Lesezeit: 5 Minuten
Brett & Pad kann auch Pen & Paper Rollenspiele, nur schreibe ich da weniger drüber. Dabei gab es Zeiten, da habe ich mehr Zeit in DSA, Shadowrun und Co. verbracht als am Tisch mit Brettspielen. Splittermond ist mir schon seit den Anfängen bekannt. Ich suchte 2014 nach einem neuen System, das eher klassische Fantasy bedient und stieß dabei auf das noch neue Splittermond. Recht schnell eroberte die Welt von Lorakis mein Herz und wir erlebten wirklich fulminante Abenteuer. Irgendwann hatte ich allerdings keine Muße mehr Spielleiter zu sein und unsere Runde schlief fortan ihren Dornröschenschlaf. Durch die Kooperation von Pegasus Spiele und dem Uhrwerk Verlag erhielt ich nun die Chance, einen Blick in die neue Abenteuerbox zu werfen. Leute, was war das für ein Kick!

Kurzcheck: Darum geht es in Splittermond

Bevor wir auf meine Endorphinausschüttung zu sprechen kommen, ein kurzer Rundflug über Lorakis und Splittermond im Allgemeinen. Lorakis ist ein riesiger Kontinent, der all das bietet, was so eine Fantasy Welt braucht. Mystische Orte, klassische Burgen, dunkle Geheimnisse und schillernde Städte. Bevölkert durch Menschen, Warge, Gnome, Zwerge und Alben, die sich aufgrund ihrer gemeinsamen Sklavenvergangenheit verbunden fühlen. Vor 1000 Jahren herrschten nämlich die Drachlinge über alle anderen Völker! Ein düsteres Zeitalter, das zum Glück vorbei ist.

Die umfangreiche wie spannende Charaktererschaffung über Module hat mir damals ebenso gefallen wie die einfachen Grundregeln mit sehr übersichtlichen Proben, die sich nach hinten raus aber umfangreicher durch Spezialisierungen entwickeln ließen. Neu war das Tick-Brett, welches einem Zeitstrahl gleichkommt und im Kampf die Initiative der Helden und Feinden regelt. Jede Aktion und jede Waffe hat einen Tick-Wert, der die Reihenfolge immer wieder neu bestimmt. Fand ich geil und ist es noch! Ansonsten glänzt die Welt durch die allgegenwärtige Magie, denn jeder Bewohner hat darauf Zugriff. Nicht nur mächtige Magier wirken Zauber, sondern auch der albische Hausmann, wenn der Staubwedel von alleine das Wohnzimmer putzt. Ein kleiner Kniff im Weltenbau der Autoren mit riesigen Auswirkungen auf die Wahrnehmung dieser. Weitere Besonderheit sind die Mondpfade. Hierbei sind Regionen von Lorakis durch Portale in die Feenwelt miteinander verbunden. Ebenso gibt es Dimensionen für die Toten oder Götter. Da ist also großes fantastisches Kino möglich!

Splittermond
Da ist richtig was drin in der Schachtel!

Sagenhaft

Der Paketbote, mittlerweile erkundigt er sich nach meinem Wohlbefinden und wäre wohl über eine Einladung zu meiner Geburtstagsparty nicht mehr verwundert, brachte mir also das Paket ins Haus. Die Begeisterung hatte wohl einen Bondagekurs besucht, denn sie fesselte mich gnadenlos. Ich stolperte über alle benötigten Würfel, sah ein dickes Regelbuch, ein weiteres für den Spielleiter, mit allen relevanten Details, um in die Welt einzutauchen und entdeckte extrem praktische Spielübersichten, die gerade für Einsteiger wahre Wunder wirken. Da war dann die Symbiose aus Brettspiel- und Rollenspielmaterial. Denn gerade am Anfang sitzen die Basics der Regeln selten. Wenn aber jeder so eine Übersicht hat, bleibt nicht alles am Spielleiter hängen. Großartig und eher ungewöhnlich für ein Pen & Paper. Ich bin aber noch lange nicht fertig. Beigelegt ist auch ein echt richtig schickes und stabiles Tick-Brett und die Marker für die Charaktere und Gegner sind auch gleich dabei. Landkarten von Orten und der Welt findest du auch. Vorbildlich!

Splittermond
Das Tick-Brett für die Kämpfe

Richtig cool!

Das war aber noch nicht alles! Dazu gibt es eine richtig fette Kampagne, bestehend aus drei Abenteuern, die schon an der epischen Kurbel drehen. Die Kampagne ist dabei so vorbereitet, dass direkt eingestiegen werden kann, ohne große Erfahrung! Der Knüller für EinsteigerInnen sind aber die vorgefertigten Charaktere, zu denen dann auch noch Solo-Abenteuer beiliegen. Charmanter kann man gar nicht eintauchen, wobei als Kirsche auf der Rollenspielsahne kleine Entscheidungen im Solo-Abenteuer den Charakter noch etwas modifizieren. Aus meiner Erfahrung ist es gerade für EinsteigerInnen oft schwierig, sich ein Konzept hinter einem Charakter vorzustellen. Durch das Solo-Abenteuer lernen sich Held und SpielerIn schneller kennen und man kann so wesentlich einfacher in die Welt eintauchen, weil eine Idee mitgegeben wurde, die zudem aktiv erlebt und in Teilen selbst gestaltet wurde. Fetter Daumen hoch!

Die Solo-Abenteuer sind so aufgebaut, dass am Ende alle gemeinsam in die Kampagne einsteigen können. Hört sich jetzt nach Werbetext an, aber es spricht aus mir die reine Begeisterung für das oft unterrepräsentierte Medium, denn diese verdammt geile Box kostet nur UVP 29,95 €. Das ist der WAHNSINN! Dafür erhält man bei anderen Systemen nicht einmal das Grundregelwerk.

Splittermond
Solo mit dem neuen Charakter warm werden.

(K)ein Abstrich?

Einen Abstrich muss man allerdings machen. Das Grundregelwerk ist abgespeckt. Das hört sich jetzt nach Mogelpackung an, aber eigentlich wurde Splittermond eher sinnvoll entschlackt. Ich spiele Pen & Paper für die Geschichte und das praktizierte Rollenspiel. Die vollen Regeln von Splittermond können im Detail schon ausufern. Das passiert mit den Einstiegsregeln nicht, die ich so eigentlich gar nicht bezeichnen würde. Es gab vor einigen Jahren schon einmal solch eine Einstiegsbox mit angepassten Regeln, diese wurden nun aber nochmals überarbeitet. Beispiele gefällig? Nun, früher gab es immer wieder nervige Diskussionen, wann man Diplomatie oder Redegewandtheit benutzt, ähnlich war es bei Athletik und Akrobatik. Nun gibt es nur noch Redegewandtheit und Athletik. Aus 27 sind 16 Fähigkeiten geworden, die locker ausreichen. Ressourcen sind verschwunden, die je nach Gruppe kaum genutzt wurden oder kompliziert in der Anwendung waren. Wo früher bei Lebenspunkten je nach Zustand fünf Mali zum tragen kamen, sind es jetzt nur noch zwei. Im Langzeitpraxistest muss sich das alles noch beweisen, aber ich denke, ich werde kaum etwas vermissen.

Man wird gut an die Hand genommen.

Ist das zu nerdig?

Wer Rollenspiele eh im Herzen trägt, darf den Absatz überspringen. An alle anderen, probiert Rollenspiele wirklich einmal aus! Ich habe das Gefühl, für viele stehen Rollenspiele in der dunklen Nerdecke, wo man sich nicht hin traut. Bei Videospielen war das mal der Keller und auch Brettspiele hatten vor Jahren auch ein anderes Standing. Heute sind Videospiele in der Mitte der Gesellschaft angekommen und das falsche Bild das blassen dünnen Jungen im Counterstrike-Keller ist eher vergessen. Pen & Paper bringt so viel Spiel, so viel Fantasie, so viel Kooperation ins Wohnzimmer, das vermag kaum ein Brettspiel leisten. Es ist die vielleicht die purste Form des Spielens am Tisch und wer die Einstiegshürde nimmt, erlebt mit den richtigen Leuten traumhafte Abende!

Die Tick-Mechanik ist schnell verstanden.

Fazit

Wenn man eine Schachtel öffnet und eine halbe Stunde später seine alte Pen & Paper-Runde reaktiviert, dann hat diese Schachtel wohl alles richtig gemacht. Nach längerer Pause und einer eher gefühlten Lustlosigkeit auf andere Systeme, hat Splittermond: Aufbruch ins Abenteuer sofort wieder mein Feuer für Pen & Paper Rollenspiele entfacht. Nicht nur, dass das System wunderbar entschlackt wurde, sondern weil diese Box einfach mit tollem und sinnvollem Material so prall gefüllt ist. An der Spitze steht für mich der charmante Einstieg durch Solo-Abenteuer, die auf geschickte Weise Spielende und ihre Helden zusammenschweißt. Wobei auch die Spielhilfen eine tolle Unterstützung sind, weil so nerviges Nachschlagen von Grundmechaniken minimiert wird. Die Zielgruppe für diese Box ist groß, vor allem wenn auch erfahrene Gruppen Lust auf reduzierte Regeln haben, die trotzdem gewissen Tiefgang ermöglichen. Wer Splittermond hingegen noch nicht kennt, konnte noch nie perfekter nach Lorakis reisen!

Splittermond: Aufbruch ins Abenteuer

29,95 €
8.8

AUSSTATTUNG

9.0/10

SPIELIDEE

8.5/10

SPIELSPASS

9.0/10

Kurzfakten

  • Massig Material
  • Spielhilfen super
  • Stabiles Tick-Brett
  • Solo-Abenteuer für den Einstieg
  • Umfangreiche Kampagne
  • Leicht modifizierte Regeln

Spielinformationen

  • Genre: Rollenspiel
  • Personen: 3 - 6
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: 90 - 240 Minuten
  • Autor/in: Uhrwerk Verlag
  • Rezensionsexemplar erhalten
Website | + Letzte Artikel

Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Ich akzeptiere die Datenschutzhinweise:

Menü