist beeindruckend und wird nur von der fantastischen kooperativen Spannung geschlagen. Kein Leerlauf, immer am Puls der Spannung, entfachen die Geister im Kampf gegen die Invasoren, thematisch wie spielerisch, ein Spielspaßfeuerwerk der Extraklasse!
Info: Leider hat sich herausgestellt das sich ein paar Druckfehler in die erste Edition geschlichen haben. Wer also etwas warten kann, macht mit einer bestätigten zweiten Edition sicher nichts verkehrt.
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14 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Moin Christian,
schöner Artikel. Kleiner Hinweis:
„Fies, wer sich für eine starke Karte entscheidet, muss vorher eine andere aus seinem Deck abwerfen.“ .. das stimmt so nicht. Erst nimmt man sich die starke Karte auf die Hand und danach wirft man eine aus dem Deck. Dadurch ist es u.a. auch möglich die gerade erhaltene starke Karte wieder wegzulegen. Das Deck wird dadurch physisch auch nicht nicht dünner, sondern vielleicht nur stärker.
Ja, da hast du natürlich recht. Vielen Dank für den Hinweis. Ehrlich gesagt haben wir das so auch nie gespielt. Ein kleiner Formulierungsfehler. Man kann ja auch Karten aus seiner Ablage abwerfen.
Gerne doch.
Liest sich wirklich sehr interessant! Bei der oft gelobten Modulatirät frage ich mich immer, ob das auch mit viel Regel-Wirrwarr oder Material-Flut daher kommt. Ist das so?
Hi,
willkommen im Kommentarbereich 😉 Ich finde die Module bringen kein Regel-Wirrwarr ins Spiel. Einiges betrifft nur den Spielaufbau, anderes kann man recht gut auf den übersichtlich gestalteten Tableaus ablesen. Das einzige was gerade beim Einstieg etwas aufwendiger ist, ist das Verstehen mancher Karten. Das ist aber für ein Spiel welches durch Karten gesteuert wird, völlig normal.
Absolut nicht. Es kommt meist kein weiteres Material hinzu. Es wird meist das Setup etwas modifiziert, woraus sich dann im weiteren Spielverlauf eine andere Schwere entwickelt.
Hier und da kommt dann noch eine Regelergänzung, wenn z.B. der Invasorenstufe II die Eskalation eintritt. Das ist es meist auch schon.
Hatte gerade überlegt auf unknowns mal was detaillierteres darüber zu schreiben, aber hier oben steht doch schon alles 🙂
Schöne Rezension, aber ich vermisse eine Aussage zur Spielerzahl. Spielt es sich in jeder Besetzung gleich gutß Hat man bei 4 Spielern eine zu hohe Downtime? Wie sieht es da aus? Wir spielen meistens genau zu viert.
Da du es zu viert spielst, kannst du das Spielgefühl ja einschätzen. Ich finde Spirit Island eigentlich mit jeglicher Spieleranzahl spannend, auch wenn sich das Spielgefühl schon unterscheidet. Zu viert ist der Kommunikationsanteil entsprechend höher und gerade als Einsteiger kann die Absprache im Detail überfordern. Alleine haben die Geister keine Sysnergien, das kann dann schon entsprechend haarig werden, dafür ist die Spielzeit entsprechend kurz. Ich spiele es eigentlich gerne zu zweit. Die Spielzeit ist gering, man kann sich herrlich auf zwei Geister fokussieren und sich so entsperechend schneller Absprechen und die „Bälle“ zuwerfen.
Sorry, das war missverständlich formuliert. Wir spielen generell zu viert und überlegen, ob Spirit Islands etwas für uns ist.
Ach so, da stand ich auf dem Schlauch. Downtime gibt es so in Spirit Island nicht wirklich. Die Spieler sind alle gleichzeitig dran. Es geht hier dann eher um die Absprache untereinander. Dafür muss jeder erstmal checken was er für Karten auf der Hand hat, wie die Spielsituation ist und sich dann mit allen Spielern abstimmen, was er nun machen könnte. Da viele Karten Einfluss auf die Entscheidung aller Spieler haben und manche Geister andere auch direkt Supporten können, erfordert das schon einiges an Absprache. Manches erscheint erst gar nicht möglich, wird durch Karten anderer Spieler dann plötzlich umsetzbar. Das macht irre viel Spaß, erfordert aber viel Kommunikation und Übersicht. Mit vier Spielern ist Spirit Island daher wesentlich aufwendiger zu spielen, vor allem am Anfang, wenn keiner die Geister kennt. Später finde ich Spirit Island zu viert sogar einfacher, weil man die Stärken von 4 Geister ausspielen kann.
Aber warum kostet das Spiel so wahnsinnig viel Geld? Wird es nicht mehr produziert ? Ist der Umfang des Materials soviel? Ich gebe gerne auch mal mehr für ein Brettspiel aus, aber mir ist nicht klar warum das Spiel so teuer ist.
Das Spiel kostet aktuell um die 50€ und das ist absolut fair! Du hast hier Material ohne Ende, eine aufwendig produzierte Anleitung und wirklich viele viele Stunden Abwechslung und Spaß ohne Ende. Es ist für mich eines der besten kooperativen Spiele und sein Geld echt wert. Brettspiele sind ja mittlerweile oft teurer und kratzen sogar an der 100€ Marke, von daher ist Spirit Island als Expertenspiel eigentlich absolut im Rahmen.
Ein wirklich, wirklich großartiges Spiel.
Ich bin erst Dank der Stand Alone Erweiterung „Horizons of Spirit Island“, welches in bei der SPIEL 22 ergattern konnte, zu dieser echten Perle gekommen. Mittlerweile nenne ich auch das Grundspiel und ein paar Erweiterungen mein Eigen.
Soooo gut, so abwechslungsreich und mit so viel Liebe zum Detail erschaffen. Ich bin schwer verliebt und habe in kurzer Zeit über 50 Partien Spirit Island gespielt.
Ich bin durch die Rezension hier auf das Spiel gekommen, wenn auch 6 Jahre später. Vielen Dank schonmal dafür (bin nicht mit jeder hier gut gefahren, ist aber normal). Alles positive, was hier geschrieben wurde, kann ich uneingeschränkt bestätigen. Ich war schon lange nicht mehr so begeistert von einem Spiel und wusste schon während der ersten Runde (gestern), dass es bei mir wohnen bleiben darf.
Da ich dem Positiven nichts hinzufügen kann, möchte ich ein paar Anmerkungen und Kritikpunkte einstellen:
Die Regel ist sehr verständlich geschrieben, aber suboptimal und aufwendig strukturiert. Sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge. Das führt auch dazu, dass man bei Detailfragen recht lange suchen muss. Und dann leider auch nicht alles findet. Ging zumindest mir so. Wohl der Spielgruppe, die einen Regelvorbereiter und -erklärer in der Gruppe hat (bei uns ich), dann ist alles halb so wild. Und das ist die Überleitung zu einem weiteren, relativ kleinen Kritikpunkt:
Gefühlt wird man auf jeder zweiten Seite darauf hingewiesen, wie ultrakomplex das Spiel doch sei, manchmal gefolgt von gut gemeinten Tipps wie z.B. die komplette Regel vor dem ersten Spiel zweimal zu lesen (habe ich nicht getan, hätte ich auch nicht überlebt). Pädagogisch wertvolles näherbringen eines Spieles an den willigen Spieler sieht echt anders aus. Und am Ende stimmt es nicht mal. Komplex ist lediglich die Regelstruktur im Heft. Die Spielmechaniken sind schnell verinnerlicht und absolut schlüssig und auch intuitiv. Ich habe selten ein thematisch so vielschichtiges Spiel erleben dürfen, bei dem sich nahezu jede Regel/Spielmechanik auch ganz wunderbar über die thematische Auseinandersetzung mit den jeweiligen Spielsituationen erklären lässt. Alles macht spieltechnisch wie thematisch richtig viel Sinn.
Meine Anmerkungen: Da alle Geister mit ihren Fähigkeiten irgendwelche Synergien miteinander bilden können, steigt die Spielzeit je zusätzlichen Spieler dramatisch an, was vor allem an den Phasen liegt, in denen die Fähigkeitskarten gespielt und in denen die Fähigkeiten ausgewertet werden. In der Ausspielphase versucht man u.a. Fähigkeiten zu spielen, die gut mit den Fähigkeiten der anderen Geister interagieren. Das erfordert viel Absprache. Und je mehr Spieler desto mehr Zeit wird für Absprachen benötigt. Und diese steigt exponentiell. Gleiches gilt für die beiden Auswertungsphasen, da es auch hier keine feste Zugreihenfolge für die Geister gibt (wie im gesamten Spiel) und es von immenser, manchmal gar spielentscheidender Bedeutung ist, in welcher Reihenfolge die Fähigkeiten ausgewertet werden. Also gespielte Fähigkeitskarten + permanente Fähigkeiten + möglicherweise Spezialfähigkeiten. Da kommt schon was zusammen. Und die Reihenfolge aller zur Verfügung stehenden Fähigkeiten (wobei Fähigkeiten zudem noch aus mehreren Effekten bestehen können) ist regeltechnisch absolut beliebig. Mit Blick auf die Bedingungen für Sieg und Niederlage natürlich überhaupt nicht.
Das soll kein Plädo6für für weniger Spieler sein. SI spielt sich in fast jeder Besetzung fantastisch. Man sollte nur wissen, dass man mit z.B. vier Spielern schon ein paar (sehr spannende und unterhaltsame) Stunden am Tisch sitzt. Deshalb empfinde ich SI als besser geeignet für 1-2 Sp., Wen aber die deutlich höhere Spieldauer nicht schreckt kann auch problemlos an die Obergrenze gegen. Genial geil ist es immer. Einzige Einschränkung: Ich würde nie mit weniger als zwei Geistern spielen, also auch solo. Man beraubt sich sonst des sehr starken Elementes der Synergien zwischen den Geistern.
Epilog
Überall besiedeln die europäischen Entdecker und Eroberer neue Kontinente und Inseln. Nur eine kleine unbeugsame Insel hat wieder einmal über die Eindringlinge triumphiert. Man bereitet das obligatorische Fest vor, wie nach jedem großen Sieg. Das Feuer flackert schon, der Barde singt sich ein. Woanders wird hektisch nach Seil und Knebel gesucht…