Mondbasis Shackleton ist doch nur ein weiteres Eurogame mit Weltraumthema! Wer so denkt, sollte bitte diesen Artikel bis zum Ende lesen. Alle anderen sind bestimmt schon vorab ein bisschen angefixt von der Mondbasis. Ich bin es spätestens seit den B-Rex-Tagen 2025 gewesen und war sehr gespannt darauf, was das Spiel von Giant Roc abseits einer guten Erstpartie zu bieten hat. Was soll ich sagen? Lutsch mich rund und nenn mich Bärbel!
Was zum Teufel ist denn hier gerade auf dem Tisch gelandet? Just another Euro? Nein, nein meine Freunde. Mondbasis Shackleton ist genau so ein Spiel, für das ich immer weiter Euros spielen werde und sie vergleiche. Ihr kennt den Artikel, in dem ich mich als Connaisseur guten Brettspielgeschmacks bezeichne? Als Trüffelschwein? Ihr kennt unseren neuen Leitspruch? Content follows Emotions? Oh ja, hier kommt Emotion, denn was Mondbasis Shackleton auf den Tisch zaubert, ist Euro-Game-Deluxe. Aber mal kurz noch sachlich zum Kurzcheck.
Kurzcheck: Darum geht es in Mondbasis Shackleton
Der Mond fasziniert. Shackleton ist der Name eines Einschlagkraters auf dem Mond, benannt nach einem britischen Polarforscher. Da einige Formationen am Kraterrand dauerhaft Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, eignet sich Shackleton vortrefflich als möglicher Ort für die Errichtung einer Mondkolonie. Und schon sind wir bei Mondbasis Shackleton. Über drei Spielrunden ist es eure Aufgabe, diesen Krater optimal zu kolonisieren und nebenbei Konzerne zu unterstützen. Dafür stehen euch in jeder Runde 6 Worker zur Verfügung. Wir haben also ein klassisches Worker-Placement für 1–4 Personen. Die Worker gibt es in drei Farben (Gelb, Blau, Rot) und ich habe drei Hauptaktionen zur Auswahl. Mit dem Lunar-Gateway ziehe ich Arbeiter auf mein Tableau, die mir wichtige Vorteile ermöglichen. Oder ich schicke meine Arbeiter zum Mondkrater arbeiten, um – entsprechend ihrer Farbe – unterschiedliche Belohnungen einzuheimsen. Finally kann ich mit den farbigen Meeplen eine von drei Kommandoaktionen ausführen lassen: Gebäude für die Kolonie bauen, Konzernkarten finanzieren oder Konzerne nutzen. Ja richtig: Konzerne spielen eine wichtige Rolle. Davon gibt es sechs im Spiel, aber nur drei kommen pro Partie zum Einsatz. Zack – der Mond lebt.

Konzerne
In der ersten Partie sitzen Marco und Uwe neugierig vor dem aufgebauten Spiel. Wir spielen streng nach Anleitung mit den Startkonzernen: Selenium Research, Moon Mining und Artemis Tours. Während Selenium Research Gesteinsproben auf dem Mond zu Siegpunkten umwandelt, ist Moon Mining ein klassischer Ressourcen-Tausch. Die drei Standardressourcen Titan, Seltene Erden und Geld werden bei diesem Konzern zur Erfüllung von Zielen benötigt. Da wir den Mond kolonisieren, boomt natürlich auch die Tourismusbranche. Allerdings nur, solange sie exklusiv bleibt – je mehr Touristen, desto weniger Siegpunkte. Marco setzt voll auf Tourismus. Uwes und mein Fehler wiegt in der ersten Runde schwer. Wir lassen ihn gewähren – eine schlechte Entscheidung.

Timing
Marco generiert durch seine Exklusivität in der ersten Runde massig Siegpunkte. Einige Konzerne werden nach jeder Runde zurückgesetzt – so auch Artemis Tours. Logisch, die Touristen kehren nach ihrem erfolgreichen Trip zurück. In Runde zwei überlasse ich Marco das Feld nicht und mische in der Tourismusbranche stark mit. Da ich in Runde eins viele Rohstoffe für Moon Mining geopfert habe, stehen mir nun mehr Titan und Seltene Erden zur Verfügung. Ich kann also mehr bauen. Aber ist genug Strom da? Nur wenn die Kolonie mit ausreichend Strom versorgt ist, sind gewisse Bauaktionen möglich. Auch das geschieht gemeintschaftlicht und wer Strom generiert wird belohnt. Das ist im Spiel sehr thematisch umgesetzt und hebt das Spiel. Ist genug Strom da, dürfen keine Solaranlagen gebaut werden. Ein toller Kniff.
Dilemma
Die drei Konzerne sind nur ein kleines Beispiel für die unterschiedlichen Taktiken, Möglichkeiten und Timingaufgaben, die Mondbasis Shackleton zu bieten hat. Welche Arbeiter wähle ich zu Beginn der Runde aus? Ihr bekommt immer unterschiedliche Sets verschiedenfarbiger Arbeiter. Welches wähle ich, denn davon ist die Zugreihenfolge abhängig. Wo setze ich welche Arbeiterfarbe ein? Je nach eingesetztem Arbeiter am Kraterrand erhalte ich unterschiedliche Dinge: Ressourcen, Geld oder Konzernplättchen.
Wird die passende Arbeiterfarbe im Kommando-Bereich eingesetzt, darf ich Zusatzaktionen ausführen — und glaubt mir: die wollt ihr. Aber gerade die Felder auf der Kommandoebene werden immer teurer. Wann möchtet ihr dort einen Arbeiter einsetzen? Habt ihr alle Ressourcen beisammen? Wofür wollt ihr eure Ressourcen ausgeben? Ein weiterer feiner Dilemma- und Timing-Aspekt: Ihr baut alle gleichzeitig auf dem Mond. Eure Gebäude haben eine eingebaute Mehrheitenmechanik auf dem Spielplan, über die ihr wiederum zusätzliche Arbeiter auf euer Spielertableau bekommt. Und auch das wollt ihr, denn so schaltet ihr diverse Vorteile frei. Ihr wollt eigentlich alles. Das Problem: die anderen auch!

Kompliziert? Nein!
Herausragend bei Mondbasis Shackleton sind die Regeln und die Anleitung. Nach dem Spielaufbau wird das Spiel auf nur sieben Seiten komplett erklärt. Klar und strukturiert. Mit allen notwendigen und eindeutigen Beispielen. Die Regeln und Möglichkeiten sind überschaubar, eine perfekte Symbolsprache auf dem Spielbrett, in der Anleitung und in der Übersicht lässt keine Fragen offen. Alle Konzerne haben ein liebevoll und übersichtlich gestaltetes DIN-A4-Blatt mit dem Aufbau und allen Regeln des Konzerns auf der Vorderseite und allen Karten (je 9) sowie Erläuterungen dazu auf der Rückseite. Unklarheiten? Fehlanzeige. Dazu eine fehlerfreie Symbolübersicht. In der Spielschachtel sind alle Materialien in praktischen und eindeutigen Pappschachteln. Alles ist perfekt. Auch wenn das Spiel verzahnt ist, ein geiles Timing und eine tolle Interaktion hat, viele spielerische Möglichkeiten und Varianten bietet. Ich könnte heulen vor Glück.
Ohnmacht
Ich grüble seit meinem letzten Zug, was ich mache und werfe meinen Plan ständig um, weil immer wieder etwas auf dem Spielbrett passiert. Ich habe mir Geld genommen, weil ich dieses Geld benötige, um mir eine schöne und passende Konzernkarte zu kaufen. Doof nur, dass Uwe diese Konzernkarte weggekauft hat. Das ist aus doppelter Hinsicht schlecht, denn er hat dafür auf der Kommandoebene einen roten Arbeiter im roten Bereich eingesetzt. Und eben diese Kommandoebene ist jetzt teurer geworden. Nicht schlimm. Ich habe noch Puffer in meinem Geldvorrat, und die neu aufgedeckte Karte ist auch nicht schlecht.
Marc ist dran und baut ein Gebäude. Ein neues Konzernplättchen kommt in den Bereich, in dem er baut. Er nimmt es von meinem auserwählten Konzern. Fuck. Jetzt werden Karten dieses Konzerns teurer und benötigen mehr Strom. Ich habe zwar immer noch genug Kohle, aber so langsam wird es echt haarig.In Marcos Gesicht rattert das gleiche Rädchen wie in meinem Kopf. Auch er setzt einen roten Arbeiter auf der roten Ebene ein, kauft aber von einem anderen Konzern. Ich bin dran. Auch wenn ich kurz gewartet habe, hatte ich keine Downtime. Mittendrin, statt nur dabei, denn alles auf dem Tisch ist gut sichtbar und lässt jeden Spieler alle Schritte nachvollziehen. Hier gibt es keine blinden Flecken. Jetzt muss ich meine Optionen abwägen und kurz überlegen. Nicht schlimm, die anderen sind auch gerade dabei, ihre Mondbasis zu planen. Das Spiel flutscht.

Spielgefühl
Was auf dem Tisch passiert, ist purer Wahnsinn. Mondbasis Shackleton führt dazu, dass Uwe, Marco, Marc und ich seit langem mal wieder über „wie wir gespielt haben“ diskutieren. Über die Vor- und Nachteile der Konzerne, über Synergien und verpasste Zeitpunkte. Mondbasis Shackleton ist anders als viele andere Spiele. Kann ich in anderen Euros häufig eine Hauptstrategie konsequent verfolgen, scheitere ich hier, wenn ich mich auf einen Konzern konzentriere. Dazu bietet mir das Spiel und die anderen Konzerne zu viele Möglichkeiten Siegpunkte zu generieren. Das Timing ist dabei oft entscheidend. Die Ressourcen, die ich habe, hängen zudem von der Situation im Mondkrater und meinen Arbeitern ab.
Wie das Spiel tickt zeigt folgendes Beispiel: In unserer letzten Partie war Uwe in der ersten Runde 40 Punkte voraus. Ein Todesstoß in vielen anderen Spielen für die anderen Spielenden am Tisch. Um seinen Sieg über die Ziellinie zu drücken fehlte ihm in Runde drei ständig Seltene Erden um Energie zu erzeugen. Das Spielende? Ich: 131 Punkte. Marc und Uwe: 130 Punkte, Marco: 125 Punkte. Spielzeit: 1 h 50 min. Knappes Ding.

Abwechslung
Die Konzerne sind das spieltaktische Salz in der Suppe. Als wir mit dem Konzern Evergreen Farms spielten, war das Gerangel auf dem Mond krass. Die Gebäude waren mächtig und der Mond fast vollständig besiedelt. Die Farmgebäude geben dem Besitzer der Mehrheit in dieser Reihe einen fetten Bonus, entsprechend hart wurde versucht, diese Mehrheit zu bekommen. Dadurch waren alle Felder sehr attraktiv, und man konnte durch das Einsetzen der Arbeiter am Mondkrater viele Ressourcen generieren.
Anderes Spiel, andere Konzerne: Skywatch und To Mars. Der Konzern Skywatch soll einen Kometeneinschlag am Krater verhindern, To Mars baut bestehende Gebäude auf dem Mondkrater ab und möchte sie versenden. Wohin ist klar: Terraforming Mars braucht ja Gebäude. Könnt ihr euch vorstellen, wie der Mondkrater aussieht, wenn ein Kometeneinschlag droht, der Gebäude zerstört und so negative Siegpunkte erzeugt, während gleichzeitig ein anderer Konzern fette Siegpunkte verteilt, wenn ihr Gebäude abbaut? Richtig. Leergefegt. Und wenn auf dem Mond keine Gebäude sind, könnt ihr auch keine Ressourcen bekommen. Und jetzt kombiniert ihr die Konzerne munter untereinander. Viel Spaß beim Diskutieren.

Fazit
Mondbasis Shackleton ist für mich ein absolutes Traumspiel. Keine Partie dauert bei uns am Tisch mit vier Personen länger als zwei Stunden. Die Möglichkeiten als Spieler sind so vielfältig. Weil der Mondkrater gemeinschaftlich genutzt wird, die Gebäude der Mitspieler Ressourcen generieren und die Workereinsatzfelder echt teuer werden, ist dauerhaft Interaktion am Tisch. Ständig grüble ich über meinen nächsten Zug, plane, verwerfe und partizipiere in den Zügen der Mitspielenden. Durch die unterschiedlichen Konzerne habe ich so viele Möglichkeiten, Abwechslungsreichtum und spieltaktische Varianten, dass jede Partie anders läuft. Trotzdem ist die Downtime gering, und der Einstieg in ein solches gehobenes Kennerspiel ist aufgrund der wenigen Regeln, der tollen Anleitung mit passenden Beispielen und der klaren Symbolsprache super einfach.
Ich will hier keinen Vergleich zu Brass: Birmingham aufmachen, aber weit ist Mondbasis Shackleton davon nicht entfernt. Für mich kurz hinter On Mars, mit deutlich einfacheren Regeln. Ich könnte noch tausend Worte mehr schreiben oder noch mehr Anekdoten erzählen. Mondbasis Shackleton greift bekannte Elemente auf und packt sie zu einem spannenden und abwechslungsreichen Spiel zusammen. Wahnsinn.

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