Overwatch ist aus den Resten von Titan entstanden, Blizzards gecancelten World of Warcraft Nachfolger. Blizzard Entertainment ist bekannt für ihre hohen Qualitätsansprüche und genießt definitiv Vorschusslorbeeren, die Frage ist nur ob man aus einem gescheiterten Online Rollenspiel einen Ego-Shooter basteln kann? Ich persönlich kann bei keinem anderen Entwickler behaupten sämtliche Spiele ihres Portfolios gespielt zu haben, von daher bin auch ich guter Dinge gewesen – wurde dann aber doch doppelt überrascht!
Nichts Neues
Overwatch ist kein MOBA, im Battleborn Test bin ich darauf schon eingegangen, und orientiert sich an Team Fortress, nur ohne Klassen, dafür mit 21 Helden. Es gibt weder Story-Missionen in denen man gegen computergesteuerte Feinde spielt, noch einen Splitscreen oder Koop-Modus. Overwatch bietet bis auf vernachlässigbare Tutorials eine Art von Spiel: sechs gegen sechs Fun-Matches in einer Arena. Ja, es gibt diesen BRAWL-Modus mit wechselnden Parametern die das Spiel leicht ändern. Nur ob die Ultimate Fähigkeiten nun schneller aufladen, man mehr oder weniger Lebenspunkte hat oder einer der vielen anderen zufälligen Einstellungen das Spielgefühl ändern mögen, der Grundaufbau bleibt immer erhalten. Es gibt auch noch keine Ranked-Spiele, die sollen nachgereicht werden, wann weiß nur Blizzard. Nun darf man sich dabei den Preis von rund 60 Euro auf der Zunge zergehen lassen. Ich finde das happig!
Und das „Nichts Neues“ macht auch beim Spielziel nicht halt. Erobern und Halten klingt nicht innovativ und es spielt sich auch nicht so, jeder Spieler der einen Online-Shooter angepackt hat, weiß bescheid. Das Traurige ist nun, dass es außer Erobern und Halten nichts anderes gibt! Halt, schreit da der Fanboy, es gibt doch noch…, ja, ich weiß, die Escort-Missionen. Spielt sich natürlich total anders, denn da muss ich einen Punkt erobern wo das zu eskortierende Objekt steht und danach muss ich es halten, während es sich über die Map bewegt. Abwechslung? Ausverkauft! Zugegeben Team-Deathmatch würde wohl wenig Sinn machen und ist noch ausgelutschter, aber wir reden hier von Blizzard, da hätte ich mir schon etwas mehr erhofft.
Level Up?! Tangiert mich nicht.
Wenn ein Shooter ein Levelsystem beinhaltet, dann war es bei mir bisher so das ich mich das Aufleveln schon gut motivierte! Wie ist die neue freigeschaltete Waffe? Taugt die neue Fertigkeit? Diese Fragen und Neugierde kennt wohl jeder. Bei Overwatch levelt man auch und man erhält als Belohnung Loot-Boxen, die mich leider völlig kalt lassen. Alles ist kosmetischer Natur, das hat spielerisch seinen Vorteil, weil vom Start weg alle das gleiche vorfinden, aber Motivation ist was anderes. Die freischaltbaren Skins sind zum Teil nett und eine andere Siegerpose mag manchen Spieler erfreuen, aber insgesamt sind mir selbst da die kosmetischen Veränderungen zu mau. Falls man etwas aus den Loot-Boxen doppelt zieht, kriegt man stattdessen Credits. Die sind praktisch, weil man so gezielt Sachen für seine Lieblingshelden kaufen kann und nicht auf das Glück angewiesen ist. Das Problem ist, dass die wenigen coolen Sachen verdammt teuer sind, wie praktisch das Blizzard bei einem Vollpreisspiel im Cash-Shop für Euros den Kauf von Loot-Boxen anbietet.
Mapdesign, zu statisch
Zwölf Maps finde ich in Ordnung und die Gestaltung ist gelungen. Man besucht mehr oder weniger bekannte Regionen unserer Erde, mal geht es auf griechische Inseln, dann besucht man die Route 66 oder Nepal. Hier merkt man vielleicht ein wenig den Titan Background. Die Maps bieten oft mehrere Wege zu relevanten Knotenpunkten, so das ein flankieren möglich ist und haben keine Areale, die einer Seite Vorteile verschaffen. Leider sind die Maps in der vertikalen recht mau und absolut statisch. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine sich bewegenden Objekte, wo man vielleicht kleine Jump’n Run Einlagen hätte einbauen können, man kann nichts kaputt schießen, nicht einmal durch Fensterscheiben ballern. Auch taktische Spielereien um zum Beispiel bei den Escort Missionen den Weg des Objekts umzulenken, fehlen. Hier hat Blizzard in WoW auf den Schlachtfeldern oder in Heroes of Storm mehr Innovationsfreude gezeigt.
Hör auf zu maulen!
Ganz schön viel Kritik, die ich vor allem bei einem Vollpreisspiel absolut gerechtfertigt finde! Das hier ist kein Free-to-Play Titel wie Hearthstone oder Heroes of Storm und man könnte nun meinen Overwatch verstaubt im Regal. Dem ist nicht so, es verstaubt gerade alles andere! Overwatch schafft es trotz dieser eklatanten Schwächen einfach puren Spaß durch die Spielervenen zu jagen – ja manchmal spritzt auch etwas Frust mit rein, wenn man einmal wieder selten dämlich verliert, aber die Matches sind so kurzweilig, dass die nächste Runde sofort Linderung verschafft. Was also macht Overwatch so gut?
Team-Lust oder Frust…
Es dauert selten länger als dreißig Sekunden und schon befindet man sich in der Heldenauswahl, Wartezeit in der Spielerlobby kennt Overwatch nicht. Hier ensteht positive Qual der Wahl, denn Blizzard hat es in Overwatch geschafft 21 echt abwechslungsreiche Helden zu schaffen, die je nach Spielveranlagung und Teamzusammenstellung ihre Berechtigung haben. Jeder Charakter hat zwei Angriffe mit seiner Waffe, dazu zwei normale und eine ultimative Fähigkeit. Klingt nicht nach viel, reicht aber vollkommen!
In der Heldenauswahl sehe ich was mein Team für Helden wählt. Einen Tank und einen Heiler kann man immer vertragen, dazu Schadensausteiler und vielleicht auch ein Kontrollcharakter, das wäre oft das Optimum. Schlecht läuft es wenn jeder im Team auf Ego macht, meint er allein wäre der Gott der Schadenszahlen und man mit fünf Schadensausteilern das Match beginnt. Das geht immer in die Hose und hier wären wir beim Frust durch selten dämlich verloren. Aber vergessen wir das, oft genug läuft das nämlich positiv ab.
Zünglein an der Waage
Ich hetzte nach vorne mit Lúcio, einem Unterstützungscharakter. Ich wechsel mit der Crossfade-Fähigkeit auf den Speedbuff. Plötzlich rasen ich und meine Teamkollegen 30% schneller zum Zielpunkt, deren Einnahme unser Aufgabe ist. Ich zünde meine zweite Fertigkeit und verstärke damit den Speed-Buff kurzfristig. Die Geschwindigkeit wird aberwitzig und selbst langsame Helden meines Teams ziehe ich so schneller zum Ort des Gemetzel. Kurz bevor wir dort ankommen, lasse ich mich zurückfallen, die Schadenausteiler übernehmen das Kommando und ballern was das Zeug hält. Der Kampf beginnt mit dem Vorteil auf unserer Seite, wir waren schneller am Zielpunkt! Ich wechsel per Crossfade-Fähigkeit auf Heilung und vorsorge alle Teammitglieder automatisch um mich herum mit einem Regeneration Effekt. Ich feuere selber spärlich mit und spiele defensiv weil ich kaum etwas aushalte, doch ein Gegner schafft es uns zu flankieren und nimmt mich ins Ziel. Ich zünde meinen Sekundärangriff und schleuder ihn mit meiner Schallkanone ins Abseits. Leider fehlt uns ein Tank, der Druck der Gegner wächst, die ersten Schadenausteiler meines Teams segnen das zeitliche, da bricht plötzlich der Drachengeist, die ultimative Fähigkeit von Hanzo, durch die Wand und zerfetzt mich und mein halbes Team.
Das feindliche Team hat den Punkt eingenommen. Ich wechsel nach meinem Ableben den Charakter, Bastion der Roboter soll es richten. Langsam schleppe ich mich vorwärts. Die Gegner haben den Zielpunkt schon 54% der erforderlichen Zeit gehalten. Ich positioniere mich vorsichtig in Deckung aber mit Sichtfeld auf die Eroberungspunkt und wechsel transformerartig in die Geschützhaltung mit Gatling Gun. Mit Freude sehe ich das zwei Teammitglieder ebenfalls die Helden getauscht haben. Ein anderer spielt nun Lúcio, in Deckung des riesigen Schildes des zweiten neu gewählten Helden Reinhardt. Wir haben unseren Tank! Zusammen stürmen die beiden, begleitet durch den Feuerschutz der Raketen schießenden Pharah, den Eroberungspunkt. Die Feinde kommen aus der Deckung um den Punkt zu verteidigen, keiner sieht mich und aus vollen Rohren rattert die Gatling Gun massiven Schaden raus. Einer, zwei… da ist der 5er Killstreak, das Match ist wieder zu unserer Seite gekippt.
Motivierend ohne Ende
Diese Schilderung ist normal in Overwatch. Mit einem gutem Team und der Mechanik, im Spiel den Helden der aktuellen Situation, sei es aufgrund der Map, der eigenen Teamzusammenstellung oder die Art wie der Gegner spielt, anzupassen, sorgt Overwatch für maximalen Spaß. Oft kann man verloren geglaubte Spiele durch das Wechseln der Helden doch noch gewinnen – oder auch gewonnen geglaubte verlieren. Die Auseinandersetzungen sind daher meist enorm spannend und dauern vor allem nie wirklich lange. Verliert man, macht man noch ein Match und will sich reinbeißen, kostet ja kaum Zeit, gewinnt man will man mehr vom Siegesrausch und so werden aus ein paar kleinen Matches plötzlich Stunden. Da vergisst man doch glatt das es nur um Erobern und Halten geht. Verdammt, wie schafft Blizzard das nur immer?!
Butterweich und viele Zahlen
Comicgrafik hin oder her, Overwatch spielt sich so ungemein flüssig bei immer 60 FPS, da kommt vom Flow fast DOOM Feeling auf. Die Geschwindigkeit ist auf den Konsolen im Vergleich zur PC Version leicht gedrosselt, was dem Zielen zugutekommt. Ich finde Overwatch trotz der Drosselung immer noch recht schnell! Für die Technikbegeisterten, die Tickrate liegt beim Client bei 20,8 Hz, beim Server 62,5 Hz, was für mich ausreicht, im eSports aber eher zu langsam ist. Für Turniere oder in Benutzer erstellten Spielen kann die Tickrate auf 60 Hz erhöht werden, was dann alle zufrieden stellen sollte. Wer solche Zahlen liebt, freut sich auch über die ausführlichen Statistiken die Overwatch aufzeichnet. Von Killserien, über Gesamtheilung und Ableben über unzählige Durchschnittswerte für alles erdenkliche, alles kann im Spiel abgerufen werden.
Fazit
Overwatch zeigt einige Dinge dir mir wirklich absolut gar nicht gefallen und auch nicht Blizzard typisch sind. Da wäre die Content dürre: Keine implementierte Story, kein PvE-Modus, nur reines 6vs6 und als Spielmodus Funmatches mit abgenutzten Zielen wie Erobern und Halten. Ranked Play? Kommt irgendwann. Das Gerippe auf dem Overwatch da aufbaut ist furchtbar dünn! Freischaltbares ist auch nichts zum richtig satt werden, zudem ist der Cashshop, selbst wenn nur für kosmetisches, bei einem Vollpreistitel, frech. Arena-Shooter Begeisterte kann das aber fast egal sein, weil die Auseinandersetzungen extrem kurzweilig sind und durch die Wechselmechanik der Helden, die Kämpfe wirklich spannend bleiben. Mit 21 Helden, die durch optisch charmante Art begeistern und zusätzlich spielerisch abwechslungsreich gestaltet sind, kommt da auch so schnell keine Langeweile auf. Wer dann noch ein paar Freunde auf seiner Seite hat, für den schmelzen die Nachteile noch schneller dahin.
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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Nach meiner schnell eintretenden Beta-Ernüchterung klingt das nun wiederrum verlockend. Wie schaffst du es nur immer die Lust auf ein Spiel das man sicher abgewatscht hat zu wecken? 😉
Zu einem späteren Zeitpunkt schaue ich bestimmt nochmal rein. Wie ich Blizzard kenne ist dann auch schon mehr Content da.
Das wunderbare ist halt das viele Matches nur 5 Minuten dauern und nach wenigen Sekunden zustande kommt. Für Spieler die öfters nicht ganz so viel Zeit am Stück haben, kann man Overwatch perfekt reinquetschen.
[…] des Vaters nicht unterzugehen. Ich wusste es vorher auch nicht, aber es scheint das Blizzards Overwatch diese Frau ist. Das Kind von den zwei Shooter-Schwergewichten rotiert nun in meiner Konsole und ich […]