Kurzcheck: Darum geht es in Vendetta
Als enge Vertraute des mächtigen Paten werdet ihr in sein Anwesen beordert. Ein düsteres Drama spielte sich in der Nacht ab! Der Sohn des Paten ist gestorben und der Verdacht wiegt schwer. Gibt es einen Verräter in den Reihen der eigenen Familie? Es ist an euch, den Mitgliedern des eigenen Clans die Kauleisten zu beleuchten und nein, ihr seid kein Zahnarzt. Ihr werdet Rätsel lösen müssen, Verdächtige befragen, unwiderrufliche Entscheidungen treffen und viele Dokumente sichten. Vendetta ist ein abendfüllendes Programm, bei dem als Hilfsmittel nicht nur das liebevolle Material aus der Schachtel benutzt wird, sondern eben auch die technischen Möglichkeiten unserer Welt ins Spiel finden. Ich bleibe hier extra nebulös, weil ich NeueinsteigerInnen in das Genre keine Überraschungen verderben möchte. Aber gerade da, wo das Spiel mit unserer Welt verschmilzt, ist Vendetta großes Kino! An dieser Stelle rate ich dazu, die Website des Spiels nicht zu genau zu durchforsten. Für meinen Geschmack werden dort zu viele kreative Ideen vorweggenommen. Wir haben etwas über 210 Minuten in New York verbracht und den Mafia-Thriller mit Bestnote abgeschlossen. War es also zu leicht?
Cooles Grundkonzept!
Nach der ersten Entscheidung beim Gespräch mit dem Paten beginnt das Spiel und spult dabei immer gleiche Vorgehensweisen ab. Du kannst anhand von Hinweisen Orte entdecken, die aus einem Kartenstapel bestehen. Diesen legst du an das riesige Mindmap-Beiblatt an. Willst du einem Ort einen Besuch abstatten, deckst du die oberste Karte auf und liest sie vor. Neben atmosphärischen Texten wird dann von dir eine Entscheidung verlangt. Mit welcher Person redest du vor Ort? Welches Zimmer willst du betreten? Wie gehst du weiter vor? Anhand der Entscheidung werden Karten aus dem Stapel entfernt und du machst mit der Karte weiter, die deiner Entscheidung entspricht. Für den richtigen Riecher belohnt dich das Spiel mit Siegpunkten und besseren Infos. Wichtiger für den Spielspaß sind aber die unentwegt geforderten Entscheidungen und das an jeder Gabelung Karten ungesehen aus dem Spiel verschwinden. Ein einfacher, aber cooler Mechanismus.
Über den Besuch von Orten stößt du auf weitere Hinweise zu anderen Orten, erhältst wirklich cooles Infomaterial aus geheimen Umschlägen, wo kleine Kopfnüsse auf dich warten und triffst natürlich allerhand Personen, die fast alle einen Grund hätten, den Mord zu begehen. Sehr schnell bist du am Überlegen, wer Alibis besitzt oder stichhaltige Motive für die Tat hat. Da musst du hier und da auch um die Ecke denken. Das motiviert! Dabei kannst du alles auf dem Mindmap-Beiblatt festhalten. Richtig praktisch! Material und die Liebe fürs Detail passen definitiv.
Kein Detective
Wir spielten Vendetta in einem Rutsch durch, beendetet es mit der besten Bewertung und ließen nur einen Siegpunkt liegen. Auf wirklich knackige Rätsel stießen wir nie, die Lösung war meist nicht weit entfernt, selbst wenn sie kreativ verpackt war. Wer lieber einen spannenden Thriller als das nächste harte Exit-Escape-Game erleben möchte, der ist hier genau richtig. Uns hat es gefallen endlich nicht irgendwo festzuhängen, sondern einfach die Stimmung zu genießen. Etwas anspruchsvoller mag ganz am Ende die Beantwortung der Fragen zum Fall sein. Hier kommen noch einmal Diskussionen auf und es wird die Deduktionsseele gestreichelt.
Es bleibt aber vom Anspruch definitiv hinter Detective, Detective Stories oder einem Chronicles of Crime. Wer wenig Erfahrung mit solcher Art von Spielen hat, für den mag das noch etwas anders gewichtet sein, aber wir hatten vor allem Spaß an der coolen Präsentation, dem frischen Thema und der großartigen kreativen Einbindung diverser Hinweise, die eben nicht vor technischen Hilfsmitteln wie Google & Co. halt machen. Für wen das Neuland ist, der wird hier richtig staunen. Für weitere Teile würde ich mir trotzdem wünschen, das manch Rätsel aus den Umschlägen nicht direkt in sich selbst gelöst werden können, sondern man ein Stück weit mehr verschiedenes Material kombinieren muss.
Fazit
Die Immersion ist genauso wie die Liebe fürs Detail einer der Stärken von Vendetta. Wer Lust hat, einen Abend interaktiv in einen Mafia-Thriller mit unvorhersehbaren Wendungen zu versinken, der erlebt definitiv eine gute Zeit! Akribisch wirst du das Internet durchforsten, mit Spannung Briefumschläge öffnen und nicht nur viel Lesen, sondern vor allem unentwegt Entscheidungen treffen. Das ist eh der geheime Clou, denn die vielen Karten, die durch die Entscheidungsmechanik ungesehen aus den Kartenstapeln der Orte verschwinden, sorgen nicht nur für eine hohe Kommunikation, sondern heben die Immersion seine eigene Geschichte zu erleben. Der einfache Einstieg, das tolle Material, wie das beigelegte Detective-Board und die nicht ganz so kniffligen, aber wunderbar kreativen Rätselstrukturen ermöglichen gerade EinsteigerInnen in das Genre einen wirklich unterhaltsamen Abend. Das führt allerdings dazu, das Brettspiel-Ermittler, die schon zum alten Eisen gehören, keine hammerharten Kopfnüsse erwarten sollten. Auch wenn ich Vendetta als Atmosphäre-Junkie durchaus genossen habe, denn wo kann ich als sonst einen knallharten Mafiosi spielen, manche Hinweise hätten etwas besser versteckt sein können. Vielleicht gelingt dies ja bei einem Nachfolger? Ich will zumindest mehr!
Vendetta
24,95 €Kurzfakten
- Statt Polizei endlich mal Mafia
- Tolle Atmosphäre
- Kreative Rätsel
- Viele Entscheidungen
- Einfacher Einstieg
- Behandelt Thema wie Drogen, Gewalt und Tod
Spielinformationen
- Genre: Krimi-Spiel
- Personen: 1 - 5
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 3 - 4 Stunden
- Autor/in: L. Setzke, M. Student, V. Wiechens
- Rezensionsexemplar erhalten
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