Kurzcheck: Darum geht es in Red Outpost
Worum es geht? Ganz einfach, du arbeitest dir die Hände blutig und ich gewinne das Spiel. Hört sich unfair an? Nun, du kannst dich ja geschickter anstellen. Auf jeden Fall sollte jetzt klar sein, dass dieses Spiel, trotz seiner bunten Arbeiter, dem schicken Spielplan und wirklich klassischem Workerplacement, hochgradig interaktiv und bisweilen extrem fies ist. Meine Frau und ich lieben Spiele mit Ärgerfaktor, aber hier kamen wir zeitweise an unsere Grenze. Red Outpost ist aber nicht einfach nur fies, sondern hochgradig taktisch.
Die Spielzeit beträgt nur zwischen 30 und 60 Minuten, was man durchaus begrüßt! Denn die Denkleistung ist nicht ohne, wenn auch das Grundprinzip fast als simpel zu bezeichnen wäre. Wo wir schon bei meiner Frau und mir sind, es spielt sich ganz fantastisch zu zweit. Die große Besonderheit bei Red Outpost ist der Umstand, der vielleicht in der Einleitung schon klar wurde. Ressourcen wie Arbeiter gehören der Spielergemeinschaft! Meins und deins gibt es hier nicht. Wir spielen den kommunistischen Traum – der sich schnell zum persönlichen Albtraum wandeln kann.
Zufriedenheit
Red Oupost spielt man über zwei Tage, wobei jeder Tag in mehrere Phasen eingeteilt ist, wo unterschiedlich viele der sechs Arbeiter benutzt werden können und manch Aktionsfeld gesperrt ist. Wer will im Morgengrauen schon ins Bierhaus oder am Abend Weizen ernten. Bist du am Zug, nimmst du einen aufrecht stehenden Arbeiter, platzierst ihn liegend auf ein freies Aktionsfeld und passt seine Zufriedenheit an. Jeder der sechs Arbeiter ist spezialisiert und somit an bestimmten Orten stärker. Andersherum kann eine falsche Tätigkeit zu Unzufriedenheit führen. Die Zufriedenheit wird nach der Aktion direkt im Porträtbereich beim jeweiligen Arbeiter festgehalten. Dort markierst du nun auch sein Porträt mit einer deiner Einflussscheiben.
Am Ende des Tages erhält derjenige mit den meisten Einflussscheiben bei einem Arbeiter seine Zufriedenheit in Form von Siegpunkten. Ziel ist es Arbeiter so einzusetzen, dass diejenigen, die man selbst benutzt hat und daher viele eigene Einflussscheiben besitzen, ihre Zufriedenheit steigern konnten. Gleichzeitig sollte man die Arbeiter, wo andere Spieler mehr Einfluss besitzen, in Bereiche stecken, wo sie verdammt unglücklich werden. Das kennt man so eher aus kriegerischen Area-Control-Spielen. Rein destruktive Aktionen sind in Red Outpost also an der Tagesordnung!
Die Ressourcen
Wer mit einem Arbeiter Ressourcen produziert, der wandert in einem Rondell Felder vorwärts. Am Scheitelpunkt erhält man Siegpunkte. Ressourcen für die Allgemeinheit herzustellen ist also zum Vorteil des eigenen Siegpunktekontos. Allerdings können Ressourcen von Mitspielern benutzt werden. Im Lagerhaus kann jeder Ressourcen in Zufriedenheit und Unzufriedenheit bei Arbeitern eintauschen oder sich Kristalle schnappen. Diese kann man für Sonderaktionen einsetzen oder spendet sie im Palast der Sowjets, wo der größte Spender am Ende ganze 4 Siegpunkte erhält. Was im Kontext der Gesamtsiegpunkte schon nicht wenig ist. Wer die dritte Ressource einer Art herstellt, erhält Bonuspunkte! Du musst also ziemlich aufpassen, was du in welcher Menge herstellst. Eine unbedachte Produktion mag erstmal für die Bewegung auf dem Rondell reizvoll wirken, im Nachhinein deinen Mitspielern allerdings mehr Vorteile einbringen.
Spielgefühl: Die Qual der Wahl
Bei sechs Arbeitern und nur 12 Aktionsfeldern sind verdammt viele Aktionen im Laufe einer Phase besetzt. Dazu gesellt sich das trickreiche Spiel mit der Zufriedenheit und der Produktion mit den Ressourcen. Einfache Entscheidungen bei der Platzierung der Arbeiter gibt es nicht. Überall lauern gedankliche Zwickmühlen. Bei welchem Arbeiter lohnt es sich den Einfluss auszuweiten? Ist für den Arbeiter überhaupt eine passende Aktion frei? Und welche Aktion gebe ich beim Umsetzen des Arbeiters frei, denn diese steht nun dem Gegner zur Verfügung! Ist womöglich für diese Aktion der passende Arbeiter noch einsatzbereit? Vielleicht nimmst du den Fischer, der gerade glücklichste Lieblingsarbeiter deines Mitspielers und steckst ihn in die Mine. Das produziert zwar nur eine Kohle, weil der Fischer eben nicht in die Mine gehört, aber es sorgt dafür, dass seine Zufriedenheit um zwei Punkte sinkt! Allerdings würden dann schon zwei Kohle im Lager liegen, was riskant ist, den bei einer dritten Kohle gebe es Bonuspunkte!
Wie wäre es mit einem Powerzug? Du könntest die Bürokratin ins Bierhaus stecken, dann baust du bei der Bürokratin deinen Einfluss aus, sie erhält zwei Zufriedenheit und dann gibst du noch einen Kristall ab, um die dortige Bonusaktion auszulösen. Jetzt verringerst du die Zufriedenheit des Fischers und steigerst die der Landwirtin um eins, bei der du auch Einfluss besitzt. Die weitere Hoffnung, dein Mitspieler schickt in seinem Zug vielleicht den Hirten in die Verwaltung, weil er dort Einflussscheiben verschieben darf! Das ist extrem mächtig, aber es bringt der Bürokratin auch eine Zufriedenheit, bei der du zurzeit die Mehrheit besitzt. Ich denke, es wird klar, warum selbst Bauchspieler ins Grübeln kommen.
Was nicht ganz passt
Red Outpost bietet optionale Spezialkarten, die zufällig vorher verteilt werden. Dadurch erhält jede Person am Tisch zwei einzigartige Sonderregeln. Eine zielt immer auf ein bestimmtes Aktionsfeld, das andere verändert die Möglichkeiten eines Arbeiters. So dürfte man auf der Weide, statt Wolle zu produzieren, die Zufriedenheit des Arbeiters um zwei erhöhen. Oder die Landwirtin darf auch auf ein besetztes Aktionsfeld gelegt werden. Theoretisch sind all diese Spezialkarten durchaus interessant, allerdings verkomplizieren sie das Spiel und vor allem verändert es das Spielgefühl. Ohne Karten haben alle die gleichen Voraussetzungen, mit den zufällig verteilten Karten kann der Eindruck entstehen, das Spieler mehr Vorteile daraus ziehen als andere. Bei einem so fiesen Spiel ist das keine gute Voraussetzung. Und bitte streicht gedanklich die Möglichkeit zu viert zu spielen. Es funktioniert zu zweit und zu dritt wunderbar, zu viert besitzen jeweils zwei Spieler pro Runde weniger Aktionen. Am Spielende ist die Aktionsmenge zwar ausgeglichen, es spielt sich trotzdem unrund.
Fazit
Red Outpost holt durch seine ungewöhnlichen Mechaniken wohl das Maximum an Interaktion aus einem einfachen Workerplacement-Spiel! Der kommunistische Gedanke, Hand-in-Hand zu arbeiten und Gemeineigentum zu forcieren, ist thematisch gut umgesetzt, erzeugt aber alles andere als ein kooperatives Spiel. Red Outpost ist hart und wirft dich trotz seiner nur sechs Arbeitern in ein absolutes Entscheidungskarussell. Jeder Zug hat direkte Konsequenzen für alle Mitspielenden. Du streitest dich um Mehrheiten beim Einfluss, beim Timing der Ressourcenproduktion und den möglichen Aktionsfeldern. Viele Aktionen ermöglichen durch und durch destruktives Spielen, womit das idyllische Cover auf der Schachtel nicht falscher sein könnte. Ganz sicher also kein Spiel für den kuscheligen Spieleabend. Simple Mechanik im Einklang einer kurzen Spielzeit und zeitgleich solch explosive Interaktion hat trotzdem was, gerade wenn man sich gerne duelliert!
Info: Die optionalen Solo-Regeln findet ihr bei Asmodee.
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