Kurzcheck: Darum geht es in Ankh
Ankh ist in erster Linie eine Hatz nach Verehrung, was nichts anderes als Siegpunkte sind. Wer davon 31 gesammelt hat, gewinnt sofort. Also ein klares Wettrennen. Verehrung erzielt man hauptsächlich über die Kontrolle von drei Monumentarten in den jeweiligen Gebieten. Im Fokus steht also eine doppeltgemoppelt Area-Control-Mechanik (Gebiete + Monumente). Dazu gesellen sich durch einzigartige Startfähigkeiten asymmetrische Gottheiten, die dann individuell ausgebaut werden können, wobei die möglichen Fähigkeiten dann allen zur Verfügung stehen.
Gesteuert wird Ankh über ein einfaches Aktionssystem. Die vier Aktionen bedienen schnörkellos auf gradlinige Weise das, was man eben erwartet. Truppen bewegen und ausheben, Einkommen generieren oder die Verbesserung des Gottes. Dazu gesellen sich noch pro Partie rekrutierbare Spezialmonster und einige Szenarien für alternative Aufstellungen und Sonderregeln. Nichts, was man nicht kennt. Ankh ist fast als übersichtlich zu bezeichnen, was sich in der knackigen Spielzeit direkt bemerkbar macht. Doch da wären ja noch zwei Besonderheiten, die das Spiel massiv im Spielgefühl umkrempeln.
Aktionen und Ereignisse
Fangen wir mit dem weniger umstrittenen Aspekt an, dem gemeinsamen Aktions- und Ereignistableau! Jeder der vier möglichen Aktionen ist einer Leiste zugeordnet. Nachdem du eine entsprechende Aktion ausgeführt hast, bewegst du den Marker ein Feld weiter nach rechts. Der Witz ist nun, erreicht der Aktionsmarker den letzten Platz der Leiste, wird ein Ereignismarker auf einer Ereignisleiste weiterbewegt und löst zugleich ein positives Ereignis aus. Du solltest also nicht nur schauen, was du machen willst, sondern wo nach deiner Wahl der Aktionsmarker steht. Du willst nämlich nicht, dass andere am Tisch Ereignisse für sich selbst auslösen.
Randnotiz: Der Aktionsmarker wird nach einem Ereignis auf die Startposition zurückgelegt und der Tanz beginnt von vorn. Wichtiger ist der Umstand, dass der Ereignismarker einer festen Leiste folgt und so absehbar ist, was wann ausgelöst wird. So werden Monumente erobert, neue Grenzen gezogen oder gekämpft. Das ist insofern ungewöhnlich, weil Kämpfe eben nicht direkt ausgelöst werden, wenn feindliche Figuren in Gebieten aufeinander treffen. Die meiste Zeit ist Ankh also ein strategisch wie taktisches Vorbereiten, das dann alle paar Runden in einem Ereignis-Knall mündet. Es wird also weniger gekämpft. Vergleiche Ankh niemals mit Kemet: Blut & Sand.
Du willst Zahlen zur Einordnung? Gut, in Ankh wird höchstens 5-Mal im gesamten Spiel eine Konfliktrunde gestartet. Es ist dabei auch völlig befreit von Glückselementen! Keine Würfel, alle haben die gleichen Kampfkarten, die ordentlich Einfluss auf das Spielgeschehen haben. Ankh ist viel mehr Schach, ein Spiel um Positionierung, um das geschickte Ausnutzen von Fähigkeiten der Götter und Spezialfiguren sowie die Veränderungen von Grenzen. Gerade zu zweit ein hammerhartes Duell!
Ein Verständnisproblem?
Kommen wir zum Kern meiner Begeisterung. Den Punkt den Ankh einzigartig macht und falsch verstanden für erheblichen Frust sorgen kann. Das Zauberwort ist die Verschmelzung! Ab einem gewissen Punkt im Spiel, nennen wir ihn den Anfang vom letzten Drittel, verschmelzen die zwei schlechtesten Spieler:innen zu einem Gott. Sie bilden jetzt ein Team, teilen sich beide die Fähigkeiten ihrer Götter und gewinnen oder verlieren gemeinsam. Einhergehen damit gewisse Regeln, von denen ich nur die zwei wirklich wichtigen erwähnen möchte. Der schlechtere der Beiden verliert alle Truppen, Karten und Monumente auf dem Spielbrett. Er wird also komplett getilgt! Er spielt nun mit den Figuren des Besseren. Das kann ein psychologischer Schock sein. Ein Gefühl gebären, dass man eigentlich nicht mehr am Spiel teilnimmt.
Viel dramatischer, der bessere der beiden setzt seinen Verehrungsmarker auf den des schlechteren und bildet jetzt einen vereinten Siegpunktemarker. Ergo, der bessere Gott verliert Siegpunkte. Je schlechter die schlechteste Person dasteht, desto härter fällt die Bestrafung aus. Ist der Abstand groß, dann kann das Team in der Regel einen Sieg vergessen. Das frustet ungemein! Wer also Ankh wie ein herkömmliches Area-Control-Spiel spielt, seine Ellbogen messerscharf nach Außen zeigen und vielleicht auch gerne auf den Spielenden am Ende der Skala draufschlägt, um selber Punkte zu sammeln, der soll bei anderen Spielen sein Glück versuchen. Denn so verursacht Ankh nur schlechte Stimmung am Tisch. Nur, will Ankh so gespielt werden?
Absolut nicht!
Ganz wichtig, die Verschmelzung ist als Spielmechanik zu verstehen und ins eigene Spiel jederzeit mit einzubeziehen. Es ist keine Bestrafung des Vorletzten und es ist keine verkappte Mechanik, um Player-Elimination für den Letzten zu verhindern. Es ist eine Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen! Es ist ein Umstand, den man immer einbeziehen muss, weil du eben nicht weißt, ob du Teil der Verschmelzung sein wirst. Wer aktiv auf den schlechtesten am Tisch draufschlägt und den Besten machen lässt, der fusioniert mit Pech am Ende mit der Wurst, die er selber hergestellt hat. Verdammt, auch du riechst dann nach Fleischbrät. Nein, so funktioniert Ankh nicht und das ist gut so. Es fördert Tabletalk am Tisch, weil temporäre Zweckbündnisse immer wichtig sind, es macht die Positionierung noch wichtiger, weil du nicht nur auf dich selbst und deine Ausbeute aus sein kannst. Verdammt, ich habe in Ankh sogar bewusst Gebietswertungen verloren und das nicht nur einmal. Warum?
Darum!
Ich bin auf dem dritten Platz und wir starten die Konfliktphase vor der Verschmelzung. Ich stehe nicht wirklich gut da. Inga ist weit in Führung, dicht dahinter steht Jonas. Letzter ist mit großem Abstand Markus. Tja, die Runden davor habe ich mit Markus einen Schlachtplan entwickelt. Wir positionierten uns neu, rückten Inga auf die Pelle! Jonas versuchten wir mit einzubeziehen, aber er wollte lieber sein Ding machen. Soll er doch!
Während der Konfliktphase, wo wir die einzelnen Gebiete auswerteten und uns die Kampfkarten um die Ohren schlugen, merkte ich, es wird knapp für Markus. Ich sah aber auch, ich könnte der Verschmelzungspartner sein, würde aber besser als er dastehen, was aber nichts bringt. Ich falle ja auf seine Position zurück. So schenkte ich in einem gemeinsamen Konflikt ihm ein Gebiet her. Er marschierte gewaltig die Punkteleiter hoch. Am Ende der Konfliktphase waren wir fast gleichauf, dicht an Jonas und Inga dran und gewannen später als verschmolzener Gott. Geil!
Nicht immer gewinnt ein verschmolzener Gott, was gut ist, nicht immer versuche ich jemanden zu helfen. Ankh ist eben sehr situativ. Der Tanz um diese Verschmelzung macht mit dem richtigen Mindset aber unheimlich viel Spaß und genau hier grenzt sich Ankh ab. In meinen Partien tauschten die Spielenden ihre Plätze auf der Verehrungsleiste immer recht dynamisch, eben aufgrund immer neuer Konstellationen und Zweckbündnissen. Diese Dynamik ist Teil einer begriffenen Verschmelzungsmechanik und so eher weniger in anderen Area-Control-Spielen aufzufinden.
Fazit
Ankh – Die Götter Ägyptens ist ein Mix aus imposanten Figuren mit krassen Fähigkeiten, eine Karte mit Gebieten und ein Kampf um Monumente. Ankh ist deshalb aber weder die vielleicht erwartete Schlachtplatte, noch die oft durchgängig egomanisch konzentrierte Essenz anderer Spieler dieser Art. Nicht falsch verstehen, ein knallhart geführter Kampf um Gebiete in Cthulhu Wars, Cry Havoc oder Lords of Hellas möchte ich nicht missen und er findet auch hier teilweise statt. Nur als Hauptfokussierung auf dieses Element brauche ich keinen weiteren Vertreter. Ankh gibt sich anders. Zum Teil durch die ungewöhnliche und aufgeräumte Aktions-Ereignis-Mechanik, die starken Fokus auf die Planung und Positionierung legt, mehr noch aber eben durch die Verschmelzung von Spielenden. Wenn die Gruppe dies am Tisch nicht als Bestrafungs – sondern als mögliche Gewinnmechanik erkennt, steigt der Spielspaß in frische Regionen auf. Dazu gesellt sich ein verdammt taktisches Spiel, welches gänzlich ohne Glück auskommt. Gerade zu zweit, dann ohne Verschmelzung, hat man hier ein anspruchsvolles Duell vor sich, aber auch sonst begeistert Ankh durch seine Andersartigkeit.
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wie bewertest Du das Spiel denn im Vergleich zu Kemet? Haben ja beide das Ägypten-Thema.
Grüße,
Ben
Sie haben das gleiche Thema, aber wie im Artikel drin steht, sind die beiden Spiele überhaupt nicht zu vergleichen! Absolut gar nicht.