Lesezeit: 4 Minuten

Die Scythe: Digital Edition gibt es nun seit einigen Tagen im Early Access auf Steam und ich hatte das Vergnügen mich dort ordentlich auszutoben. Vorweg, spielerisch hat sich zum Brettspiel nichts getan. Das heißt ich werde hier so wenig wie nötig auf diese Elemente eingehen, denn dafür empfehle ich meine ausführlichen Rezension. Die viel interessantere Frage ist, ob die digitale Version von Scythe den Fans der analoge Vorlage gerecht wird und ob bisherige Scythe-Kritiker durch vielleicht vorhandene Verbesserungen ins Boot geholt werden. Ebenso wichtig ist natürlich die Frage nach Spielmodi und Umfang des Early-Access-Spiels.

Kurzcheck: Darum geht es in der Scythe: Digital Edition

Wie eingangs erwähnt, ändert sich an der Mechanik zum analogen Spiel nichts. Es geht auch in der digitalen Edition um effektive und vorausschauende Planung. Kein 4X-Flair, sondern ein knallhartes Wettrennen, keine wilden und zahlreichen Kämpfe, sondern effektive Nadelstiche. Stetig nach vorne, weniger zur Seite in die Breite! Wer das Brettspiel kennt, kann in der Scythe: Digital Edition gleich loslegen. Allerdings ohne die Windgambit-Erweiterung. Wobei ich vermute, dass die Erweiterung, die etwas mehr Dynamik in das Spiel bringt, auch digital erscheinen wird. Wer Scythe nicht kennt, erlernt in einem Tutorial alles wissenswertes. Wer möchte darf auch in den Spielregeln schmökern, diese sind 1:1 aus dem Brettspiel übernommen.

Verschiedene Zoom-Stufen, recht übersichtlich und ein nettes Spielfeld, helfen nicht über die hässlichen Spielertableaus hinweg.

Aufgebohrter Umfang?

Den Umfang sollte man in dem frühen Stadium nicht überbewerten. Fünf Spieler, KI wie echte Mitspieler, sind möglich, aber noch keine online Anbindung. Heißt, bei mehr als einem Spieler tummeln sich alle gleichzeitig vor einem PC. Klingt so sexy wie es ist! Von daher empfiehlt sich die Scythe: Digital Edition zurzeit vor allem als Spiel gegen die KI, die bisher in zwei Schwierigkeitsgraden antritt. Eine dritte, so verspricht es das UI, wird wohl kommen. Neben dem Tutorial war es das dann auch schon vom Inhalt.

Fehlende Anziehungskraft

Wenn man dann in eine Partie einsteigt, wird man sofort auf den Boden der Tatsachen geholt. Hier wird klar warum analoge Spiele einfach mehr Liebe verdienen. Als analoges Brettspiel ist Scythe optisch eine absolute Wucht! Es ist der visuelle Killer und der König des Spielmaterials. Man will als Brettspieler dieses Spiel verspeisen. So leid es mir tut und so identisch das Spielbrett, Karten und Spielfiguren auch sind, die Scythe: Digital Edition verliert hier an Boden. Am schlimmsten trifft das auf das Spielertableau zu. Ich glaube manchmal will ich Scythe nur aufgrund der schicken Spielertableaus spielen, und ich denke in Scythe: Digital Edition wurde sich Mühe gegeben. Spielerisch wie von der Übersichtlichkeit her, wollte man das Beste liefern und das ist gelungen – wenn man das Spiel kennt, aber optisch ist das Spielertableau so charmant wie Excel-Tabellen. Es ist Scythe, aber aus dem schlechten Paralleluniversum. Wer Scythe nicht kennt, kann mit der Hülle an verschachtelten, aber zwingend nötigen Informationen, sicher überfordert sein. Für Kenner hingegen ist die Benutzeroberfläche wunderbar, weil ich punktuell und schnell Infos abfragen kann, ohne das sie mich sonst ablenken. Die Übersicht ist so besser als im analogen Brettspiel.

Überall kann man Informationen abrufen und sich einblenden lassen. Auf den ersten Blick vielleicht unübersichtlich, lernt man die Benutzeroberfläche später lieben.

 

Stärken und Schwächen verstärkt

Während der Partie wird schnell klar, dass die Vor- und Nachteile in der Scythe: Digital Edition verstärkt werden. Digital spielt sich Scythe alleine verdammt schnell! Wer weiß was er tut, kann eine komplette Partie Scythe mit fünf Spielern in 30 Minuten absolvieren, vielleicht sogar schneller. Das rockt! In kürzester Zeit habe ich mehr Partien gespielt, als je zuvor. Man kann so viel mehr ausprobieren und die Spielmechanik bis ins kleinste durchleuchten. Es macht einfach Spaß ohne große Wartezeit einen Zug hinter den anderen zu setzen und zu sehen wie die eigene Planung aufgeht, oder eben nicht. Wer scheitert, zack nächste Partie. Unterstützt wird diese Spielweise des Ausprobierens dadurch, dass man optional Züge zurückspulen kann. Wahlweise nur einen Schritt oder unbegrenzt. Wer also immer mal wissen wollte wie sich eine Partie anders entwickelt, wenn er vor fünf Zügen doch produziert und sich nicht bewegt hätte, der darf in Scythe ab sofort Zeitreisen. Eine wirklich coole Funktion! Schnelle Spielzeit und zurückspulen machen die fehlende imposante Wucht wieder wett.

Wer Scythe allerdings aufgrund des starren Spielaufbaus in den ersten Zügen verteufelt, der wird in der Scythe: Digital Edition noch schneller an seine Spielspaßgrenze stoßen. Spielertableau und Startvolk ergeben einfach immer eine optimale Vorgehensweise. Man wird im Early- bis frühen Mid-Game in Scythe kaum überrascht. Da man alleine spielt, das Spiel nicht mit Interaktion glänzt, rattert man seine Züge durch. Die KI ist für jemanden der die analoge Version beherrscht dabei nicht die größte Herausforderung. So ist man schnell in seiner eigenen Optimierungswelt gefangen und Scythe mutiert fast eher zum Rätsel des perfekten Ablaufs und weniger zum interaktiven Spiel. Mit einem höheren Schwierigkeitsgrad und menschlichen Mitspielern revidiert sich das dann natürlich wieder ein wenig.

Die möglichen Spieleinstellungen. Mehr ist zurzeit nicht vorhanden, aber wir befinden uns ja auch noch in einer frühen Early-Access-Phase. Dafür läuft es extrem stabil!

Fazit zur Early Access Version

Scythe bleibt Scythe, ob digital oder analog. Die Stärken und Schwächen werden als Solospieler aber noch schneller erkennbar. Die optische Wucht fehlt, das saugt an der Faszination, besonders bei den Spielertableaus wird nicht im Ansatz die gleiche Begeisterung ausgelöst. Vielleicht wird das ja noch optimiert? Ich hoffe es. Die Benutzeroberfläche ist für Kenner recht gut, weil man vieles ein- und ausblenden kann. Dazu passt die vorbildliche Komfortfunktion des Zurückspulens. Beides zusammen sorgt im Einklang mit der kurzen Spielzeit dafür, das man die Scythe: Digitale Edition als absolute Trainings und Analysemaschine gebrauchen kann. Ob viele Partien in unterschiedlicher Konstellation oder durch die Zeitreise an dem perfekten Spiel basteln, ist Kaufgrund genug für Scythe-Fans. Bedenkt aber, dass entsprechend des Early-Access-Status der Umfang noch nicht final ist.

Anmerkung: Durch den Early-Access-Status vergebe ich noch keine finale Wertung.

Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website

Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Ich akzeptiere die Datenschutzhinweise: