Kurzcheck: Darum geht es in Dockfighters
Das Setting ist in Dockfighters abgefahren. Den zweiten Weltkrieg hat es nie gegeben, dafür zersplitterten Ländern wie Deutschland in kleine Provinzen und Sachsen und Bayern zetteln einen Konflikt an. Streitpunkt: Bier! Zweiter thematischer Pfeiler sind die Flugzeuge und ihre Pilot:innen. Die sind in diesem Zeitalter echte Rockstars! Was wird daraus nun für ein Tabletop gestrickt? Im Prinzip ist das Kerosin des Spiels klassisch: IM Regelfall zwei Parteien, unterschiedliche Flugzeuge und Luftschiffe, viele Hexfelder, Würfel und unterschiedliche Szenarien und dann gibt es per Würfelwürfe auf die Mütze. Tabletop halt. Dazu gesellt sich dann eine Tutorial-Kampagne, eine Koop- und Versus-Kampagne und ein freies Spiel mit Szenarien und partieübergreifenden Flottenausbau. Die Anleitung zu Dockfighters ist umfangreich und es braucht definitiv etwas Einarbeitungszeit. Allerdings lohnt sich diese Zeit, denn Dockfighters macht einiges anders und das Fliegen überzeugt sofort.
Waffen? Brauche ich nicht!
Heben wir direkt zum vielleicht entscheidenden Punkt ab. Der Tabletop-Tausendsassa Martin war der Erste, mit dem ich die Landebahn von Dockfighters betrat. Das ist keine blumige Metapher! Die erste Mission im Tutorial ist reine Flugschule. Es wird also wirklich eine Landebahn auf dem Spielfeld platziert und die Aufgabe besteht darin zu lernen, wie man startet, dann bis zur maximalen Flughöhe aufsteigt, dabei zu drehen und punktgenau zu landen. Wir machten daraus ein Duell. Wer ist schneller wieder auf der Landebahn!
Was sich vielleicht banal, ja gar langweilig anhört, war die Thermik für den Spielspaß. Es ist einfach grandios, wie Dockfighters mit der unterschiedlichen Agilität und Motokraft der Flugzeuge, der Erfahrung des Piloten, dem Wetter und dem Spiel mit Geschwindigkeit und Flughöhe echtes Fliegen auf dem Tisch praktiziert. Wer mit Speed unter einem Wolkenteppich knapp über den Boden, die Maschine zum Äußersten treibt, fühlt sich wie ein Gott. Klar, das ist hier keine verkopfte Simulation, sondern ziemlich abstrahiert, aber eben in dem Maße, dass sich das Fliegen trotzdem echt anfühlt. Kann es ein schöneres Kompliment für ein Kampfspiel in der Luft geben?
Die Waffen röhren
Der Kampf birgt dann auch Überraschungen. Allerdings vielleicht nur für Laien, für andere ist es dann wieder die passgenaue Abbildung? Ich bin Laie und war zuerst ganz verdutzt, wie schwer es ist, jemanden vom Himmel zu holen. Nur fliegen wir bei Dockfighters eben Flugzeuge aus den Anfängen der Luftfahrt. Wer im Himmel mit einem Maschinengewehr auf weite Distanz ballert, vielleicht noch zwischen Wolken, die sich selbst auch dynamisch über das Spielfed bewegen und gerne auch ein Flugzeug mal mitreißen, der trifft eben nicht.
Dazu kommt noch die Abbildung von Munition. Nach jedem Angriffswurf musst der Pilot einen Check ablegen, wie präzise und munitionssparend er agiert hat. Unerfahrene Pilot:innen versemmeln gerne diese Würfe und stehen schnell ohne Munition wie der Ochs vor der Wolke. Die haben halt einen nervösen Daumen! Ein fieses Element, welches aber zusätzliche Spannung reinbringt. Einfach wild ballern ist hier nicht! Man beachtet die Distanz zum Ziel, die Art der Waffe, die Flughöhe, den Kurs beider Flugzeuge und natürlich den Skill der Pilot:innen. Schießt du wirklich, oder versuchst du erst deine Position zu verbessern?
Der Kampf ist also geprägt von Proben und Tabellen, geht aber schneller ins Blut über, als man anfänglich denkt. Das liegt auch an den guten Übersichten! Trotzdem ist der Kampf in den Wolken im Spielgefühl ein besonderes und taktischer geprägt. Ich zumindest musste mich an die schlechten Trefferquoten und der Gefahr, ohne Munition dazustehen, erst gewöhnen. Wer Dauerfeuer und Action sucht, könnte manch Partie als zäh empfinden. Mein armer Tisch hat zumindest öfters die Frust-Faust erlebt.
Stumpf nicht Trumpf
In der Kampagne sorgen die Autoren natürlich für Abwechslung. Das kann man so erwarten. Besonderes Augenmerk möchte ich aber auf das freie Spielen legen. Hierbei baut man sich über viele Partien ein immer größeres Geschwader auf. Neue Flugzeuge, Ausrüstungen und Pilot:innen, die Erfahrung sammeln und Fähigkeiten erhalten. Das ist schon richtig cool! Nach Luftschlachten können geliebte Charaktere sterben oder im Krankenhaus landen. Auch Flugzeuge müssen manchmal in die Werkstatt. So hat man nicht jedes Spiel das gleiche Set-up und die eigene „Armee“ bekommt ein Gesicht.
Was dann aber innerhalb des Spiels auf dem Tisch abgeht, ist auch erwähnenswert. Die teilnehmenden Parteien suchen sich anhand eines Wertesystems nämlich für jede Partie neue Missionen aus, die sie mit Fame (Erfahrung) bezahlen müssen. Schafft man die Mission, gibt es mehr Fame zurück. Damit verbesserst du dann deinen Squad. Der Witz ist nun aber, dass jeder seine eigenen Missionen absolviert. Du versuchst deine erfolgreich zu fliegen und andere bei ihrer Mission zu behindern. Die Missionen sind dabei äußerst abwechslungsreich. Bodenziele, teilweise sogar bewegliche, müssen ausgeschaltet werden, Agenten auf fahrende Züge abgesetzt werden und bisweilen fühlt man sich so wie in einer Actionszene bei James Bond. Ein anderes Mal schießt du Aufklärungsfotos. Ja, richtig gelesen, du stürzt dich mit deinen Flieger aus den Wolken um spektakuläre Fotos von Bodenzielen zu schießen. Stumpf die gleichen Missionsziele angehen und sich dabei klassisch beharken, erlebst du bei Dockfighters also weniger. Neben dem Fliegen sind die kreativen und Abwechslungsreichen Missionen das Aushängeschild für mich.
Fazit
Wer einfach nur stumpf mit Flugzeugen ballern will, der sollte sich unbedingt eine andere Startbahn aussuchen. Dockfighters hat einen gewissen Anspruch und der Umfang ist anfänglich fast erschlagend: Squadausbau, Erfahrungssystem, Skillchecks mit diversen Modifikatoren, Flugzeuge und Luftschiffe, die individuell bestückt werden können und wechselnde Wetterkapriolen. Das Regelwerk umfasst geschmeidige 67 Seiten! Dabei habe ich das Fliegen noch nicht erwähnt, bei dem die Agilität der Flugzeuge, Geschwindigkeit, Flughöhe, Motorkraft und Kurvenverhalten beachtet werden muss. Ja, es ist viel und genau darum ist die Tutorial-Kampagne grandios. Stück für Stück erlernst du das Handwerkszeug und merkst, wie fluffig das in der Praxis funktioniert. Schnell bist du in spannenden Kampagnen abgetaucht und oder genießt das freie Spiel in kreativen Szenarien. Ganz großes Highlight für mich ist dann das Flugverhalten. Ähnlich wie in X-Wing und vielleicht noch ein Stückchen mehr, liebe ich es einfach meine Kreise in den himmlischen Lüften zu drehen! Wer nun neugierig geworden ist, sollte sich den Kickstarter anschauen. Für die Kampagne wäre mein größter Wunsch ein thematisches Upgrade der Holz-Tokens.
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Das liest sich total super – also gutes Spiel ABER auch hammer geschrieben. Danke