Kurzcheck: Darum geht es in Zwergar
Du bist einer dieser verfilzten Zwerge, nein, es gibt keine Zwerginnen, wobei geklärt werden muss, ob es die überhaupt gibt. Vielleicht entstehen Zwerge aus Bier und den Schimmelpilzen aus ihrer Höhlen? Beenden wir diese Exkursion, bevor sie angefangen hat. Du willst einfach das tun, was Zwerge lieben. In tiefen Minen graben, über Loren Ressourcen ranschaffen, dabei Öfen bauen und die Hitze immer schön hochhalten. Du willst damit nämlich Ressourcen verarbeiten, um letztendlich Projekte zu realisieren, die dir Siegpunkte und Sonderfähigkeiten verleihen
Zwergar ist von den Regeln sehr einfach gehalten. Hauptfokus ist reines Worker-Placement, bei dem du pro Runde hintereinander drei Aktionen ausführst. Dabei setzt du einen deiner Worker von deinem Tableau auf ein Aktionsfeld. Stand dort schon ein Worker, erhältst du diesen und danach führst du die Aktion aus. Einfach, oder? Tja, da hast du die Rechnung ohne das Loren-System und die farbigen Worker gemacht. Beide Elemente geben Zwergar einen besonderen Touch, der aber nicht nur für Freude sorgt.
Farbig ist besser!
Es gibt drei Farben, die Schmiede, Ingenieure und … verdammt entfallen. Thematisch passt das, aber man denkt einfach in den drei Farben. Jede der sieben verschiedenen Aktionstypen hat jeweils Boni, die die Aktion wesentlich effektiver machen oder zusätzliche Effekte auslösen. Dafür musst du die Aktion aber mit dem passenden farbigen Worker aktivieren. Du willst beim Fördern von Ressourcen Siegpunkte erhalten? Roter Worker! Du willst beim Bau von einem Ofen einen zweiten bauen? Lila Worker! Da du drei Aktionen hast und natürlich immer Boni mitnehmen willst und während der Aktion deine Worker tauscht, entsteht trotz simpler Aktionsmechanik eine Entscheidungskette. Wo stehen die Farben, die du brauchst? Welche Aktionen sind sinnvoll hintereinander zu schalten? Nicht immer passt es perfekt. Schlimmer noch, beim Spielaufbau werden die zur Verfügung stehenden Worker zufällig aus einem Pool gezogen. Es kann also sein, dass im Spiel einige Farben viel weniger vertreten sind oder gar nicht. Das Spiel mit den Worker und Farben macht definitiv richtig Spaß!
Die Zukunft
Zweiter Kniff ist die Ressourcen-Loren-Mechanik. Das ist für mich das zwergische Gold dieses Spiels! Wie in jedem anderen Spiel kannst du auch in Zwergar mit Workern Ressourcen produzieren. Du erhältst sie nur nicht! Du packst sie auf der entsprechenden Ressourcen-Ebene auf das Lorenplättchen. Gold findet sich nur in tieferen Ebenen, ebenso wie Kristalle. Steine, die wertlosesten Ressourcen, sind ganz oben abzubauen. Wichtig: Die Loren aller SpielerInnen von einer Ebene sind verbunden und bilden ein gemeinsames Plättchen. Durch eine Aktion kannst du nun alle Lorenplättchen ein Feld nach oben schieben. Kommt eine Lore oben an, nehmen alle (!) ihre Ressourcen aus ihren Loren.
Das erschafft für das Ressourcen-Management einige knifflige Planungsspiele. Erstens hängt die Qualität der Ressourcen mit der Tiefe der Ebenen zusammen. Zweitens erhältst du Ressourcen, selbst weniger wertvolle, nie direkt, sondern nur durch eine zusätzliche Förderaktion. Drittens, wer fördert, fördert für alle! Glaubt mir, das ist verdammt knifflig. Vor allem spielt man nur 10 Runden. Wenn du einen Batzen Ressourcen auf deinem Tableau hast und dann deine Aktionen nur dafür aufbringst, diese in Siegpunkte umzuwandeln, dann stehst du irgendwann ohne Ressourcen da. Nachschub auf die Schnelle ist unmöglich! Du musst also, auch wenn du gerade in Ressourcen badest, die Engine trotzdem am Laufen halten. Du musst abschätzen, wann andere wohl fördern und versuchen mitzufahren. Dieser zeitverzögerte Ressourcenerhalt plus die verschiedenen Ebenen der Wertigkeit bringen ein wirklich frisches Element auf den Tisch.
Die Hitze
Das Zünglein an der Waage ist dann die verdammte Hitze! Du hast Öfen die Hitze produzieren und sie über die Spielrunden hinweg speichern. Dazu gesellt sich Hitze durch Aktionen, die flüchtig ist. Heißt, am Ende deiner drei Aktionen verlierst du diese gesammelte Hitze komplett. An den wichtigen Stellen des Spiels ist allerdings viel Hitze nötig: Projekte realisieren und Ressourcen umtauschen. Gerade bei den Projekten, die viele Siegpunkte einbringen, sind entweder richtig viele wertvolle Ressourcen nötig oder verdammt viel Hitze. Ohne Hitze geht’s einfach nicht! Das Problem, Hitze sparst du bei Aktionen nur ein oder bekommst diese, wenn du die richtigen Worker-Farben bei den Aktionen nutzt. Das macht den Flow mit den Workern noch kniffliger.
Das Spielgefühl?
Die Verzahnung ist in Zwergar nicht komplex und geradezu offensichtlich implementiert, aber die richtige Aktionsfolge mit den farbigen Workern, dem Management mit Hitze und der zwingend vorausschauenden Planung der Ressourcen ist durchaus anspruchsvoll! Ich liebe Zwergar für dieses Jonglieren mit Farben und Aktionen. Ich sitze grübelnd am Tisch, will mir eine Projektkarte erspielen, bevor sie andere wegschnappen. Ich will noch Ressourcen in die Loren legen, bevor jemand anderes diese in Bewegung versetzt. Ich muss Ressourcen in der Schmelze umtauschen. Ich will so viel und habe nur drei Aktionen. Dazu brauche ich einen weißen Worker bei der Projektaktion, dadurch spare ich zwei Hitze. Wichtig, denn ich habe kaum welche. Wo bekomme ich jetzt einen weißen Worker her? Ich habe auf meinem Tableau nur einen lila Worker. Weiß steht beim Ofen bauen. Die Aktion will ich aber nicht machen. In meinen Kopf reißen kleine Zwerge die Schädeldecke ein. Hilfe! Aber irgendwie geil!
Dieses positive Kitzeln hat jetzt aber einen großen Nachteil: Downtime. Es gibt sicher Momente, wo die Aktionswahl klar ersichtlich ist. Gerade aber im letzten Drittel des Spiels, wo man noch alles Mögliche aus seinem Spiel quetschen will, ist es damit vorbei. Richtig planen kann man den eigenen Zug auch erst, wenn man dran ist, weil sich vorher eben viel verändert. Zu zweit noch nicht so wild, weckt man bei Zwergar zu dritt und zu viert aus den Tiefen der Minen den Balrog Namens Analyse-Paralyse. Kein Witz, selten erlebte ich in letzter Zeit solch viele konstatierte Gesichter aufgrund von Denkblockaden am Tisch wie in Zwergar.
Fazit
Der letzte Punkt reißt dann den Spielspaß ein Stück weit in den Keller, weil die Gesamtspielzeit gerade bei vier SpielerInnen für den Tiefgang der Mechanik etwas zu lang ist. Mit mehr Erfahrung in den zwergischen Minen legt sich dies, kann aber aufgrund der Zugmechanik nie ganz verhindert werden. Das ist vor allem deshalb schade, weil ich Zwergar wirklich gerne spiele. Wie der Erhalt von Ressourcen zeitverzögert durch die Loren gesteuert wird, ist einfach richtig cool. Und wie man mit nur drei Aktionen und Farben für solche kitzelnde Entscheidungen sorgen kann, ist durchaus beeindruckend. Mechanisch ist Zwergar schnell zu begreifen, sorgt dann aufgrund der Verzahnung für ein gutes und überraschend angenehm forderndes Spielgefühl. Nebenbei bemerkt ist dann das Material grandios und die Gestaltung extrem liebevoll. Damit muss man sich nur eine Frage stellen, wie anfällig ist deine Gruppe für Analyse-Paralyse?
Zwergar
ca. 45 €Kurzfakten
- Starkes Material
- Toller Kniff mit den Worker
- Frische Ressourcengewinnung
- Einfache Grundregeln...
- ...trotzdem Tiefgang!
- Anfällig für hohe Downtime
Spielinformationen
- Genre: Worker-Placement
- Personen: 2 - 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 60 - 120 Minuten
- Autor/in: Jan Madejski
- Rezensionsexemplar erhalten
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