Kurzcheck: Darum geht es in Splittermond
Bevor wir auf meine Endorphinausschüttung zu sprechen kommen, ein kurzer Rundflug über Lorakis und Splittermond im Allgemeinen. Lorakis ist ein riesiger Kontinent, der all das bietet, was so eine Fantasy Welt braucht. Mystische Orte, klassische Burgen, dunkle Geheimnisse und schillernde Städte. Bevölkert durch Menschen, Warge, Gnome, Zwerge und Alben, die sich aufgrund ihrer gemeinsamen Sklavenvergangenheit verbunden fühlen. Vor 1000 Jahren herrschten nämlich die Drachlinge über alle anderen Völker! Ein düsteres Zeitalter, das zum Glück vorbei ist.
Die umfangreiche wie spannende Charaktererschaffung über Module hat mir damals ebenso gefallen wie die einfachen Grundregeln mit sehr übersichtlichen Proben, die sich nach hinten raus aber umfangreicher durch Spezialisierungen entwickeln ließen. Neu war das Tick-Brett, welches einem Zeitstrahl gleichkommt und im Kampf die Initiative der Helden und Feinden regelt. Jede Aktion und jede Waffe hat einen Tick-Wert, der die Reihenfolge immer wieder neu bestimmt. Fand ich geil und ist es noch! Ansonsten glänzt die Welt durch die allgegenwärtige Magie, denn jeder Bewohner hat darauf Zugriff. Nicht nur mächtige Magier wirken Zauber, sondern auch der albische Hausmann, wenn der Staubwedel von alleine das Wohnzimmer putzt. Ein kleiner Kniff im Weltenbau der Autoren mit riesigen Auswirkungen auf die Wahrnehmung dieser. Weitere Besonderheit sind die Mondpfade. Hierbei sind Regionen von Lorakis durch Portale in die Feenwelt miteinander verbunden. Ebenso gibt es Dimensionen für die Toten oder Götter. Da ist also großes fantastisches Kino möglich!
Sagenhaft
Der Paketbote, mittlerweile erkundigt er sich nach meinem Wohlbefinden und wäre wohl über eine Einladung zu meiner Geburtstagsparty nicht mehr verwundert, brachte mir also das Paket ins Haus. Die Begeisterung hatte wohl einen Bondagekurs besucht, denn sie fesselte mich gnadenlos. Ich stolperte über alle benötigten Würfel, sah ein dickes Regelbuch, ein weiteres für den Spielleiter, mit allen relevanten Details, um in die Welt einzutauchen und entdeckte extrem praktische Spielübersichten, die gerade für Einsteiger wahre Wunder wirken. Da war dann die Symbiose aus Brettspiel- und Rollenspielmaterial. Denn gerade am Anfang sitzen die Basics der Regeln selten. Wenn aber jeder so eine Übersicht hat, bleibt nicht alles am Spielleiter hängen. Großartig und eher ungewöhnlich für ein Pen & Paper. Ich bin aber noch lange nicht fertig. Beigelegt ist auch ein echt richtig schickes und stabiles Tick-Brett und die Marker für die Charaktere und Gegner sind auch gleich dabei. Landkarten von Orten und der Welt findest du auch. Vorbildlich!
Richtig cool!
Das war aber noch nicht alles! Dazu gibt es eine richtig fette Kampagne, bestehend aus drei Abenteuern, die schon an der epischen Kurbel drehen. Die Kampagne ist dabei so vorbereitet, dass direkt eingestiegen werden kann, ohne große Erfahrung! Der Knüller für EinsteigerInnen sind aber die vorgefertigten Charaktere, zu denen dann auch noch Solo-Abenteuer beiliegen. Charmanter kann man gar nicht eintauchen, wobei als Kirsche auf der Rollenspielsahne kleine Entscheidungen im Solo-Abenteuer den Charakter noch etwas modifizieren. Aus meiner Erfahrung ist es gerade für EinsteigerInnen oft schwierig, sich ein Konzept hinter einem Charakter vorzustellen. Durch das Solo-Abenteuer lernen sich Held und SpielerIn schneller kennen und man kann so wesentlich einfacher in die Welt eintauchen, weil eine Idee mitgegeben wurde, die zudem aktiv erlebt und in Teilen selbst gestaltet wurde. Fetter Daumen hoch!
Die Solo-Abenteuer sind so aufgebaut, dass am Ende alle gemeinsam in die Kampagne einsteigen können. Hört sich jetzt nach Werbetext an, aber es spricht aus mir die reine Begeisterung für das oft unterrepräsentierte Medium, denn diese verdammt geile Box kostet nur UVP 29,95 €. Das ist der WAHNSINN! Dafür erhält man bei anderen Systemen nicht einmal das Grundregelwerk.
(K)ein Abstrich?
Einen Abstrich muss man allerdings machen. Das Grundregelwerk ist abgespeckt. Das hört sich jetzt nach Mogelpackung an, aber eigentlich wurde Splittermond eher sinnvoll entschlackt. Ich spiele Pen & Paper für die Geschichte und das praktizierte Rollenspiel. Die vollen Regeln von Splittermond können im Detail schon ausufern. Das passiert mit den Einstiegsregeln nicht, die ich so eigentlich gar nicht bezeichnen würde. Es gab vor einigen Jahren schon einmal solch eine Einstiegsbox mit angepassten Regeln, diese wurden nun aber nochmals überarbeitet. Beispiele gefällig? Nun, früher gab es immer wieder nervige Diskussionen, wann man Diplomatie oder Redegewandtheit benutzt, ähnlich war es bei Athletik und Akrobatik. Nun gibt es nur noch Redegewandtheit und Athletik. Aus 27 sind 16 Fähigkeiten geworden, die locker ausreichen. Ressourcen sind verschwunden, die je nach Gruppe kaum genutzt wurden oder kompliziert in der Anwendung waren. Wo früher bei Lebenspunkten je nach Zustand fünf Mali zum tragen kamen, sind es jetzt nur noch zwei. Im Langzeitpraxistest muss sich das alles noch beweisen, aber ich denke, ich werde kaum etwas vermissen.
Ist das zu nerdig?
Wer Rollenspiele eh im Herzen trägt, darf den Absatz überspringen. An alle anderen, probiert Rollenspiele wirklich einmal aus! Ich habe das Gefühl, für viele stehen Rollenspiele in der dunklen Nerdecke, wo man sich nicht hin traut. Bei Videospielen war das mal der Keller und auch Brettspiele hatten vor Jahren auch ein anderes Standing. Heute sind Videospiele in der Mitte der Gesellschaft angekommen und das falsche Bild das blassen dünnen Jungen im Counterstrike-Keller ist eher vergessen. Pen & Paper bringt so viel Spiel, so viel Fantasie, so viel Kooperation ins Wohnzimmer, das vermag kaum ein Brettspiel leisten. Es ist die vielleicht purste Form des Spielens am Tisch und wer die Einstiegshürde nimmt, erlebt mit den richtigen Leuten traumhafte Abende!
Fazit
Wenn man eine Schachtel öffnet und eine halbe Stunde später seine alte Pen & Paper-Runde reaktiviert, dann hat diese Schachtel wohl alles richtig gemacht. Nach längerer Pause und einer eher gefühlten Lustlosigkeit auf andere Systeme, hat Splittermond: Aufbruch ins Abenteuer sofort wieder mein Feuer für Pen & Paper Rollenspiele entfacht. Nicht nur, dass das System wunderbar entschlackt wurde, sondern weil diese Box einfach mit tollem und sinnvollem Material so prall gefüllt ist. An der Spitze steht für mich der charmante Einstieg durch Solo-Abenteuer, die auf geschickte Weise Spielende und ihre Helden zusammenschweißt. Wobei auch die Spielhilfen eine tolle Unterstützung sind, weil so nerviges Nachschlagen von Grundmechaniken minimiert wird. Die Zielgruppe für diese Box ist groß, vor allem wenn auch erfahrene Gruppen Lust auf reduzierte Regeln haben, die trotzdem gewissen Tiefgang ermöglichen. Wer Splittermond hingegen noch nicht kennt, konnte noch nie perfekter nach Lorakis reisen!
Splittermond: Aufbruch ins Abenteuer
29,95 €Kurzfakten
- Massig Material
- Spielhilfen super
- Stabiles Tick-Brett
- Solo-Abenteuer für den Einstieg
- Umfangreiche Kampagne
- Leicht modifizierte Regeln
Spielinformationen
- Genre: Rollenspiel
- Personen: 3 - 6
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 90 - 240 Minuten
- Autor/in: Uhrwerk Verlag
- Rezensionsexemplar erhalten
Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber
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5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
AUSSTATTUNG
10
SPIELIDEE
10
SPIELSPASS
10
Hallo,
sehr gute Bericht!
Ich bin selber alter Rollenspieler (DSA3) und bin gerade mit meinem Nachbarn eine neue Gruppe am zusammenstellen. Da ist mir Splittermond vor allem wegen der Tick Leiste ins Auge gesprungen. Dadurch bringen leichte Waffen und Rüstungen endlich nicht nur Nachteile mit sich.
Ich habe jetzt die Box geschenkt bekommen bin mir aber noch nicht sicher ob ich nicht doch lieber mit dem vollen Regelwerk arbeiten soll. Ich bin ein kleiner Regel Fetischist. 😉
Konntest du schon Nachteile des vereinfachten Regalsystems fests?
Grüße Björn
Hallo Björn,
Nachteile merkt man eigentlich nur, wenn man die vollen Regeln kennt und ich würde da sagen, diese Nachteile sind auch nur „gefühlt“. Es hängt halt an der Gruppe und wie sehr ihr es liebt, ein, zwei, drei Elemente mehr zu haben, wo ihr öfters Regeln nachschlagen müsst. 😀
Liebe Grüße
Christian
AUSSTATTUNG
0
SPIELIDEE
0
SPIELSPASS
0.5
Hallo zusammen.
Ich bin zwar kein Regelfetischist aber ich mag auch keine zu regel leichten Spiele, wo ich zufiel selber rein interpretieren muss. Das ist mir als Spielleiter zufiel Arbeit. Bei Splittermond sind die Regeln eng mit der Weld verzahnt was ich sehr daran liebe. Das können nämlich nur wenige Spiele. Empfehlen würde ich es erstmal mit der Einsteiger Box zu starten, das die Spieler die Weld kennenlernen und dann auf das komplette Regelwerk umzusteigen. Dann sind die Spieler schonmal mit den Grundmechaniken vertraut und ihnen fällt der Umstieg nichtmehr schwer. Wir haben es so gemacht und es hat super funktioniert. Bedenken sollte man auch das sich die Einsteiger Box nach den drei Abenteuern erstmal nicht weiter bespielen lässt. Es ist wohl eine Erweiterung geplant aber wann die kommt steht noch in den Sternen. Deshalb rate ich dazu, nach der Einsteiger Box auf das Volle Regelwerk umzusteigen.
Wir haben es genau umgekehrt gemacht. Wir haben die normalen Grundregeln gespielt und gemerkt, viele Dinge davon brauchen wir nicht und haben trotzdem Spaß.
Vielen Dank für eure Antworten. Ich denke, dass ich erst mal die Kampagne der Einsteigerbox durchspiele und danach werde ich weiter sehen. Ich habe auch gesehen, dass es eine Konvertierungshilfe beim Uhrwerkverlag gibt. Damit kann man alle Abenteuer mit den vereinfachten Regeln spielen. Wenn das nicht zu umständlich ist wäre das ja eine Alternative falls man nicht mit den Vollregeln spielen möchte.