Kurzcheck: Darum geht es in Puerto Rico
Puerto Rico ist schnell zu verstehen. Du hast ein Stück Land auf dem verschiedene Arten von Rohstoffen angepflanzt werden können. Für die Weiterverarbeitung braucht es dann passende Gebäude. Nach der Weiterverarbeitung sorgt man für dessen Verschiffung und erhält Siegpunkte. Dazwischen handelt man mit Gütern, um an Geld für das Bauen von Gebäuden zu kommen, die einem Vorteile verschaffen oder eben noch mehr Rohstoffe einbringen. Gebäude wie auch die Plantagen für Rohstoffe brauchen Arbeiter, die man anwerben muss, ansonsten liegen sie brach. Da der Bauplatz, Verschiffungsplätze, Gebäude wie auch Ressourcen begrenzt sind, stehen viele knifflige Entscheidungen an, deren Ausgang auch andere Spieler tangieren.
Gewonnen hat derjenige mit den meisten Siegpunkten, die sich aus Verschiffung der Waren und Gebäuden ergeben. Klingt heute wenig spektakulär, trotzdem war es das damals und auch heute schimmert einfach an jeder Stelle das elegante Spieldesign durch. Insbesondere eine Mechanik trumpft groß auf, die ich heute auch noch schätze.
Das beste an Puerto Rico
Und das wäre die Wahl der sieben Rollen (Aktionen). Der Clou ist, dass jede Rolle, die ich wähle, auch von den anderen Spielern nach mir ausgeführt wird, mir aber ein Privileg einräumt. Wähle ich z. B. den Baumeister, dürfen alle reihum bauen, aber ich spare ein Gold. Das Privileg ist nett, manchmal elementar, aber viel spaßiger ist das Lesen der anderen Spieler und deren Tableaus. Die entscheidende Frage ist in jeder Runde, welcher Spieler wird wohl welche Rolle nehmen und wie kann ich das bestmöglich ausnutzen? Zerstöre ich anderen den Zug, weil sie das Privileg brauchen? Benutze ich den Aufseher, der Waren produziert, weil ich keine hatte oder bei den anderen das Lager eh schon überläuft? Vielleicht weil mein Nachbar gleich verschiffen will und ich jetzt davon erst richtig profitiere? Vielleicht wird ein Rohstoff zurzeit aber kaum hergestellt, ich habe also ein Monopol und das Privileg des Aufsehers ermöglicht mir eine dieser wertvollen Extraressourcen?
Zur Erinnerung, wir reden hier gerade nur über eine einzige Aktion und den diversen spielerischen Möglichkeiten. Zusätzliche Herausforderung: Es gibt immer mehr Rollen als Spieler teilnehmen! Verzocke ich mich hier, wird eine benötigte Aktion vielleicht gar nicht ausgeführt. Eigentlich ist das Spiel recht solitär, keiner kann dem anderen in seine Auslage pfuschen, aber durch den Kniff mit den Rollen entsteht eine angenehm taktisch wie strategische Interaktion ohne komplizierte Spielregeln.
Die Nachteile liegen auf der Hand?
Falsch gedacht! Die Hände sind bei Puerto Rico entweder vor Anspannung zu Fäusten geballt oder zucken wild jubelnd vor Eurogamer-Freunde in der Luft. Hier kann also gar nichts auf der Hand liegen. Vielleicht wenn du Glückselemente suchst, dann wirst du bei Puerto Rico verdammt unglücklich. Denn Glück gibt es hier niemals, never und nullstens – verzeihe mir diese Verballhornung. Gut, vielleicht die Optik? Hey, das ist Oldtimer-Charme! Das einzige was wirklich den Spielspaß schwächen kann, ist eine unausgeglichene Spielrunde. Auch wenn Puerto Rico schnell zu lernen ist, wer ein paar Züge schlecht plant oder so gar nicht die anderen Spieler beachtet, der kann gegen versierte Spieler schon arg zurückfallen. Eine Aufholmechanik gibt es hier nicht wirklich. Doch bevor du dich davon abschrecken lässt, ich habe auch schon gegen Erstspieler verloren. Das Spiel bietet doch weit mehr Wege zum Sieg als man anfänglich vermuten könnte und unorthodoxes spielen kann hier andere nicht nur überraschen, sondern auch zum Sieg führen.
Im Übrigen gibt es keine Siegpunkteleiste und das Spiel wird durch das Aufbrauchen der Siegpunktechips oder Kolonisten beendet. Das verleiht dem Spiel einen leichten Wettrenncharakter, vor allem aber sorgt es dafür, dass die Siegpunkte zu keiner Zeit einsehbar sind. Auch das gefällt mir ungemein, sorgt es doch für etwas mehr Spannung.
Fazit
Puerto Rico ist Brettspielgeschichte und ein absoluter Meilenstein der Kennerspiele. Als einer der wenigen Brettspiele die bei Board Game Geek Platz 1 innehatten, hat es eh Legendenstatus. Noch heute, fast zwei Jahrzehnte später, kann man dieses Spiel auf den Tisch packen. Neue Brettspiel-Enthusiasten fluten ja gerne die sozialen Medien mit Fragen nach dem neusten Knaller und verfallen gerne einmal in den Kickstarter-Kaufrausch. Puerto Rico kostet ca. 30 € und ist sicher die bessere Investition. Einfache Regeln und ein äußerst geschliffenes Spieldesign, mit einem hohen strategisch wie taktischen Anspruch, sorgen durch die knifflige Auswahl der Rollen, für absoluten Langzeitspielspaß! Wer ein Kallax Brettspielregal ohne Puerto Rico sein eigen nennt, geht auch Fußball spielen ohne Ball. Also, schnapp dir diese Perle!
Info: Eigentlich ist Puerto Rico erst ab drei Spieler gedacht, es gibt aber vom Autor eine nachgereichte zwei Spieler Version.
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