Kurzcheck: Darum geht es in Cooper Island
In Cooper Island erkundet jeder Spieler seine eigene Halbinsel für die Gewinnung von Ressourcen. Dabei puzzelt man mit Hexfeldern in die Weite, um die Insel zu erschließen, aber auch in die Höhe, weil dies die Rohstofferträge verbessert. Mit diesen Rohstoffen baut man Boote, belädt Handelsschiffe, baut Dörfer und Städte, besucht den König für Aufträge und erschafft Statuen. Der Zweck dieser Unternehmungen sind weitere Arbeiter, passive Boni und vor allem die Möglichkeit, seine beiden Segelschiffe die Küste entlang segeln zu lassen. Das aktiviert Sonderaktionen und bringt Siegpunkte ein. Im Vordergrund stehen Puzzle-Elemente, klassisches Workerplacement und die Steuerung von Ressourcen. Cooper Island ist dabei ein absolutes Mangelspiel! Du wirst nicht nur zu wenig Plättchen zum Puzzeln haben, sondern zu wenig Ressourcen oder Lagerplatz. Falls das mal passen sollte, sind es die wenigen Arbeiter-Aktionen die deinen Plan zerstören.
Schon vorbei?
Der Clou kommt nun aber noch. Es herrscht auch ein Mangel an Spielrunden. Man startet hier mit so gut wie gar nichts und hat nur fünf Runden Zeit, die Maschinerie in Gang zu setzen. Fehlplanungen und keine Struktur im eigenen Handeln? Adieu, Siegpunkte! Die Quintessenz der Erstpartie, ich begriff das Spiel zügig, nur um zu merken, dass ich in Runde drei noch so gut wie keinen Siegpunkt erarbeitet hatte. Am Ende standen ganze zwölf lächerliche Punkte auf dem Konto. Von anderen Erstspielern wusste ich, das dies wohl öfters vorkommt. Wie der Autor mir mitteilte, sind durchaus hohe 40er Regionen zu erreichen. Man fühlt sich so ein wenig wie der verschwitzte Lauch, der nach seinem 6-Kilometerlauf erfährt, dass es durchaus möglich ist, in der gleichen Zeit das doppelte abzuspulen. Da packt dich der Ehrgeiz am Kragen!
Erstes Spiel: Große Augen
Ganz ehrlich, ich habe dieses Gefühl genossen! Wer kennt es nicht, selbst bei anspruchsvollen Spielen sprudeln irgendwie die Siegpunkte. Man wirft den Würfel, platziert dort einen Stein und in der Kramerleiste hinterlässt man viele Kratzspuren. Warum ich am Ende statt 147 nur 97 Punkte geholt habe, weiß ich vielleicht gar nicht so genau.
Bei Cooper Island glotzte ich wie der letzte Mensch auf meine mickrigen Punkte und dachte nur WTF! Ich hatte es nicht geschafft eine Stadt zu bauen, hatte kein einziges Boot, nur zwei Statuen, hatte weder meine Insel fertig erkundet, noch war ich mit meinem zweiten Schiff weit gesegelt. Einen Königsauftrag geschafft, vielleicht sogar als Belohnung die Endstufe? Der größte Witz aller Zeiten. Überall schmiss mir diese Insel oder mein Unvermögen Stöcker zwischen die Beine. Ich war der Stöckchensammler! Anderen Erstspielern ging es ähnlich. Alle saßen sie nach ihrer ersten Partie da und konnten kaum begreifen, wie wenig sie erreicht hatten. Motivierend: Mit jeder Partie wirst du besser!
Ein Spielstart von vielen
Der Kniff des Spiels ist wie eingangs erwähnt der Mangel an allem und das deren Beseitigung ein Optimierungsspagat erfordert. Ein vereinfachtes Denkspiel. Ich möchte in der ersten Runde ein Boot bauen, denn damit erhalte ich am Anfang jeder Runde Boni. Es lohnt sich also früh Boote zu besitzen. Für den günstigsten Bootplatz brauche ich drei Münzen und ein Holz. Am Anfang meiner Runde darf ich ein Inselplättchen und ein Landschaftplättchen platzieren. Beim Inselplättchen nehme ich den einmaligen Münz-Bonus. Meine zweite Münze von drei, denn eine erhalte ich am Spielstart!
Münzen bekomme ich jetzt nur noch durch den Tausch von vier Ressourcen, wenn mein Segelschiff das eben platzierte Inselplättchen überfährt oder durch eine Workeraktion. Gut, ich benutze einen meiner Arbeiter für die Münze und mit dem zweiten Arbeiter baue ich das Boot, welches mir direkt eine Münze einbringt. Einmalig jetzt und dann am Anfang jeder Runde. Ich erhalte außerdem den ersten Schritt mit einem Segelschiff. Und schau her, da segelt es über mein gelegtes Inselplättchen und ich erhalte direkt wieder eine Münze, jetzt habe ich schon wieder zwei – Endorphinausschüttung Incoming!
Die Schlange und der Schwanz
Am Rundenende habe ich mich allerdings weder um Nahrung gekümmert – richtig schicke Minuspunkte – noch weitere Landschaftplättchen gezogen. Ich konnte keine Ruinenplättchen von der Insel nehmen, was das Puzzeln erschwert. Durch den Verzicht auf den Bau eines Dorfes bleibt mein Lagerplatz begrenzt. Eine Stadt oder Burg? Weit entfernt! Einen weiteren Worker erhalte ich erst, wenn ich ein zweites Boot baue, welches noch teurer ist. Und überhaupt, war es schlau das Boot mit dem Münzen-Bonus zu nehmen? Ich hätte auch Landschaftsplättchen erhalten können oder direkt Ressourcen mit Lagerplatz. Auch innerhalb von Aktionen habe ich also Entscheidungen zu treffen, die meinen weiteren Weg zeichnen. Um den Text nicht zu sprengen, touchiert der Artikel nur die Wasseroberfläche. Der Tiefgang der Verzahnung ist enorm.
Irgendwo beißt sich die Optimierungsschlange immer in den eigenen Schwanz. Da sich Cooper Island so kurz gibt, wird auch jede Entscheidung bedeutend. Das ist Denk- und Planungssport und weil man nie alles schafft, ist der Spaß wie auch der Wiederspielreiz ungemein groß. Du willst einfach einen neuen Weg ausprobieren!
Wenig Interaktion
Cooper Island besitzt wenig Interaktion und das kann ich nur begrüßen! Man ist hier schwer mit seiner Planung am Kämpfen, wenn jetzt auch noch Mitspieler ins eigene Werk pfuschen, dann Gute Nacht! Trotzdem gibt es einen aktiven Berührungspunkt. Wenn ich einen Arbeiter auf einem besetzten Aktionsfeld einsetzen möchte, muss ich dem Besitzer des Arbeiters einer meiner Ressourcen geben. Kann oder will ich dies nicht, müssen meine Schiffe ankern. Das ist nichts anderes als aussetzen bzw. Minuspunkte am Ende der Partie und der andere Spieler darf sich eine Ressource aus dem Vorrat nehmen. Das sollte man eigentlich vermeiden.
Spielmaterial
Ich finde Cooper Island sieht fantastisch aus! Wenn man seine Insel erkundet und die dicken Pappplättchen langsam in die Höhe wachsen, dann genießt man den Anblick. Als Brettspielneurotiker kriege ich allerdings die Krise bei den Handelsschiffkarten. Diese markieren nicht nur die Rundenanzahl, sondern werden auch mit kleinen Kistenmarkern der Spieler belegt. Es ist einfach frickelig und ständig verschieben sich die Karten und Marker. Ich hasse das! Hier hätte ich einen weiteres stabiles Papptableau statt loser Karten bevorzugt. Ähnlich nervig sind die dünnen Spielertableaus. Die liegen zwar plan auf, aber sind weit von der dicke der Preview-Version entfernt. Es stört mich bei Cooper Island besonders, weil es zum restlichen absolut hochwertigen Material nicht passen will.
Fazit
Der erste Blick auf Cooper Island wirft vielleicht noch Fragen auf, gerade bei dem mit Symbolen vollgepackten Spielertableau. Doch dieser Eindruck verflüchtigt sich schnell. Die Komplexität entsteht nicht durch eine Fülle von komplizierten Aktionen und kleinteiligen Mechaniken, am besten verteilt auf einem überdimensionierten Brett, sondern durch die knackige Rundenanzahl und der irrsinnigen Verzahnung, die keine suboptimalen Züge zulässt! Cooper Island ist leicht zu spielen, aber wer Punkte machen will, spürt, wie schwer diese Insel wiegt. Entscheidungen haben Gewicht, das treibt den Spielspaß in die Höhe. Die Puzzlemechanik, bei der die Anbauhöhe die Wertigkeit der Ressourcen definiert und die Segelboot-Siegpunkteleiste, mit platzierbaren Boni, sorgen für eine frische Brettspielbrise. Nicht alles mag thematisch fest vertäut sein und es ist sehr solitär, trotzdem ist Cooper Island für mich im Bereich der komplexen Eurogames eines der Highlights der letzten Jahre!
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hab das Spiel eher zufällig durch einen Tausch erhalten. Da mir Lewis&Clark solo gut gefällt, wollt ich (als eigentlicher ami-Trash spieler) einem zweiten Eurogame eine Chance geben.
Erste Partie zum lernen ohne das Gegnerkartendeck gespielt und satte 8 Siegpunkte geschafft.
Das war erst mal ein Dämpfer hat aber den Wunsch nach mehr geweckt. Mittlerweile nach 4 Partien hab ich schon 28 geschafft, den Automa Gegner aber noch bei weitem nicht besiegt!
Besonders gut gefällt mir die Länge. Solo ist man in ca. 90 Minuten durch und möcht gleich nochmal anfangen. Mir gefällts sehr gut und kanns nur empfehlen. Wer allerdings schnell frustriert ist wenn nichts weitergeht, sollte allerdings vielleicht die Finger davon lassen.
Sehr gute Rezi, Cooper Island ist leider ein ziemlicher Geheimtipp geblieben. Einziges größeres Manko für mich ist wie beschrieben die sehr spärliche Interaktion.
Eigentlich unverständlich wie dieses Spiel so wenig Hype abbekommen hat, gibt es doch sehr sehr wenige andere Spiele die ein gutes, schweres Eurogame in unter 2h unterbringen.