Kurzcheck: Darum geht es in Bloodborne: Das Brettspiel
Bloodborne: Das Brettspiel ist ein kooperatives Action-Adventure, bei dem ihr in die Rolle von unsterblichen Jägern schlüpft, die Yharnam von einer Seuche befreien sollen. Was sich nach Wohltätigkeit anhört, wird zu einer gnadenlosen Jagd auf blutdürstende Bestien und wahnsinnige Einwohner. Die Welt und somit auch die Kampagne ist alles andere als typische Fantasy-Kost. Düster und immer am Abgrund zeigt sich diese Welt den SpielerInnen. Die Orte der Kampagne und ihre Einwohner sind dem Videospiel angelehnt und werden über ein Kartendeck gesteuert. Jedes Kapitel hat seine eigenes Handlungsdeck, das mit Entscheidungen, Überraschungen und fiesen Quests aufwartet und entfernt die Stimmung von Abenteuerbüchern einfängt. Auch wenn das Nachhalten der Karten etwas Verwaltungsaufwand bedeutet, finde ich den Ansatz ziemlich cool!
Mechanisch werden Aktionen wie Bewegen, Interagieren oder Angriffe komplett über Karten gesteuert. Deine wenigen Handkarten gibst du für deine Aktionen ab, danach aktivieren die Gegner. Das zu lösende Problem wird direkt klar! Du willst viel machen, hast aber kaum Karten. Gegner greifen zudem über ein pfiffiges KI-Aktionskartendeck an. Der Kampf ist somit ein hartes Taktieren mit Angriffsgeschwindigkeiten und Ausweichmanövern. Bloodborne: Das Brettspiel spielt sich daher weniger actionreich und ist ein eher denklastiges Vergnügen. Vor allem deshalb, weil Fehlplanungen gnadenlos bestraft werden und der Timer im Hintergrund immer tickt. Du hast für jedes Kapitel nämlich nur eine feste Anzahl an Runden zur Verfügung. Spannung ist vorprogrammiert!
Verstanden? Ups…
Die Anleitung ist verständlich geschrieben und ich fühlte mich gut vorbereitet. Ich startete in meine erste Partie allein. Ich begann an der zentralen Lampe, bewegte mich eine Region weiter und stand in einer dunklen Gasse, in dem ein wilder Mob von Bewohner Heugabeln schwangen und mit Molotowcocktails Angst verbreiteten. Mein Gedanke: „Geil, der Beginn ist ja wirklich wie im Videospiel.“ Guten Mutes, die Kampfregeln im Kopf, sprang ich den Feind an. Dazu legte ich in einen der drei Slots meiner Waffe eine Karte. Jeder Slot gibt die Geschwindigkeit und den Schaden des Angriffs vor. Danach wird die Gegner-KI-Karte aufgedeckt, die anzeigt, was für eine Aktion mein Feind ausführt. Auch hier mit Geschwindigkeit und Spezialeffekten. Zugleich darf man im Nachhinein noch eine Ausweichkarte auf einen anderen Slot spielen. Der Grundgedanke ist: schnellere Angriffe werden zuerst ausgeführt, beeinflussen dabei nachfolgende Angriffe, dazu gibt es Block- und Ausweichmanöver, wie auch Betäubungen und andere Zustandseffekte, die auch mit dem Geschwindigkeitswert verbandelt sind.
Es ist eigentlich schnell verinnerlicht, aber durch fiese Kombos bei Gegnern, verspekulieren von Geschwindigkeiten, besetzten Kampfslots auf dem eigenen Tableau oder dem Eingehen von Risiko passiert gelinde gesagt oft richtige Scheiße! Man muss diesen Tanz lernen, genauso wie im Videospiel. Die Moral von der Geschichte: Diese ersten Pappnasen hauten mir in ihrer Angriffsphase aus Spezialfähigkeit und folgenden Angriff inklusive einer Betäubung bei eigener fehlender Ausweichkarte die Lebenspunkte aus dem Leib. Ich bin dort wie im Videospiel gestorben. Spätestens da wusste ich, ich hatte gar nichts verstanden und dass hier ist Bloodborne durch und durch!
Die Seele von Bloodborne
Für mich ist es schwer zu beurteilen, wie Bloodborne sich spielt, wenn man die digitale Vorlage nicht kennt. Es ist dann sicher ein taktischer und bockschwerer Crawler, aber der Reiz des Spiels entsteht durch die geniale Umsetzung des Videospiels. Es spielt sich natürlich anders, aber an so vielen Stellen merkt man, wie durch oft simple, aber passgenaue Brettspielmechaniken die Vorlage eingefangen wird.
Wer stirbt, verliert z. B. seine Blutechos, die man zum Verbessern seines Aktionsdecks im Traum des Jägers braucht. Du willst und darfst also nicht sterben! Die Verbesserung des Decks ist übrigens motivierend, weil unterschiedliche Wege eingeschlagen werden können. Weiter geht es mit den zwei Modi pro Waffe, die durch zwei Seiten eines Waffentableaus in Bloodborne: Das Brettspiel simuliert werden. Geschwindigkeit und Anzahl der Aktionen, starke Schläge und Sonderregeln der jeweiligen Seite erschaffen das bekannte Handling der bekannten Waffen aus dem Videospiel. Die wichtige Ausdauerleiste gibt es hier zwar nicht, wird aber durch das Füllen der Waffenslots simuliert. Das richtige Timing beim Wechsel der Waffen durch das Umdrehen des Tableaus und dem Spiel mit den Geschwindigkeiten der Slots ist schlichtweg genial, weil es die DNA von Bloodborne sehr stark abbildet.
Wo wir bei Geschwindigkeiten sind, wie auch im Videospiel ist das hier kein stumpfer Klopper, sondern die richtige Bewegung, das Kiten von Monstern oder die Flucht sind oft wichtiger als das Besiegen der Widersacher. Du hast nur wenig Zeit, um alle Missionen zu schaffen. Manchmal halten Gegner zu sehr auf, sie Respawnen auch alle paar Runden wieder. Die Bewegung an sich ist also sehr taktisch geprägt, gerade weil Gegner einem einfachen, aber druckvollen Verfolgungsmuster unterworfen sind. Sie kleben dir also am Arsch und um sie loszuwerden, musst du mit deinen wenigen Karten schon hart taktieren. Kurzum, das Spielgefühl der Videospielvorlage wurde um drei Klassen besser als bei Dark Souls: The Boardgame eingefangen.
Schattenseiten?
In den düsteren Gassen von Bloodborne: Das Brettspiel findet man allerdings auch Schattenseiten. Du kannst Bloodborne mit drei oder vier SpielerInnen spielen, aber das macht das Spiel aus meiner Sicht nicht besser. Die Skalierung ist zwar gut, nur aufgrund dieser guten Skalierung habe ich alleine oder zu zweit genauso viel Spaß, bin nur öfters dran. Heftiger wiegt die Gnadenlosigkeit. Das Spiel ist schwer, bisweilen stark frustrierend! Wer keine Lust auf Planungsspiele mit seinen wenigen Handkarten verspürt oder Bock auf Aktionsschwemme hat, sollte weitergehen. Hier wird nicht fix gewürfelt und du drischt dich auch nicht durch Monsterhorden. Nein, definitiv kein klassischer Dungeon Crawler!
Der Schwierigkeitsgrad, gerade durch den Zeitdruck aufgrund der knackigen Rundenanzahl, ist hoch und entsprechend muss man das Scheitern als Motivation ansehen. Das komplette Zurücksetzen der Kampagne beim Game Over halte ich allerdings für überzogen. Das Resetten des Kapitels hätte genügt. Hier schießt das Spiel übers Ziel hinaus. Hausregeln lösen dieses Problem. Auch der zufällige Aufbau der Dungeons ist ein zweischneidiges Schwert. Der Wiederspielreiz wird zwar erhöht, ähnlich wie schon beim mehrwegigen Handlungsdeck, aber je nach Aufbau schwankt leider die Schwierigkeit etwas zu stark.
Fazit
Bloodborne: Das Brettspiel fordert dich zu einem Tanz auf, der ganz dem Videospiel entspricht. Hoch dynamische Kämpfe, in denen Geschwindigkeit und das Timing alles sind und keine Fehler zulassen. Du hast pro Zug nur wenige Optionen und die müssen sitzen wie ein Sägebeil im Nacken einer Seuchenbestie. Stumpfes Geschnetzel ist in den Hütten von Yharnam ebenso eingesperrt wie lockeres Spielen. Es ist beeindruckend, wie gut die digitale Vorlage in all ihren Facetten analog umgesetzt wurde, ohne das Videospiel einfach nur zu kopieren. Bloodborne: Das Brettspiel besitzt Eigenständigkeit!
Die Kampagne bietet optionale Quests und Entscheidungen, was den Widerspielwert erhöht und ist durchtränkt mit düsterer Atmosphäre. Gerade alleine oder zu zweit ist Bloodborne: Das Brettspiel so ein taktisch intensiver Dungeon Crawler, ohne ausufernde Spielzeit und ein absolut empfehlenswertes Spiel. Allerdings darf dich das häufige Scheitern nicht stören!
Bloodborne: Das Brettspiel
89,99 €Kurzfakten
- Fantastisches Material
- Tolle Adaption der digitalen Vorlage
- Erfrischendes Kampfsystem
- Motivierendes Deckbuilding
- Sehr taktisch
- Kann durchaus frustrieren
Spielinformationen
- Genre: Dungeon-Crawler
- Personen: 1 - 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 60+ Minuten
- Autor/in: M. Shinall, E. M. Lang
Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber
- 4. November 2024
- 29. Oktober 2024
- 21. Oktober 2024
- 18. Oktober 2024
Im Fokus
Neueste Kommentare
- Daniel bei Super Fantasy Brawl Reborn
- Christian bei Dragon Dale
- Markus bei Super Fantasy Brawl Reborn
- Markus bei Dragon Dale
- Christian bei Super Fantasy Brawl Reborn
Top 5 Brettspieltests
-
9.6
-
9.6
-
9.6
-
9.5
-
9.5
Letzte Tests
-
7.8
-
7.5
-
7.8
-
8.4
-
9.3
-
8.7
-
8
-
7.7
-
8.4
-
8.3
Top 5 Videospieltests
-
9.2
-
9.2
-
9.2
-
9.2
-
9.1
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ohja, die Kleriker-Bestie war auch im Videospiel ein echtes Miststück! Ich fand Bloodborne auf der Konsole richtig super, aber als Brettspiel brauche ich kein Spiel, in dem man ständig scheitert und immer wieder von vorne anfängt. 😉
Das kann ich verstehen, wobei ich es bei Bloodborne weniger frustrierend finde als bei Dark Souls: The Board Game. Weil man nicht farmen muss, entsprechend ist das eher ein Puzzle, dass man löst.
AUSSTATTUNG
10
SPIELIDEE
10
SPIELSPASS
10
Sehr gut geschrieben die Review. Hab selbst das Spiel alleine oder zu viert gespielt. Zu viert ist es für die meisten zu langwierig. Alleine hatte ich vor allem während des Lockdowns einen mega Spaß damit.
mfg phil