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Während aktuell die Klimadebatte auf allen Kanälen tobt, von Flüchtlingswellen und Überbevölkerung die Rede ist, wurde der Kampf in Underwater Cities eigentlich schon verloren. Doch wie sonst üblich, sein Heil auf dem Mars zu suchen, zieht gerade Brettspieler es dort bekanntlich hin, oder in einer Apokalypse aufzuwachen, bringt uns der Autor Vladimir Suchy unter das Meer. In Underwater Cities wird die Welt in den Tiefen der Ozeane urbar gemacht! Wobei ich jetzt vorgreife, denn wie gut das gelingt, liegt nämlich an dir und deinen findigen Wissenschaftlern. Erschaffe Unterwassermetropolen, erbaue Entsalzungsanlagen, züchte in Farmen Nahrung und errichte Labore für die technische Zukunft deines Utopias! Underwater Cities begeistert durch das Thema, aber kann es auch spielerische Highlights setzen?

Kurzcheck: Darum geht es in Underwater Cities

Underwater Cities wird über 10 Spielrunden gespielt, unterbrochen durch drei zusätzliche Produktionsrunden. Jede Runde besteht aus drei Aktionen pro Spieler und ist eine Mischung aus Workerplacement und Kartenmanagement. Durch den Erhalt von Ressourcen errichten die Spieler auf ihrem eigenen Tableau ein Netzwerk aus Unterwasserstädten, Gebäuden zur Ressourcengewinnung und  Verbindungstunneln. Ähnlich wie in Terraforming Mars erschafft man sich zudem über eine eigene Kartenauslage dauerhafte Vorteile im Spiel. Das sind neben zusätzlichen Aktionen Boni in der Produktionsphase, beim Ausführen von Aktionen und Siegpunkte am Ende des Spiels. Underwater Cities ist eher komplexer Natur und die Spielzeit beläuft sich gerade bei mehr als zwei Spielern auf zwei bis drei Stunden.

Dieses Bild braucht keine Worte!

Wie Schwipp-Schwapp

Das Beste aus zwei Welten funktioniert nicht nur bei Cola und Orangenlimonade, sondern auch bei Underwater Cities. Einer der Gründe, warum hier Spielspaß aufkommt, ist die Verzahnung der Handkarten und den Aktionsfeldern auf dem Spielbrett – das übrigens eine optimierte Seite für Partien mit zwei Personen besitzt. Karten wie auch Aktionsfeldern sind jeweils drei Farben zugeordnet. Bin ich am Zug, muss ich zwei Dinge tun: ein Aktionsfeld aktivieren und eine Handkarte ausspielen. Wenn die Farben identisch sind, erhalte ich zu der Aktion noch den Vorteil der Karte. Klar, dass dies immer das Ziel sein sollte!

Das ist aber schwerer, als man nun vermutet und macht Grübler zu Folterer der Spielgruppe. Also spielt mit dem Bauch! Underwater Cities fordert deswegen so stark, weil es so gut austariert ist. Mächtige Aktionsfelder passen im Schnitt zu schwächeren Karten und umgekehrt. Außerdem blockiert man sich gegenseitig die Aktionsfelder, die zusätzlich in ihrer Funktion einmalig sind.

Motivierend!

Die eigene Kartenauslage kann schon verdammt wild werden.

Ich finde es ungemein motivierend, mir mein Netzwerk aus Unterwasserstädten in Underwater Cities zu errichten. Das macht auch deshalb so viel Spaß, weil die Ressourcen am Anfang knapp sind, die Bauplätze ebenfalls gering und man sich gut überlegen muss, welche Produktionsstätten man in welcher Stadt baut. Wichtiger noch ist die Entscheidung, ob man diese aufwertet. Hat man nämlich zwei verbesserte Gebäude gleicher Art in einer Kuppelstadt, dann erhöht sich der Ertrag um ein Vielfaches.

Allerdings sinkt mein möglicher Ertrag bei den anderen Ressourcen und am Ende erhält man mehr Siegpunkte pro Stadt, wenn man seine Gebäude gleichmäßig verteilt. Relevant ist auch die Richtung meiner Ausbreitung auf dem Tableau. Manche Plätze sind mit Boni versehen und an den drei Eckpunkten des Tableaus warten für den Handel die Metropolen an Land. Diese ermöglichen einmalige Belohnungen, dauerhafte Boni und Siegpunkte am Ende. Metropolen wie auch Spielertableaus unterschieden sich zudem von Spieler zu Spieler.

Spielgefühl

Gelbe Aktion ausgelöst, ich brauche zwei Tunnel, leider bringt mir die gelbe Karte nichts. Hätte ich doch eher eine rote oder grüne Aktion aufgrund meiner Handkarten machen sollen?

Verdammt, ich habe zu wenig Ressourcen! Und was soll ich bloß Verbessern? Zum Wachstum brauche ich mehr Tunnel, also auf Credits gehen? Aber wenn ich dann eine neue Stadt baue, ist Nahrung wichtig, denn in der Produktionsphase muss ich meine Bevölkerung ernähren. Und die Forschung darf man auch nicht vergessen. Das Problem, ich muss für neue Verbindungen mein Aktionsplättchen auf das entsprechende gelbe Aktionsfeld legen, meine gelbe Karte auf der Hand bringt mir aber jetzt kaum etwas. Großartig wäre das Spielen der grünen Karte, denn hierdurch erhalte ich in meiner Auslage eine komplett neue Aktion: zwei gratis Ressourcen!

Mit den Ressourcen könnte ich dann sogar zwei Verbindungen bauen. Doch damit ich die Aktionskarte in der Auslage aktivieren kann, müsste ich in der nächsten Runde das entsprechende Aktionsfeld aktivieren, das wäre eine rote Karte. Meine Vermutung, dieses Feld wird mein rechter Mitspieler auswählen und damit diese Runde blockieren. Dann wäre die Aktionskarte für diese Runde nutzlos. Außerdem habe ich gar keine rote Aktionskarte. Also vielleicht die Spielerreihenfolge verändern oder eine der Spezialkarten kaufen, die bringen am Ende richtig Siegpunkte. Allerdings ist es riskant, sich jetzt schon darauf festzulegen, womit ich Punkte erziele. Will ich das? Unzählige Entscheidungen, Aktions-Kombinationen und viele Wege befeuern meine Synapsen pausenlos. Herrlich!

Underwater Cities hat durch seine 180 Karten, modularen Endwertungskarten und den vielen verschiedenen Wegen, sich auszubauen, einen hohen Wiederspielwert. Ich habe jedes Spiel etwas anderes versucht, manchmal gezwungenermaßen, denn gezogene Karten erfordern Flexibilität! Wer sich dieses Jäckchen nicht anzieht, kann über zu viel Glück motzen. Schmeißt es also in die Tonne! Phänomenal ist die Anpassung an zwei Spieler – meine favorisierte Spieleranzahl. Man liest öfter Vergleiche zu Terraforming Mars, kann ich durch die Kartenauslage ein wenig nachvollziehen, aber insgesamt ist das Spielgefühl ein anderes. Wichtiger noch, zu zweit definitiv ein besseres!

Das Ende einer Partie. Die Strategie war massiver Anbau von Tang und roten symbiotischen Städten, welches mir am Ende Extra-Siegpunkte einbrachte.

Riss in der Kuppel

Die Qualität von Underwater Cities ist grafisch gut gelungen, allerdings sind die Spielertableaus von dünner Pappe und gerade die Karten fühlen sich nicht ganz so wertig an. Das ist noch im akzeptablen Bereich, aber man sollte schon wissen, dass man sich hier im Hinblick auf Materialqualität nicht den heiligen Gral ins Wohnzimmer holt.

Das Monster in der Spielspaßkuppel, das das ansonsten so fröhliche Volk in den Kuppelstädten aufscheucht, hört auf den Namen Vier-Spieler-Downtime-Godzilla. Ein sperriger Name, aber genau deshalb so passend. Mit vier Spielern und entsprechend höherer Interaktion muss man bei einem so strategisch wie taktischen Brettspiel gezwungenermaßen länger überlegen. Ich würde daher Underwater Cities nicht unbedingt mit vier Spielern favorisieren.

Die Partien enden oftmals extrem knapp.

Fazit

Trotz dieses kleinen Mankos für Spieler, die eine kompakte Spielzeit bevorzugen, ist Underwater Cities ein absolutes Highlight! Die gelungene und frische Verzahnung aus Kartenmanagement und Workerplacement durch Farbzugehörigkeiten bringt nicht nur Expertenspieler ins Schwärmen, sondern auch ins Schwitzen. Vom Start weg ist eine gute Portion Interaktion vorhanden, da die Aktionsfelder nur einmalig pro Runde verfügbar sind. Ähnlich unverbraucht präsentiert sich das Thema! Der Ausbau seiner Unterwasserstädte mit zugehörigen Gebäuden ist zwar auf den eigenen Tableaus der Spieler interaktionslos, birgt aber knifflige Entscheidungen beim Ausbau. Was will ich wie auf Kosten von Siegpunkten produzieren?

Am Ende wird es oft spannend, da viele verschiedene Wege Punkte einbringen. Dabei ist Underwater Cities taktisch wie strategisch gleichermaßen fordernd. Der Zufall durch das Nachziehen von Karten kann spielerisch abgeschwächt werden oder man passt sich flexibel an. Die Extraportion Spielspaß-Sauerstoff ist dann der Umstand, dass Underwater Cities auf Partien für zwei Spieler optimiert wurde. Ein ganz heißer Kandidat für mein Brettspiel 2019!

Underwater Cities
Spielinformationen
Genre: Strategiespiel | Personen: 1 - 4 | Alter: ab 12 Jahren | Dauer: 80 - 150 Minuten | Autor: Vladimír Suchý | Illustration: Uildrim, Milan Vavroň
SPIELSPASS
8.5
AUSSTATTUNG
8
SPIELIDEE
9
Positive Aspekte
Frisches Thema
Kartenmangement und Workerplacement sehr gelungen
Viele verschiedene Wege
Sehr gut für 2 Spieler
Negative Aspekte
Hohe Downtime bei vier Spielern
Tableaus vom Material nicht so gelungen
8.5
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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11 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ich habe Interesse,
    wie stark lässt sich die Downtime mit Terraforming Mars vergleichen?

    Antworten
  • Hi,
    greif zu…
    Die Downtime ist kaum vorhanden. Jeder hat drei Aktionen pro Runde. Kurz überlegen welche Felder frei sind, Karten checken und ab geht die Luzia! Ich finde beide ziemlich stark. Gestern Abend habe ich noch Underwater Cities gespielt und es hat so unfassbar viel Spaß gemacht.
    LG

    Antworten
  • Nach viel hin und her habe ich es mir nun über Amazon bestellt. Laut Angabe soll es erst wieder in ein Monat lieferbar sein. Jetzt heißt es warten 😀

    Antworten
  • Das Spiel kam diese Woche in sehr guten Zustand vor meiner Tür und gerade eben habe ich auch meine erste Runde beenden können. Die erste Runde zu dritt hat sehr viel Spaß gemacht! Freu mich schon auf weitere Partien. Die Kartenmechanik in Kombination mit dem Bau von Städten und Gebäuden fühlt sich intuitiv und motivierend an. Die Downtime zu dritt war völlig in Ordnung, wie es sich zu viert anfühlt muss sich noch zeigen. Das Material finde ich auch gut nur die beschriebenen Playerboards sind NAJA. Aber es geht. Wenn sich das Spiel auch als Langzeitbrenner herausstellt ziehe ich die Erweiterung in Betracht. Jedenfalls wächst die Sammlung und ich bin froh wieder ein neues Spiel zu haben, dass mir und auch meinem Freundeskreis auf Anhieb gefällt!

    Cheers 🙂

    Antworten
  • Christian Sindermann
    6. Dezember 2023 23:05

    Meine Frau und ich haben diesen Dezember eine neue Tradition begründet und die Spiele, die irgendwie zu selten auf den Tisch kommen auf kleine Zettel geschrieben. Jeden Morgen wird einer der Zettel gezogen und das entsprechende Spiel kommt dann nach Feierabend auf den Tisch. Heute war dann etliche Monate nach der letzten Partie mal wieder Underwater Cities auf den Tisch. Wirklich ein tolles Spiel, gerade zu 2 macht es uns besonders viel Spaß, eigentlich recht simple Regeln, aber durch die Vielfalt an Möglichkeiten doch sehr herausfordernd. Ohne die Erweiterung mit den Triplelayerboards würde ich es aber nicht mehr spielen wollen, wobei ich auch so noch zu oft meine aufgewertet Gebäude umwerfe …

    Antworten
  • Hallo Christian,

    gleicher Name, gleicher Gedanke oder zumindest ein ähnlicher. Mir ging es Anfang des Jahres so und trotz Blog habe ich wieder ein paar ältere Spiele regelmäßig gespielt. Älter hier im Sinne, dass es keine Neuheiten waren. Dabei war Maracaibo, World of Warcraft, Nemesis, Star Trek Ascandancy, Xia oder Bora Bora. Es ist eigentlich ziemlich dämlich das nicht zu tun, wenn man Schränke/Regale mit Highlights zu Hause hat und Neuheiten spielt, die nicht immer oder sogar relativ häufig nicht an die Perlen rankommen. So richtig schlechte Spiele gibt es ja zum Glück selten und die meisten pendeln sich als durchaus gutes Brettspiel ein. Nur hat man über die Jahre eben ein Regal mit sehr guten Brettspielen zu Hause.

    Deine Methode mit den Zetteln ist ne witzige und praktikable Idee. Vielleicht mache ich das 2024 auch.

    Viele Grüße und eine schöne Weihnachtszeit,

    Christian

    Antworten

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