Kurzcheck: Darum geht es in Clans of Caledonia
In Clans of Caledonia übernimmt jeder Spieler einen Clan in Schottland um Ressourcen herzustellen, kostbare Waren zu importieren und seinen Clan auszubreiten. Wer am meisten Siegpunkte nach knackigen fünf Runden ergattert, gewinnt das Spiel. Jede Runde besteht aus drei Haupthasen: Aktions-, Produktions-, und Wertungsphase. Durch asymmetrische Clans und verschiedene Arten der Punkteausschüttung gestaltet sich ein Durchgang angenehm flexibel, zugleich ist Clans of Caledonia durch unterschiedliche Spielbretter, Siegpunktebedingungen pro Runde und Startressourcen sehr modular gestaltet. Nachbarschaftboni, Häfen an den Spielfeldränder, der Ausbau der Seefahrt oder das Verbessern meiner Arbeiter sind weitere Elemente die das Spiel abrunden.
Spielgefühl: Ich hab zu wenig Pfund
Ich bin am Zug. Wir befinden uns in der dritten Runde an deren Ende diesmal Siegpunkte für das Besitzen von Gebieten am Spielfeldrand ausgeschüttet werden. Ich sollte also noch ein wenig nach außen expandieren. Die dortigen Gebiete zu erschließen ist teuer, die günstigen Felder sind alle weg. Dazu kommt der Preis des Gebäudes an sich. Ich verliere mindestens 12 Pfund. Ich könnte eine Bäckerei bauen, denn genug Getreide produziere ich und in der nächsten Runde bringen verarbeitete Ressourcen (Whisky, Käse, Brot) Siegpunkte.
Ich könnte aber auch versuchen neben einer Bäckerei eines Mitspielers zu bauen, dann greift der Nachbarschaftsbonus und ich könnte zusätzlich vergünstigt über den Markt Brot kaufen. Damit treibe ich für nachfolgende Spieler den Preis in die Höhe. Was gut ist, schließlich ist Brot gerade gefragt, aufgrund der Exportaufträge und dem Siegpunkteplättchen der nächsten Runde. Für die Shopping Tour wäre vorher aber noch mehr Geld besser, weil ich damit mehr Brote bekomme. Also erstmal den Whisky verkaufen? Allerdings verbrauche ich dafür Händler, heißt ich habe weniger Händler für den Brotkauf! Also erstmal Händler anwerben? Argh, und dann expandieren die anderen Mitspieler und klauen mir vielleicht die Bauplätze. Wobei einige der Spieler ihre Seefahrt zum Glück nicht ausgebaut haben und so weite Sprünge beim Ausbau gar nicht machen können. Also, was mache ich jetzt?
Kein Terra Mystica Killer
Und spätestens jetzt sollte klar sein, dass Clans of Caledonia kein Terra Mystica Killer ist, weil es gar kein Terra Mystica sein will. In Clans of Caledonia geht es um den Handel mit Ressourcen und deren geschickten Ausnutzungen von Preisschwankungen. Es geht weniger um das Erobern von Gebieten, sondern um die geschickte Verknüpfung kleiner Enklaven und letztendlich um die Erschaffung von Warenkreisläufen um Siegpunkte und Exportaufträge zu erfüllen. Man mag beim Studieren der Regeln hier und da an Terra Mystica denken, in der Praxis löst sich dieses Gefühl in Luft auf, angefangen beim Thema bis hin zur besseren Einsteigerfreundlichkeit. Ja, der Brettspielkenner wird in Clans of Caledonia trotzdem Mechaniken aus anderen Brettspielen finden, das tut dem Spielspaß aber keinen Abbruch.
Breit aufgestellt
Pro Zug habe ich immer nur eine von insgesamt acht Aktionen und die Wahl kann ganz schön knifflig sein. Um so mehr Mitspieler am Tisch sitzen, umso mehr schwankt der Preis. Damit wird der Ressourcen-Markt aber nur noch interessanter und logischerweise wird der Kampf um Bauplätze auf dem Spielfeld größer. Durch nur eine Aktion, die meist schnell ausgeführt ist, entsteht selbst bei vier Mitspielern kaum Downtime. Wie schon beschrieben, gibt es viele verschiedene Wege um Geld einzunehmen und sich weiterzuentwickeln. Es gewinnt nie die eine Strategie und wer flexibel denkt, sich den Gegebenheiten immer neu anpasst, kommt auch so schnell nicht unter die Räder schottischen Schafe. Meine Erfahrung ist, dass auch Spieler bei der ersten Partie zumindest etwas mithalten können. Das sorgt für Spielspaß und jeder am Tisch hat das Gefühl etwas aufzubauen! Auch wenn die Feinheiten des Marktes und die Planung der eigenen Strategie anhand der ausliegenden Siegpunktebedingungen pro Runde vielleicht noch untergehen mögen.
Seeschifffahrt
Was mir ungemein gefällt ist die Ausschüttung der Siegpunkte für denjenigen der das größte zusammenhängende Gebiet besitzt. Das kann man in Clans of Caledonia schnell falsch verstehen. Anders als in Terra Mystica ist hiermit kein wirklich zusammenhängendes Gebiet gemeint, sondern ein Zusammenschluss als vielen Gebieten über Wasserfelder. Alle Gebiete die aneinander angrenzen ohne durch Wasser (dazu zählen auch Flüsse) getrennt zu sein, zählen als ein Gebiet, egal wie groß dieses sein mag. Hat ein Spieler also ein Gebiet aus 10 angrenzenden Feldern, besitzt er ein Gebiet. Hat ein Spieler nur zwei angrenzende Felder im Besitz, diese sind aber durch einen Fluss oder Loch getrennt, besitzt er zwei Gebiete. Es geht als nicht um reine Größe, sondern man muss geschickt am Land Lücken lassen, und über das Wasser die Ausbreitung suchen.
Das Herz des Spiels?
So schön es auch sein mag Ressourcen abzubauen und/oder zu verarbeiten, am Ende muss zählbares dabei rumkommen. Zum einen gibt es immer die Umwandlung in Geld um weiter zu wachsen, zum anderen die Generierung von Siegpunkten. Dies ist möglich durch die Siegpunktebedingungen der jeweiligen Runde und am Ende gibt es für jede Ressource auch noch einmal Punkte. Die oftmals beste Möglichkeit ist aber eine dritte Option: Exportaufträge. Jeder Spieler darf immer nur einen Auftrag im Form eines Plättchens besitzen. Gewählt wird dieses über eine Aktion und je nach Spieleranzahl liegen unterschiedliche viele aus. Wer sich einmal festlegt, darf, bis er den Exportauftrag erfüllt hat, diesen weder tauschen noch ablegen. Die Wahl muss also gut überlegt sein.
Die Mechanik dahinter ist simpel. Ich kann den Exportauftrag erfüllen, wenn ich die aufgedruckten Waren der linken Seite abgebe. Dafür bekommen ich die Waren auf rechten Seite. Neben diversen Boni bekommt man vor allem exotische Waren wie Tabak, Zuckerrohr und Baumwolle. Der Clou ist nun, das am Ende die Siegpunkte nach Häufigkeit der Waren vergeben werden. Die Ware die am wenigsten von allen drei importiert wurde, ist fünf Punkte wert, die Ware die am häufigsten getauscht wurde, nur drei Punkte. Man muss also versuchen möglicht alle Waren abzudecken, beziehungsweise den Wert der Ware von anderen Mitspieler zu mindern. Diese Mechanik ist etwas willkürlich und Glück gehört auch dazu, da keiner weiß welche Exportaufträge noch ausliegen werden. Mag manchem Hardcore-Strategen weniger gefallen, ich begrüße dieses leicht überraschende Element.
Die Kehrseite der Modularität
Die Modularität hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Die verschiedenen Clans geben eine Startstrategie vor. Als Milch-Clan wird man Kühe bauen, ist die Milch doch eine sehr lukrative Einnahmequelle. Der Händler-Clan wird soviel Handel treiben wie möglich und der Whisky-Clan wird natürlich so schnell wie möglich einen Acker für Weizen und eine Destillerie zur Weiterverarbeitung bauen. Was man mit diesem Geldvorteil dann anfängt, obliegt dem Spieler. Nach hinten heraus ist die Strategie dann frei. Allerdings spielen sich nicht alle Clans gleich originell und in meinen Partien gab es ganz klare Favoriten. Und so schön die modularen Siegpunktebedingungen pro Runde sind, auch hier gibt es Auslagen die eher weniger Spannung ins Spiel bringen. Denn keiner wird für ein paar lächerliche Siegpunkte seine Tiere am Anfang schlachten.
Holzfäller und Bergarbeiter
Die Holzfäller und Bergarbeiter fungieren in Clans of Caledonia als Einnahmequelle. Man kann jede der Beiden mit besserem Werkzeug ausstatten um den Ertrag zu erhöhen, was am Ende aber nichts darin ändert das ein Holzarbeiter/Bergarbeiter für Betrag X steht. Einzig die Bauplätze auf dem Spielfeld können von Bedeutung sein, wenn ich z.B. keine Wälder in meiner Nähe mehr bebauen kann. Ansonsten ist das hier reine Mathemathik! Investiere jetzt X Pfund, um dafür in folgenden Runden einen Betrag von Y zu erhalten. Gerade in einem Spiel mit Ressourcen und Handelsmechanik, finde ich es etwas Schade das imaginäres Holz und Erz, für eine simple feste Einnahmequelle herhalten.
Äußerst kompakt
Zum Schluss noch ein Blick auf das Material! Ich finde die Gestaltung schick, auch wenn man das alles schon mal gesehen hat. Allerdings ist die Qualität und Menge über allen Zweifel erhaben. Das beeindruckendste ist aber die Kompaktheit! Für einige Spieler vielleicht alles eine Spur zu winzig, aber die Größe der Meeples, der Spielertableaus und des Spielfelds ist wirklich klein für so ein Kennerspiel. Wer das Spiel geschickt aufbaut, kann zu zweit locker auf einem Campingtisch Clans of Caledonia spielen. Ich find’s großartig! Im übrigen, das Spiel funktioniert ganz hervorragend zu zweit, Solo geht auch, mein Favorit bleibt aber vier Spieler.
Fazit
Clans of Caledonia ist ein weiteres Brettspielhighlight in diesem Jahr! Vergesst die Terra Mystica-Vergleiche, denn das hier ist von der ersten Minute an ein völlig anderes Spielgefühl. Und das liegt nicht nur an der Thematik, die auch durch das schöne Spielmaterial gut verankert ist. Clans of Caledonia begeistert durch seine Modularität und der flexiblen Strategie, zumindest ab der Mitte des Spiels. Davor sorgen die Clans mit ihren Sonderregeln für einen vielleicht etwas zu vorgegebenen Weg. Hier werden geschickt Waren gehandelt, Gebiete ausgebaut und eine wunderbare Ressourcenmaschinerie geschaffen. Die Menge an Geld entscheidet, wie oft du pro Runde am Zug bist und so grübelt die eigene Kaufmanns-Seele wie man jede Runde seinen Ertrag erhöhen kann. Die unterschiedliche Siegpunktevergabe pro Runde, erhöht den taktischen Reiz für Vielspieler, ebenso wie der Nachbarschaftbonus. Die angesprochenen Kritikpunkte verblassen am Ende – von daher unbedingt anspielen! Man munkelt das es bald ausverkauft sein wird…
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Gut bewertet 🙂