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Das Sandboxbrettspiel Schrecken der Meere (Shiver Me Timbers) ist vor einigen Tagen auf Kickstarter gestartet. Wer meine News zu dem Piratenspiel gelesen hat, weiß das dieses Brettspiel mit einigen Besonderheiten auftrumpft. Ich habe die Chance genutzt und mit dem Autor Michal Vitkovsky über seine Perle gesprochen. Viel Spaß beim Interview.

Schrecken der Meere – Interview

Michal Vitkovsky, der Autor von Schrecken der Meere

Hallo Michal,
vielen Dank, dass du Dir Zeit genommen hast mit mir dieses Interview zu führen. Damit die Leser wissen wer du bist, stelle dich doch kurz vor und erzähle uns von deiner Leidenschaft zu Brettspielen.

Gerne: Mein Name ist Michal Vitkovsky. Ich bin 44 Jahre alt, verheiratet mit drei Kindern und leite tagsüber eine Kommunikationsagentur für Hightech-Unternehmen. Zum Brettspielen bin ich über Magic gekommen – das habe ich in den Neunzigern recht exzessiv gespielt. Nachdem ich mich dann mit Job und Familie aus der Turnierszene verabschiedet habe, kamen Brettspiele als Alternative gerade recht. Ich mag lieber Euros als Ameritrash, lieber lang als kurz und lieber Grübeln als Würfeln – sage aber eigentlich zu keinem Spiel nein. Aktuelle Favoriten sind Gloomhaven, Foodchain Magnate und Treasure Island. Aber die Liste ändert sich stündlich.

Bei Kickstarter ist am 28.05. deine Brettspiel-Kampagne zu Schrecken der Meere gestartet, bevor wir tiefer einsteigen, hattest du gewisse Brettspiele die dich zu dem Spiel inspiriert haben?

Die große Inspiration zu Schrecken der Meere kam nicht über ein Brettspiel, sondern über ein Computerspiel, und zwar das alte Sid Meier’s Pirates! Das habe ich als erst als Teenager, dann als Student nächtelang gespielt, und ich hole es immer noch gerne aus der Schublade – einfach, weil es die Freiheit der Piraten so unglaublich gut rüberbringt. Du willst kämpfen? Dann kämpfe. Du willst Handel treiben? Auch gut. Du willst Dich auf die Suche nach Deiner Familie machen? Nur zu. Das habe ich in der Form bei keinem anderen Videospiel und keinem Brettspiel gefunden, und genau das Spielgefühl wollte ich beim Schrecken der Meere haben.

Spielaufbau von Schrecken der Meere

Und wie lange hast du bis zur jetzigen Veröffentlichung auf Kickstarter an Schrecken der Meere gearbeitet und was war die größte Veränderung zu den ersten Versionen?

Ich glaube, ich habe das Spiel 2014 das erste Mal auf der SPIEL in Essen bei diversen Verlagen vorgestellt. Das war schon eine relativ polierte Version, allerdings noch mit selbstgeschnitzten Holzminiaturen und dem guten alten Talisman-Kampfsystem (Stärke+W6 gegen Stärke+W6). Das sind dann auch die zwei Punkte, die sich seither am meisten verändert haben und auf die ich auch ein bisschen stolz bin. Die Verlage fanden das Spiel schon damals interessant, wollten das mit den Minis aber partout nicht machen. Also bin ich stur alleine weitermarschiert, und – zack – keine fünf Jahre später auf Kickstarter gelandet.

Welche Mechanik gefällt dir selbst am Besten?

Auch wenn es keine Mechanik im eigentlichen Sinne ist: Am besten finde ich am Schrecken der Meere, wie viele verschiedene Strategien man in jedem Spiel einschlagen kann – und dass jede einzelne davon auch zum Sieg führen kann. Das ist genau die Freiheit, die man gerne mit Piraten verbindet und es freut mich riesig, dass wir so viel davon in die Box quetschen konnten.

Schrecken der Meere ist ein Sandbox-Brettspiel, kann man sich auf eine Rolle fokussieren, wie zum Beispiel den Handel oder mischt man opportunistisch überall mit?

Um das zu erklären, muss ich ein bisschen ausholen: Jedes Spiel von Schrecken der Meere beginnt damit, dass je nach Spieleranzahl drei bis fünf unterschiedliche Lebensziele aufgedeckt werden – zum Beispiel das Ziel, sieben Schiffe zu versenken, oder das Ziel, drei Schätze zu heben. Jeder Spieler wählt insgeheim zwei davon aus, und wird versuchen, diese im Spielverlauf zu erreichen. Wenn man ordentlich Punkte machen möchte, wird man sich an jedem Abend also auf zwei verschiedene Aufgaben konzentrieren und vielleicht noch eine dritte nebenher mitmachen. Ein bisschen Fokus braucht man also schon. Das heißt aber nicht, dass man nicht auch als Schatzsucher ab und zu einem vorbeisegelnden Kaufmann ganz opportunistisch eins mitgeben kann.

Der Kampf ist würfellos und wird über Karten abgewickelt. Könntest du das Kampfsystem ein wenig genauer erklären?

Wie in jedem guten Piratenspiel gibt es auch in Schrecken der Meere jede Menge Gelegenheit zum Kämpfen: Die Spieler können einander angreifen oder neutrale Händler und Festungen überfallen, wobei in letzterem Fall einfach der linke Nachbar den Nicht-Spieler-Kommandanten übernimmt. Der Sieger wird dann in einem stilechten Mantel-und-Degen-Duell ermittelt: Jeder Spieler zieht vier Karten, die entweder als tiefer, hoher oder mittlerer Angriff oder als tiefe, hohe und mittlere Abwehr gespielt werden können. Dann spielt der erste Spieler einen Angriff aus, und der zweite Spieler entscheidet, ob er den Schaden einsteckt oder eine seiner Karten als Abwehrkarte spielt. So wechseln sich die beiden ab, bis alle Karten auf dem Tisch sind – und es gewinnt, wer den meisten Schaden angerichtet hat. Das klingt ein bisschen simpel, aber weil die Angriffe unterschiedlich stark sind (also 1 bis 3 Schadenspunkte anrichten), und es noch ein paar coole Spezialkarten gibt, ist wirklich viel Taktik dabei: Kann ich es mir leisten, einen kleinen Schlag einzustecken? Oder verteidige ich mich, auch wenn mich das eine meiner besten Angriffskarten kostet? Schrecken der Meere war inzwischen bei etlichen Reviewern auf dem Tisch, und das Fechten wird von den meisten als beste Mechanik bewertet.

Erinnert mich an eine ältere Version von Super Fantasy Brawl und auch da hat solch eine Kampfmechanik irre viel Spaß gemacht. Möchtest du uns sonst noch etwas über Schrecken der Meere mitteilen?

Die modularen Schiffe sind definitiv so einmalig.

Wenn Du mich so fragst, würde ich gerne noch die Lanze für die modularen Miniaturen brechen: Auf den ersten Blick schauen die nämlich nach einem reinen Kickstarter-Gimmick aus. Tatsächlich sind die Minis aber extrem funktional und tragen massiv zum glatten Spielfluss bei. Du siehst auf einen Blick, welche Strategie deine Gegner verfolgen. Du siehst sofort, wer mit seiner Ladung ein lohnendes Ziel ist. Und Du kannst dein Schiff mit einem Finger be- und entladen. Das ist schon ziemlich cool. Naja, und es ist schwer, nicht wie ein Sechsjähriger zu grinsen, wenn man eine neue Kanone einbaut.

Das hört sich ziemlich Interessant an. Wer nun Lust auf das Piratenspiel bekommen hat, sollte bei der Kickstarter-Kampagne mal vorbeischauen. Ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview und wünsche Dir viel Erfolg!

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Hey Christian,
    Michal ist mit Schrecken der Meere seit gestern im 2. Anlauf auf Kickstarter. Kannst ja nochmal nen kurzen Hinweis darauf geben. Sieht nach wie vor erstklassig aus.

    Antworten
  • Jörg Blaetter
    26. November 2020 16:48

    Hi!

    Was ist denn aus dem Spiel geworden? Kann man es irgendwo kaufen/testen?

    Antworten
    • Das Spiel wurde über Kickstarter realisiert, ist aber noch nicht fertig produziert. Das ist zumindest mein Kenntnisstand.

      Antworten
  • Mausgetier
    12. Juni 2021 20:08

    Wir haben das Spiel heute zum ersten Mal bei einem Freund gespielt. Es hat viel Spaß gemacht und wir freuen uns schon jetzt auf eine weitere Runde. Nur das mit den Seewegen zerstören und bauen war uns etwas unklar, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass jede Insel mit einem Seeweg verbunden sein MUSS. Das Material ist aus stabiler Pappe und die Schiffe sind gut konstruiert!
    Wir haben das Spiel beendet, als das 4. Lebensziel zum ersten Mal erreicht wurde, es war zu diesem Zeitpunkt noch eine Windkarte vorhanden. (In den Regeln stand, entweder muss ein Spieler das 4. Lebensziel erreichen oder alle Windkarten müssen aufgebraucht sein).
    Die Schlusswertung war dann auch sehr lustig und überraschend.
    Alles in Allem ein Top Spiel und wir freuen uns schon auf mehr!

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