Der Planet ist in Aufruhr. Die Konzerne sind auf dem Mars aktiv und wollen ihn terraformen, aber parallel dazu bringen sich Parteien in Position. Mächtige Männer. Kluge Männer. Sowie Die Ärzte sie besungen haben. Der rote Planet bringt unendliche Ressourcen und die Konzerne streben nach Kapital und Macht. Natürlich treten da die Politik auf den Plan. Und damit ändert sich alles. Zum Guten? Das müsst ihr selber beurteilen.
Darum geht es in Terraforming Mars: Aufruhr
Der größte Eingriff in die Spielmechanik von Terraforming Mars erwartet euch. Das erkennt man daran, dass es sieben kleine Seiten Anleitung gibt. Aufruhr bringt globale Ereignisse ins Spiel, die ihr im Voraus sehen könnt und darauf reagieren müsst. Ihr schickt dafür Delegierte ins Terraforming-Komitee, generiert Einfluss und bestimmt dadurch, welche der sechs zur Wahl stehenden Partei in der nächsten Generation regieren und damit einen Bonus auslösen wird. Ihr könnt euch vorstellen, dass je nach eingeschlagenem Weg, den ihr mit eurem Konzern beschreitet, ihr die eine oder andere Partei unterstützten wollt. Mit jeder Regierung wird natürlich das Terraforming des Planeten neu bewertet und dadurch passieren schlimme oder gute Dinge.
Stimmung und Fazit I vorweg.
Tatsächlich ist der Aufruhr der größte Einschnitt ins Spiel, weswegen meine Familie dieser Erweiterung skeptisch gegenübersteht. Alle lieben TFM. Und auch den Rhythmus. Dieser wird durch Aufruhr verändert. Die Spielmechaniken der Erweiterung erfordern vom Spieler mehr Planung und Weitsicht. Um den Sieg einzufahren, muss ich auf zwei Ebenen arbeiten. Einmal im politischen Komitee und gleichzeitig natürlich weiter im Terraforming Prozess. Die Parteien und die Unterstützung der Parteien bringen die Spieler enger zusammen, die Interaktion wird erhöht. Meine Meinung vorweg: Ich finde diese Erweiterung umwerfend gut, weil sie thematisch so viel richtig macht und eine unfassbare Tiefe in das Spiel bringt. In der Familie stehe ich mit dieser Meinung alleine da, weil alle ihr „altes“ Spielgefühl beibehalten möchten und sich gegen Veränderung streben. Ach, wie herrlich doch ein Aufruhr sein kann. Also raus aus der Komfortzone.
Der Aufruhr beginnt.
Die Solarphase wurde in meinen vorherigen Artikel nicht explizit thematisiert. In ihr wird alles, was nach der Produktionsphase passiert, für jede andere Erweiterung berücksichtigt. Zuerst Venus, dann Kolonien und zum Schluss der Aufruhr. So ist sichergestellt, dass alle Module zusammen oder beliebig gespielt werden können. Neben dem Tableau des Terraforming-Komitees habt ihr noch das Tableau der globalen Ereignisse. Die Spielvorbereitung beginnt. Der Stapel der globalen Ereignisse wird gemischt. Direkt zu Beginn ist es schon spannend. Was wird uns in der kommenden Generation erwartet? Hannah deckt „schmelzende Antarktis“ auf. Der Flavour Text spricht von globaler Erwärmung auf der Erde und thematisiert die menschengemachte Klimaveränderung auf dem Mars. Mir läuft es irgendwie eiskalt den Rücken runter. Dieses Ereignis hat als erste Auswirkung, dass wir alle 3 M€ je Block von 5 TW über 10 verlieren. Konkret: Ich stehe bei 20 M€, das sind zwei Blöcke über 10 TW à -3 M€, also in der Summe -6 M€. Ein harter Schlag, gerade zu Beginn bei mauer Kasse. Der zweite Effekt: Alle Spieler erhöhen ihre M€ Produktion um 1 je eigenen Einfluss.
Politik, Lobbyismus und taktieren
Jetzt gilt es! Die 6 M€ verliere ich. Daran ist nichts zu rütteln. Aber über Einfluss kann ich einiges an Ressourcen dauerhaft gewinnen. Einfluss generiere ich über die dominierende Partei. Deren Vorsitzender des Marskomitees ist 1 Einfluss wert, der Parteichef der dominanten Partei ist ebenfalls 1 Einfluss wert. Mindestens ein eigener zusätzlicher Delegierter der dominanten Partei gibt mir weiter 1 Einfluss. Wie im richtigen Leben wird in der nächsten Generation die Partei mit den meisten Delegierten dominierende Partei. Da das Ereignis ja erst in der nächsten Generation triggert, kann ich hier Einfluss nehmen. Zudem liefert mir die dominierende Partei zusätzlich einen Booster. Jetzt beginnt das Wettrennen um Einfluss, Mehrheiten und die richtige Politik. Verliere ich dabei mein Unternehmen aus den Augen?
Vorplanung
Das fluffig TFM bekommt jetzt eine politische Ebene, die vorausgeplant werden möchte. Mehrheiten und Vorsitz zu ergattern ist gar nicht so einfach, besonders nicht im Spiel zu 4 oder 5. Ich habe es schon erlebt, dass ich mir vorgenommen habe, eine Partei in dieser Generation zur dominanten Partei zu machen, es aber durch die Interessen der anderen Spieler unmöglich war. Wie entscheide ich mich dann? Welchen Weg schlage ich ein? Der Vorteil einer solchen Konstellation ist, dass ich den Fokus auf meine Partei legen oder eine breite Basis kreieren kann. Denn die Delegierten bleiben in den Parteien und werden nicht weggeräumt. Erst wenn eine Partei dominierend ist, wandern die Delegierten wieder in die Lobby. Langer Atem zahlt sich hier aus. Oder gute Vorplanung.
Fazit II
Lest bitte den ganzen Text! Aufruhr ist für mich ein Brett. Ich habe selten bei Spielen eine Erweiterung gehabt, die so tief und taktisch und nachhaltig ein Spiel verändert. Die Planungsspiele sind so gut! Ich kann politische Schachzüge über Generationen vorbereiten. Ich muss Niederlagen einstecken und Rückschritte in Kauf nehmen. Ich darf dabei mein Terraforming nicht aus dem Auge verlieren. TFM wird mit dieser Erweiterung definitiv ein Expertenspiel, auch wenn es nach wie vor fluffig und spielbar bleibt. Aufruhr verändert aber das Spiel massiv. Das muss man mögen und sich darauf einlassen. Wer vom Schlag Ich-mag-keine-Veränderungen ist, sollte sich die Anschaffung schwer überlegen. Wer einem fantastischen Spiel noch mehr Tiefe und Realismus, noch mehr Taktik und Optionen geben möchte, wer gerne plant und strategisch denkt, der sollte zuschlagen. Bei 5 Spielern sollte auch klar sein, dass etwas mehr Grübeln ins Spiel kommt. Die Downtime wird erhöht, aber auch spannend, denn die Schachzüge meiner Gegner verlangen Antworten. I love it.
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- 16. Dezember 2024
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6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Markus,
erstmal vielen Dank für deine Artikel zu den TFM-Erweiterungen, die ich alle mit großem Interesse gelesen habe.
Auch Aufruhr hört sich thematisch und spielerisch sehr interessant an. Ich denke aber, dass mir die weitere Ebene etwas zuviel wird, zumal ja schon das Grundspiel ziemlich komplex ist. Und die Spielzeit wird mit Aufruhr sicherlich nochmal deutlich länger sein.
Ich habe mir inzwischen Präludium und Hellas & Elysium zugelegt und werde es wahrscheinlich am Wochenende mal ausprobieren. Kolonien und Aufruhr werde ich mal im Hinterkopf behalten. Venus kommt für mich eher nicht in Betracht.
Viele Grüße
Florian
Thematisch und Mechanisch einfach ne geile Erweiterung für ein geiles Spiel! Allerdings hat meine Spielrunde auch gesagt, puh das zieht das Spiel in die Länge… Problem ist leider man mischt nicht alle Karten mal so raus und spielt ohne Aufruhr. Daher haben wirs fürs schnelle Tfm raussortiert. Eigentlich Schade, da die Politik richtig bock macht.
Ja, da gebe ich Dir Recht. Aufruhr macht nur Sinn, wenn man wirklich auch möchte, dass sich das Spielgefühl ändert, man die richtige Gruppe hat und Lust auf vorausschauende Planung hat. Wer da den langen Grübler am Tisch sitzen hat, kann schnell die Nerven verlieren. Aber, TFM mal anders spielen mag, sollte es auf jeden Fall ausprobieren, denn es hebt das Spiel in Punkto Tiefe auf einen Thron, ohne zu komplex zu sein.
Das Problem mit den Karten habe ich auch. Wir sortieren auch immer fleißig alles durch. Das Problem ist für mich aber nicht das Aussortieren, sondern das Einmischen. Wie mischt man 250 gesleevte Karten??
Wer mal in Trier ist, kann sich gerne für eine Runde TFM Aufruhr melden. Liebe Grüße
Haha, ja das Mischen ist so ne Sache, nimmt manchmal ne Viertel Stunde Aufbauzeit hin 😀
Top, danke für die Rezension. War gestern auf der Spiel, habs gesehen und dann gezügert. Leider – hätte ich Deine wirklich gut geschriebene Rezension gelesen, dann wohl nicht.
TfM geht länger – wie viel denn länger?
Hi,
Ja, unsere Berichte sollte man alle lesen und regelmäßig auf unserer Seite einen Kommentar hinterlassen. Spaß beiseite. Das Ding dauert ca. ne halbe Stunde länger. Hast du Spieler dabei, die drei Züge alles vorher genau durchdenken, kann die Downtime, gefährlich in den Keller gehen, Genau da sehe ich den riesigen Einschnitt. Spielte man vorher fluffig Karten, wird es nun eine Sache, die absolut im Expertenspiel verordnet ist.