Kurzcheck: Darum geht es in Origin – Ankunft der Erbauer
Steigen wir direkt ohne Umschweife ein. Anders als in Lords of Hellas holt mich das Thema hier einfach nicht ab. Entsprechend schwer fällt jetzt eine Einleitung, wo ich beschreibe, welche Aufgabe man thematisch übernimmt. Ja, das Spiel verkauft natürlich diese Archonten-Erbauer-Mechanik, aber das Spielmaterial gibt es nicht her. Oben auf dem Spielbrett liegen Plastikringe als Mutterschiffe, die für die Würfelmechanik wichtig sind, zentral sehe ich eine Arena in isometrischer Perspektive, rechts davon Leisten für Sternzeichen in einer horizontalen Ausrichtung und links davon ist ein Markt für irgendwelche Gebäudetypen.
Das Spielbrett ist definitiv zweckmäßig, man weiß nach einer Runde, wo sich welche Elemente befinden, aber die Einbettung und grafische Gestaltung ist wirklich krude. Trotz vieler Partien kann ich mich nicht daran erinnern, was für Gebäudearten ich überhaupt gebaut habe. Es sind einfach farbige Puzzleteile. Um diese Schublade zu schließen, Origin – Ankunft der Erbauer ist thematisch und in seiner grafischen Ästhetik ein Reinfall.
Wenn wir über die Mechanik reden, wäre Reinfall aber das falsche Wort. Das Ressourcenmangement, die extreme Modularität und der frische und knifflige Würfelmechanismus ist anspruchsvoll. Die Verzahnung ist dabei von höchster Verzwickung! Origin – Ankunft der Erbauer stammt von der Gattung Brettspiele ab, wo man nach der Erklärung denkt, man hätte alles verstanden. Spätestens in der Mitte des erstens Zugs nennt man sich Narr, weil einem die Überforderung das Gesicht massiert. Ich liebe so was!
Würfel wiegen schwer…
Die Grundmechanik ist simpel: Du hast Plastikrahmen, in die du farbige Würfel steckst. Das ist dann dein Arbeiter. Die Anzahl deiner Rahmen definiert die Anzahl von Würfeln, die du besitzen kannst. Diese Arbeiter kannst du nun als Aktion zu den Mutterschiffen stellen, um Ressourcen zu erhalten, Gebäude zu bauen, auf den Sternzeichenleisten oder in der Arena vorwärts zu ziehen. Ganz klassisches Workerplacement. Dabei gibt es nun aber einiges zu beachten. Die Raumschiffe zeigen eine Augenzahl an. Du kannst dort nur Würfel einsetzen, wenn die Augenzahl des Würfels mindesten gleich oder höher ist, ansonsten musst du mit Schriftrollen heftige Strafabgaben zahlen. Jedes Mal, wenn eine Aktion ausgelöst wird, steigt die Augenzahl durch Drehung des Mutterschiffs. Fies, aber noch nicht alles! Jedes Mutterschiff hat noch eine Bonusaktion, die man ausführen darf, wenn der eingesetzte Würfel der Farbe des Raumschiffs entspricht. Kleiner emotionaler Ausflug in die Praxis…
ARGH!!!
Ich möchte diese Runde ein Gebäude bauen, das kann ich über das orangefarbene Raumschiff, als Bonus erhalte ich dort einen temporären Extra-Würfel. Geil! Das Raumschiff zeigt eine 4. Mein orangefarbener Würfel ebenso. Passt. Problem: Zum Bauen eines Gebäudes fehlt mir ein Stein. Drei Steine bekomme ich beim roten Raumschiff, aber ich habe keinen roten Würfel und damit würde ich den Arena-Bonus nicht erhalten. Einen Stein erhalte ich aber auch beim lilafarbenen Raumschiff und also Bonus könnte ich dort sogar für die Abgabe von Getreide bauen. Einen lila Würfel habe ich. Nur müsste ich da aufgrund der nicht passenden Augenzahl zwei Pergament abgeben! Damit fehlt mir das Pergament für den Bau des Gebäudes. Bringt also nichts. Ich setze den lila Würfel zum roten Raumschiff. Verzichte auf den Bonus, habe dafür 3 Stein und kann gleich bauen. Meine Frau ist dran. Sie legt ihren orangefarbenen Würfel zum gleichfarbigen Raumschiff. Sie nimmt den letzten temporären Würfel, baut und dreht das Raumschiff eine Zahl höher auf die Fünf. So ein Kackmist! Ich bin jetzt zwar dran, aber meine 4 beim orangefarbenen Würfel passt nicht mehr, der Bonus ist nicht mehr einlösbar und ich müsste ein Pergament einsetzen und damit kann ich das Gebäude trotz meiner 3 Steine auch nicht mehr bauen.
Ein kleines Beispiel und keine Seltenheit! Origin – Ankunft der Erbauer erfordert bei der Planung immer den Blick zu Mitspieler:innen. Man verhagelt sich heftig die Züge, macht Aktionsketten kaputt und klaut Gebäude vom Markt. Selbst ohne diese Elemente ist Origin – Ankunft der Erbauer anspruchsvoll. Es kommt vielleicht nicht ganz an Wasserkraft in Sachen Interaktion heran, ist aber definitiv ein hoch interaktiver Vertreter, bei dem man sich kurzzeitig immer wieder selbst ins Abseits spielen kann.
…und noch schwerer die Verzahnung!
Das war jetzt exemplarisch nur eine Mechanik. Origin – Ankunft der Erbauer bietet noch Tableauentwicklung, bei dem du mehr Rahmen für Würfel freischaltest und deinen Archonten, ein speziellen Arbeiter, Farben geben kannst. Auf drei Tempelleisten, die viele Siegpunkte ausschüttet, balgt ihr euch um die Spitzenposition, denn als Belohnung gibt es Sternzeichenkarten, die oft enorme Vorteile einbringen. Und dann wäre da natürlich noch das Puzzle mit den Gebäuden. Das erinnert fast an Nova Luna. Gebaute Gebäude bringen Boni und du versuchst sie an eine vor Spielbeginn ausgelegte Kombination von Gebäudefarben anzuordnen. Auch die Würfel haben weitere Funktionen, die als Bindeglied zwischen den Mechaniken gelten.
Haben alle gepasst, geht eine neue Runde los. Jeder Würfel wird eine Augenzahl höher gedreht. Bei einer 6 hast du den mächtigsten Arbeiter, weil er beim Mutterschiff alle Aktionen auslöst. Danach wird der Würfel aber ein Berater, um den Archonten einzufärben und ist aus dem Spiel. Neue Würfel muss man teuer einkaufen. Hohe gekaufte Würfel sind mächtig, aber eben nur kurz einzusetzen. Du kannst den Würfel statt für eine Aktion zu benutzen, auch ins Zentrum von gepuzzelten Gebäuden setzen. Jetzt darfst du alle farblich passenden und angrenzenden Gebäude noch einmal aktivieren, auch dann ist der Würfel aus dem Spiel. Trotzdem stark, reicht aber noch nicht! Du kannst Turmscheiben in verschiedenen Farben kaufen und auf dein Startgebäude setzen. Die Höhe dieser farbigen Turmscheiben wird mit den Augen der farblich passenden Würfel in deinen Bezirken am Spielende für Siegpunkte multipliziert. Setzt du also deine hohen Würfel als Aktion ein oder verbaust du sie? Glaube mir, dein Hirn sitzt in einer Achterbahn und wird zwischen den Mechaniken, Ressourcenknappheit und der enormen Verzahnung massiv durchgerüttelt.
Scharfe Ecken!
Ich hatte die Optik ja schon kritisiert. Es gibt aber zusätzlich ein paar Dinge, die mir nicht so ganz gefallen. Die Ressourcenmarker sind schwer auseinanderzuhalten. Die Augen auf den Raumschiffen sollte man anmalen, weil man sie sonst nicht sehen kann. Die verschiedenen Sternzeichen, von denen immer nur drei im Spiel sind, sind in der Stärke zu schwankend. Zudem ist das Hochlaufen auf den Tempelleisten zu einfach im Vergleich zu den restlichen Mechaniken und den möglichen Siegpunkten. Weiter ist die Modularität zwar super, kann aber für eine Unwucht sorgen. Wer vorab das Spielfeld nach dem Spielaufbau besser liest, hat teilweise enorme Vorteile. Letzter Punkt: Die Arena ist als Kampf um die Zugreihenfolge inklusiver Ressourcenausschüttung und extra Zügen zwar witzig, geht aber vom spielerischen Einschlag etwas unter, gerade wenn man nur zu zweit spielt.
Fazit
Nun stehe ich hier zwischen enormer Verzahnung, tollen spielerischen Einzelelementen und einer ungünstigen und eher seelenlosen Gestaltung. Als hartes Optimierungsspiel mit vielen verzwickten Entscheidungen und einer hohen Interaktion feiere ich Bausteine von Origin – Ankunft der Erbauer enorm. Was man hier mit Würfeln als Arbeiter macht, ist schon ziemlich geil. Man kann sich herrlich in einen Flow spielen und die Mitspieler:innen ins offene Messer laufen lassen. Den Spielaufbau richtig gelesen, die Aktionen der anderen im Blick und perfekte Planung wird belohnt. Allerdings kann man sich ebenso hart ins Abseits spielen. Fehlerverzeihend ist der Wettstreit nicht, der zu jeder Zeit wirklich Druck ausübt! Leider nerven die Unzugänglichkeiten, wie schlecht sichtbare Werte bei Raumschiffen und Ressourcenmarker und ein Thema fühlt man leider gar nicht. Schade, denn die Verzahnung und wirklich coole Würfeleinsetzmechanik hätten mehr verdient gehabt!
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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hier bin ich jetzt glücklich. Ich hatte Origins alleine wegen des Autors schon lange im Blick. Mechanik hin oder her. Ich mag es einfach nicht, wenn das Spielfeld nicht „schön“ ist oder thematisch passt. Beispiel: Dominant Species ist mit seinen Holzpöppeln nicht schön im Sinne von opulent, aber diese Optik ist hundertprozentig passend für dieses hammergeile Spiel. Puhhh. Geld gespart, danke mein Freund.
Mechanisch ist es aber definitiv ein Ausprobieren wert. Gerade wer Würfeleinsetzspiele mag, so wie ich. Am Ende ist Coimbra oder Marco Polo sicher polierter und eleganter, aber Origins gehört jetzt auch nicht in die Ecke unspielbar.
Danke, sehr interessant! Mich hatte das Thema tatsächlich am meisten interessiert. Ich habe echt viele Erich von Däniken Bücher gelesen und finde das Präastronautik Thema sehr unterhaltsam.
Werde bei Gelegenheit gerne mitspielen, aber nicht gleich ins Regal stellen.
Ich finde das Thema mega, aber es ist halt einfach lieblos umgesetzt.