Lesezeit: 5 Minuten
Unsere Ersteindrücke zu Belaad bei den B-Rex-Tagen im letzten Jahr endeten in Schlagworten wie „Absolute Empfehlung“ oder „IRRE und SPEKTAKULÄR“. Entsprechend heiß war ich darauf, dieses hoch interaktive Brettspiel mit meinen Bagaluten zu spielen. Und ich spielte es! Nicht einmal, nicht zweimal, sondern unzählige Male in verschiedenen Konstellationen und das über das letzte halbe Jahr verteilt. Warum? Nun, nicht nur weil mir das Spiel gefiel, sondern weil ich auf der Suche nach der spielerischen Magie von den B-Rex-Tagen war. Habe ich sie gefunden?

Kurzcheck: Darum geht es in Belaad

Belaad ist ein interaktives Hauen und Stechen, bei dem drei Fraktionen um die Gunst von Gelehrten ringen. Es kämpft das Volk gegen die Adligen, was am Tisch alleine schon für atmosphärischen Table-Talk sorgt, wenn Pöbel auf reiche Säcke treffen. Falls ihr eine ungerade Spielgruppe seid, kommen als dritte Fraktion noch die Assassinen dazu, die zwischen den Stühlen sitzen und opportunistisch handeln, allein weil sie eigenständige Siegbedingungen haben. Versuchen Adlige und das Volk Gelehrte über vier Zeitalter zu kaufen, müssen die Assassinen diese umbringen. Je nach Personenanzahl spielt ihr die Fraktionen alleine (bis 3 Personen) oder in Teams (ab 4 Personen). Heißt: Je nachdem wie vielen Personen am Tisch sitzen, entwickelt sich Belaad vom Spielgefühl anders.

Mechanisch ist Belaad ein Engine-Builder auf Kennerspielniveau, wobei wir hier von der eher leichten Sorte sprechen. Die Aktionsphase aus Handkarte spielen, Aktionen der Karte ausführen, neue Karte ziehen sollte niemanden überfordern. Die Stärke eurer Aktionen hängen dabei an den verschiedenen Persönlichkeiten eurer Fraktion, die ihr im Spiel ausbaut und damit die Aktionen selbst effektiver macht. Doch Obacht, die Persönlichkeiten können durch Kampfaktionen zurückgesetzt werden. Klingt gemein? Willkommen bei Belaad! Hier wird nicht Kennerspielniveau groß geschrieben, sondern Interaktion.

Auf dem Tisch ist gut was los.

Scheidungsgrund?

Will ich effektiv spielen und von gespielten Karten die obere und untere Aktion ausführen, dann braucht es Gold und/oder Siegel. Gold braucht man auch um die Gelehrten anzuheuern und damit das Spiel zu gewinnen. Ergo sind Ressourcen wichtig! Die sammelt jeder für sich, auch im Teamspiel, auch wenn sie dort allerdings jederzeit gehandelt werden können. Ich als Vertreter des Volkes bin dran und aktiviere mit einer meiner Handkarte unseren Vertrauensmann. Der wurde schon zweimal ausgebaut und so erhalte ich drei Gold, zusätzlich gebe ich drei wertvolle Siegel ab, um die Bonusaktion zu triggern, die mir noch einmal drei Gold gibt. Tschakka, 6 Gold für das Volk! Mein Spielpartner Enno hat mir nämlich signalisiert, dass, wenn er das nächste Mal dran ist, unbedingt viel Gold braucht, damit er eine hammergeile Aktion abfeuern kann. Ich vertraue diesem Überschwang und würde ihm dann mein hart erarbeitetes Gold überlassen.

Nach mir ist meine liebreizende geldgierige Frau im Namen des Adels dran. Sie aktiviert die Aktion Verstärkung, mit der sie in einen Beutel greift und drei Verbesserungssteine zieht. Diese Steine werden in Slots der Persönlichkeiten gelegt, um diese zu verbessern. ODER man zieht orangefarbene Steine, die die speziellen Sonderfähigkeiten der Persönlichkeiten auslösen. Sie zieht drei orangefarbene Steine. Drei! Ich raste innerlich aus. Sie aktiviert den Steuereintreiber und darf einem gegnerischen Mitglied alles Gold klauen. Sie nimmt mein Gold. Ich raste äußerlich aus! Mit ihrem zweiten fucking orangefarbenen Stein aktiviert meine gedankliche Ex-Frau den Wesir und alle in ihrem Team erhalten auch noch drei Siegel. Den dritten Stein bekomme ich am Tisch nicht mit, ich habe mich in der Tischkante verbissen.

Ich kotze …

Interaktionsmonster

Diese eine beschriebene Szene ist Alltag. Ich schrieb ja schon Hauen & Stechen und das war nicht einfach so gesagt. Ich mach was, und du machst was kaputt. Das nehme ich dir aber auch wieder. Nicht immer ist eine destruktive Spielweise die beste, es gibt auch ruhige Momente, aber Belaad zelebriert diese ständige Gefahr vortrefflich. Mit etwas eingestreuten Table-Talk hast du hier deine zwiebelhafte, zitronenhafte Kirsche. Es ist zum Heulen, es ist zum Weglaufen und es ist irgendwie trotzdem lecker. Das wunderbare dabei, die Grundmechanik ist so einfach gehalten, dass man in einen sehr schnellen Flow kommt, selbst mit 6 Personen, trotz wichtiger Teamabsprachen. Was gerade fies kaputt gemacht wird, ist in zwei Minuten schon wieder vergessen. Selbst der Kampf ist nur ein schnelles Push-Your-Luck, bei dem man sich gegenseitig im Kampfwert über das Ziehen von Kampfkarten übertreffen muss, bis jemand einen Totenkopf zieht.

Gelehrte- und Aktionskarten.

Gruppengefüge

Nun wird es subjektiv. Auf BordGameGeek ist Belaad mit drei Personen am beliebtesten, danach folgt die Konstellation mit zwei Personen. Ich bin maximal verwirrt. Gut, zu zweit kann man sich hier vielleicht noch ordentlich auf die Mütze geben und zu dritt, sind immerhin alle Fraktionen im Spiel. Belaad ist nur einfach so interaktiv, ich will die Höhen und Tiefen gemeinsam erleben. Und auch das zügige Spielen, selbst mit sechs Personen, spricht doch dafür, diese Stärke dann auch auszunutzen? Ich zumindest habe durch Table-Talk, Bro-Fists und gegenseitiges Pushen im Team wesentlich mehr Spaß. Mal was aus einem Beutel gezogen, während dich zwei Mitspielende grölend anfeuern? Eben! Das größte Problem ist aus meiner Sicht, dass bei sechs Personen die Assassinen nicht im Spiel sind und bei fünf alleine spielen. Durch eine fehlerhafte Spielerklärung bei den B-Rex-Tagen haben wir dort zu sechst mit Assassinen gespielt. Es war und ist das beste Spielerlebnis mit Belaad. Entsprechend sollte man dies vielleicht hausregeln?

Absolut wertiges Material.

Fazit

Nun ist auch die anfängliche Frage geklärt. Ich habe die Magie der Erstpartie nicht wiedergefunden, basierte diese eben auf einer falschen Ersterklärung. Nach meinen diversen Runden würde ich allerdings sagen, probiert es zu sechst ruhig mit Assassinen aus, mir hat die Dynamik enorm gefallen. Aber auch nach den offiziellen Regeln bleibt Belaad ein atmosphärisch, hochinteraktives und schnell zu spielenden Brettspiel, wenn die Gruppe sich den Mantel des Table-Talks anzieht und die Dolche im Rücken schärft. Das spielmechanische Grundgerüst ist wunderbar leichtgängig und das Engine-Building über das Ziehen von Verbesserungssteinen aus einem Beutel immer ein Mordsgaudi. Für mich entfaltet sich der Spielspaß allerdings erst in größeren Gruppen. Dann aber ist es ein wunderbares Brettspiel für einen kurzweiligen Abend, das nach Zwiebel-Kirsche schmeckt.

Belaad

48,99 €
7.8

AUSSTATTUNG

8.5/10

SPIELIDEE

7.5/10

SPIELSPASS

7.5/10

Kurzfakten

  • Wertiges Material
  • Schnell zu lernen
  • Extrem Interaktiv ...
  • ... bisweilen destruktiv
  • Assassinen "offiziell" nur bei ungeraden Personenanzahl
  • Spielspaß schwankt je nach Gruppe enorm

Spielinformationen

  • Genre: Engine-Builder
  • Personen: 2 - 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: 30 - 60 Minuten
  • Autor: Ehsan Nazarzadeh
  • Rezensionsexemplar erhalten
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Eine Frage zur Wertung: Der Orden braucht ja mind. 6 direkte SP (= Bücher) auf seinen gemeuchelten Gelehrten, um zu gewinnen. Diese muss er mit passenden Markern, oder orangen Jokern, oben rechts auf den Karten „aktivieren“.
    Es gibt aber auch Gelehrte ohne Symbole oben rechts.
    Dazu meine Frage: Bekommt der Orden diese SP „kostenlos“, oder bringen ihm diese keine SP?

    Antworten

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